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424 lines
24 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XII ZR 142/12
  5. Verkündet am:
  6. 13. November 2013
  7. Küpferle
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. PrKG §§ 8, 9
  19. Durch das Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes am 14. September 2007 wurden Wertsicherungsklauseln, die bis dahin weder genehmigungsfrei noch genehmigt waren und für die bis dahin keine Genehmigung beantragt war, mit
  20. Wirkung für die Zukunft auflösend bedingt wirksam.
  21. BGH, Urteil vom 13. November 2013 - XII ZR 142/12 - OLG Brandenburg
  22. -2-
  23. LG Frankfurt (Oder)
  24. -3-
  25. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  26. vom 25. September 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
  27. Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
  28. für Recht erkannt:
  29. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des
  30. Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 17. Oktober 2012
  31. wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der
  32. Klage auf Nebenkostennachzahlung in Höhe von insgesamt
  33. 134.030,33 € nebst Zinsen sowie gegen die Abweisung der Klage
  34. auf Zahlung einer Differenz der ursprünglichen Pacht zu einer auf
  35. Grundlage der Wertsicherungsklausel erhöhten Pacht für die Zeit
  36. bis zum 13. September 2007 einschließlich des insoweit hilfsweise
  37. geltend gemachten Anspruchs auf Vertragsanpassung richtet.
  38. Im Übrigen (Pachterhöhung ab dem 14. September 2007) wird
  39. das vorbezeichnete Urteil, soweit darin zum Nachteil der Klägerin
  40. erkannt worden ist, auf ihre Revision aufgehoben.
  41. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
  42. Streitwert: bis 390.000 €
  43. Von Rechts wegen
  44. -4-
  45. Tatbestand:
  46. 1
  47. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Wertsicherungsklausel
  48. sowie den Inhalt der Nebenkostenabrede eines Pachtvertrages über ein Grundstück, auf dem die Beklagte ein Alten- und Pflegeheim betrieb.
  49. 2
  50. Das Pachtobjekt stand unter Zwangsverwaltung und wurde durch die
  51. Klägerin mit Zuschlagsbeschluss vom 23. Juni 2008 im Rahmen der
  52. Zwangsversteigerung erworben. Mit Beschluss vom 29. Juli 2008 wurden die
  53. Zwangsverwaltung aufgehoben und der Zwangsverwalter ermächtigt, die Pachtrückstände aus der Zeit bis zum 22. Juni 2008 einzutreiben. Die bis dahin entstandenen und noch offenen Ansprüche aus Pachterhöhungen trat der
  54. Zwangsverwalter an die Klägerin ab.
  55. 3
  56. Die Wertsicherungsklausel des auf fünf Jahre mit Verlängerungsoption
  57. über weitere fünf Jahre geschlossenen Pachtvertrages vom 7. Oktober 1999, in
  58. den beide Parteien als Rechtsnachfolger der ursprünglichen Vertragsparteien
  59. eingetreten sind, lautet:
  60. "Ändert sich der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden festgelegte Index der Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte
  61. im früheren Bundesgebiet (Basis 1985 = 100) im Verhältnis zum
  62. Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder zu dem bei der letzten
  63. Mietänderung festgestellten Index um mehr als fünf Prozent nach
  64. oben oder unten, so ändert sich der jeweilige Mietzins im gleichen
  65. Verhältnis. Der neue Mietzins ist mit Beginn des nächsten, auf die
  66. Überschreitung des der Fünf-Prozent-Grenze folgenden Kalendermonats an zu zahlen. (…) Sollte die Wertsicherungsklausel von
  67. -5-
  68. der Landeszentralbank nicht genehmigt werden, so verpflichten
  69. sich die Vertragsparteien, eine Vereinbarung in den Vertrag aufzunehmen, die den in diesem Vertrag vereinbarten Bestimmungen
  70. am nächsten kommt und genehmigungsfähig ist."
  71. 4
  72. Die Nebenkostenabrede in § 4 des schriftlichen Pachtvertrages lautet:
  73. "1. Die Pächterin übernimmt sämtliche mit dem Pachtobjekt in Zusammenhang stehenden Betriebskosten. Diese werden, soweit
  74. möglich, von ihr unmittelbar gezahlt, (...).
