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315 lines
15 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XII ZB 425/14
  4. vom
  5. 3. Februar 2016
  6. in der Betreuungssache
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. BGB § 1896 Abs. 1 a und 2; FamFG §§ 26, 280
  14. a) Das krankheitsbedingte Fehlen eines freien Willens i.S.d. § 1896 Abs. 1 a BGB hat das sachverständig
  15. beratene Gericht auch dann festzustellen, wenn sich der Betroffene gegen die Bestellung eines Betreuers allein wegen einer vermeintlich wirksamen Vorsorgevollmacht wendet (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014 - XII ZB 577/13 - FamRZ 2014, 830 und vom 14. Januar 2015
  16. - XII ZB 352/14 - FamRZ 2015, 648).
  17. b) Die Frage, ob der Betroffene im Zeitpunkt der Vollmachterteilung nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war, hat das Gericht nach § 26 FamFG von Amts wegen aufzuklären. Insoweit bedarf es nicht
  18. zwingend einer förmlichen Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nach
  19. § 280 Abs. 1 FamFG (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 19. August 2015 - XII ZB 610/14 FamRZ 2015, 2047).
  20. c) Kann die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht nicht positiv festgestellt werden, bleibt es bei der
  21. wirksamen Bevollmächtigung.
  22. Zweifel an einer wirksamen Bevollmächtigung, die auch nach den vom Gericht anzustellenden Ermittlungen verbleiben, führen nur dann zur Erforderlichkeit der Betreuung, wenn die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr eingeschränkt ist, entweder weil Dritte die Vollmacht unter Berufung auf diese
  23. Bedenken zurückgewiesen haben oder weil entsprechendes konkret zu besorgen ist (Abgrenzung zu
  24. Senatsbeschlüssen vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 und vom 19. August
  25. 2015 - XII ZB 610/14 - FamRZ 2015, 2047).
  26. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 425/14 - LG Wiesbaden
  27. AG Wiesbaden
  28. ECLI:DE:BGH:2016:030216BXIIZB425.14.0
  29. -2-
  30. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Februar 2016 durch den
  31. Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling,
  32. Dr. Nedden-Boeger und Guhling
  33. beschlossen:
  34. Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der
  35. 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 10. Juli 2014
  36. aufgehoben.
  37. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch
  38. über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
  39. Beschwerdewert: 5.000 €
  40. Gründe:
  41. A.
  42. 1
  43. Die im Jahr 1928 geborene Betroffene wendet sich gegen die Anordnung
  44. ihrer Betreuung. Sie meint, die Betreuung sei wegen einer Bevollmächtigung
  45. nicht erforderlich.
  46. 2
  47. Die Betroffene leidet an einem mittelschweren hirnorganischen Psychosyndrom im Rahmen eines senilen Demenzprozesses. Sie hat der Beteiligten
  48. zu 1, ihrer Tochter, und dem Beteiligten zu 2, ihrem Ehemann, am 10. Januar
  49. 2009 für den Fall ihrer Erkrankung eine Generalvollmacht erteilt, mit der beide
  50. zusammen oder einzeln für die Betroffene handeln können.
  51. -3-
  52. 3
  53. Das Amtsgericht hat die Beteiligte zu 1 für die Aufgabenkreise Sorge für
  54. die Gesundheit, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen und sonstigen Institutionen, Entgegennahme, Öffnen der Post und Vertretung in Gerichtsverfahren zur Betreuerin für die Betroffene bestellt. Für den Fall ihrer Verhinderung hat es den Beteiligten zu 2 zum Ersatzbetreuer bestellt. Das Landgericht
  55. hat die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich
  56. die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.
  57. B.
  58. 4
  59. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
  60. I.
  61. 5
  62. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
  63. 6
  64. Dass die medizinische Notwendigkeit zum Zeitpunkt des Beschlusserlasses für die Betreuerbestellung vorgelegen habe, werde von der Beschwerde
  65. nicht angegriffen. Die von der Betroffenen am 10. Januar 2009 erteilte Generalvollmacht schließe die Anordnung der Betreuung nicht aus, da auch nach umfangreicher Beweisaufnahme nicht zweifelsfrei feststehe, dass die Betroffene
  66. zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung geschäftsfähig gewesen sei.
  67. 7
  68. Zwar hätten die von der Betroffenen benannten Zeugen keine Zweifel an
  69. ihrer Geschäftsfähigkeit im Zeitpunkt der Vollmachterteilung gehabt. Jedoch
  70. habe der Zeuge L.
