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18 KiB

1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. AnwZ (Brfg) 75/13
  4. vom
  5. 22. Mai 2014
  6. in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
  7. wegen Feststellung der Verletzung der Schweigepflicht u. a.
  8. - 2 -
  9. Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden
  10. Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Roggenbuck, den Richter Seiters sowie
  11. die Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer und Dr. Kau
  12. am 22. Mai 2014
  13. beschlossen:
  14. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das
  15. Urteil des 2. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 6. September 2013 wird abgelehnt.
  16. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
  17. Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
  18. Gründe:
  19. I.
  20. 1
  21. Der Kläger ist im Bezirk der Rechtsanwaltskammer C.
  22. zur Rechtsan-
  23. waltschaft zugelassen. Mit Schreiben vom 1. Juli 2011 teilte die Beklagte der
  24. Rechtsanwaltskammer C.
  25. mit, dass sich im Rahmen eines bei ihr anhängi-
  26. gen Aufsichtsverfahrens der Verdacht ergeben habe, dass der Kläger während
  27. eines laufenden Gerichtsverfahrens Schriftsätze einem Dritten zur Einsicht vorgelegt, mithin gegen die Schweigepflicht verstoßen habe. Die Rechtsanwaltskammer C.
  28. hat das daraufhin gegen den Kläger eingeleitete Verfahren mitt-
  29. - 3 -
  30. lerweile eingestellt. Mit seiner Klage begehrte der Kläger zu 1. bis 3. die Feststellung, dass "die Beklagte mit ihrer Anzeige bei der Rechtsanwaltskammer
  31. C.
  32. vom 01.07.2011 betreffend den Kläger als unzuständige Behörde gehan-
  33. delt habe", dass sie durch die Anzeige ihre Schweigepflicht verletzt und den
  34. Kläger fälschlich einer Straftat bezichtigt habe. Ferner begehrte der Kläger Akteneinsicht in alle Unterlagen und Vorgänge der Beklagten im Zusammenhang
  35. mit dem Schreiben vom 1. Juli 2011 (Klagantrag zu 4.) und Auskunftserteilung
  36. über den Anlass des Schreibens (Klagantrag zu 5.). Die Vollständigkeit der vorzulegenden Unterlagen und die Richtigkeit der Auskünfte sollte die Beklagte an
  37. Eides statt versichern (Klagantrag zu 6.). Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage
  38. abgewiesen. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen
  39. das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.
  40. II.
  41. 2
  42. Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4
  43. VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.
  44. 3
  45. 1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils
  46. (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine
  47. erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt
  48. wird (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187
  49. Rn. 3; BVerfGE 110, 77, 83; BVerfG, NVwZ 2000, 1163, 1164; NVwZ-RR 2008,
  50. 1; NJW 2009, 3642; vgl. ferner BVerwG, NVwZ-RR 2004, 542 f.; SchmidtRäntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 112e BRAO
  51. Rn. 77).
  52. - 4 -
  53. 4
  54. a) Klaganträge 1. bis 3.
  55. 5
  56. aa) Der Anwaltsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass die
  57. erhobene Feststellungsklage unzulässig ist, weil es dem Kläger an dem erforderlichen Interesse an der begehrten gerichtlichen Feststellung fehlt.
  58. 6
  59. (1) Ein solches Feststellungsinteresse besteht zunächst nicht unter dem
  60. Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Voraussetzung ist insoweit, dass die
  61. nahe liegende Möglichkeit besteht, dass ein im Wesentlichen vergleichbarer,
  62. nicht notwendig identischer Fall wieder eintreten und die Behörde auf ihn vergleichbar reagieren wird. Das ist hier nicht der Fall. Zwar wird der Kläger auch
  63. in Zukunft im Bezirk der Beklagten seinen Beruf ausüben. Es ist jedoch nicht
  64. konkret zu erwarten, dass sich die Umstände, die zum Schreiben vom 1. Juli
  65. 2011 geführt haben, unter im Wesentlichen gleichen Voraussetzungen wiederholen werden. Der Kläger hat seinerseits ein Aufsichtsverfahren gegen ein Mitglied der Beklagten angestoßen; aus einem von ihm dabei vorgelegten Schreiben ergab sich der Verdacht der Verschwiegenheitspflichtverletzung des Klägers. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, dass die
  66. Beklagte unter Umständen ihr bekannt gewordene Pflichtverletzungen von
  67. Nichtmitgliedern auch in Zukunft bei den zuständigen Rechtsanwaltskammern
  68. bekannt machen will. Bezugspunkt der Wiederholungsgefahr ist allein das konkrete Vorgehen gegen den Kläger, nicht die Bekanntmachungsmöglichkeit allgemein.