  75. 2. Die Leitungswasser-, Sturm-, Feuer- und Gebäudehaftpflichtversicherung sowie die Grundsteuer werden zunächst unmittelbar
  76. vom Verpächter gezahlt und der Pächterin in Rechnung gestellt,
  77. die diese dann binnen einer Frist von vier Wochen der Verpächterin zu erstatten hat."
  78. 5
  79. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass eine direkte Abrechnung mit
  80. den Versorgungsunternehmen nicht möglich war, vereinbarten die Vertragsparteien am 6. Juni 2001 mündlich, dass anstelle des vorher Vereinbarten die Beklagte einen monatlichen Betrag von 5.113 € an die Klägerin für die Nebenkosten entrichten solle, welcher fortan auch gezahlt wurde. Während die Klägerin
  81. behauptet, der Betrag sei als eine abzurechnende Nebenkostenvorauszahlung
  82. vereinbart gewesen, geht die Beklagte von einer vereinbarten Nebenkostenpauschale aus.
  83. 6
  84. Mit der Klage verlangt die Klägerin die Differenz der ursprünglichen
  85. Pacht zu einer auf Grundlage der Wertsicherungsklausel erhöhten Pacht in Höhe von 133.012,12 € für Dezember 2004 bis Mai 2008, hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Zustimmung, die Wertsicherungsklausel des Pachtver-
  86. -6-
  87. trages durch eine andere, näher bezeichnete Klausel zu ersetzen. Ferner verlangt sie Nachzahlung - inzwischen abgerechneter - Nebenkosten für die Jahre
  88. 2005 bis 2007 in Höhe von insgesamt 134.030,33 €. Die Beklagte hat Widerklage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel erhoben.
  89. 7
  90. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Berufung der Klägerin hatte lediglich im Hinblick auf die Widerklage
  91. Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision
  92. der Klägerin, mit der sie ihre Ansprüche weiter verfolgt.
  93. Entscheidungsgründe:
  94. 8
  95. Die Revision hat teilweise Erfolg.
  96. I.
  97. 9
  98. Das Oberlandesgericht hat seine in ZMR 2013, 184 veröffentlichte Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
  99. 10
  100. Die Klägerin sei auch hinsichtlich derjenigen Pachtansprüche aktivlegitimiert, die bereits vor der Zwangsversteigerung am 23. Juni 2008 entstanden
  101. seien, da der Zwangsverwalter diese Ansprüche an die Klägerin in zulässiger
  102. Weise abgetreten habe.
  103. 11
  104. Die Wertsicherungsklausel, die nach dem bei Vertragsschluss geltenden
  105. Recht zunächst genehmigungsfrei wirksam gewesen sei, sei nunmehr nach
  106. dem am 14. September 2007 in Kraft getretenen und auch nicht verfassungswidrigen Preisklauselgesetz zu beurteilen. Die Übergangsregelung des § 9
  107. -7-
  108. Abs. 1 PrKG regele zwar die Fortgeltung bereits erteilter Genehmigungen, nicht
  109. aber die Fortgeltung von Genehmigungsfiktionen nach früherem Recht. Es
  110. handle sich auch nicht um einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt.
  111. 12
  112. Die Wertsicherungsklausel sei wegen Verstoßes gegen die Schriftform
  113. unwirksam geworden. Die Genehmigung einer automatischen Wertsicherungsvereinbarung in einem Immobilienpachtvertag werde nicht fingiert, wenn die von
  114. den Parteien erstrebte langfristige Bindung wegen Nichteinhaltung der gesetzlich gebotenen Schriftform (§ 550 BGB) scheitere und der Vertrag deshalb mit
  115. gesetzlicher Frist kündbar sei.
  116. 13
  117. Der Verstoß gegen die Schriftform nach § 550 BGB sei jedenfalls
  118. dadurch gegeben, dass der Pachtvertrag nachträglich hinsichtlich eines wesentlichen Vertragsinhalts mündlich geändert worden sei, indem die Nebenkosten
  119. nicht mehr wie ursprünglich vereinbart soweit möglich unmittelbar von der Beklagten zu begleichen gewesen seien, sondern nunmehr durch monatliche Zahlungen von 5.113 € an die Klägerin, wobei insoweit dahin stehen könne, ob dies
  120. als abzurechnende Vorauszahlung oder als Pauschale zu verstehen sei. Die
  121. Änderung sei wesentlich, weil die Nebenkostenvorauszahlung oder -pauschale
  122. als Teil der Pacht anzusehen sei und deshalb Auswirkungen auf die außerordentlichen Kündigungsmöglichkeiten wegen zweimonatigen Pachtverzuges habe. Mit insgesamt knapp 15 % der Grundpacht handle es sich bei den Nebenkosten auch nicht um einen nur unwesentlichen Teil der Gesamtzahlungspflicht.