  71. bei seiner Vernehmung widerspruchsfrei ausgesagt, im
  72. Rahmen der von ihm durchgeführten neurologischen Behandlung sei es bei der
  73. -4-
  74. ersten Vorstellung im August 2008 um wahnhafte Inhalte, Halluzinationen und
  75. Beziehungsideen gegangen. Er habe bei der Betroffenen eine schizophreniforme Störung festgestellt und den Verdacht auf eine beginnende Demenz gehabt.
  76. Aus einem in seinen Unterlagen befindlichen Patientenfragebogen habe sich
  77. ergeben, dass die Betroffene bereits in den Jahren 2007 und 2008 wegen
  78. Stimmenhörens in neurologischer oder psychiatrischer Behandlung gewesen
  79. sei. Die Betroffene habe auch ihm berichtet, dass sie Stimmen höre, sich verfolgt und beobachtet fühle.
  80. 8
  81. Die Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen zum Zeitpunkt der
  82. Vollmachterteilung seien durch die Begutachtungen des Sachverständigen B.
  83. bestätigt worden. Dieser sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es bereits im
  84. Jahre 2008 zu einem Schlaganfallereignis bei der Betroffenen gekommen sein
  85. könne, zumal bildgebende Verfahren im Februar 2009 einige zerebrale Defekte
  86. nach Schlaganfällen und geringe mikropathologische Veränderungen gezeigt
  87. hätten. Zumindest seien aber zerebrale Durchblutungsstörungen mit einer gewissen Symptomatik festzuhalten. Dabei sei kennzeichnend, dass zwar eine
  88. zeitweilige Symptomatik vorhanden sei, nach Rückbildung aber keine Krankheitsanzeichen in dieser Hinsicht mehr bestünden. Der Sachverständige habe
  89. auch auf den Befundbericht des Zeugen L.
  90. vom 14. August 2008 Bezug
  91. genommen, wonach die Betroffene unter anderem an Halluzinationen leide, die
  92. zeitweilig vorhanden gewesen seien und an eine schizophrene Störung denken
  93. ließen. Damit bestünden im Ergebnis Bedenken, dass die Betroffene bei der
  94. Erteilung der Generalvollmacht die Fähigkeit besessen habe, die Bedeutung
  95. der abgegebenen Willenserklärung zu erkennen und nach dieser Erkenntnis zu
  96. handeln.
  97. -5-
  98. II.
  99. 9
  100. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
  101. 10
  102. 1. Die bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht den Schluss
  103. des Landgerichts, dass trotz der erteilten Vollmacht eine Betreuung erforderlich
  104. ist.
  105. 11
  106. a) Ebenso wie die - eine Betreuung erfordernde - Krankheit mit hinreichender Sicherheit feststehen muss, eine bloße Verdachtsdiagnose also nicht
  107. ausreicht (Senatsbeschluss vom 16. Mai 2012 - XII ZB 584/11 - FamRZ 2012,
  108. 1210 Rn. 7 mwN), genügt ein bloßer Verdacht nicht, um die Vermutung der
  109. Wirksamkeit einer vorliegenden Vollmachtsurkunde zu erschüttern. Kann die
  110. Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht nicht positiv festgestellt werden, bleibt
  111. es somit bei der wirksamen Bevollmächtigung. Soweit die frühere Senatsrechtsprechung dem widerspricht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. Dezember 2010
  112. - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 11 und vom 19. August 2015 - XII ZB
  113. 610/14 - FamRZ 2015, 2047 Rn. 27 mwN), hält der Senat daran nicht fest.
  114. 12
  115. Ob eine bestehende Vollmacht dann, wenn sie in Zweifel gezogen wird,
  116. dem Bevollmächtigten ermöglicht, die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso
  117. gut wie durch einen Betreuer zu besorgen (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB), ist eine
  118. nachgeordnete Frage, die sich erst stellt, wenn die Frage der Wirksamkeit der
  119. Vollmacht ausermittelt ist (vgl. BeckOGK/Schmidt-Recla BGB [Stand: November 2015] § 1896 Rn. 235; Erman/Roth BGB 14. Aufl. § 1896 Rn. 41) und nicht
  120. positiv festgestellt werden kann, ob sie wirksam oder unwirksam ist. Bleiben
  121. Bedenken, kommt es darauf an, ob die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr eingeschränkt ist, entweder weil Dritte die Vollmacht unter Berufung auf
