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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- IX ZB 226/05
- vom
- 15. November 2007
- in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
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- Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
- Dr. Gero Fischer und die Richter Dr. Ganter, Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und
- Dr. Detlev Fischer
- am 15. November 2007
- beschlossen:
- Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer
- des Landgerichts Münster vom 29. August 2005 wird auf Kosten
- des Gläubigers zurückgewiesen.
- Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerdeinstanz wird auf
- 1.328,61 Euro festgesetzt.
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- Gründe:
- I.
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- Durch Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 28. Januar 2004 wurde
- das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Wegen
- rückständigen Unterhalts für den Zeitraum vom 15. Oktober bis 30. November
- 1996 in Höhe von 1.679,82 € erwirkte der Gläubiger am 26. November 2004
- einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, durch den der Anspruch des
- Schuldners auf Zahlung von Arbeitseinkommen gepfändet wurde.
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- Auf die Erinnerung des Schuldners hat das Insolvenzgericht den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgehoben. Die dagegen von dem Gläubiger eingelegte Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der von
- dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger sein Pfändungsbegehren weiter.
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- II.
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- Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige
- (§ 574 Abs. 3. Satz 2 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
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- 1. Das Landgericht ist der Auffassung, der Gläubiger könne nicht die Privilegierung des § 89 Abs. 2 InsO für sich in Anspruch nehmen, weil von dem
- Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO nur die künftigen, während des Insolvenzverfahrens fälligen Unterhaltsansprüche ausgenommen seien. Da es
- sich hier um vor Insolvenzeröffnung fällig gewordene Unterhaltsansprüche handele, nehme der Gläubiger die Stellung eines Insolvenzgläubigers ein. Mit dieser Forderung unterliege er dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO.
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- 2. Diese Würdigung hält rechtlicher Prüfung stand.
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- a) Der Gläubiger gehört als Insolvenzgläubiger nicht zu dem durch § 89
- Abs. 2 Satz 2 InsO privilegierten Kreis von Neugläubigern, denen die Vollstreckung in erweitert pfändbare künftige Bezüge des Schuldners gestattet ist.
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- aa) § 89 Abs. 1 InsO schließt zur Sicherstellung der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens jede
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- Einzelvollstreckung der Insolvenzgläubiger sowohl in die Insolvenzmasse als
- auch in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners aus. Während der Dauer
- des Insolvenzverfahrens entstehende Bezüge fallen wegen der Einbeziehung
- des Neuerwerbs durch § 35 InsO in die Insolvenzmasse. Da Insolvenzgläubigern durch § 89 Abs. 1 InsO die Vollstreckung in das insolvenzfreie Vermögen
- des Schuldners verwehrt ist, umfasst das Verbot auch die Vollstreckung in künftige, nach Verfahrensbeendigung fällig werdende Bezüge des Schuldners aus
- einem
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- Dienstverhältnis
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- (MünchKomm-InsO/Breuer,
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- § 89
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- Rn. 35;
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- HK-
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- InsO/Eickmann, InsO 4. Aufl. § 89 Rn. 3).
- bb) § 89 Abs. 2 Satz 1 InsO erstreckt das für Insolvenzgläubiger geltende
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- Verbot der Vollstreckung in künftige Forderungen aus Dienstverhältnissen auf
- alle nach Verfahrenseröffnung hinzukommenden Neugläubiger des Schuldners
- und auf Gläubiger der Unterhaltsansprüche, die gemäß § 40 InsO im Verfahren
- nicht
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- geltend
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- gemacht
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- werden
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- können,
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- aus
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- (Nerlich/Römermann/
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- Wittkowski, aaO § 89 Rn. 28). Mit Hilfe dieser Regelung soll der Schuldner in
- den Stand gesetzt werden, nach Verfahrensbeendigung seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis zum Zwecke der Restschuldbefreiung an einen Treuhänder abzutreten (§ 287 Abs. 2 InsO; FK-InsO/App,
- 4. Aufl. § 89 Rn. 13; MünchKomm-InsO/Breuer, aaO § 89 Rn. 35).
