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- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- URTEIL
- III ZR 274/05
- Verkündet am:
- 2. November 2006
- Kiefer
- Justizangestellter
- als Urkundsbeamter
- der Geschäftsstelle
- in dem Rechtsstreit
- Nachschlagewerk:
-
- ja
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- BGHZ:
-
- nein
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- BGHR:
-
- ja
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- BGB § 677
- Stellt der Verkäufer eine Sicherheit für das Darlehen, durch das der
- Kaufpreis aufgebracht werden soll, führt er objektiv auch dann ein Geschäft des Käufers, wenn zur Rückzahlung des Darlehens ausschließlich ein Dritter verpflichtet ist.
- BGH, Urteil vom 2. November 2006 - III ZR 274/05 - OLG Brandenburg
- LG Neuruppin
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- Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
- vom 2. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
- Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Dr. Herrmann
- für Recht erkannt:
- Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats
- des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16. November
- 2005 aufgehoben.
- Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
- über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen
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- Tatbestand
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- Der Kläger verkaufte dem Beklagten und einem weiteren Erwerber am
- 30. Juni 1994 einen Betriebsteil seines einzelkaufmännischen Unternehmens
- für 4.000.000 DM. Die Käufer brachten den erworbenen Betrieb in die von
- ihnen gegründete M.
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- E.
-
- F.
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- GmbH & Co. KG (im Folgenden: M.
-
- )
-
- ein, an der vorübergehend auch der Kläger beteiligt war. Da die Erwerber den
- Kaufpreis nicht vollständig aus Eigenmitteln bestreiten konnten, wurde er teilweise durch die Stadtsparkasse K.
- bruar 1995 mit der M.
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- finanziert. Diese schloss am 13. Fe-
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- als Darlehensnehmerin die erforderlichen Verträge.
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- Die vorgesehene Besicherung des Kredits mit einer Grundschuld, die der Miterwerber des Beklagten stellen sollte, scheiterte. Daraufhin erweiterte der Kläger den Zweck einer von ihm bereits zugunsten der Sparkasse bestellten
- Grundschuld auf "alle Forderungen aus der Firmenübernahme in Höhe von maximal DM 500.000,- gegen Firma M.
- und/oder Herrn W.
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- K.
-
- B.
-
- E.
-
- F.
-
- GmbH & Co. KG
-
- [= der Beklagte]".
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- Die Darlehen wurden notleidend. Die Sparkasse betrieb die Zwangsversteigerung des Grundstücks des Klägers. Zu deren Abwendung zahlte dieser
- an das Kreditinstitut 532.875 DM. Diesen Betrag finanzierte er mit einem Darlehen, das er von einer anderen Bank erhielt. Den an die Sparkasse entrichteten
- Betrag und die Aufwendungen für den von ihm aufgenommenen Kredit verlangt
- der Kläger von dem Beklagten ersetzt. Er macht geltend, mit seiner Zahlung
- habe er den Beklagten von dessen zum Zwecke der Kaufpreisfinanzierung eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten befreit.
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- Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom
- Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.
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- Entscheidungsgründe
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- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
- Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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- I.
- Dieses hat ausgeführt, ein Anspruch des Klägers aus § 683 BGB scheide
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- aus, weil er nicht nachvollziehbar dargelegt habe, dass er mit seiner Zahlung an
- die Sparkasse auch eine gegen den Beklagten gerichtete Forderung getilgt habe. Insbesondere fehle es an der Benennung eines konkreten Kreditvertrags,
- den die Sparkasse mit dem Beklagten abgeschlossen habe und der durch die
- vom Kläger gestellte Grundschuld gesichert worden sei.
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- II.
- Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Nach dem derzeitigen
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-
- Sach- und Streitstand kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein
- aus § 683 Satz 1 BGB folgender Anspruch des Klägers auf Ersatz seiner Aufwendungen, die er zur Befriedigung der von der Sparkasse geltend gemachten
- Forderung getätigt hat, nicht ausgeschlossen werden. Die Zahlung des Klägers
- an die Sparkasse erfolgte zumindest auch in Ausführung eines Geschäfts für
- den Beklagten.
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-
- 1.
