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- 5 StR 142/00
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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- vom 23. Mai 2000
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen Brandstiftung u. a.
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- Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2000
- beschlossen:
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- 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
- Landgerichts Braunschweig vom 20. Dezember 1999 nach
- § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben,
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- a) soweit der Angeklagte wegen Brandstiftung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und wegen vorsätzlicher
- Körperverletzung verurteilt worden ist,
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- b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch.
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- 2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
- verworfen.
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- 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
- Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
-
- G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Brandstiftung in Tateinheit mit Sachbeschädigung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus weiteren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und wegen
- vorsätzlicher Körperverletzung und Diebstahls zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt.
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- Bezüglich des Diebstahls hat die Überprüfung des Urteils keinen den
- Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Dagegen hat die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge Erfolg, soweit der Angeklagte wegen
- Brandstiftung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und wegen vorsätzlicher
- Körperverletzung zum Nachteil seiner Ehefrau verurteilt worden ist.
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- Bei beiden Taten stützt das Landgericht seine Überzeugung von der
- Täterschaft des bestreitenden Angeklagten maßgeblich auf die Angaben der
- Ehefrau des Angeklagten, die sie im Ermittlungsverfahren gemacht hat. In
- der Hauptverhandlung hat sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach
- § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO Gebrauch gemacht. Bedenken, die über den Ermittlungsrichter in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben der Ehefrau zur
- tragenden Grundlage der Verurteilung zu machen, ergeben sich schon daraus, daß diese Angaben in den Urteilsgründen in außerordentlich knapper
- Form wiedergegeben sind. So wird hinsichtlich der Brandstiftung, die der Angeklagte seiner Frau „gestanden“ haben soll, weder deutlich, aus welchem
- Anlaß der Angeklagte seiner Ehefrau von der Tat berichtet hat, noch ob seine Schilderung Details enthielt, die auf Täterwissen schließen lassen, noch
- ob er seiner Ehefrau von weiteren Straftaten berichtet hat. Angesichts des
- Fehlens jeglicher Anknüpfungspunkte kann der Senat nicht überprüfen, ob
- sich der Angeklagte gegenüber seiner Ehefrau zu Unrecht der Tat bezichtigt
- hat. Allein der Umstand, daß die Ehefrau ihm geglaubt haben will, reicht entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht aus, um die Möglichkeit einer
- falschen Selbstbezichtigung auszuschließen.
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- Darüber hinaus hätte das Landgericht auch darlegen müssen, unter
- welchen Umständen es zu den den Angeklagten belastenden Angaben der
- Ehefrau gekommen ist. Dies war schon deshalb erforderlich, weil sich aus
- dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt, daß die Eheleute seinerzeit in Streit lebten, sich möglicherweise sogar in Unfrieden getrennt hatten. Ein Motiv der Ehefrau, den Angeklagten zu Unrecht zu belasten, war
- deshalb nicht von vornherein auszuschließen.
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- Soweit das Landgericht die Möglichkeit einer Falschbezichtigung aus
- Verärgerung, Rache oder Haß mit der Erwägung ausschließt, in diesem Falle
- hätte es angesichts der inzwischen wieder bestehenden Lebensgemeinschaft für die Ehefrau nahegelegen, ihre falschen Angaben in der Hauptverhandlung richtigzustellen, anstatt die Aussage zu verweigern, kann dem nicht
- gefolgt werden. Diese Argumentation läßt außer Acht, daß die Ehefrau hätte
- einräumen müssen, sich selbst wegen einer falschen Verdächtigung strafbar
- gemacht zu haben (vgl. BGH StV 1991, 450, 451). Dieser Umstand konnte
- sie dazu veranlassen, von einer Korrektur ihrer Aussage Abstand zu nehmen
- und statt dessen von der Möglichkeit des ihr zustehenden Aussageverweigerungsrechts Gebrauch zu machen. Damit hat das Landgericht im Rahmen
- seiner Beweiswürdigung eine naheliegende, dem Angeklagten günstigere
- Beurteilung des Aussageverhaltens eines Zeugen außer Betracht gelassen.
- Dieser Fehler ist bei einem Zeugen, der Angehöriger des Angeklagten im
- Sinne des § 52 StPO ist, wie bei jedem anderen Zeugen, aus dessen Aussageverhalten der Tatrichter Rückschlüsse auf seine Glaubwürdigkeit zieht, auf
- die Sachrüge hin zu berücksichtigen und führt zur Aufhebung der auf diesem
- Fehler beruhenden Verurteilungen. Ob der – hier ebenfalls vorliegende –
- Verstoß gegen § 52 StPO, der darin liegt, daß aus der Zeugnisverweigerung
- eines Angehörigen grundsätzlich keine Rückschlüsse auf die hierfür maßgeblichen Motive gezogen werden dürfen, weil der Angehörige andernfalls
- von den ihm zustehenden prozessualen Rechten nicht mehr frei und unbe-
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- fangen Gebrauch machen könnte (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 22, 113, 114),
- nur mit einer – hier nicht erhobenen – Verfahrensrüge geltend gemacht werden könnte, kann daher offenbleiben.
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