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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 4 StR 396/05
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- 20. September 2005
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
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- Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. September 2005
- gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO beschlossen:
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- 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 19. Mai 2005 im Schuldspruch dahin geändert, dass im Fall II 1 der Urteilsgründe die Verurteilung
- wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Missbrauchs einer
- Schutzbefohlenen entfällt.
- 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
- 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die
- der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
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- Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen in zwei Fällen (Fälle II 2 und 4) sowie wegen sexuellen Missbrauchs
- eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen in
- drei Fällen (Fälle II 1, 3 und 5) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision gegen dieses
- Urteil und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechts-
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- mittel führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich des Falles II 1; im Übrigen ist es aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des
- Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 1. Im Fall II 1 der Urteilsgründe bedarf der Schuldspruch der Änderung
- dahin, dass der Angeklagte lediglich des sexuellen Missbrauchs eines Kindes
- schuldig ist. Die Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichten sexuellen
- Missbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) muss entfallen,
- weil insoweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Die erste verjährungsunterbrechende Handlung (Anordnung der Vernehmung des Beschuldigten)
- erfolgte am 12. Mai 2004. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten, da zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen ist, dass er im Fall II 1 die Tat schon am 1. Januar 1999 begangen hatte.
- Dass der Vorwurf mit dem nicht verjährten sexuellen Missbrauch eines Kindes
- in Tateinheit steht, steht der Annahme von Verjährung nicht entgegen; denn die
- Verjährung bestimmt sich bei tateinheitlichem Zusammentreffen für jede Gesetzesverletzung gesondert (st. Rspr.; vgl. Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 78 a
- Rdn. 5 m. N.). Durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften
- über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember
- 2003, durch den bestimmt ist, dass nach § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB nunmehr
- auch bei Straftaten nach § 174 StGB die Verjährung bis zur Vollendung des 18.
- Lebensjahres des Opfers ruht, hat sich an dieser Rechtslage für den vorliegenden Fall nichts geändert, weil zum Zeitpunkt des Inkrafttreten des Gesetzes am
- 1. April 2004 bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten war (vgl. BGH
- NStZ 2005, 89).
- 2. Trotz der Änderung des Schuldspruchs können die für den Fall II 1
- festgesetzte Einzelstrafe und die Gesamtstrafe bestehen bleiben. Der Senat
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- schließt aus, dass der Tatrichter auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte,
- wenn er die Verfolgungsverjährung hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 174
- StGB beachtet hätte, zumal auch verjährte Taten bzw. Tatteile bei der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt werden können (vgl. BGHR StGB § 46
- Abs. 2 Vorleben 24). Im Übrigen ist die Einzelstrafe im Fall II 1 auch nach
- Wegfall der Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen angemessen im Sinne von § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO.
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