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154 lines
7.8 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XII ZB 148/06
  4. vom
  5. 2. Juli 2008
  6. in der Familiensache
  7. Nachschlagewerk: ja
  8. BGHZ:
  9. nein
  10. BGHR:
  11. ja
  12. BGB § 1587 g Abs. 1, § 1587 i Abs. 1
  13. Im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich erwirbt der Berechtigte keinen Anspruch auf Zahlung einer dynamischen Ausgleichsrente, die in einem Vomhundertsatz des jeweiligen Zahlbetrags der aktuell geschuldeten Ausgleichsrente
  14. ausgedrückt werden könnte. Der ausgleichspflichtige Ehegatte kann deshalb
  15. auch nicht zur Abtretung eines prozentualen (dynamischen) Anteils seiner Betriebsrente verpflichtet werden (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom
  16. 11. September 2007 - XII ZB 177/04 - FamRZ 2007, 2055, 2056 f.).
  17. BGH, Beschluss vom 2. Juli 2008 - XII ZB 148/06 - OLG Frankfurt am Main
  18. AG Kassel
  19. -2-
  20. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juli 2008 durch die Richter
  21. Sprick, Prof. Dr. Wagenitz und Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter
  22. Dose
  23. beschlossen:
  24. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts
  25. Frankfurt am Main vom 20. Juli 2006 aufgehoben.
  26. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des
  27. Amtsgerichts - Familiengericht - Kassel vom 30. August 2005 wird
  28. zurückgewiesen.
  29. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Antragstellerin.
  30. Beschwerdewert: 1.000 €
  31. Gründe:
  32. I.
  33. 1
  34. Die Parteien streiten um schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.
  35. 2
  36. Die am 12. November 1965 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf
  37. den am 30. Januar 1987 zugestellten Antrag durch rechtskräftiges Verbundurteil vom 21. Januar 1988 geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei wurden im Wege des Splittings gesetzliche Rentenanrechte des
  38. -3-
  39. (jetzigen) Antragsgegners (im Folgenden Ehemann, geboren am 15. Februar
  40. 1941) in Höhe von monatlich 548,15 DM, bezogen auf das Ehezeitende
  41. (31. Dezember 1986), auf die (jetzige) Antragstellerin (im Folgenden Ehefrau,
  42. geboren am 26. April 1942) übertragen. Im Wege des erweiterten Splittings
  43. wurden zum Ausgleich einer vom Ehemann bei der P.
  44. -E.
  45. AG er-
  46. worbenen Betriebsrente, deren dynamisierten Wert das Amtsgericht anhand der
  47. BarwertVO mit 637,92 DM ermittelt hat, gesetzliche Rentenanrechte des Ehemannes in Höhe von weiteren 57,40 DM, monatlich und bezogen auf das Ehezeitende (31. Dezember 1986), auf die Ehefrau übertragen.
  48. 3
  49. Der Ehemann bezieht seit dem 1. Mai 2005 aus der betrieblichen Altersversorgung Versorgungsbezüge, deren Ehezeitanteil (168 Monate in die Betriebszugehörigkeit fallende Ehezeit [1. Januar 1973 bis 31. Dezember 1986] :
  50. 388 Monate Betriebszugehörigkeit [1. Januar 1973 bis 30. April 2005] =
  51. 43,299 % von 2.798,67 € =) 1.211,80 € beträgt. Die Ehefrau, die seit dem
  52. 1. Juni 2005 ebenfalls Rentenleistungen bezieht, begehrt nunmehr die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs.
  53. 4
  54. Das Amtsgericht hat den Ehemann verurteilt, an die Ehefrau ab 1. Juni
  55. 2005 eine schuldrechtliche Ausgleichsrente in Höhe von monatlich 562,88 € zu
  56. zahlen und seinen Betriebsrentenanspruch in dieser Höhe an die Ehefrau abzutreten. Den weitergehenden, auf Abtretung der Betriebsrente in Höhe von
  57. 20,11 % des jeweiligen Zahlbetrags gerichteten Antrag hat es zurückgewiesen.
