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6.0 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XII ZR 55/08
  4. vom
  5. 4. Juni 2008
  6. in dem Rechtsstreit
  7. Nachschlagewerk:
  8. BGHZ:
  9. BGHR:
  10. ja
  11. nein
  12. ja
  13. ZPO §§ 712, 719
  14. a) Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht kommt im
  15. Verfahren über die Revision oder die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag
  16. möglich und zumutbar gewesen wäre (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse
  17. vom 6. Juni 2006 - XII ZR 80/06 - NJW-RR 2006, 1088 und vom 2. Oktober 2002
  18. - XII ZR 173/02 - FamRZ 2003, 598).
  19. b) Weil der Vollstreckungsschutz durch das Revisionsgericht nach § 719 ZPO grundsätzlich einen Schutzantrag nach § 712 ZPO im Berufungsverfahren voraussetzt,
  20. darf das Berufungsgericht den Schutzantrag nicht mit der pauschalen Begründung
  21. zurückweisen, die Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung nach den §§ 707,
  22. 719 ZPO verdränge regelmäßig den Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO (Abgrenzung zu OLG Stuttgart MDR 1998, 858).
  23. c) Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht kommt im
  24. Verfahren über die Revision oder die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat (im Anschluss an
  25. BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2005 - VIII ZR 208/05 - WuM 2005, 735, 736
  26. und vom 11. April 2002 - V ZR 308/01 - FamRZ 2003, 372, 373).
  27. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2008 - XII ZR 55/08 - OLG Düsseldorf
  28. LG Düsseldorf
  29. -2-
  30. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juni 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und
  31. die Richter Dose und Dr. Klinkhammer
  32. beschlossen:
  33. Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil
  34. des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom
  35. 3. April 2008 einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.
  36. Gründe:
  37. I.
  38. 1
  39. Die Beklagte ist durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom
  40. 17. September 2007 zur Räumung und Herausgabe gepachteter Gewerberäume in der E.
  41. Straße
  42. in D.
  43. verurteilt worden. Die Beklagte darf
  44. die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000 € abwenden,
  45. wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
  46. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht mit einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil vom 3. April 2008 zurückgewiesen. Den beantragten Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO hat das Berufungsgericht abgelehnt, weil der Schutzantrag nach § 712 ZPO regelmäßig
  47. durch die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung nach den §§ 707, 719 ZPO
  48. zu beantragen, verdrängt werde. Eine Revision hat das Berufungsgericht nicht
  49. zugelassen.
  50. -3-
  51. 2
  52. Nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und innerhalb verlängerter Begründungsfrist beantragt die Beklagte, die Zwangsvollstreckung aus
  53. dem Berufungsurteil vorläufig einzustellen. Ihr durch die Zwangsvollstreckung
  54. drohender Existenzverlust wiege deutlich schwerer als eine Verzögerung der
  55. Räumungsvollstreckung für den Kläger. Die Nichtzulassungsbeschwerde habe
  56. auch hinreichende Erfolgsaussicht, weil das Berufungsgericht im Widerspruch
  57. zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe und wegen dieser Divergenz die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten sei.
  58. II.
  59. 3
  60. Der Einstellungsantrag der Beklagten ist nicht begründet.
  61. 4
  62. 1. Allerdings scheitert die Erfolgsaussicht nicht schon daran, dass die
  63. Beklagte im Berufungsverfahren keinen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712
  64. ZPO gestellt hätte (vgl. insoweit Senatsbeschlüsse vom 6. Juni 2006 - XII ZR
  65. 80/06 - NJW-RR 2006, 1088 und vom 4. September 2002 - XII ZR 173/02 NJW-RR 2002, 1650). Denn einen solchen Antrag hatte die Beklagte schon im
  66. Berufungsverfahren gestellt.
  67. 5
  68. Soweit das Berufungsgericht der Beklagten den beantragten Vollstreckungsschutz versagt hat, weil die Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung
  69. nach den §§ 707, 719 ZPO regelmäßig einen Vollstreckungsschutz nach § 712
  70. ZPO verdränge (vgl. insoweit auch OLG Stuttgart MDR 1998, 858), teilt der Senat diese Rechtsauffassung allerdings nicht. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt ein Antrag nach § 719 ZPO im Verfahren
  71. der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde umgekehrt voraus, dass im
  72. -4-
  73. Berufungsverfahren ein Schutzantrag nach § 712 ZPO gestellt war (Senatsbeschlüsse vom 6. Juni 2006 - XII ZR 80/06 - NJW-RR 2006, 1088 und vom
  74. 4. September 2002 - XII ZR 173/02 - NJW-RR 2002, 1650). Wird aber ein solcher Antrag verlangt, um überhaupt Vollstreckungsschutz zu erlangen, kann
  75. diese Rechtsschutzmöglichkeit nicht regelmäßig hinter dem Vollstreckungsschutz nach § 719 ZPO zurücktreten.
  76. 6
  77. 2. Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist
  78. hier aber deswegen zurückzuweisen, weil die Nichtzulassungsbeschwerde der
  79. Beklagten keine Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. insoweit BGH, Beschlüsse vom
  80. 19. Oktober 2005 - VIII ZR 208/05 - WuM 2005, 735, 736 und vom 11. April
  81. 2002 - V ZR 308/01 - FamRZ 2003, 372, 373 jeweils a.E.).
  82. 7
  83. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch zur Fortbildung des Rechts, noch - entgegen der Rechtsauffassung
  84. der Beklagten - zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
  85. Das Berufungsgericht ist von der ständigen Rechtsprechung des Senats ausgegangen, wonach die wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen in der
  86. schriftlichen Urkunde niedergelegt oder jedenfalls im Zeitpunkt des Vertragsschlusses hinreichend bestimmbar sein müssen (vgl. Senatsurteile vom 7. Mai
  87. 2008 - XII ZR 69/06 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 25. Juli 2007
  88. -5-
  89. - XII ZR 143/05 - NJW 2007, 3202). Solches hat das Berufungsgericht hier ohne Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs oder gegen sonstige
  90. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Einzelfall zutreffend verneint.
  91. Hahne
  92. Fuchs
  93. Dose
  94. Vézina
  95. Klinkhammer
  96. Vorinstanzen:
  97. LG Düsseldorf, Entscheidung vom 17.09.2007 - 7 O 227/06 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 03.04.2008 - I-10 U 137/07 -