  123. 14
  124. Die Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel greife von dem Zeitpunkt
  125. an, in dem der Schriftformverstoß eingetreten sei. Die gesetzliche Regelung,
  126. wonach vereinbarte Wertsicherungsklauseln bis zum Zeitpunkt einer gerichtlichen Feststellung schwebend wirksam seien (§ 8 PrKG), gelte nur für die nach
  127. -8-
  128. diesem Gesetz zu beurteilenden Wertsicherungsklauseln, nicht jedoch für die
  129. schon nach früherem Recht unwirksamen Klauseln.
  130. 15
  131. Zwar könne die Klägerin von der Beklagten grundsätzlich verlangen, einer Änderung der vereinbarten Klausel in eine solche mit genehmigungsfähigem oder nicht genehmigungsbedürftigem Inhalt zuzustimmen. Die Klägerin
  132. habe jedoch nicht dargelegt, dass die von ihr verlangte Vertragsänderung der
  133. Billigkeit entspräche. Denn die verlangte Anpassung berücksichtige nur die allgemeine Preisentwicklung, ohne auch der Pachtzinsentwicklung für vergleichbare Objekte angemessen Rechnung zu tragen.
  134. 16
  135. Auch die verlangte Nebenkostennachzahlung stehe der Klägerin nicht
  136. zu, da sie nicht bewiesen habe, dass zwischen den Vertragschließenden abzurechnende Nebenkostenvorauszahlungen und nicht eine Betriebskostenpauschale vereinbart worden seien.
  137. II.
  138. 17
  139. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen
  140. Punkten stand.
  141. 18
  142. 1. Zutreffend hat das Oberlandesgericht allerdings angenommen, dass
  143. die Klägerin auch zur Geltendmachung der von Dezember 2004 bis Mai 2008
  144. entstandenen Pachtansprüche aktivlegitimiert ist. Zwar stand das Pachtobjekt in
  145. der Zeit bis 22. Juni 2008 unter Zwangsverwaltung. Der Zwangsverwalter war
  146. jedoch befugt, die in dieser Zeit entstandenen Ansprüche an die Klägerin, die
  147. das Pachtobjekt durch Zuschlagsbeschluss vom 23. Juni 2008 erwarb, abzutreten.
  148. -9-
  149. 19
  150. Zuständig für die Einziehung der bis 22. Juni 2008 entstandenen Ansprüche blieb zwar der Zwangsverwalter, dessen Befugnisse insoweit mit dem
  151. Zuschlagsbeschluss vom 23. Juni 2008 ausdrücklich nicht endeten (vgl. BGHZ
  152. 155, 38 = NJW-RR 2003, 1419). Er war somit weiterhin zur ordnungsgemäßen
  153. Abwicklung, auch zur Einziehung rückständiger Pachten, berechtigt und verpflichtet (Senatsbeschluss vom 18. Februar 2004 - XII ZR 196/99 - ZInsO 2004,
  154. 340; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 187, 10 = NJW 2010, 3033).
  155. 20
  156. Die nach § 152 Abs. 1 ZVG bestehende Aufgabe des Zwangsverwalters,
  157. für eine ordnungsgemäße Nutzung und Verwaltung des Grundstücks zu sorgen,
  158. schließt die Befugnis ein, über die zur Verwaltungsmasse gehörenden Rechtsansprüche zu verfügen, insbesondere auch sie abzutreten (vgl. Böttcher ZVG
  159. 5. Aufl. § 152 Rn. 37; Haarmeyer Rpfleger 2000, 30, 32; Vonnemann Rpfleger
  160. 2002, 415, 418 f.; offengelassen in BGH Urteil vom 29. Juni 2006 - IX ZR
  161. 119/04 - NZM 2006, 677). Denn das Verwaltungsrecht des Zwangsverwalters
  162. reicht weiter als etwa nur die Überweisung einer Forderung zur Einziehung im
  163. Rahmen einer Einzelzwangsvollstreckung. Der Verwalter tritt in die Abwicklung
  164. der gesamten grundstücksbezogenen Rechtsbeziehungen einschließlich der
  165. Befugnis zur Ausübung bestehender Gestaltungsrechte und der Begründung
  166. neuer Rechtsverhältnisse ein. Das umfasst auch die Befugnis zur Verfügung
  167. über bestehende Pacht- und Mietforderungen. Ob die Verfügung pflichtgemäß
  168. erfolgt, ist keine Frage ihrer Wirksamkeit, sondern einer eventuellen Haftung
  169. des Verwalters.