-
- Der Kläger leistete zur Abwendung der Zwangsvollstreckung in sein
-
- Grundstück aus der zwecks Besicherung des Finanzierungskredits bestellten
- Grundschuld. Die Gestellung von Sicherheiten für diesen Kredit war, sofern der
- Beklagte dem Kläger hierzu nicht ohnehin wenigstens konkludent einen Auftrag
- (§ 662 ff BGB) erteilt hatte, jedenfalls objektiv kein Geschäft, das ausschließlich
- in die Sphäre des Klägers fiel.
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- a) Nach dem beiderseitigen Sachvortrag scheidet die noch vom Landge-
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- richt erwogene Möglichkeit aus, dass der Kläger mit seiner Leistung an das
- Kreditinstitut eine gegen ihn selbst gerichtete Darlehensforderung getilgt hat.
- Die Sparkasse forderte ihn mit Schreiben vom 21. November 1996 unter Kündigung der zu ihren Gunsten bestellten Grundschuld zur Zahlung in Höhe "des für
- die Kreditgewährung an die Firma M.
-
- E.
-
- F.
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- GmbH & Co. KG als Si-
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- cherheit dienenden erstrangigen Teilbetrags von 500.000,00 DM" auf. Aus den
- nachfolgenden Schreiben des Klägers an das Kreditinstitut vom 26. November
- 1996 und 13. Juni 2000 ergibt sich, dass er mit seiner Leistung dieser Forderung nachgekommen ist. In dem Betreff beider Schreiben, insbesondere auch in
- dem vom 13. Juni 2000, mit dem er der Sparkasse gegenüber den Eingang der
- Zahlung ankündigte, wird auf die M.
-
- Bezug genommen. Dementspre-
-
- chend verrechnete die Sparkasse die Leistung des Klägers als Tilgung der Verbindlichkeiten der M.
-
- (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 31. Januar
-
- 2005).
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-
- b) Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand zahlte der Kläger ferner
- nicht auf andere der M.
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- gewährte Darlehen, sondern auf die der Finanzie-
-
- rung des Unternehmenskaufs dienenden Kreditverträge vom 13. Februar 1995.
- Das vom Kläger zur Verfügung gestellte Immobilienpfandrecht, aufgrund dessen die Sparkasse von ihm Zahlung verlangte, sollte nach der Grundschuldzweckerklärung Forderungen gegen die M.
-
- nur aus der "Firmenübernah-
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- me" besichern.
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- c) Die Gestellung der Grundschuld für das Finanzierungsdarlehen der
- Sparkasse K.
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- war ein Geschäft, das objektiv zumindest auch in die Sphäre
-
- des Beklagten fiel, da das Darlehen dazu dienen sollte, den dem Kläger zustehenden Kaufpreis aufzubringen. Die Beschaffung der zur Tilgung der Kauf-
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- preisschuld erforderlichen Mittel oblag den Käufern und damit auch dem Beklagten.
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-
- Der Beklagte ist selbst dann Geschäftsherr, wenn er gegenüber der
- Sparkasse nicht als Darlehensnehmer zur Rückzahlung dieser Kredite verpflichtet war, sondern lediglich die M.
-
- . Im Verhältnis zum Kläger oblag es dem
-
- Beklagten auch in diesem Fall, das Kreditinstitut zu sichern.
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- Dies ergibt sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Unternehmenskaufvertrag. Nach § 3 Abs. 1 dieses Vertrags in Verbindung mit § 427
- BGB schuldete der Beklagte dem Kläger zusammen mit dem Miterwerber als
- Gesamtschuldner den Kaufpreis. Für dessen Begleichung hatten die Käufer
- und damit auch der Beklagte gegenüber dem Kläger einzustehen (§ 279 BGB
- i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Die Beschaffung der zur Tilgung der Kaufpreisforderung erforderlichen Mittel ist allein Sache und Risiko der Erwerber.
- Nehmen sie zu diesem Zweck selbst ein Darlehen auf, ist dessen Besicherung
- im Verhältnis zum Verkäufer allein ihre Angelegenheit. Gleiches gilt, wenn, wie
- hier zu unterstellen, nicht die Käufer selbst, sondern ein Dritter den Kredit aufnimmt. Auch dann fällt die Besicherung des Darlehens grundsätzlich nicht in die
- Sphäre des Verkäufers.
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-
- Die Darlehensverträge vom 13. Februar 1995 zwischen der M.
