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- 5 StR 216/07
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- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- URTEIL
- vom 15. August 2007
- in der Strafsache
- gegen
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- 1.
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- 2.
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- wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u. a.
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- Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. August 2007, an der teilgenommen haben:
- Richter Häger als Vorsitzender,
- Richterin Dr. Gerhardt,
- Richter Dr. Raum,
- Richter Dr. Brause,
- Richter Hubert
- als beisitzende Richter,
- Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
- als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
- Rechtsanwalt D.
- als Verteidiger für den Angeklagten Z.
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- ,
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- Rechtsanwalt S.
- als Verteidiger für den Angeklagten E.
- Justizhauptsekretärin
- als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
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- ,
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- für Recht erkannt:
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- 1. Auf die Revision des Angeklagten Z.
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- wird das Urteil
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- des Landgerichts Berlin vom 22. Juni 2006 im Schuldspruch dahin geändert, dass dieser Angeklagte wegen
- besonders schwerer räuberischer Erpressung und wegen
- schwerer räuberischer Erpressung, jeweils in Tateinheit
- mit Freiheitsberaubung verurteilt ist, und im Strafausspruch gegen diesen Angeklagten aufgehoben.
- 2. Auf die Revision des Angeklagten E.
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- wird das
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- vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahingehend geändert, dass dieser Angeklagte wegen Beihilfe zur besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit
- mit Beihilfe zur Freiheitsberaubung und wegen schwerer
- räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung verurteilt ist, und im Strafausspruch gegen diesen
- Angeklagten aufgehoben.
- 3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden
- verworfen.
- 4. Die Sache wird zur Bestimmung neuer Strafen und zur
- Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittel an eine
- andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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- – Von Rechts wegen –
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- Gründe
- Das Landgericht hat den Angeklagten Z.
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- wegen „bewaffneten
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- Raubes in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung“ zu einer
- Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt (Einzelfreiheitsstrafen jeweils sechs Jahre). Den Angeklagten E.
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- hat
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- es wegen „bewaffneten Raubes in Tateinheit mit Freiheitsberaubung sowie
- wegen Beihilfe zum bewaffneten Raub in Tateinheit mit Freiheitsberaubung“
- zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt
- (Einzelfreiheitsstrafen ein Jahr und drei Jahre). Die Revisionen der Angeklagten führen zu Korrekturen der Schuldsprüche und zur Aufhebung der Strafaussprüche.
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- 1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
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- a) Der Angeklagte Z.
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- war im Juni 2005 mit dem Zeugen H.
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- übereingekommen, in B.
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- einen E.
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- -Markt zu überfallen.
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- Beim Ausspähen des Tatortes trafen sie auf den dort als Auszubildenden
- tätigen Angeklagten E.
- schule besuchte. H.
- E.
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- , der gemeinsam mit H.
- verlangte von dem von Z.
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- die Berufseingeschüchterten
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- Informationen über die Örtlichkeiten des Geschäfts. Der Ange-
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- klagte E.
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- zeigte Z.
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- und H.
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- eine Luke zum Fenster der
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- Herrentoilette im Keller des Geschäftes für den Einstieg und erläuterte die
- Sicherheitstechnik und die Art des Tresors. Einen Überfall an einem Montagmorgen bezeichnete er wegen der dann noch im Tresor befindlichen Wochenendeinnahmen als besonders lohnend. Der Angeklagte E.
- rechnete damit, dass die Täter bei dem Überfall auch eine Schusswaffe bei
- sich führten. Denn ihm war klar, dass die überfallenen Personen nur mittels
- einer Schusswaffe dazu würden bewegt werden können, den Tresor zu öffnen. Z.
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- und H.
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- führten den Überfall am 6. Juni 2005 mit einer
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- Schreckschusspistole und einem Messer aus. Sie versteckten sich in der
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- Herrentoilette. Gegen 5.00 Uhr stürmten die beiden mit den vorgehaltenen
- Waffen in den Aufenthaltsraum des Personals; sie zwangen die drei dort befindlichen Verkäuferinnen zu Boden. Z.
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- hielt die Pistole der Zeugin St.
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- an den Kopf und forderte den Tresorschlüssel. Nach einer Todesdrohung
- führte Z.