  170. 21
  171. 2. Zu Unrecht ist das Oberlandesgericht hingegen von der vollständigen
  172. Unwirksamkeit der vereinbarten Wertsicherungsklausel ausgegangen.
  173. 22
  174. a) Zutreffend ist allerdings die Annahme des Oberlandesgerichts, dass
  175. der ursprünglich abgeschlossene Pachtvertrag spätestens seit der mündlich
  176. - 10 -
  177. vereinbarten Vertragsänderung vom 6. Juni 2001 nicht mehr diejenigen
  178. Voraussetzungen erfüllte, unter denen die enthaltene Preisklausel gemäß § 2
  179. Abs. 2 PaPkG iVm § 4 PrKV als genehmigt galt. Denn Voraussetzung hierfür
  180. war gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 PrKV, dass der Verpächter für die Dauer von mindestens zehn Jahren auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet oder
  181. der Pächter das Recht hatte, die Vertragsdauer auf mindestens zehn Jahre zu
  182. verlängern. Zwar war im schriftlichen Pachtvertrag eine Vertragsdauer von fünf
  183. Jahren mit einer Verlängerungsoption für den Pächter um weitere fünf Jahre
  184. vereinbart. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Vertragsbindung für länger
  185. als ein Jahr ist jedoch gemäß § 550 BGB die Einhaltung der Schriftform. Diese
  186. war zumindest ab dem Zeitpunkt der durch mündliche Vereinbarung abgeänderten Nebenkostenabrede nicht mehr gewahrt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Schriftform des § 550 BGB nämlich nur gewahrt, wenn
  187. sich die für den Abschluss des Vertrages notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere den Mietgegenstand, die Miete
  188. sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses - aus einer von beiden
  189. Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Durch die Einführung einer an die
  190. Verpächterin zu entrichtenden Nebenkostenpauschale oder -vorauszahlung von
  191. monatlich 5.113 € anstelle der ursprünglich vereinbarten Direktabrechnung mit
  192. den Versorgungsunternehmen wurden die Zahlungspflichten der Pächterin gegenüber der Verpächterin erheblich erweitert mit der Folge, dass auch die Bedingungen, unter denen bei Zahlungsverzug eine Kündigung hätte ausgesprochen werden können, erheblich verändert wurden. Denn Pacht im Sinne von
  193. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB ist die Grundpacht zuzüglich der geschuldeten
  194. Nebenkostenzahlung (vgl. Senatsurteile vom 10. Oktober 2001 - XII ZR
  195. 307/98 - BGHReport 2002, 225 und vom 23. Juli 2008 - XII ZR 134/06 - NJW
  196. 2008, 3210). Um den Voraussetzungen des § 550 BGB - weiterhin - zu genügen, hätte die Nachtragsvereinbarung vom 6. Juni 2001 ebenfalls unter Wah-
  197. - 11 -
  198. rung der Schriftform (vgl. dazu Senatsurteil vom 30. Januar 2013 - XII ZR
  199. 38/12 - NJW 2013, 1083 Rn. 22 f.) geschlossen werden müssen. Da die Vertragsparteien dieses nicht beachtet haben, war die Schriftform des § 550 BGB
  200. von dem Zeitpunkt an insgesamt nicht mehr gewahrt. Der Pachtvertrag galt
  201. damit als auf unbestimmte Zeit geschlossen und war somit für die Vertragsparteien auch vor Ablauf der ursprünglichen Bindungsfrist kündbar.
