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406 lines
24 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. BESCHLUSS
  4. XII ZB 666/13
  5. Verkündet am:
  6. 26. November 2014
  7. Breskic,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in der Familiensache
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB §§ 313, 516
  19. a) Schenkungen von Schwiegereltern an ihr Schwiegerkind zur Bedienung eines
  20. Immobilienkredits können ihre Geschäftsgrundlage im dauerhaften Wohnen des
  21. eigenen Kindes nur im Umfang des Tilgungsanteils haben. Mit dem Zinsanteil
  22. werden demgegenüber Kosten des laufenden Lebensunterhalts bestritten, welche grundsätzlich nicht zu einer Rückforderung berechtigen.
  23. b) Zum Umfang der für den Rückgewähranspruch zu berücksichtigenden Zweckerreichung wegen der bis zum Scheitern der Ehe erfolgten Nutzung.
  24. BGH, Beschluss vom 26. November 2014 - XII ZB 666/13 - OLG Köln
  25. AG Brühl
  26. -2-
  27. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  28. vom 26. November 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
  29. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Botur und Guhling
  30. für Recht erkannt:
  31. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom
  32. 21. November 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als
  33. darin zum Nachteil des Antragsgegners entschieden worden ist.
  34. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
  35. Von Rechts wegen
  36. Gründe:
  37. I.
  38. 1
  39. Der Antragsteller ist der frühere Schwiegervater des Antragsgegners. Er
  40. begehrt nach Scheitern der Ehe seiner Tochter mit dem Antragsgegner die
  41. Rückgewähr von Geldzuwendungen.
  42. -3-
  43. 2
  44. Die Ehe wurde 1996 geschlossen. Im selben Jahr erwarben die Ehegatten ein Einfamilienhausgrundstück zu hälftigem Miteigentum und nahmen zur
  45. Finanzierung ein Darlehen auf. Der Antragsteller und seine Ehefrau wandten
  46. den Ehegatten während der Ehe verschiedene Geldbeträge zu. Unter anderem
  47. überwiesen sie von Januar 1997 bis Dezember 2001 monatlich 800 DM und
  48. von Januar 2002 bis Juni 2008 monatlich 409 € auf das Girokonto des Antragsgegners.
  49. 3
  50. Der Antragsgegner und die Tochter des Antragstellers (im Folgenden:
  51. Tochter) trennten sich im Jahr 2008. Die Ehe wurde durch Urteil vom 9. Februar
  52. 2011 rechtskräftig geschieden. Am 16. September 2011 schlossen die Ehegatten eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung. Der Antragsgegner übertrug
  53. der Tochter seinen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück gegen
  54. Zahlung von 75.000 € sowie gegen Übernahme der Restverbindlichkeiten. Ferner vereinbarten die Ehegatten, dass etwaige wechselseitige Zugewinnausgleichsansprüche ausgeglichen und erledigt sein sollten.
  55. 4
  56. Der Antragsteller hat - aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau - Zahlung von 32.000,04 € als hälftige Erstattung von geleisteten Zuwendungen geltend gemacht. Das Amtsgericht hat dem Antrag nur wegen einer
  57. weiteren Zuwendung in Höhe von 852,15 € stattgegeben. Auf die Beschwerde
  58. des Antragstellers hat das Oberlandesgericht auch wegen der von 1997 bis
  59. 2008 geleisteten monatlichen Zahlungen einen anteiligen Ausgleichsanspruch
  60. angenommen und dem Antragsteller weitere 12.700 € zugesprochen.
  61. 5
  62. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit welcher er die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses erstrebt.
  63. -4-
  64. II.
  65. 6
  66. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Aus dem Umstand, dass das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zur Klärung der Frage zugelassen hat, zu
  67. welchem Zeitraum die Zeit zwischen Zuwendung und Scheitern der Ehe (für die
  68. Bemessung des zurückzugewährenden Betrags der Zuwendung) ins Verhältnis
  69. zu setzen ist, lässt sich keine Beschränkung auf einen bestimmten Teil des
  70. Streitgegenstands entnehmen. Daraus folgt insbesondere keine auf den Antragsteller beschränkte Zulassung, weil das vom Oberlandesgericht gewählte
  71. Verhältnis sich in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht nur zu seinen Gunsten,
  72. sondern auch zu seinen Lasten ändern könnte.
