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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XII ZR 146/00
  5. Verkündet am:
  6. 17. Dezember 2003
  7. Breskic,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  14. vom 17. Dezember 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
  15. Richter Sprick und Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose
  16. für Recht erkannt:
  17. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats
  18. des Kammergerichts vom 27. März 2000 aufgehoben.
  19. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Zivilkammer 25
  20. des Landgerichts Berlin vom 23. Januar 1998 unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten teilweise geändert und neu gefaßt:
  21. Die
  22. Beklagte
  23. wird
  24. verurteilt,
  25. an
  26. den
  27. Kläger
  28. 31.014,97
  29. (60.660 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Juni 1997 zu zahlen.
  30. Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
  31. Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 37 %
  32. und die Beklagte 63 %, von den Kosten des zweiten Rechtszuges
  33. der Kläger 30 % und die Beklagte 70 %. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.
  34. Von Rechts wegen
  35. -3-
  36. Tatbestand:
  37. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages vom 16. August 1996, mit dem sich die Beklagte verpflichtet hatte, ihm gegen ein einmaliges Entgelt von 3.000 DM zuzüglich
  38. Mehrwertsteuer für die Dauer von zunächst drei Jahren ab 20. November 1996
  39. eine Fläche zum Aufstellen einer Werbeanlage zur Verfügung zu stellen.
  40. Der Kläger errichtete das erforderliche Gerüst und versah es mit Werbetafeln, baute diese aber vor Inbetriebnahme der Anlage auf Verlangen des Tiefbauamtes wieder ab, nachdem sich herausgestellt hatte, daß die vertraglich
  41. vereinbarte Fläche nicht zum Pachtgelände der Beklagten, sondern zum öffentlichen Straßenraum gehörte.
  42. Das Landgericht gab seiner in Höhe von 96.273,86 DM erhobenen Klage
  43. auf Ersatz entgangenen Gewinns sowie der Kosten für Auf- und Abbau der Anlage sowie der Akquisitionskosten für die mit Dritten bereits abgeschlossenen
  44. Werbeverträge unter Abweisung im übrigen in Höhe eines Teilbetrages von
  45. 37.520 DM statt. Dagegen legten beide Parteien Berufung ein. Das Berufungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil zugunsten der Beklagten ab und verurteilte diese zur Zahlung von nur 27.708,82 DM. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, die der Senat angenommen hat und mit der er seinen Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt noch 60.660 DM (einschließlich des ihm
  46. vom Berufungsgericht zugesprochenen Betrages) weiterverfolgt.
  47. -4-
  48. Entscheidungsgründe:
  49. Die Revision hat Erfolg.
  50. I.
  51. 1. Das Berufungsgericht sieht den Vertrag der Parteien als Rechtspacht
  52. an und hält die Beklagte dem Grunde nach aus § 325 Abs. 1 BGB a.F. oder
  53. aber aus §§ 581, 541 BGB a.F. für schadensersatzpflichtig. Insoweit läßt es
  54. dahinstehen, ob es der Beklagten von Anfang an unmöglich war, dem Kläger
  55. die vereinbarte Fläche zu überlassen, oder ob dieser daran bereits Besitz ergriffen hatte und ihm dieser Besitz durch das Tiefbauamt wieder entzogen wurde, was einen Rechtsmangel darstelle.
  56. Dies wird weder von der Revision - als ihr günstig - noch von der Revisionserwiderung angegriffen und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
  57. 2. Nach den - von den Parteien ebenfalls nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts hätte der Kläger aus den drei von ihm bereits
  58. abgeschlossenen Werbeverträgen über die Laufzeit des Vertrages mit der Beklagten einen Nettoerlös von insgesamt 72.660 DM erzielt. Zugleich hätte er in
  59. dieser Zeit insgesamt 9.000 DM Nettopacht an die Beklagte zahlen müssen und
  60. für den Betrieb der Werbeanlage 3.000 DM Stromkosten (netto) aufwenden
  61. müssen. Für die Akquisition der drei Werbeverträge waren ihm bereits Akquisitionskosten in Höhe von netto 15.200 DM entstanden. Sein Aufwand für den
  62. Auf- und Abbau der Werbeanlage belief sich auf 20.413,86 DM.
  63. Allerdings sieht das Berufungsgericht den zuletzt genannten Betrag, wie
  64. die Revision zutreffend rügt, als Bruttobetrag an und errechnet daraus einen
  65. -5-
  66. Nettobetrag ohne Mehrwertsteuer von 17.751,18 DM, obwohl zwischen den
  67. Parteien unstreitig ist, daß es sich bei dem Betrag von 20.413,86 DM bereits
  68. um den Nettobetrag ohne Mehrwertsteuer handelt, wie schon das Landgericht
  69. zutreffend erkannt hatte.
  70. II.
  71. 1. Zutreffend berechnet das Berufungsgericht den dem Kläger zu ersetzenden entgangenen Nettogewinn, indem es von dem zu erwartenden Erlös
  72. aus den drei Werbeverträgen (72.660 DM) zunächst den Pachtzins von
  73. 9.000 DM und die Stromkosten von 3.000 DM in Abzug bringt, die der Kläger
  74. infolge der Nichtdurchführung des Vertrages erspart hat, so daß sich als Zwischenergebnis ein Betrag von 60.660 DM ergibt.