  69. 7
  70. (2) Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht aus
  71. einem Rehabilitationsinteresse des Klägers. Insoweit ist erforderlich, dass von
  72. der ursprünglich angegriffenen Maßnahme eine diskriminierende Wirkung aus-
  73. - 5 -
  74. geht, die auch nach der Erledigung fortwirkt. Diese Voraussetzungen liegen
  75. hier, wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat, nicht vor.
  76. 8
  77. (3) Schließlich vermag die Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen zur
  78. Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs ein Feststellungsinteresse im
  79. Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO nicht zu begründen. Denn dem Kläger ist es ohne
  80. weiteres möglich, sein Begehren sofort durch eine Leistungsklage auf Schadensersatz geltend zu machen.
  81. 9
  82. (4) Ein wesentlicher Grundrechtseingriff in das Persönlichkeitsrecht oder
  83. die Berufsausübungsfreiheit des Klägers ist nicht erkennbar. Das Schreiben der
  84. Beklagten an die Rechtsanwaltskammer C.
  85. vom 1. Juli 2011 belastete den
  86. Kläger nicht in unzumutbarer Weise. Der Beruf eines Rechtsanwalts unterliegt
  87. im Interesse einer rechtsstaatlichen Rechtspflege Auflagen und Beschränkungen. Das von der Rechtsanwaltskammer C.
  88. eingeleitete Verfahren gegen
  89. den Kläger diente der Prüfung, ob dieser die Berufsordnung eingehalten hat.
  90. 10
  91. bb)
  92. Ob
  93. die
  94. Hilfserwägungen
  95. des
  96. Anwaltsgerichtshofs
  97. zur
  98. (Un-)Begründetheit der Klaganträge 1. bis 3. zutreffen, kann danach dahinstehen. Im Ergebnis bestehen auch insoweit keine Bedenken gegen die Richtigkeit
  99. der Entscheidung. Dass eine Rechtsanwaltskammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts und somit als Behörde grundsätzlich berechtigt ist, Anhaltspunkte für Umstände, die die Einleitung eines Rügeverfahrens oder eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens rechtfertigen können, der zuständigen Rechtsanwaltskammer mitzuteilen, ergibt sich aus § 36 Abs. 2 BRAO (vgl. Böhnlein in
  100. Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Aufl., § 36 Rn. 5). Dafür spricht auch die Stellung
  101. der Rechtsanwaltskammer im System der berufsrechtlichen Aufsicht, wie der
  102. Anwaltsgerichtshof zum Klagantrag zu 2. zutreffend ausgeführt hat. Die
  103. - 6 -
  104. Rechtsanwaltskammer hat Aufsichtsverfahren von Amts wegen zu betreiben.
  105. Da sie örtlich nur zuständig ist für die Rechtsanwälte ihres Bezirks (vgl. auch
  106. § 73 Abs. 2 Nr. 4 BRAO), hat sie Verfahren gegen Mitglieder anderer Rechtsanwaltskammern
  107. an
  108. jene
  109. Kammern
  110. abzugeben
  111. (vgl.
