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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- I ZB 5/11
- vom
- 17. August 2011
- in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
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- Nachschlagewerk:
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- ja
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- BGHZ:
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- nein
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- BGHR:
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- ja
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- ZPO § 803 Abs. 1 Satz 2
- Der Schuldner kann den Einwand der Übersicherung des Gläubigers (§ 803
- Abs. 1 Satz 2 ZPO) im Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nur durch Widerspruch gemäß § 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO und nicht mit der
- Erinnerung gemäß § 766 Abs. 1 Satz 1 ZPO geltend machen.
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- BGH, Beschluss vom 17. August 2011 - I ZB 5/11 - LG Berlin
- AG Schöneberg
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- Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2011 durch
- den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher,
- Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler
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- beschlossen:
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- Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss
- des Landgerichts Berlin vom 10. Dezember 2010 aufgehoben.
- Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten
- des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
- Beschwerdewert: 1.500 €.
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- Gründe:
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- 1
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- I. Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung
- wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen. Im Termin zur Abgabe
- der eidesstattlichen Versicherung hat der Schuldner nach § 900 Abs. 4 Satz 1
- ZPO Widerspruch eingelegt. Er macht geltend, er sei zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht verpflichtet, weil der Gläubiger bereits durch andere
- Maßnahmen der Zwangsvollstreckung hinreichend gesichert sei.
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- 2
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- Das Vollstreckungsgericht hat den Widerspruch des Schuldners zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben.
- Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt
- der Schuldner seinen Widerspruch weiter.
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- 3
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- II. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
- ausgeführt, der Einwand einer Übersicherung des Gläubigers sei im Widerspruchsverfahren unstatthaft. Dem Prüfungsgegenstand sei allein das Erinnerungsverfahren angemessen. Dieses führe bereits in erster Instanz zu einer
- richterlichen Entscheidung und verkürze auch nicht den Rechtsschutz des
- Schuldners.
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- III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist
- statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). Sie hat in der Sache Erfolg.
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- 1. Die Pfändung im Rahmen der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen darf nach § 803 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht
- weiter ausgedehnt werden, als es zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung erforderlich ist. Diese Bestimmung
- dient dem Schutz des Schuldners vor dem Verlust eines Vermögensgegenstandes (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2002 - IX ZB 26/02, BGHZ 151, 384,
- 387).
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- 2. Der Schuldner kann den Einwand einer Übersicherung des Gläubigers
- allerdings grundsätzlich mit der Erinnerung gemäß § 766 Abs. 1 Satz 1 ZPO
- geltend machen (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 766 Rn. 15). Gemäß § 766
- Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheidet das Vollstreckungsgericht über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das vom Gerichtsvollzieher bei ihr zu beobachtende Verfahren betreffen. Diese Entscheidung ist nach § 20 Nr. 17 Satz 2 RPflG dem Richter vorbehalten.
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- Im Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist jedoch
- der Widerspruch gemäß § 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO gegenüber der Erinnerung
- nach § 766 Abs. 1 Satz 1 ZPO der speziellere und damit vorrangige Rechtsbehelf (KG, NJW 1956, 115 f.; LG Berlin, Rpfleger 2007, 407 f.; MünchKomm.ZPO/Eickmann, 3. Aufl., § 900 Rn. 19; Musielak/Voit, ZPO, 8. Aufl.,
- § 900 Rn. 24; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 32. Aufl., § 900 Rn. 30b; vgl. auch
- Zöller/Stöber aaO § 900 Rn. 22). Bestreitet der Schuldner im Termin die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, so hat nach § 900
- Abs. 4 Satz 1 ZPO das Gericht durch Beschluss zu entscheiden. Diese Entscheidung des Vollstreckungsgerichts ist nach § 20 Nr. 17 Satz 1 RPflG dem
- Rechtspfleger übertragen.
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- Auch den Einwand der Übersicherung kann der Schuldner im Verfahren
- zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nur durch Widerspruch gemäß
- § 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO geltend machen (LG Limburg, Rpfleger 1982, 434 f.;
- LG Detmold, Rpfleger 1990, 432, 433; LG Stuttgart, Rpfleger 2000, 28; MünchKomm.ZPO/Schmidt aaO § 777 Rn. 19; MünchKomm.ZPO/Eickmann aaO
- § 900 Rn. 21; Musielak/Lackmann aaO § 777 Rn. 6; Musielak/Voit aaO § 900
- Rn. 25; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 900 Rn. 47; aA LG Hannover,
- Rpfleger 1986, 187; Zöller/Stöber aaO § 777 Rn. 8). Entgegen der Ansicht des
- Beschwerdegerichts kann nicht angenommen werden, die Aussichten des
- Gläubigers, aufgrund anderer Maßnahmen der Zwangsvollstreckung Befriedigung zu erlangen, könnten in der Regel nur im Erinnerungsverfahren hinreichend geprüft werden. Es ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die
- Entscheidung über den Einwand der Übersicherung dem Richter vorbehalten
- bleiben müsste. Vielmehr spricht der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie
- dafür, sämtliche Einwände, die der Schuldner im Termin gegen seine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vorbringt - und so auch den
- Einwand der Übersicherung - im Widerspruchsverfahren vom Rechtspfleger
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- überprüfen zu lassen (LG Limburg, Rpfleger 1982, 434, 435; LG Stuttgart,
- Rpfleger 2000, 28).
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- IV. Danach ist der Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben. Die
- Sache ist zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Die Vorinstanzen
- haben sich bislang nicht mit der Frage befasst, ob der Gläubiger hinreichend
- gesichert ist.
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- Bornkamm
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- Büscher
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- Koch
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- Schaffert
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- Löffler
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- Vorinstanzen:
- AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 07.10.2010 - 32 M 767/10 LG Berlin, Entscheidung vom 10.12.2010 - 51 T 753/10 -
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