  122. diese Bedenken zurückgewiesen haben oder weil entsprechendes konkret zu
  123. besorgen ist (so auch OLG München NJW-RR 2009, 1599, 1602 f.; Münch-
  124. -6-
  125. KommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1896 Rn. 51; BeckOGK/Schmidt-Recla BGB
  126. [Stand: November 2015] § 1896 Rn. 236; Erman/Roth BGB 14. Aufl. § 1896
  127. Rn. 41; jurisPK-BGB/Bieg [Stand: 26. Oktober 2015] § 1896 Rn. 52).
  128. 13
  129. b) Gemessen hieran genügen die bislang getroffenen Feststellungen des
  130. Landgerichts nicht, um die Erforderlichkeit der Betreuung bejahen zu können.
  131. 14
  132. aa) Das Landgericht ist freilich in nicht zu beanstandender Weise zu dem
  133. Ergebnis gelangt, dass Bedenken gegen die Wirksamkeit der erteilten Vollmacht bestünden.
  134. 15
  135. (1) Allerdings rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass der später bestellte Gutachter B. an der Einvernahme der Zeugen - mit Ausnahme der Einvernahme des Zeugen L.
  136. - nicht teilgenommen habe. Dabei weist die
  137. Rechtsbeschwerde auch zutreffend darauf hin, dass die Zeugenvernehmung
  138. ausweislich des Beweisbeschlusses des Landgerichts im Beisein des Sachverständigen stattfinden sollte. Zwar war in dem Beweisbeschluss noch der Sachverständige S. benannt, der an der Vernehmung der Zeugen auch tatsächlich
  139. teilgenommen hat. Jedoch hat das Landgericht ihn später entpflichtet und an
  140. seiner Stelle den Sachverständigen B. zum Gutachter bestellt.
  141. 16
  142. Gleichwohl ist das vom Landgericht gewählte Verfahren auch vor dem
  143. Hintergrund des ursprünglichen Beweisbeschlusses aus Rechtsgründen nicht
  144. zu beanstanden. Der umfangreichen Protokollierung der Zeugenvernehmung im
  145. Termin vom 23. Januar 2013 sind sowohl die Fragen zu entnehmen, die der
  146. Sachverständige S. ergänzend an die Zeugen gerichtet hat, als auch die entsprechenden Antworten. Wie sich vor allem aus seiner ergänzenden Anhörung
  147. im Termin vom 9. Juli 2014 ergibt, hat der Sachverständige B. die Zeugenaussagen bei seiner Begutachtung verwertet, ist aber zu dem Ergebnis gelangt,
  148. dass die Aussagen - ihre Richtigkeit unterstellt - die Zweifel an der Geschäfts-
  149. -7-
  150. fähigkeit der Betroffenen nicht hätten entkräften können, weil die krankheitsbedingten Ausfälle der Betroffenen ihrer Natur nach nur temporär aufgetreten sein
  151. könnten. Ersichtlich hat der Sachverständige die ihm vorliegenden ärztlichen
  152. Befunde als maßgeblich erachtet.
  153. 17
  154. Dass das Landgericht bei dieser Verfahrenslage davon Abstand genommen hat, die Zeugen nochmals, nunmehr im Beisein des Sachverständigen B.,
  155. zu vernehmen, liegt noch im tatrichterlichen Ermessen.
  156. 18
  157. (2) Ebenso wenig verfängt die Rüge der Rechtsbeschwerde, das vom
  158. Landgericht zugrunde gelegte Gutachten des Sachverständigen B. genüge
  159. nicht den Anforderungen, die die Senatsrechtsprechung an ein Gutachten in
  160. Betreuungssachen gemäß § 280 FamFG stelle.
  161. 19
  162. Die Frage, ob der Betroffene im Zeitpunkt der Vollmachterteilung nach
  163. § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war, hat das Gericht nach § 26 FamFG von
  164. Amts wegen aufzuklären. Insoweit bedarf es - entgegen der Auffassung der
  165. Rechtsbeschwerde - nicht zwingend einer förmlichen Beweisaufnahme durch
  166. Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 280 Abs. 1 FamFG. Das
  167. ändert freilich nichts an dem Umstand, dass regelmäßig jedenfalls die Einholung einer fachärztlichen Stellungnahme erforderlich sein wird. Dabei steht es
  168. jedoch - anders als im Fall des § 280 FamFG - im pflichtgemäßen Ermessen
  169. des Gerichts, ob es im Wege des Frei- oder Strengbeweises vorgeht (§ 30
  170. Abs. 1 FamFG - vgl. Senatsbeschluss vom 19. August 2015 - XII ZB 610/14 FamRZ 2015, 2047 Rn. 31 f.).
  171. 20
  172. (3) Nach alledem hat das Landgericht die Frage der Geschäftsfähigkeit
  173. der Betroffenen zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung i.S.v. §§ 26, 30 FamFG
  174. hinreichend ausermittelt.