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- und
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- der Sparkasse dienten dazu, die zur Tilgung der Kaufpreisforderung erforderlichen Mittel aufzubringen, mithin der Erfüllung der Verpflichtung des Beklagten
- gegenüber dem Kläger. Nach § 279 BGB i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB ist
- die Beschaffung und die Besicherung des Darlehens allein Sache des Beklagten als Käufer, nicht aber die des Klägers.
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- Hieran hat sich dadurch, dass dieser anstelle der Käufer zur Sicherung
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- des Darlehens eine Grundschuld stellte, nichts geändert. Auch wenn der Kläger
- damit gegenüber dem Kreditinstitut das Ausfallrisiko teilweise mit übernahm,
- widerspräche es der Interessenlage, hieraus eine Verschiebung der aus dem
- Kaufvertrag folgenden Pflichten und Risiken im Innenverhältnis der Vertragsparteien herzuleiten. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass der Kläger als
- Sicherungsgeber lediglich vorübergehend anstatt des weiteren Erwerbers einspringen sollte, damit der Kaufvertrag vollzogen werden konnte. Bliebe der Kläger als Sicherungsgeber im Innenverhältnis zum Beklagten mit dem Wagnis
- belastet, dass der Darlehensnehmer M.
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- seinen Verpflichtungen gegen-
-
- über der Sparkasse nicht nachkam, liefe dies jedoch auf eine Änderung der
- kaufvertraglichen Pflichten- und Risikoverteilung hinaus. Soweit der Kläger an
- das Kreditinstitut leistete, ohne vom Käufer Ersatz zu bekommen, verlöre er
- wirtschaftlich einen Teil des Kaufpreises. Diese Gefahr muss der Kläger im
- Verhältnis zum Beklagten nach dem Kaufvertrag jedoch nicht tragen. Der Beklagte blieb deshalb im Verhältnis zum Kläger verpflichtet, die Risiken der Besicherung der Sparkasse zu tragen.
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- 2.
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- Ein Anspruch aus § 683 Satz 1 BGB setzt weiter voraus, dass der Ge-
-
- schäftsführer das Geschäft auch subjektiv nicht (nur) als eigenes, sondern
- (auch) als fremdes führt, also in dem Bewusstsein und mit dem Willen, zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln (Senatsurteil vom 23. September 1999 - III ZR 322/98 - NJW 2000, 72; BGH, Urteil vom 21. Oktober 2003
- - X ZR 66/01 - NJW-RR 2004, 81, 82 jew. m.w.N.). Zugunsten des Klägers
- greift die Vermutung ein, dass er bei seiner Zahlung an die Sparkasse mit dem
- erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt hat. Bei objektiv fremden Geschäften, die schon ihrem Inhalt nach in einen fremden Rechts- und
- Interessenkreis eingreifen (z.B. Hilfe für einen Verletzten, BGHZ 33, 251, 254 ff;
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- 33, 251, 254 ff; Abwendung der von einem unbeleuchteten Fahrzeug drohenden Gefahren, BGHZ 43, 188, 191 f; Tilgung fremder Schulden, BGHZ 47, 370,
- 371; Veräußerung einer fremden Sache, RGZ 138, 45, 48 f), wird regelmäßig
- ein ausreichender Fremdgeschäftsführungswille vermutet (z.B.: Senat aaO;
- BGH, Urteil vom 21. Oktober 2003 aaO). Das gilt grundsätzlich auch für Geschäfte, die sowohl objektiv eigene als auch objektiv fremde sind (z.B.: Senat
- und X. Zivilsenat aaO). Aus den oben unter Nummer 1 c ausgeführten Gründen
- war die Zahlung des Klägers nicht nur ein eigenes, sondern auch ein objektiv
- fremdes Geschäft.
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- 3.
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- Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
-
- Satz 1 ZPO). Sie ist noch nicht zur Entscheidung reif, da insbesondere noch
- Feststellungen zu weiteren Einwendungen gegen den Anspruch des Klägers zu
- treffen sind.
- Schlick
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- Wurm
- Dörr
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- Kapsa
- Herrmann
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- Vorinstanzen:
- LG Neuruppin, Entscheidung vom 17.02.2005 - 2 O 412/04 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 16.11.2005 - 13 U 48/05 -
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