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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XII ZB 75/08
  4. vom
  5. 29. Oktober 2008
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Oktober 2008 durch die
  9. Richter Sprick und Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und die Richter
  10. Dose und Dr. Klinkhammer
  11. beschlossen:
  12. Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der
  13. 1. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 15. Februar 2008
  14. aufgehoben.
  15. Gebührenstreitwert: 702 € (§ 41 Abs. 1 GKG)
  16. Gründe:
  17. I.
  18. 1
  19. Die Parteien streiten darüber, ob die Mitgliedschaft der Beklagten im Fitnessclub des Klägers durch Kündigung erloschen ist.
  20. 2
  21. Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung rückständiger Mitgliedsbeiträge in Höhe von 312 € nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass die
  22. Mitgliedschaft der Beklagten in dem Fitnessclub des Klägers durch die Kündigung vom 14. Januar 2007 nicht aufgelöst worden ist, sondern erst mit Ablauf
  23. der vereinbarten Mindestlaufzeit am 31. Juli 2008 endet. Es hat die Berufung
  24. nicht zugelassen.
  25. 3
  26. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes nur 507 € (312 € + 195 €)
  27. -3-
  28. betrage. Der Feststellungsantrag sei lediglich mit 195 € anzusetzen. Bis 31. Juli
  29. 2008 könnten maximal Mitgliedsbeiträge in Höhe von 390 € entstehen. Es sei
  30. angemessen und ausreichend, lediglich 50 % dieser Summe als Wert für den
  31. Feststellungsantrag anzunehmen. Bei Feststellungsklagen sei gegenüber Leistungsklagen stets ein Abzug vorzunehmen. Es sei zu beachten, dass mit dem
  32. Feststellungsantrag nur ein Beendigungsgrund berücksichtigt werde und bis
  33. zum regulären Vertragsablauf andere Beendigungsgründe entstehen könnten.
  34. 4
  35. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit der
  36. sie geltend macht, der Abschlag bei Feststellungsklagen betrage üblicherweise
  37. 20 %. Durch den ohne tragende Begründung vorgenommenen Feststellungsabschlag von 50 % verkürze das Berufungsgericht den Rechtsweg der Beklagten unter Verletzung gegen den Verfassungsgrundsatz auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes und handle deshalb willkürlich.
  38. II.
  39. 5
  40. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
  41. 6
  42. 1. Die gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist
  43. auch im Übrigen zulässig. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574
  44. Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dies ist u.a. der Fall, wenn einer Partei der Zugang zu dem
  45. von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus
  46. Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird, da dies den
  47. Anspruch der Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt
  48. -4-
  49. (BGH Beschluss vom 29. April 2004 - III ZB 72/03 - BGH-Report 2004, 1102,
  50. 1103). Das ist hier der Fall. Der Verwerfungsbeschluss beruht darauf, dass das
  51. Berufungsgericht die Beschwer der Beklagten anhand von Kriterien bewertet
  52. hat, für die es im Gesetz keine Grundlage gibt. Aufgrund dessen hat es unzutreffend angenommen, die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die Zulässigkeit
  53. einer Berufung erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 600 € sei nicht erreicht.
  54. 7
  55. 2. Die Beschwer eines Beklagten durch ein Urteil auf Feststellung der
  56. Nichtbeendigung eines Mietverhältnisses bestimmt sich gemäß § 8 ZPO nach
  57. dem Betrag des auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Mietzinses (Senatsbeschluss vom 30. September 1998 - XII ZR 163/98 - NZM 1999, 21). Zutreffend und unangefochten ist das Berufungsgericht insoweit von einem Betrag
  58. von 390 € ausgegangen.
  59. 8
  60. Soweit das Berufungsgericht davon aber einen Abschlag von 50 % vornimmt, weil es sich lediglich um einen Feststellungsantrag handele, kann dem
  61. nicht gefolgt werden. Zwar trifft es zu, dass bei positiven Feststellungsklagen
  62. ein Abschlag gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen ist. Der Abschlag beträgt regelmäßig 20 %; zweifelhafte Realisierbarkeit eines Anspruchs oder Unwahrscheinlichkeit des Schadenseintritts können einen höheren Abschlag rechtfertigen (Zöller/Herget ZPO 26. Aufl. § 3
  63. Rdn. 16 "Feststellungsklagen" mit Rechtsprechungsnachweisen). Die Vornahme eines Abschlags hat ihren Grund darin, dass der Wert des positiven Feststellungsantrages regelmäßig unter demjenigen eines entsprechenden Zahlungsantrages liegt.
  64. 9
  65. 3. Dieser Gesichtspunkt greift aber bei der Festsetzung der Beschwer
  66. nach § 8 ZPO nicht durch. Im Interesse der Vereinheitlichung und Vereinfa-
  67. -5-
  68. chung der Wertbemessung hat der Gesetzgeber in § 8 ZPO - ebenso wie für
  69. die Bemessung des Gebührenstreitwerts in § 41 Abs. 1 GKG - ein sehr weites
  70. Anknüpfungsmerkmal gewählt ("Streit über Bestehen oder Dauer eines Mietoder Pachtverhältnisses"). Solche Streitigkeiten werden regelmäßig und typischerweise in Form von Feststellungsklagen ausgetragen (MünchKomm/
  71. Wöstmann ZPO 2. Aufl. § 8 Rdn. 11). Schon seinem Wortlaut nach zielt § 8
  72. ZPO in erster Linie auf Feststellungsklagen ab (BGH Beschluss vom 13. Mai
  73. 1958 - VIII ZR 16/58 - NJW 1958, 1291). In Rechtsprechung und Schrifttum besteht deshalb Einigkeit, dass für die Bewertung eines Feststellungsantrages,
  74. der das Bestehen oder die Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses zum Gegenstand hat, kein Abschlag vorzunehmen ist (BGH aaO; Zöller/Herget ZPO
  75. 26. Aufl. § 8 Rdn. 5; Musielak/Heinrich ZPO 6. Aufl. § 8 Rdn. 3; Stein/Jonas
  76. ZPO 22. Aufl. § 8 Rdn. 18; MünchKomm/Wöstmann aaO). Der nach § 511
  77. Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von über
  78. 600 € ist damit erreicht.
  79. 10
  80. 4. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte ihre
  81. Berufung nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet hat. Denn
  82. sie hat insoweit beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Über diesen Antrag wird das Berufungsgericht zunächst zu entscheiden
  83. -6-
  84. haben (vgl. BGH Beschluss vom 29. April 2004 - III ZB 72/03 - BGH Report
  85. 2004, 1102, 1103).
  86. Sprick
  87. Wagenitz
  88. Dose
  89. Vézina
  90. Klinkhammer
  91. Vorinstanzen:
  92. AG Lippstadt, Entscheidung vom 31.10.2007 - 26 C 414/07 LG Paderborn, Entscheidung vom 15.02.2008 - 1 S 137/07 -