  175. -8-
  176. 21
  177. bb) Das Landgericht hat sich von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig
  178. allerdings nicht die Frage vorgelegt, ob Anhaltspunkte für eine mangelnde Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr bestehen. Dies wird es nachzuholen
  179. haben.
  180. 22
  181. 2. Die angefochtene Entscheidung kann auch deshalb nicht bestehen
  182. bleiben, weil das Landgericht nicht festgestellt hat, ob ein freier Wille der Betroffenen i.S.v. § 1896 Abs. 1 a BGB der Bestellung eines Betreuers entgegensteht.
  183. 23
  184. a) Nach § 1896 Abs. 1 a BGB darf gegen den freien Willen eines Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Die Annahme eines freien Willens im
  185. Sinne von § 1896 Abs. 1 a BGB setzt dabei Einsichts- und Handlungsfähigkeit
  186. voraus. Der Betroffene muss mithin in der Lage sein, im Grundsatz die für und
  187. wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und
  188. gegeneinander abzuwägen, sowie nach der gewonnenen Erkenntnis zu handeln, also die sich daraus ergebenden Schlüsse in Bezug auf die Einrichtung
  189. einer Betreuung umzusetzen. Das krankheitsbedingte Fehlen eines solchen
  190. freien Willens hat das sachverständig beratene Gericht festzustellen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014 - XII ZB 577/13 - FamRZ 2014, 830
  191. Rn. 11 ff. und vom 14. Januar 2015 - XII ZB 352/14 - FamRZ 2015, 648 Rn. 10
  192. ff.).
  193. 24
  194. b) An einer diesen rechtlichen Vorgaben genügenden Feststellung, dass
  195. es der Betroffenen am freien Willen mangelt, fehlt es. Weder die amtsgerichtliche noch die landgerichtliche Entscheidung verhalten sich hierzu. Ebenso wenig enthalten die beiden Gutachten der Sachverständigen S. und B. Ausführungen zum freien Willen im Zeitpunkt der Begutachtung.
  196. -9-
  197. 25
  198. Die Gerichte waren nicht etwa deshalb von entsprechenden Ermittlungen
  199. entbunden, weil die Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen dem Grunde nach
  200. nicht im Streit war und mit der Beschwerde sowie mit der Rechtsbeschwerde
  201. allein die Wirksamkeit der Vollmacht zur Überprüfung gestellt wurde. Denn spätestens mit ihrer Beschwerde hat die Betroffene dokumentiert, dass die Bestellung der Betreuerin nicht ihrem Willen entspricht, so dass die Voraussetzungen
  202. des § 1896 Abs. 1a BGB von Amts wegen zu prüfen waren.
  203. III.
  204. 26
  205. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
  206. Die Sache ist, da noch weitere Ermittlungen durchzuführen sind, an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).
  207. 27
  208. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
  209. 28
  210. Sollten die weiteren Feststellungen ergeben, dass eine Betreuung trotz
  211. der Bevollmächtigung erforderlich ist, wird das Landgericht zu erwägen haben,
  212. die dann noch durchzuführende Begutachtung der Betroffenen zum freien Willen auch auf die - die Betreuung i.S.v. § 1896 Abs. 1 BGB erforderlich machende - Erkrankung zu erstrecken. Zwar war dies bereits Gegenstand der Begutachtung des Sachverständigen S. Vor dem Hintergrund, dass dieser vom Landgericht entpflichtet worden ist, nachdem er mitgeteilt hatte, kein Facharzt für
  213. Psychiatrie und "seit Jahren nicht mehr praktisch nervenheilkundlich tätig" gewesen zu sein, dürfte eine erneute Begutachtung durch einen die erforderliche
  214. Sachkunde aufweisenden Sachverständigen geboten sein, zumal der Sachverständige B. in seinem Gutachten allein die Beweisfrage beantwortet hat, ob die
  215. Betroffene die Vollmacht wirksam erteilt habe.
  216. - 10 -
  217. 29
  218. Schließlich wird das Landgericht - nach Vorlage des Sachverständigengutachtens - zu erwägen haben, die Betroffene selbst anzuhören (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2015 - XII ZB 227/12 - juris Rn. 8 ff.).
  219. 30
  220. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil
  221. sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
  222. Dose
  223. Klinkhammer
  224. Nedden-Boeger
  225. Schilling
  226. Guhling
  227. Vorinstanzen:
  228. AG Wiesbaden, Entscheidung vom 14.05.2012 - 42 XVII 23/12 T LG Wiesbaden, Entscheidung vom 10.07.2014 - 4 T 347/12 und 4 T 392/12 -