  73. 7
  74. In der Sache führt die Rechtsbeschwerde zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Oberlandesgericht.
  75. 8
  76. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind die monatlich durch
  77. den Antragsteller und seine Ehefrau geleisteten Zuwendungen als Schenkungen an beide Ehegatten zu qualifizieren. Die Zuwendungen hätten nicht nur die
  78. Tochter, sondern auch den Antragsgegner bereichert. Dass die Zuwendungen
  79. nur um der Ehe des Antragsgegners mit der Tochter willen erfolgten, stehe ihrer
  80. Einordnung als Schenkungen nicht entgegen. Wie der Antragsgegner selbst
  81. vorgetragen habe, seien ihm die Geldbeträge wirtschaftlich zugutegekommen.
  82. Sein weiterer Vortrag, die Zahlungen seien ausschließlich für die Tochter zur
  83. Ermöglichung mietfreien Wohnens bestimmt gewesen, sei daher unerheblich.
  84. 9
  85. Die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313
  86. Abs. 1 BGB seien auf Schenkungen anwendbar. Der Antragsteller habe beweisen können, dass die monatlich geleisteten Zahlungen für die Ehegatten erkennbar als Beitrag zur Finanzierung des Hauses und damit zur dauerhaften
  87. -5-
  88. Vermögensbildung und nicht als Beitrag zum täglichen Lebensbedarf der Familie erfolgt seien. Die Zahlungen seien auf das Girokonto des Antragsgegners
  89. geflossen, weil von diesem Konto "die Darlehensverpflichtung abgegangen sei".
  90. Sofern die Beträge nach den für den Beschenkten erkennbaren Vorstellungen
  91. der Schwiegereltern in das Haus fließen sollten, sei unerheblich, ob sie auch
  92. tatsächlich dafür Verwendung gefunden hätten. Die Geschäftsgrundlage sei
  93. durch das Scheitern der Ehe und mit der Übernahme des Miteigentumsanteils
  94. durch die Tochter des Antragstellers entfallen. Der Antragsteller und seine Ehefrau hätten den Antragsgegner nur mitbedacht, weil er und ihre Tochter verheiratet gewesen und sie davon ausgegangen seien, dass mit der Schenkung
  95. auch an ihren Schwiegersohn für die Tochter und die Enkelkinder auf Dauer ein
  96. Familienheim geschaffen bzw. finanziert werden würde. Mit der Trennung im
  97. Jahr 2008 und der späteren Übernahme des Miteigentumsanteils des Antragsgegners durch die Tochter des Antragstellers gegen Entgelt sei die Geschäftsgrundlage der Schenkungen entfallen.
  98. 10
  99. Die Anpassung der Schenkungsverträge erfordere eine Gesamtabwägung aller relevanten Umstände. Durch ein Beibehalten der durch die Schenkungen eingetretenen Vermögenslage würden der Antragsteller und seine Ehefrau unzumutbar belastet. Dies sei insbesondere deshalb der Fall, weil ihre
  100. Tochter nicht mehr in angemessener Weise von den Schenkungen an den Antragsgegner profitiere. Dass die Tochter mit dem Antragsgegner im gesetzlichen Güterstand gelebt habe, schließe eine Anpassung wegen Wegfalls der
  101. Geschäftsgrundlage nicht aus.
  102. 11
  103. Der Zeitraum, in dem der von den Schwiegereltern mit ihren Zuwendungen verfolgte Zweck erreicht sei, sei indessen nicht nach der durchschnittlichen
  104. Lebensdauer der Beschenkten zu bemessen. Vielmehr sei die Zweckerreichung
  105. im Regelfall bei einer Ehedauer von 20 Jahren eingetreten, wie es nach der
  106. -6-
  107. Rechtsprechung zur zeitlichen Begrenzung des Ehegattenunterhalts für eine
  108. Ehe von langer Dauer als ausreichend erachtet worden sei. Zudem werde in
  109. der Regel auch im Vordergrund der Erwartung stehen, dem eigenen Kind und
  110. den Enkelkindern ein Wohnen im Haus zu ermöglichen, was spätestens mit
  111. deren Volljährigkeit erreicht sein werde.