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- – die Pistole gegen den Kopf der Zeugin haltend – die Bedrohte
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- zum Tresor. Sie öffnete ihn und packte auf Geheiß des Z.
- eine Tüte. H.
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- 25.000 € in
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- hatte die beiden anderen Verkäuferinnen mit Kabelbin-
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- dern an den Handgelenken gefesselt. Der Angeklagte Z.
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- schloss die drei
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- überfallenen Frauen im Büro ein.
- b) Z.
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- schlug E.
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- wenige Tage später vor, sich an weite-
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- ren Überfällen zu beteiligen, weil er aufgrund seiner körperlichen Voraussetzungen gut einsteigen könne. Der Angeklagte E.
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- lehnte zunächst
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- ab, beugte sich dann aber dem Vorschlag, weil er Repressalien befürchtete.
- Die Wahl fiel schließlich auf einen Sp.
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- -Markt in B.
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- .
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- Die Angeklagten sägten dort am 25. Juni 2005 gegen 2.00 Uhr an einem Fenstergitter, bis es beiseitegeschoben werden konnte. Dann warfen sie
- die Scheibe ein und liefen zunächst vom Tatort weg, um mögliche Reaktionen auf den verursachten Lärm abzuwarten. Z.
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- übergab E.
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- eine Schreckschusspistole und Pfefferspray. Dieser kletterte durch das eingeworfene Fenster in den Lebensmittelmarkt und wartete im Aufenthaltsraum
- des Personals. Z.
- te E.
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- passte auf dem Parkplatz des Marktes auf und melde-
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- gegen 6.00 Uhr telefonisch die Ankunft der Zeugin Se
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- Diese kontrollierte wegen eines von E.
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- .
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- verursachten Geräuschs
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- die Toilette. Der mit einer schwarzen Sturmhaube maskierte Angeklagte richtete die Waffe auf die Zeugin, die vor Schreck hinfiel. Der Angeklagte richtete
- die Schreckschusspistole dann direkt auf ihren Kopf und fragte: „Wo ist der
- Tresor?“. Daraufhin stand die zutiefst verängstigte Zeugin auf, führte den
- Angeklagten zum Tresor und schloss ihn auf, während weiterhin die Waffe
- auf den Kopf der Zeugin gerichtet war. Die Zeugin packte das Geld aus den
- Kassetten in eine Tüte, auf Verlangen auch das Kleingeld. Der Angeklagte
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- vergewisserte sich, dass der Tresor auch wirklich leer war. Er nahm die Tüte
- mit dem Geld – insgesamt etwa 5.000 € – und drängte die Zeugin in den
- Flur. Dort forderte er die Zeugin auf, sich an die Wand zu stellen, wodurch
- die Zeugin Todesängste erlitt. Sie musste sich schließlich auf den Boden legen, wo sie der Angeklagte an Händen und Füßen mit Klebeband fesselte.
- Auch den Mund der Zeugin versuchte er zu verkleben. E.
- dann Z.
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- die Beute, der daraus wiederum 300 € dem E.
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- übergab
- über-
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- gab.
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- 2. Die Beweisantragsrügen der Angeklagten sind unzulässig (§ 344
- Abs. 2 Satz 2 StPO).
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- a) Der Angeklagte Z.
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- hat es unterlassen, zur Antragsbegründung
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- eingereichte und verlesene ärztliche Atteste und eine Bescheinigung einer
- Diplompsychologin, den Gesundheitszustand der Freundin dieses Angeklagten betreffend, vorzulegen. Solches wäre zum Verständnis der Ablehnungsentscheidung des Landgerichts aber wesentlich gewesen. Die Strafkammer
- hat nämlich den von der Verteidigung vorgetragenen Umstand, der Angeklagte habe sich aus einer Art persönlicher Abhängigkeit um seine damalige
- Freundin gekümmert, als ungeeignet dafür angesehen, dass der Angeklagte
- die Straftaten unter Ausschluss oder Einschränkung von Einsichts- oder
- Steuerungsfähigkeit ausgeführt hat.
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- b) Der Angeklagte E.