  75. 2. Von diesem Betrag bringt das Berufungsgericht sodann auch die Akquisitionskosten von 15.200 DM sowie die Auf- und Abbaukosten mit dem vermeintlichen Nettobetrag von 17.751,18 DM in Abzug und gelangt so zu dem
  76. von ihm zugesprochenen Betrag von 27.708,82 DM. Zur Begründung dieser
  77. weiteren Abzugspositionen führt es aus, diese Kosten wären dem Kläger auch
  78. bei Durchführung des Vertrages entstanden, und zwar einschließlich der Abbaukosten, da er nach Maßgabe des mit der Beklagten geschlossenen Pachtvertrages verpflichtet gewesen sei, die Werbeanlage nach Ablauf der Pachtzeit
  79. auf seine Kosten zu entfernen. Der Kläger könne aber nur verlangen, so gestellt
  80. zu werden, wie er stehen würde, wenn die Beklagte den Vertrag erfüllt hätte.
  81. Neben dem entgangenen Gewinn könne er diese Kosten, die ohnehin angefal-
  82. -6-
  83. len wären, deshalb nicht zusätzlich geltend machen, denn andernfalls würde er
  84. besser gestellt, als er bei Vertragserfüllung gestanden hätte.
  85. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes in BGHZ 143, 41, 49 f. = NJW 2000, 506, 508. Soweit der Bundesgerichtshof dort ausführe, der Gläubiger könne den Ersatz tatsächlich entstandener Aufwendungen zusätzlich verlangen, betreffe dies den vorliegenden Fall
  86. schon deshalb nicht, weil hier, anders als in dem dort entschiedenen Fall, keine
  87. Rentabilitätsvermutung gelte, sondern der Kläger die Rentabilität seiner Aufwendungen konkret dargelegt habe; für eine derartige Vermutung sei deshalb
  88. hier kein Raum.
  89. 3. Diese Auffassung greift die Revision mit Erfolg an.
  90. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Oktober 1999 aaO betrifft
  91. - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - auch die vorliegende Fallgestaltung. Denn was für den Fall nur vermuteter Rentabilität gilt, muß erst
  92. recht gelten, wenn die Rentabilität feststeht, weil unstreitig ist, daß der Kläger
  93. auch unter Berücksichtigung aller Kosten, die bei Durchführung des Vertrages
  94. angefallen wären, im Ergebnis einen Gewinn erzielt hätte.
  95. Zwar sind bei der Berechnung des entgangenen Gewinns sämtliche zu
  96. seiner Erzielung erforderlichen Aufwendungen unabhängig davon in Rechnung
  97. zu stellen, ob sie tatsächlich angefallen oder nur hypothetische Natur sind
  98. (BGHZ aaO S. 49 unten). Sind sie indes tatsächlich entstanden, kann der Gläubiger sie zusätzlich - als weitere Schadensposition - neben dem entgangenen
  99. Gewinn verlangen. Andernfalls ginge die Differenzrechnung des § 249 Satz 1
  100. BGB a.F. nicht auf (vgl. BGHZ aaO S. 50 oben), und zwar auch nicht im vorliegenden Fall, wie die nachstehende Vergleichsrechnung zeigt:
  101. -7-
  102. Bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vertrages hätte der Kläger
  103. zwar sämtliche vom Berufungsgericht in Abzug gebrachten Kosten aufwenden
  104. müssen, nämlich neben 9.000 DM (Pachtzins) und 3.000 DM (Stromkosten)
  105. weitere 15.200 DM (Akquisitionskosten) + 20.413,86 DM (Auf- und Abbau; statt
  106. wie
  107. vom
  108. Berufungsgericht
  109. angenommen
  110. 17.751,18 DM)
  111. =
  112. insgesamt
  113. 35.613,86 DM netto. Mit dem zu erwartenden Nettoerlös von 72.660 DM hätte
  114. er jedoch nicht nur diese Kosten amortisieren können, sondern im Endergebnis
  115. einen Gewinn von 25.046,14 DM erzielt.
  116. Infolge der Nichtdurchführung des Vertrages ist ihm hingegen nicht nur
  117. dieser Gewinn entgangen. Er hat vielmehr 35.613,86 DM aufgewandt und somit
  118. im Ergebnis statt eines Gewinns von 25.046,14 DM einen Verlust von
  119. 35.613,86 DM erlitten. Er steht sich damit um (25.046,14 DM + 35.613,86 DM
  120. =) 60.660 DM schlechter, als er bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vertrages gestanden hätte. Diese Differenz hat die Beklagte ihm zu ersetzen.
  121. Die vorstehende Berechnung zeigt zugleich, daß sich die irrtümliche Annahme
  122. des
  123. Berufungsgerichts,
  124. bei
  125. den
  126. Auf-
  127. und
  128. Abbaukosten
  129. von
  130. 20.413,86 DM handele es sich um den Bruttobetrag einschließlich Mehrwertsteuer, bei im übrigen zutreffender Schadensberechnung auf das Ergebnis
  131. nicht ausgewirkt hätte. Denn wenn diese Annahme richtig gewesen wäre und
  132. deshalb bei der Berechnung des entgangenen Gewinns - mit dem Berufungsgericht - nur ein Nettobetrag von 17.751,18 DM abzuziehen gewesen wäre, hätte
  133. der Kläger daneben auch nur diesen Betrag als tatsächlich erbrachten Aufwand
  134. für den Auf- und Abbau ersetzt verlangen können. So aber mindert sich sein
  135. entgangener Gewinn zwar um den höheren Betrag von 20.413,86 DM, was im
  136. -8-
  137. Ergebnis dadurch ausgeglichen wird, daß ihm zusätzlich zum entgangenen
  138. Gewinn dieser höhere Nettobetrag zu ersetzen ist.
  139. Hahne
  140. Sprick
  141. Vézina
  142. Fuchs
  143. Dose