  112. Hartung
  113. in
  114. Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 74 Rn. 20). Für die Zulässigkeit der Weitergabe personenbezogener Daten spricht auch die Regelung in § 36 Abs. 3
  115. BRAO, wonach bei einem Rechtsanwalt, der Mitglied der Berufskammer eines
  116. anderen freien Berufs ist, die Rechtsanwaltskammer personenbezogene Daten
  117. über den Rechtsanwalt an die zuständige Berufskammer übermitteln darf, soweit die Kenntnis der Information aus der Sicht der übermittelnden Stelle zur
  118. Erfüllung der Aufgaben der anderen Berufskammer im Zusammenhang mit der
  119. Zulassung zum Beruf oder der Einleitung eines Rügeverfahrens oder berufsgerichtlichen Verfahrens erforderlich ist. In der zulässigen Weitergabe dieser Daten liegt naturgemäß keine Schweigepflichtsverletzung. Darüber hinausgehende Umstände, die eine Schweigepflichtsverletzung begründen könnten, sind
  120. hinsichtlich des Schreibens der Beklagten vom 1. Juli 2011 ebenso wenig ersichtlich wie eine dadurch begangene falsche Verdächtigung. Da die Beklagte
  121. kein Aufsichtsverfahren gegen den Kläger eingeleitet hat, war sie auch nicht
  122. verpflichtet, ihn vor der Datenübermittlung an die Rechtsanwaltskammer C.
  123. anzuhören. Besondere Umstände, die nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BRAO der Datenübermittlung entgegengestanden hätten, hat der Kläger nicht vorgetragen.
  124. - 7 -
  125. 11
  126. b) Klagantrag zu 4.
  127. 12
  128. Ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind auch insoweit nicht
  129. ersichtlich. Der Kläger trägt keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte
  130. außer der Personalakte ihres Kammermitglieds Dr. S.
  131. einen gesonderten
  132. Aktenvorgang für den Kläger führt. Anspruch auf Akteneinsicht in die Personalakte des Rechtsanwalts Dr. S.
  133. hat nur dieser selbst (§ 58 BRAO). Der
  134. Kläger hat auch kein Recht auf Akteneinsicht in das von ihm initiierte Beschwerdeverfahren gegen Dr. S.
  135. , wie sich aus der Regelung in § 73
  136. Abs. 3 BRAO unschwer ergibt. Soweit Schriftstücke aus der Akte Dr. S.
  137. den Kläger betreffen, sind sie mit Schreiben der Beklagten vom 7. Februar 2013
  138. vorgelegt worden.
  139. 13
  140. c) Klaganträge zu 5. und 6.
  141. 14
  142. Der Zulassungsantrag zeigt keine Gesichtspunkte auf, die die Ausführungen im Urteil des Anwaltsgerichtshofs in Frage stellen könnten.
  143. 15
  144. 2. Eine Rechtssache weist dann besondere tatsächliche oder rechtliche
  145. Schwierigkeiten (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf, wenn sie
  146. wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder der ihr zu Grunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder
  147. rechtlicher Hinsicht das normale Maß nicht unerheblich überschreitende
  148. Schwierigkeiten verursacht und sich damit von den üblichen verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten deutlich abhebt (BGH, Beschlüsse vom 23. März 2011
  149. - AnwZ (Brfg) 9/10 Rn. 6 und vom 6. September 2011 - AnwZ (Brfg) 5/11 Rn. 7
  150. jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen müssen in der Begründung des An-
  151. - 8 -
  152. trags auf Zulassung der Berufung dargelegt werden (§ 112e Satz 2 BRAO,
  153. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Erblickt der Antragsteller die Schwierigkeiten des
  154. Falles darin, dass die angefochtene Entscheidung auf bestimmte tatsächliche
  155. Aspekte nicht eingegangen ist oder erhebliche Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, kann von ihm verlangt werden, dass er diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darstellt und ihren Schwierigkeitsgrad
  156. plausibel macht (BVerfG, NVwZ 2000, 1163, 1164; BGH, Beschluss vom
  157. 25. November
  158. 2013
  159. - NotZ
  160. (Brfg)
  161. 10/13
  162. Rn. 11;
  163. Schmidt-Räntsch
  164. in
  165. Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 112e BRAO Rn. 78).