  202. 23
  203. Auf diesen Vertrag geänderten Inhalts wirkt die Genehmigungsfiktion des
  204. § 2 Abs. 2 PaPkG iVm § 4 PrKV auch nicht fort, die für den ursprünglichen Vertrag gegolten haben mag, soweit deren Voraussetzungen erfüllt waren. Denn
  205. der mündlich abgeänderte Vertrag stellt einen anderen, eigenständig zu prüfenden Genehmigungsgegenstand dar.
  206. 24
  207. b) Seit dem Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes am 14. September
  208. 2007 richtet sich die Wirksamkeit der Klausel allerdings nach diesem Gesetz.
  209. Das folgt aus der Übergangsvorschrift des § 9 PrKG, wonach nur für solche
  210. Preisklauseln, die nach früherem Recht schon genehmigt waren oder deren
  211. Genehmigung nach früherem Recht bereits beantragt war, die Genehmigung
  212. fortgilt bzw. die bislang geltenden Vorschriften weiter anzuwenden sind. Andere
  213. Preisklauseln, deren schwebende Unwirksamkeit sich bis zum 13. September
  214. 2007 aus dem Genehmigungserfordernis nach § 2 Abs. 2 PaPkG iVm § 3 PrKV
  215. ergab, können seit dem 14. September 2007 nicht mehr durch ein Genehmigungsverfahren, sondern nur noch nach den Vorschriften des Preisklauselgesetzes Wirksamkeit erlangen (ebenso Neuhaus MDR 2010, 848; Heller/Rousseau NZM 2009, 301, 303; Aufderhaar/Jaeger NZM 2009, 564, 566;
  216. vgl. auch OLG Celle NJW-RR 2008, 896, 897; BT-Drucks. 16/4391 S. 29).
  217. 25
  218. Dass die Rechtsänderung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch auf bereits endgültig abgeschlossene Sachverhalte wirkt (vgl.
  219. - 12 -
  220. BGH Urteile vom 9. Dezember 2010 - VII ZR 189/08 - NJW-RR 2011, 309 und
  221. BGHZ 168, 96, 98 = NJW 2006, 2978), kann dahinstehen. Denn das Pachtverhältnis ist noch nicht endgültig abgewickelt.
  222. 26
  223. c) Nach § 8 PrKG tritt die Unwirksamkeit einer Preisklausel zum Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen dieses Gesetz ein, soweit nicht eine frühere Unwirksamkeit vereinbart ist. Die Rechtswirkungen der
  224. Preisklausel bleiben bis zum Zeitpunkt der Unwirksamkeit unberührt. Damit gelten Preisklauseln - abweichend von der früheren Rechtslage - als auflösend
  225. bedingt wirksam (vgl. Neuhaus MDR 2010, 848).
  226. 27
  227. Das Oberlandesgericht sieht sich an der Anwendung dieser Vorschrift
  228. gehindert, weil es meint, die Regelung betreffe nur die Unwirksamkeit von
  229. Preisklauseln nach den Bestimmungen des Preisklauselgesetzes, nicht jedoch
  230. die schon nach früherem Recht unwirksamen Klauseln. Das folge aus dem allgemeinen Grundsatz, wonach, wenn ein Verbotsgesetz aufgehoben werde, es
  231. bei der Nichtigkeit der Geschäfte bleibe, die gegen dieses Gesetz verstoßen
  232. haben.
  233. 28
  234. Dabei verkennt jedoch das Oberlandesgericht zum einen, dass sich die
  235. Unwirksamkeit der streitigen Klausel seit dem Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes nach diesem Gesetz und nicht mehr nach früherem Recht richtet, zum
  236. anderen, dass die vereinbarte Wertsicherungsklausel keineswegs von vornherein nichtig war, sondern - jedenfalls seit der mündlichen Abänderung der Nebenkostenabrede - unter einem Erlaubnisvorbehalt nach § 2 Abs. 2 PaPkG iVm
  237. § 3 PrKV stand.