  112. 12
  113. 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
  114. 13
  115. a) Das Oberlandesgericht hat die monatlichen Geldzuwendungen als
  116. Schenkung der Schwiegereltern (auch) an den Antragsgegner angesehen. Das
  117. hält der von der Rechtsbeschwerde erhobenen Verfahrensrüge stand und ist
  118. auch im Übrigen nicht zu beanstanden.
  119. 14
  120. aa) Der von der Rechtsbeschwerde gerügte Gehörsverstoß (Art. 103
  121. Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, das Oberlandesgericht habe entscheidungserhebliches Vorbringen des Antragsgegners und
  122. dessen entsprechenden Beweisantritt übergangen. Der Antragsgegner habe
  123. vorgetragen, dass die Zahlungen der Schwiegereltern ausschließlich für ihre
  124. Tochter zur Ermöglichung mietfreien Wohnens bestimmt gewesen seien. Die
  125. Zahlungen seien bereits vor dem Kauf des Eigenheims und der Eheschließung
  126. geflossen und hätten den Lebensstandard und das Einkommen der Familie erhöht. Die Höhe der Zahlungen habe exakt dem Wert des mietfreien Wohnens in
  127. der zuvor von den Ehegatten bewohnten, dem Nießbrauch der Schwiegereltern
  128. unterliegenden Wohnung entsprochen. In gleicher Höhe hätten die Schwiegereltern auch ihrer weiteren Tochter Zahlungen erbracht.
  129. 15
  130. Dieses Vorbringen stellt aber weder eine dem Antragsgegner erbrachte
  131. Zuwendung noch deren Unentgeltlichkeit in Frage. Auch vor Eheschließung und
  132. Erwerb des Eigenheims geflossene Zahlungen wären unentgeltlich gewesen,
  133. zumal sie schon wegen des den Schwiegereltern zustehenden Nießbrauchs
  134. -7-
  135. unabhängig von einer Gegenleistung erfolgten. Zudem ergibt sich aus dem Vortrag des Antragsgegners, dass die Zahlungen das Einkommen der Familie erhöhten und ihm somit jedenfalls mittelbar zugutekamen. Dass die vom Antragsgegner vorgetragenen Zahlungen auch seinerzeit ihm persönlich direkt zuflossen, ist nicht erforderlich. Denn jedenfalls nach der Eheschließung wurden die
  136. Beträge nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts auf sein Girokonto
  137. überwiesen, wogegen die Rechtsbeschwerde keine Rügen erhoben hat. Wenn
  138. der Antragsgegner im Widerspruch dazu dennoch behauptet hat, die Zahlungen
  139. der Schwiegereltern seien ausschließlich für ihre Tochter bestimmt gewesen, so
  140. hat das Oberlandesgericht dieses nicht näher konkretisierte Vorbringen zutreffend als unbeachtlich angesehen und demzufolge auch dem - ohnehin nur pauschalen - Beweisantritt des Antragsgegners zu Recht nicht entsprochen.
  141. 16
  142. bb) Bei den monatlichen Überweisungen handelte es sich mithin um unentgeltliche Vermögenszuwendungen aus dem Vermögen des Antragstellers
  143. und seiner Ehefrau im Sinne von § 516 Abs. 1 BGB, die auch den Antragsgegner bereichert haben. Die Bereicherung besteht bereits in der vom Antragsgegner jeweils erlangten Kontogutschrift, ohne dass es auf die weitere Verwendung
  144. des Geldes ankommt (vgl. Senatsurteil BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958