  166. 16
  167. Davon ausgehend fehlt es vorliegend an der erforderlichen Darlegung
  168. eines auf rechtlichen oder tatsächlichen Gründen beruhenden erhöhten Schwierigkeitsgrads der Rechtssache. Der Kläger hat zu diesem Zulassungsgrund lediglich auf seine umfangreichen vorangegangenen Ausführungen Bezug genommen, ohne explizit aufzuzeigen, dass der Rechtsstreit als solcher komplexe
  169. Tatsachen- oder Rechtsfragen aufwirft, die seine Beurteilung erschweren.
  170. 17
  171. 3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 112e
  172. Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dieser Zulassungsgrund ist gegeben,
  173. wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und
  174. klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von
  175. Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an
  176. einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH,
  177. Beschlüsse vom 6. Februar 2012 - AnwZ (Brfg) 42/11 Rn. 25; vom 24. März
  178. 2011 - AnwZ (Brfg) 4/11 Rn. 12; vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154,
  179. 288, 291; BVerfG, NVwZ 2009, 515, 518; BVerwG, NVwZ 2005, 709). Zur
  180. schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gehören Ausführungen
  181. zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage
  182. - 9 -
  183. sowie ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihre Auswirkung auf die Allgemeinheit; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des Berufungsgerichts erforderlich ist.
  184. 18
  185. Inwieweit die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensverstöße in diesem Sinne eine grundsätzliche Bedeutung aufweisen, ist nicht dargelegt.
  186. 19
  187. Die Frage, die der Kläger explizit sowohl unter Klagantrag zu 1. als auch
  188. Klagantrag zu 2. als klärungsbedürftig angeführt hat, ob nämlich eine Rechtsanwaltskammer Informationen zu beruflichem Fehlverhalten von Nichtmitgliedern an die zuständige Kammer weiter leiten darf, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.
  189. 20
  190. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit
  191. dem Klagantrag zu 4. zeigt der Zulassungsantrag nicht auf. Der Kläger geht bei
  192. seiner Argumentation von der unzutreffenden Voraussetzung aus, dass die Beklagte eine Personalakte für ihn führe.
  193. 21
  194. 4. Der Kläger hat keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124
  195. Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
  196. 22
  197. a) Eine gerichtliche Entscheidung stellt sich als eine unzulässige Überraschungsentscheidung dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten
  198. rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten.
  199. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt keine grundsätzliche Verpflichtung des Gerichts,
  200. - 10 -
  201. bereits vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen. Eine
  202. entsprechende Hinweispflicht des Gerichts setzt vielmehr voraus, dass es bei
  203. seiner Entscheidung auf eine rechtliche Sichtweise oder eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen
  204. braucht (vgl. BVerwGE 147, 292 Rn. 38).
  205. 23
  206. b) Diese Voraussetzungen liegen nach dem Vortrag des Klägers nicht
  207. vor. Dass die Frage des Vorhandenseins eines Feststellungsinteresses bei den
  208. Klaganträgen zu 1. bis 3. Gegenstand der Entscheidung sein würde, lag auf der
  209. Hand. Der Kläger musste auch damit rechnen, dass der Anwaltsgerichtshof
  210. diese Frage nach endgültiger Beratung gegebenenfalls anders beurteilen könnte als im Hinweis des Vorsitzenden, zumal das berufsrechtliche Verfahren gegen den Kläger zwischenzeitlich eingestellt worden war. Der Kläger hat schließlich auch den Vortrag, an welchem er durch den fehlenden Hinweis gehindert
  211. gewesen sei, nicht nachgeholt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2013
  212. - AnwZ (Brfg) 39/13 Rn. 6).
  213. 24
  214. c) Die Rüge des Klägers, das Gericht habe ihn nicht auf die richtige Form
  215. der Antragstellung hingewiesen, betrifft Hilfserwägungen des Anwaltsgerichtshofs, auf denen das Urteil nicht beruht. Von dem Kläger, der selbst Rechtsanwalt ist und der zudem anwaltlich vertreten wird, darf im Übrigen erwartet werden, dass er in der Lage ist, Klaganträge entsprechend seinem Anliegen zu
  216. formulieren.
  217. 25
  218. d) Soweit der Kläger eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, weil
  219. seine Anträge auf Akteneinsicht vom Gericht ignoriert worden seien und die
  220. - 11 -
  221. dem Gericht vorliegende Verfahrensakte der Beklagten zurückgesandt worden
  222. sei, ohne sie ihm zur Verfügung zu stellen, hat er bereits nicht hinreichend substanziiert dargelegt, dass die angegriffene Entscheidung hierauf beruhen kann.