  238. 29
  239. Lediglich die Folgen des Schwebezustandes hat das Gesetz geändert,
  240. indem es Klauseln, die nach früherem Recht bis zur Erteilung der Genehmigung
  241. als schwebend unwirksam galten, nunmehr als anfänglich wirksam behandelt,
  242. - 13 -
  243. auflösend bedingt durch die gerichtliche Feststellung des Verstoßes. Dass
  244. daran auch die vor dem Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes vereinbarten
  245. Wertsicherungsklauseln teilhaben, ist schon deshalb geboten, weil es bei dem
  246. alten Zustand der schwebenden Unwirksamkeit nicht bleiben könnte. Denn das
  247. neue Recht kennt kein Genehmigungsverfahren mehr, welches einer schwebend unwirksamen Klausel noch zur Wirksamkeit verhelfen könnte (im Ergebnis
  248. ebenso Heller/Rousseau NZM 2009, 301, 303; Schulz NZM 2008, 425, 427;
  249. Aufderhaar/Jaeger NZM 2009, 564, 567; Neuhaus MDR 2010, 848, 850; vgl.
  250. auch Gerber NZM 2008, 152). Die Geltung des neuen Preisklauselgesetzes für
  251. alle Preisklauseln, die unter der Geltung des § 2 PaPkG oder des § 3 WährG
  252. vereinbart worden waren und für die bis zum Tag der Verkündung des neuen
  253. Gesetzes kein Genehmigungsantrag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gestellt war, entspricht erkennbar auch der Vorstellung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 16/4391 S. 29).
  254. 30
  255. Darin liegt keine unangemessene Benachteiligung der Vertragsparteien,
  256. weil die Folge der – zumindest auflösend bedingten – Wirksamkeit der Klausel
  257. dem zwischen ihnen Vereinbarten entspricht.
  258. 31
  259. Da ein Verstoß der vereinbarten Wertsicherungsklausel gegen das
  260. Preisklauselgesetz bisher nicht gerichtlich festgestellt ist, stehen die Vorschriften dieses Gesetzes einer Anwendung der vereinbarten Klausel nicht entgegen.
  261. Daher kommt es auf die verschiedentlich unter dem Blickwinkel der Gesetzgebungskompetenz angezweifelte Vereinbarkeit des Preisklauselgesetzes mit
  262. dem Grundgesetz (vgl. Schultz NZM 2008, 425, 426; Hellner/Rousseau NZM
  263. 2009, 301, 302; MünchKommBGB/Grundmann 6. Aufl. § 245 Rn. 71; ferner
  264. Kirchhof Wertsicherungsklauseln für Euro-Verbindlichkeiten S. 159 ff.) im Ergebnis nicht an.
  265. - 14 -
  266. 32
  267. d) Die durch das Preisklauselgesetz eingeführte, auflösend bedingte
  268. Wirksamkeit vereinbarter Preisklauseln greift allerdings nur ab dem Inkrafttreten
  269. dieses Gesetzes mit Wirkung für die Zukunft. Eine Rückwirkung auf Zeiträume
  270. vor seinem Inkrafttreten ordnet das Preisklauselgesetz nicht an. Gegen eine
  271. Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses sprechen auch Vertrauensgesichtspunkte, weil Vertragsparteien sonst rückwirkenden Zahlungspflichten auch aus solchen Preisklauseln ausgesetzt sein könnten, welche nach
  272. früherem Recht nicht genehmigungsfähig waren. Für den Zeitraum vor dem
  273. Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes richtet sich die Wirksamkeit der vereinbarten Klausel daher weiterhin nach dem bis 13. September 2007 geltenden