  145. Rn. 60). Schließlich ist es für die Bewertung der Zuwendungen als Schenkung
  146. nicht von Bedeutung, dass diese monatlich sukzessive über einen längeren
  147. Zeitraum erbracht wurden. Dass die Tochter des Antragstellers als (mittelbare)
  148. Empfängerin der Zuwendungen von ihren Eltern ebenfalls mitbedacht wurde, ist
  149. dadurch berücksichtigt worden, dass der Antragsteller die geltend gemachte
  150. Forderung auf die hälftigen Beträge der Zuwendungen beschränkt hat.
  151. 17
  152. Schwiegerelterliche Zuwendungen erfüllen nach der neueren Rechtsprechung des Senats auch dann sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen des
  153. § 516 Abs. 1 BGB, wenn sie um der Ehe des eigenen Kindes willen erfolgen.
  154. -8-
  155. Insbesondere fehlt es nicht an einer Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung (Senatsurteil BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 21).
  156. 18
  157. b) Auf schwiegerelterliche Zuwendungen sind jedoch, auch wenn sie als
  158. Schenkung zu werten sind, die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB anwendbar (Senatsurteile BGHZ 184, 190
  159. = FamRZ 2010, 958 Rn. 25 ff.; vom 21. Juli 2010 - XII ZR 180/09 - FamRZ
  160. 2010, 1626 Rn. 13 und vom 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 - FamRZ 2012, 273
  161. Rn. 21).
  162. 19
  163. aa) Nach ständiger Rechtsprechung sind Geschäftsgrundlage die nicht
  164. zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage
  165. getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der
  166. einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut. Ist dies hinsichtlich der Vorstellung der Eltern, die eheliche Lebensgemeinschaft des von ihnen beschenkten (künftigen) Schwiegerkindes mit ihrem
  167. Kind werde Bestand haben und ihre Schenkung demgemäß dem eigenen Kind
  168. dauerhaft zugutekommen, der Fall, so bestimmt sich bei Scheitern der Ehe eine
  169. Rückabwicklung der Schenkung nach den Grundsätzen über den Wegfall der
  170. Geschäftsgrundlage (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 26
  171. und vom 21. Juli 2010 - XII ZR 180/09 - FamRZ 2010, 1626 Rn. 14 jeweils
  172. mwN).
  173. 20
  174. Die mit einer Zuwendung verbundene Erwartung, die Schenkung werde
  175. dem eigenen Kind dauerhaft zugutekommen, ist nur berechtigt, wenn diese entweder gegenständlich oder jedenfalls mit ihrem Gegenwert dazu bestimmt ist,
  176. das (Aktiv-)Vermögen des Empfängers dauerhaft zu erhöhen. Nur dann können
  177. -9-
  178. die Schwiegereltern erwarten, dass ihr Kind von der Zuwendung dauerhaft
  179. profitieren wird. Wenden die Schwiegereltern dem Schwiegerkind dagegen Beträge zur Bestreitung laufender Kosten, insbesondere des täglichen Konsums
  180. zu, so verbleibt kein für das eigene Kind nutzbarer Vermögenswert, auch wenn
  181. insoweit eine schenkweise Bereicherung des Empfängers eingetreten ist. Erbringen die Schwiegereltern die Zuwendung zur Befreiung von Verbindlichkeiten, so kommt es darauf an, ob und inwiefern die Zuwendung das Vermögen
  182. des Empfängers dauerhaft erhöhen soll (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011
  183. - XII ZR 149/09 - FamRZ 2012, 273 Rn. 31).
  184. 21
  185. Die Geschäftsgrundlage einer schwiegerelterlichen Schenkung, dass die
  186. Zuwendung auch dem eigenen Kind auf Dauer zugutekommt, fällt jedenfalls dann (teilweise) weg, wenn das eigene Kind nicht im vorgestellten Umfang von der Schenkung profitiert. Falls dies Folge des Scheiterns der Ehe des
  187. Kindes mit dem Zuwendungsempfänger ist, ist die Geschäftsgrundlage dementsprechend insoweit entfallen, als die Begünstigung des eigenen Kindes entgegen der Erwartung seiner Eltern vorzeitig endet (Senatsurteile BGHZ
  188. 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 59 und vom 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 FamRZ 2012, 273 Rn. 29; vgl. auch Senatsurteil vom 7. September 2005
  189. - XII ZR 316/02 - FamRZ 2006, 394, 395). Rückforderungsansprüche von
  190. Schwiegereltern können dann auch nicht deswegen verneint werden, weil das
  191. eigene Kind Miteigentümer der mit der schwiegerelterlichen Zuwendung finanzierten Immobilie ist und diese auch nach der Trennung bewohnt (Senatsurteil
  192. vom 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 - FamRZ 2012, 273 Rn. 30).
