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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 396/05
  4. vom
  5. 20. September 2005
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. September 2005
  11. gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO beschlossen:
  12. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 19. Mai 2005 im Schuldspruch dahin geändert, dass im Fall II 1 der Urteilsgründe die Verurteilung
  13. wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Missbrauchs einer
  14. Schutzbefohlenen entfällt.
  15. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
  16. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die
  17. der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
  18. Gründe:
  19. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen in zwei Fällen (Fälle II 2 und 4) sowie wegen sexuellen Missbrauchs
  20. eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen in
  21. drei Fällen (Fälle II 1, 3 und 5) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision gegen dieses
  22. Urteil und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechts-
  23. -3-
  24. mittel führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich des Falles II 1; im Übrigen ist es aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des
  25. Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  26. 1. Im Fall II 1 der Urteilsgründe bedarf der Schuldspruch der Änderung
  27. dahin, dass der Angeklagte lediglich des sexuellen Missbrauchs eines Kindes
  28. schuldig ist. Die Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichten sexuellen
  29. Missbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) muss entfallen,
  30. weil insoweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Die erste verjährungsunterbrechende Handlung (Anordnung der Vernehmung des Beschuldigten)
  31. erfolgte am 12. Mai 2004. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten, da zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen ist, dass er im Fall II 1 die Tat schon am 1. Januar 1999 begangen hatte.
  32. Dass der Vorwurf mit dem nicht verjährten sexuellen Missbrauch eines Kindes
  33. in Tateinheit steht, steht der Annahme von Verjährung nicht entgegen; denn die
  34. Verjährung bestimmt sich bei tateinheitlichem Zusammentreffen für jede Gesetzesverletzung gesondert (st. Rspr.; vgl. Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 78 a
  35. Rdn. 5 m. N.). Durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften
  36. über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember
  37. 2003, durch den bestimmt ist, dass nach § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB nunmehr
  38. auch bei Straftaten nach § 174 StGB die Verjährung bis zur Vollendung des 18.
  39. Lebensjahres des Opfers ruht, hat sich an dieser Rechtslage für den vorliegenden Fall nichts geändert, weil zum Zeitpunkt des Inkrafttreten des Gesetzes am
  40. 1. April 2004 bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten war (vgl. BGH
  41. NStZ 2005, 89).
  42. 2. Trotz der Änderung des Schuldspruchs können die für den Fall II 1
  43. festgesetzte Einzelstrafe und die Gesamtstrafe bestehen bleiben. Der Senat
  44. -4-
  45. schließt aus, dass der Tatrichter auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte,
  46. wenn er die Verfolgungsverjährung hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 174
  47. StGB beachtet hätte, zumal auch verjährte Taten bzw. Tatteile bei der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt werden können (vgl. BGHR StGB § 46
  48. Abs. 2 Vorleben 24). Im Übrigen ist die Einzelstrafe im Fall II 1 auch nach
  49. Wegfall der Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen angemessen im Sinne von § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO.
  50. Tepperwien
  51. Kuckein
  52. Ernemann
  53. Athing
  54. Sost-Scheible