  274. Recht, wobei ab Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes kein Genemigungsantrag mehr möglich ist.
  275. 33
  276. e) Für den Zeitraum bis 13. September 2007 kann die Klägerin auch
  277. nicht die mit dem Hilfsantrag verfolgte Vertragsanpassung verlangen. Dem
  278. steht zum einen entgegen, dass vorrangig vor der Vertragsanpassung um eine
  279. Genehmigung der Preisklausel gemäß § 2 Abs. 2 PaPkG iVm § 3 PrKV hätte
  280. nachgesucht werden müssen; erst wenn diese endgültig gescheitert wäre, hätte
  281. eine Verpflichtung der Vertragsparteien auf Zustimmung zu einer Vertragsanpassung begründet sein können. Zum anderen steht dem Anspruch auf Vertragsanpassung entgegen, dass die vereinbarte automatische Pachtanpassung
  282. ihre innere Berechtigung in der vom Verpächter eingegangenen zehnjährigen
  283. Vertragsbindung hatte. Nachdem diese Vertragsbindung als Folge der mündlichen Nachtragsabrede vom 6. Juni 2001 entfallen war, hätte die Klägerin den
  284. Vertrag jederzeit mit der gesetzlichen Frist kündigen können, sofern ihr die vereinbarte Pacht nicht mehr auskömmlich erschien. Damit war schon die innere
  285. Rechtfertigung für eine automatische, an Preisindizes gekoppelte Pachtanpassung entfallen, was auch der hilfsweise vereinbarten Vertragsanpassung die
  286. Grundlage entzieht. Schließlich ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden,
  287. - 15 -
  288. dass das Oberlandesgericht die von der Klägerin herangezogene allgemeine
  289. Preisentwicklung von Gewerbeimmobilien nicht als einen geeigneten Maßstab
  290. für eine Pachtanpassung der hier vorliegenden Sonderimmobilie eines Altenund Pflegeheims angesehen hat, so dass es insgesamt an einer hinreichenden
  291. Substanziierung des vermeintlichen Anspruchs der Klägerin auf Zustimmung zu
  292. der konkret verlangten Vertragsanpassung fehlt.
  293. 34
  294. 3. Erfolglos bleiben auch diejenigen Angriffe der Revision, die sich gegen
  295. die Abweisung der auf Nachzahlung inzwischen abgerechneter Nebenkosten
  296. zielenden Klage richten. Der im Zusammenhang mit der Beweisaufnahme behauptete Verfahrensfehler liegt nicht vor. Die von beiden Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 25. März 2011 abgegebene Erklärung, anstelle einer erneuten Vorladung des erkrankungsbedingt nicht erschienenen Zeugen B. solle das Protokoll seiner früheren Vernehmung aus einem
  297. anderen Verfahren verwertet werden, durfte von den Instanzgerichten dahin
  298. ausgelegt werden, dass auf eine Einvernahme des Zeugen in diesem Verfahren
  299. und somit auf die Gewinnung eines persönlichen Eindrucks von dem Zeugen
  300. übereinstimmend verzichtet werde (§ 399 ZPO). Von diesem Verzicht konnte
  301. die Klägerin nicht einseitig wieder abrücken, indem sie in dem - ihr zwar nachgelassenen - Schriftsatz vom 18. April 2011 erneut auf die persönliche Vernehmung der Zeugen antrug. Denn der Schriftsatznachlass war nicht dazu gewährt,
  302. den Zeugenverzicht nachträglich zu revidieren, sondern um rechtliches Gehör
  303. zu dem von der Beklagten im Termin neu vorgebrachten Streitstoff zu gewähren. Dass sich ausgerechnet aus diesem Veranlassung ergeben habe, nun
  304. doch auf einer persönlichen Vernehmung des Zeugen zu bestehen, hat die Klägerin weder im nachgelassenen Schriftsatz noch mit ihrer Revision aufgezeigt.
  305. Im Gegenteil rekurriert auch der nachgelassene Schriftsatz bezüglich der hier
  306. bedeutsamen Frage eines vereinbarten Nebenkostenvorschusses oder einer
  307. Nebenkostenpauschale im Wesentlichen auf die früher bereits protokollierte
  308. - 16 -
  309. Aussage des Zeugen. Zu Recht ist daher das Landgericht nicht wieder in die
  310. mündliche Verhandlung eingetreten und hat das Oberlandesgericht die erneute
  311. Benennung des Zeugen in der Berufungsinstanz nach den Maßstäben des
  312. § 531 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH Beschluss vom 22. Februar 2007 - III ZR 114/06 NJW-RR 2007, 774) zurückgewiesen.
  313. 35
  314. 4. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers hinsichtlich der Wirksamkeit
  315. der Preisklausel für die Zeit ab dem 14. September 2007 kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht abschließend in
  316. der Sache entscheiden, weil das Oberlandesgericht - von seinem Standpunkt
  317. aus folgerichtig - noch keine endgültigen Feststellungen bezüglich einer möglichen Verwirkung des Anspruchs getroffen hat.
  318. Dose
  319. Schilling
  320. Nedden-Boeger
  321. Günter
  322. Guhling
  323. Vorinstanzen:
  324. LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 29.04.2011 - 11 O 153/10 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 17.10.2012 - 3 U 75/11 -