  193. 22
  194. bb) Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt allerdings noch
  195. nicht zu einer Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB. Vielmehr muss als
  196. weitere Voraussetzung hinzukommen, dass dem Zuwendenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder
  197. - 10 -
  198. gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht
  199. zugemutet werden kann.
  200. 23
  201. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder
  202. gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine
  203. Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich,
  204. dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für den Zuwendenden zu
  205. einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (BGH Urteil vom 1. Februar 2012
  206. - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 30 mwN; vgl. auch Senatsurteile BGHZ
  207. 172, 22 = FamRZ 2007, 983 Rn. 24 zum Unterhalt und vom 19. September
  208. 2012 - XII ZR 136/10 - FamRZ 2012, 1789 Rn. 25 zum Ausgleich unbenannter
  209. Zuwendungen unter Ehegatten). Ob dies der Fall ist, kann nur nach einer
  210. umfassenden Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände festgestellt werden (BGHZ 181, 77 = NJW-RR 2010, 960 Rn. 72; Senatsurteil
  211. BGHZ 165, 1 = FamRZ 2006, 607, 609; vgl. auch zur früheren Rechtslage Senatsurteile BGHZ 142, 137 = FamRZ 1999, 1580, 1583 und BGHZ 127, 48
  212. = FamRZ 1994, 1167, 1168).
  213. 24
  214. Im Falle einer Schwiegerelternschenkung führt das Scheitern der Ehe
  215. von Kind und Schwiegerkind daher auch dann, wenn der Fortbestand der Ehe
  216. Geschäftsgrundlage der Zuwendung war, nicht automatisch, sondern nur bei
  217. gesondert festzustellender Unzumutbarkeit des Festhaltens an der Schenkung
  218. zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung.
  219. 25
  220. Hierbei sind insbesondere die Kriterien heranzuziehen, die auch nach
  221. der Senatsrechtsprechung zu unbenannten schwiegerelterlichen Zuwendungen
  222. zugrunde zu legen waren; lediglich güterrechtlichen Aspekten kommt allerdings
  223. keine Bedeutung mehr zu (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958
  224. - 11 -
  225. Rn. 58 und vom 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 - FamRZ 2012, 273 Rn. 28). Neben der Ehedauer sind dabei unter anderem die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Schwiegereltern und früheren Ehegatten, der Umfang
  226. der durch die Zuwendung bedingten und beim Schwiegerkind noch vorhandenen Vermögensmehrung, aber auch mit der Schenkung verbundene Erwartungen des Zuwendenden hinsichtlich seiner Versorgung im Alter von Bedeutung
  227. (vgl. hierzu etwa Senatsurteile vom 7. September 2005 - XII ZR 316/02 FamRZ 2006, 394, 395 ff.; vom 28. Oktober 1998 - XII ZR 255/96 - FamRZ
  228. 1999, 365, 366 f. und vom 4. Februar 1998 - XII ZR 160/96 - FamRZ 1998, 669,
  229. 670; Wever Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts 6. Aufl. Rn. 562 ff. mwN).
  230. 26
  231. cc) Liegen die genannten Voraussetzungen vor und hat der Zuwendende
  232. einen Anspruch auf Vertragsanpassung, so hat diese unter Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu erfolgen (Senatsurteil BGHZ 184, 190
  233. = FamRZ 2010, 958 Rn. 58 mwN).