  223. Die Rüge versagt auch in der Sache. Die von der stellvertretenden Vorsitzenden an die Beklagte zurückgesandten Akten waren ersichtlich die Personalakten des Rechtsanwalts Dr. S.
  224. ; ein Anspruch des Klägers auf Einsicht in
  225. diese Akten bestand nicht. Die den Kläger betreffenden Aktenvorgänge der Beklagten wurden mit Schriftsatz vom 7. Februar 2013 dem Gericht vorgelegt; mit
  226. Verfügung vom 2. April 2013 wurden seinem Verfahrensbevollmächtigten die
  227. Akten zur Einsichtnahme übersandt.
  228. 26
  229. e) Der Anwaltsgerichtshof hat die Verhandlung in öffentlicher Sitzung
  230. durchgeführt. Dass durch die fehlerhafte Bezeichnung der Sache im Aushang
  231. am Sitzungssaal eine interessierte Person von der Anwesenheit bei der Verhandlung abgehalten worden ist, wird im Zulassungsantrag nicht behauptet.
  232. Auch enthält er keine Ausführungen dazu, inwieweit sich der Verfahrensverstoß
  233. auf das Urteil ausgewirkt hat.
  234. 27
  235. f) Dass die Richterin Dr. H.
  236. während des anhängigen Befangen-
  237. heitsantrags gegen den Senatsvorsitzenden nicht befugt war, die Rücksendung
  238. von Akten an die Beklagte zu veranlassen, wird in dem Zulassungsantrag nicht
  239. hinreichend dargelegt. Den Ausführungen ist zu entnehmen, dass Frau
  240. Dr. H.
  241. stellvertretende Vorsitzende des entscheidenden Senats war;
  242. sie hat auch an dem angefochtenen Urteil mitgewirkt. Im Übrigen ist offensichtlich auszuschließen, dass das Urteil auf dem gerügten Verfahrensfehler beruht;
  243. der Zulassungsantrag enthält dazu keine Angaben.
  244. - 12 -
  245. 28
  246. g) Die vom Kläger als unrichtig gerügte Zurückweisung seines gegen den
  247. Vorsitzenden des 2. Senats des Anwaltsgerichtshofs gerichteten Ablehnungsgesuchs stellt keinen im Zulassungsverfahren zu berücksichtigenden Verfahrensfehler dar, da eine solche Entscheidung nach § 112c Abs. 1 BRAO, § 146
  248. Abs. 2 VwGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden kann und folglich
  249. gemäß § 112c Abs. 1 BRAO, § 173 Satz 1 VwGO, § 512 ZPO einer inhaltlichen
  250. Überprüfung durch das Berufungsgericht entzogen ist (Senatsbeschlüsse vom
  251. 8. Dezember 2011 - AnwZ (Brfg) 46/11, juris Rn. 7 m.w.N.; vom 15. März 2012
  252. - AnwZ (Brfg) 55/11 Rn. 14 und vom 25. September 2013 - AnwZ (Brfg) 52/12
  253. Rn. 7).
  254. 29
  255. Soweit der Kläger das Verhalten des Vorsitzenden im Termin vom
  256. 6. September 2013 zur Begründung des Befangenheitsvorwurfs heranzieht,
  257. hätte er dort einen erneuten Befangenheitsantrag stellen müssen (§ 112c
  258. Abs. 1 BRAO, § 54 Abs. 1 VwGO, § 43 ZPO). Auch eine Befangenheit der
  259. Richterin Dr. H.
  260. geltend machen.
  261. kann der Kläger im Zulassungsantrag nicht erstmals
  262. - 13 -
  263. III.
  264. 30
  265. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154
  266. Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 BRAO, § 52 Abs. 2
  267. GKG.
  268. Kayser
  269. Roggenbuck
  270. Stüer
  271. Seiters
  272. Kau
  273. Vorinstanz:
  274. AGH Hamm, Entscheidung vom 06.09.2013 - 2 AGH 30/11 -