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- cc) Das danach grundsätzlich auf Neugläubiger erstreckte Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 2 Satz 1 InsO findet in § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO zugunsten solcher Neugläubiger eine Ausnahme, die aus Unterhalts- oder Deliktsansprüchen in den Teil der Bezüge vollstrecken, der für sie erweitert pfändbar ist (§§ 850d, 850f Abs. 2 ZPO). Dieser nicht zur Insolvenzmasse gehörende
- Teil der Bezüge wird von der die Restschuldbefreiung bezweckenden Abtretung
- der (pfändbaren) Bezüge an den Treuhänder nicht erfasst und unterliegt darum
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- dem Zugriff der privilegierten Neugläubiger (BT-Drucks. 12/2443 S. 137 f zu
- § 100 RegE zur InsO). Die Besserstellung durch § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO gilt
- - wie die tatbestandliche Anknüpfung an § 89 Abs. 2 Satz 1 InsO unzweideutig
- zum Ausdruck bringt - nur für Neugläubiger von Unterhalts- und Deliktsansprüchen, aber nicht auch für Unterhalts- und Deliktsgläubiger, die an dem Insolvenzverfahren teilnehmen (BGH, Beschl. v. 28. Juni 2006 - VII ZB 161/05,
- ZInsO 2006, 1166; OLG Zweibrücken ZInsO 2001, 625; MünchKommInsO/Breuer, aaO § 89 Rn. 36; HK-InsO/Eickmann, aaO § 89 Rn. 3, 14; HambKomm-InsO/Kuleisa, 2. Aufl. § 89 Rn. 16; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 89
- Rn. 22; Steder ZIP 1999, 1874, 1881; BT-Drucks. 12/2443 aaO). Wegen ihrer
- besonderen Schutzbedürftigkeit wird das Vollstreckungsverbot zugunsten der
- Neugläubiger, die im Insolvenzverfahren nicht berücksichtigt werden und infolge
- der Einbeziehung des Neuerwerbs in die Insolvenzmasse (§ 35 InsO) keinen
- realistischen Vollstreckungszugriff auf das insolvenzfreie Vermögen haben, im
- Umfang der erweitert pfändbaren Beträge gelockert (OLG Zweibrücken aaO
- S. 625 f.; Kübler/Prütting/Lüke, aaO § 89 Rn. 29). Hingegen soll Unterhalts- und
- Deliktsgläubigern, die ohnehin an der gemeinschaftlichen Befriedigung im Insolvenzverfahren beteiligt sind, nicht ein zusätzlicher Vollstreckungszugriff gestattet werden (MünchKomm-InsO/Breuer, aaO § 89 Rn. 36). Da die Gläubigerin zu den im Verfahren zu berücksichtigenden Insolvenzgläubigern gehört,
- kann sie sich nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO
- berufen.
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- b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann den Vorschriften des § 302 Nr. 1, § 114 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 3 InsO nicht die Wertentscheidung entnommen werden, das Vollstreckungsprivileg des § 89 Abs. 2 Satz 2
- InsO über die Neugläubiger hinaus sämtlichen Unterhalts- und Deliktsgläubigern zugute kommen zu lassen.
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- aa) § 302 Nr. 1 InsO schließt die schuldbefreiende Wirkung der Restschuldbefreiung für Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung aus, sofern der Gläubiger die Forderung unter Angabe dieses
- Rechtsgrundes angemeldet hat. Diese Bestimmung bezieht sich lediglich auf
- die insolvenzrechtliche Nachhaftung, ohne dem Gläubiger innerhalb des Insolvenzverfahrens eine bevorzugte Befriedigungsmöglichkeit zuzuweisen (vgl.
- BGHZ 149, 100, 106 f; BGH, Urt. v. 21. Juni 2007 - IX ZR 29/06, WM 2007,
- 1620 zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
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- bb) Gemäß § 114 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 3, § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO bleiben vor Insolvenzeröffnung erwirkte Vollstreckungsmaßnahmen von Unterhaltsund Deliktsgläubigern in den erweitert pfändbaren Teil der Bezüge wirksam.
- Diese Regelung beschränkt sich - wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat - auf eine vor Insolvenzeröffnung bewirkte Vollstreckung. Davon abweichend verbietet hingegen § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO aus Gründen der Gleichbe-
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- handlung aller Gläubiger eine Einzelvollstreckung durch Unterhalts- und Deliktsgläubiger, die Insolvenzgläubiger sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
- Dr. Gero Fischer
- Prof. Dr. Gehrlein
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- Dr. Ganter
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- Dr. Kayser
- Dr. Detlev Fischer
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- Vorinstanzen:
- AG Ahaus, Entscheidung vom 26.11.2004 - 6 M 2613/04 LG Münster, Entscheidung vom 29.08.2005 - 5 T 445/05 -
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