  234. 27
  235. Insbesondere ist die Höhe der durch die Zuwendung bedingten, beim
  236. Empfänger noch vorhandenen Vermögensmehrung zu berücksichtigen. Der
  237. Anpassungs- und Rückforderungsanspruch setzt grundsätzlich eine beim Wegfall der Geschäftsgrundlage noch vorhandene, messbare Vermögensmehrung
  238. voraus, die zugleich den Anspruch nach oben begrenzt (vgl. Senatsurteil vom
  239. 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 - FamRZ 2012, 273 Rn. 31).
  240. 28
  241. In welchem Umfang in dem vorgegebenen Rahmen eine Vertragsanpassung und Herausgabe geschuldet ist, wird ferner davon beeinflusst, inwiefern
  242. sich die zur Geschäftsgrundlage gewordenen Vorstellungen der zuwendenden
  243. Schwiegereltern verwirklicht haben (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ
  244. 2010, 958 Rn. 59 und vom 28. Oktober 1998 - XII ZR 255/96 - FamRZ 1999,
  245. - 12 -
  246. 365, 367 jeweils mwN). Hierbei ist darauf abzustellen, was die Schwiegereltern
  247. für den Empfänger insoweit erkennbar nach Treu und Glauben erwarten durften. Dagegen lässt sich - insbesondere bei Immobilien - ohne konkrete Anhaltspunkte keine allgemeine zeitliche Grenze angeben, mit der die vorgestellte Nutzungsdauer abgelaufen ist. Daher verbietet sich die Annahme des Oberlandesgerichts, die Nutzung der angeschafften Immobilie sei ohne weiteres schon
  248. dann als hinreichend zu betrachten, wenn eine Ehedauer von 20 Jahren erreicht ist oder wenn die Enkel volljährig geworden sind (wie das Oberlandesgericht auch OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 161 und OLG Frankfurt Beschluss
  249. vom 4. Juni 2012 - 6 UF 12/12 - juris; Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 5. Aufl. Kap. 7 Rn. 231; Büte FuR
  250. 2011, 664, 665). Das würde voraussetzen, dass die Schwiegereltern von vornherein die Vorstellung hätten, dass ihr Kind lediglich für eine begrenzte Dauer
  251. von der Zuwendung profitieren und eine zugewendete - oder eine ersatzweise
  252. angeschaffte andere - Immobilie etwa nach Auszug der Enkelkinder nicht mehr
  253. bewohnen werde. Mangels entsprechender konkreter Anhaltspunkte fehlt einer
  254. solchen Annahme die Grundlage. Für sie kann insbesondere nicht die Lebenserfahrung angeführt werden. Die nach Auffassung der Rechtsbeschwerde gebotene Orientierung an der für die Schenkungsrückforderung gemäß § 528
  255. BGB geltenden Frist von zehn Jahren (§ 529 Abs. 1 BGB) ist erst recht nicht
  256. gerechtfertigt. Die § 528 BGB zugrunde liegende Fallkonstellation ist mit der
  257. vorliegenden bereits deshalb nicht vergleichbar, weil im Fall des § 528 BGB mit
  258. der Schenkung keine bestimmten Erwartungen im Hinblick auf die künftige Verwendung des Geschenks verbunden sind.
  259. 29
  260. dd) Gemessen an diesen Grundsätzen kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben.
  261. - 13 -
  262. 30
  263. Das Oberlandesgericht hat es nach durchgeführter Beweisaufnahme als
  264. erwiesen angesehen, dass die vom Antragsteller und seiner Frau monatlich
  265. geleisteten Zahlungen für die Ehegatten erkennbar als Beitrag zur Finanzierung
  266. des Hauses und damit der dauerhaften Vermögensbildung dienten. Die Zahlungen seien auf das Girokonto des Antragsgegners geflossen, weil von diesem
  267. Konto die Darlehensverbindlichkeiten erfüllt wurden. Das trägt indessen noch
  268. nicht die Bewertung, dass die Schenkung dem eigenen Kind dauerhaft zugutekommen sollte. Eine solche Annahme ist - wie ausgeführt - nur berechtigt, wenn
  269. die Schenkung entweder gegenständlich oder jedenfalls mit ihrem Gegenwert
  270. dazu bestimmt ist, das (Aktiv-)Vermögen des Empfängers dauerhaft zu erhöhen.