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- hat es unterlassen, mit seiner Rüge,
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- der Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens
- sei zu Unrecht abgelehnt worden, ein zur Begründung des Antrags eingereichtes Persönlichkeitsprofil des Angeklagten vorzulegen (§ 344 Abs. 2
- Satz 2 StPO).
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- 3. Auf die Sachrügen der Angeklagten hat der Senat lediglich die
- Schuldsprüche zu korrigieren. Da die Tatbilder davon gekennzeichnet sind,
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- dass die Tatopfer das Geld den Tätern aushändigten, liegt jeweils schwere
- räuberische Erpressung und nicht schwerer Raub vor.
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- Im Fall 1 der Urteilsgründe hat das Landgericht zwar keine Feststellungen treffen können, ob die verwendete Schreckschusspistole auch geladen war. Dies ist aber Voraussetzung, um den vom Landgericht angenommenen – besonders schweren – „bewaffneten Raub“ im Sinne des § 250
- Abs. 2 Nr. 1 StGB begründen zu können (vgl. BGHSt 48, 197, 201 ff.). Indes
- ist in diesem Fall die Qualifikation wegen eines anderen gefährlichen Werkzeugs durch das von dem Mittäter H.
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- bei der Tat verwendete Messer
-
- gegeben (vgl. BGHSt aaO S. 206). Dass der Angeklagte E.
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- bei
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- der unmittelbaren Tatausführung durch zwei Mittäter auch solches in seinen
- Gehilfenvorsatz mit der gebotenen Bestimmtheit aufgenommen hat, liegt auf
- der Hand.
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- Im Fall 2 der Urteilsgründe hat indes der vom Landgericht angenommene – besonders schwere – „bewaffnete Raub“ keinen Bestand. Das bei
- dieser Tat mitgeführte Pfefferspray erfüllt lediglich die Voraussetzungen des
- § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB als gefährliches Werkzeug (vgl. BGH
- NStZ-RR 2003, 105; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 250 Rdn. 6a), die
- verwendete Schreckschusspistole diejenigen des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b
- StGB (BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1a Waffe 2; BGH NStZ-RR 2002, 265;
- 2004, 169); das gleiche gilt für das Klebeband als Fesselungswerkzeug (vgl.
- BGHSt 48, 365, 371). Der Senat hält es – entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts – für ausgeschlossen, dass eine neue Hauptverhandlung
- die Angeklagten belastende Erkenntnisse zum Ladezustand der Schreckschusspistole zu Tage fördern könnte, und entscheidet deshalb zum Schuldspruch auf schwere räuberische Erpressung gemäß § 253 Abs. 1, §§ 255,
- 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a und lit. b StGB durch. Nach den Feststellungen gibt das
- Tatbild keinen Anlass für die Annahme eines erpresserischen Menschenraubes nach § 239a StGB, weil der Bemächtigungssituation keine eigenständige
- Bedeutung zukam (vgl. BGHR StGB § 239a Abs. 1 Sichbemächtigen 8). Wei-
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- tergehende Feststellungen hierzu sind von der neuen Hauptverhandlung
- nicht zu erwarten.
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- 4. Demnach haben die Strafaussprüche im Fall 2 der Urteilsgründe
- hinsichtlich beider Angeklagten keinen Bestand. Dies zieht auch die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafen nach sich. Die Einzelstrafen sind insoweit
- aus dem weniger schweren Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 StGB
- neu zu bestimmen.
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- Der Senat kann ferner nicht ausschließen, dass im Fall 1 der Urteilsgründe die Bemessung der Strafen durch die angenommene Verwendung
- einer Waffe zum Nachteil der Angeklagten beeinflusst worden sind. Deshalb
- wird der neue Tatrichter alle Strafen auf der Grundlage der bisherigen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen, die bei dem hier vorliegenden bloßen
- Subsumtionsfehler bestehen bleiben können, neu zu bestimmen haben. Zusätzliche Feststellungen können nur insoweit getroffen werden, als sie zu
- den bisherigen nicht in Widerspruch treten würden. Damit werden Umstände,
- die erneut auf die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB abzielen, nicht mehr
- Gegenstand weiterer tatrichterlicher Prüfung sein können.
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- Häger
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- Gerhardt
- Brause
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- Hubert
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- Raum
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