  271. 31
  272. Zwar kann eine mit einer Geschäftsgrundlage verbundene Zuwendung
  273. grundsätzlich auch in der Form erbracht werden, dass diese in monatlichen Einzelbeträgen geleistet wird. Wenn die Schwiegereltern von vornherein die erkennbare Absicht haben, über längere Zeit regelmäßige Leistungen zu erbringen, kann damit ebenfalls die Erwartung verbunden sein, dass mit ihrer Hilfe im
  274. Lauf der Zeit ein erheblicher Vermögenswert geschaffen wird, der dem eigenen
  275. Kind dauerhaft zugutekommen soll. Durch die monatlich überwiesenen Beträge
  276. ist indessen nur insoweit eine zur dauerhaften Nutzung bestimmte Vermögensbildung eingetreten, als die Darlehensverbindlichkeiten mit ihrer Hilfe getilgt
  277. werden sollten. Der Zinsanteil stellt sich demgegenüber nicht als eine solche
  278. Vermögensbildung dar. Vielmehr dienten die zugewendeten Beträge insoweit
  279. zur Begleichung von regelmäßigen (Darlehens-)Kosten, die - vergleichbar mit
  280. einer gezahlten Wohnungsmiete - das Vermögen nicht bleibend erhöht haben,
  281. sondern zur Befriedigung des Wohnbedarfs und mithin zur Bestreitung des Lebensunterhalts dienten (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2013 - XII ZR 132/12 FamRZ 2013, 1295 Rn. 23, 25 für Zuwendungen in einer nichtehelichen Le-
  282. - 14 -
  283. bensgemeinschaft). Es fehlt somit an Feststellungen zu der Frage, inwiefern die
  284. Zahlungen der Schwiegereltern ihrer Tochter dauerhaft zugutekommen sollten.
  285. 32
  286. 3. Die angefochtene Entscheidung ist demnach aufzuheben. Der Senat
  287. kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil es hierfür weiterer
  288. Feststellungen und tatrichterlicher Beurteilung bedarf.
  289. 33
  290. Das Oberlandesgericht hat den Beteiligten Gelegenheit zum weiteren
  291. Vortrag zu geben, in welchem Umfang die Darlehensverbindlichkeiten durch die
  292. monatlichen Zahlungen getilgt werden sollten und welcher Anteil auf die Zinsen
  293. entfiel. Aus der teilweisen Zweckerreichung ergibt sich nicht notwendig der
  294. Betrag der Rückforderung. Die teilweise Zweckerreichung muss nur ersichtlich
  295. in die letztlich anhand sämtlicher Umstände umfassend zu treffende Billigkeitsabwägung einfließen. Das Oberlandesgericht wird in diesem Rahmen abschließend zu beurteilen haben, ob der dem Antragsgegner verbliebene Vermögenswert noch eine Größenordnung erreicht, die den Fortbestand der
  296. Schenkung für den Antragsteller und seine Ehefrau nicht zuletzt auch im Hin-
  297. - 15 -
  298. blick auf die beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse unzumutbar erscheinen lässt. In diesem Zusammenhang kann auch das Vorbringen
  299. des Antragsgegners Bedeutung erlangen, dass die monatlichen Zuwendungen
  300. sich entsprechend früherer Handhabung in einem Rahmen bewegten, in dem
  301. auch laufende Wohnkosten angefallen wären (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2013
  302. - XII ZR 132/12 - FamRZ 2013, 1295 Rn. 23, 25 für Zuwendungen in einer
  303. nichtehelichen Lebensgemeinschaft).
  304. Dose
  305. Klinkhammer
  306. Botur
  307. Günter
  308. Guhling
  309. Vorinstanzen:
  310. AG Brühl, Entscheidung vom 09.04.2013 - 32 F 1/12 OLG Köln, Entscheidung vom 21.11.2013 - 12 UF 51/13 -