  58. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht den Ehemann verurteilt, an die Ehefrau eine monatliche Ausgleichsrente in
  59. Höhe von 562,88 € zu zahlen und zur Erfüllung dieses Anspruchs und etwaiger
  60. künftiger Erhöhungsbeträge seine Ansprüche auf Betriebsrente in Höhe von
  61. 20,11 % des jeweiligen Monatsbetrags an die Ehefrau abzutreten. Hiergegen
  62. wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
  63. -4-
  64. II.
  65. 5
  66. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.
  67. 6
  68. 1. Das Oberlandesgericht ist, wie auch schon das Amtsgericht, für die
  69. Ermittlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente von dem hälftigen auf die
  70. Ehezeit entfallenden Teil des Zahlbetrags der betrieblichen Altersversorgung
  71. des Ehemannes ausgegangen. Von diesem Betrag hat es den bereits im Wege
  72. des erweiterten Splittings (§ 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG) ausgeglichenen Teil der
  73. Betriebsrente abgezogen. Diesen Teil hat es ermittelt, indem es den - auf das
  74. Ehezeitende (31. Dezember 1986) bezogenen - Nominalbetrag der der Ehefrau
  75. im erweiterten Splitting übertragenen gesetzlichen Rentenanrechte auf den aktuellen Nominalbetrag "hochgerechnet", d.h. mit dem derzeitigen aktuellen Rentenwert multipliziert und sodann durch den zum Ehezeitende geltenden aktuellen Rentenwert dividiert hat. Diese Vorgehensweise entspricht der Rechtsprechung des Senats (zuletzt Senatsbeschluss vom 11. September 2007 - XII ZB
  76. 177/04 - FamRZ 2007, 2055, 2056). Auch die Rechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts.
  77. 7
  78. 2. Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, dass - wenn auch möglicherweise nicht notwendig die titulierte Höhe der schuldrechtlichen Ausgleichsrente, so doch - die Höhe des zur Erfüllung des Ausgleichanspruchs abzutretenden Teils der Betriebsrente in einem Vomhundertsatz angegeben werden
  79. könne, der dem Verhältnis der derzeit geschuldeten Ausgleichsrente zum derzeitigen Zahlbetrag der Betriebsrente entspricht. Zwar könne bei einer solchen
  80. prozentualen Abtretung der Fall eintreten, dass bei einer Erhöhung der Betriebsrente der abgetretene Rententeil steige, ohne dass dieser Anstieg in dem
  81. titulierten Zahlbetrag der Ausgleichsrente eine Entsprechung finde. Dies sei
  82. -5-
  83. jedoch unbedenklich, da die schuldrechtliche Ausgleichsrente materiell-rechtlich
  84. ohnehin einschließlich späterer Erhöhungen geschuldet werde.
  85. 8
  86. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  87. 9
  88. Wie der Senat in seinem - nach der angefochtenen Entscheidung ergangenen - Beschluss vom 11. September 2007 (- XII ZB 177/04 - FamRZ 2007,
  89. 2055, 2056 f.) dargelegt hat, beinhaltet § 1587 g Abs. 1 BGB keinen Anspruch
  90. des Berechtigten auf Zahlung einer dynamischen, in einem Vomhundertsatz
  91. des jeweiligen Zahlbetrags ausgedrückten Ausgleichsrente. Für eine Anpassung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente steht dem Berechtigten allein das
  92. Auskunftsverlangen nach § 1587 k i.V.m. § 1580 BGB und bei einer wesentlichen Veränderung der Bezugsgrößen das Abänderungsverlangen nach
  93. § 1587 g Abs. 3 i.V.m. § 1587 d Abs. 2 BGB zur Verfügung.
  94. 10
  95. Der ausgleichspflichtige Ehegatte kann deshalb auch nicht zur Abtretung
  96. eines prozentualen (dynamischen) Anteils seiner Betriebsrente verpflichtet werden. Nach § 1587 i Abs. 1 BGB kann, wie der Senat inzwischen ebenfalls entschieden hat (Beschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 177/04 - FamRZ
  97. 2007, 2055, 2057), der ausgleichsberechtigte Ehegatte die teilweise Abtretung
  98. der schuldrechtlich auszugleichenden Versorgungsanrechte nur erfüllungshalber und nur in Höhe der laufenden Ausgleichsrente verlangen. Durch die Abtretung soll dem Berechtigten die Realisierung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente erleichtert und ihre unbeschränkte - auch über Pfändungsgrenzen hinausgehende - Durchsetzung ermöglicht werden. Als eine die Durchsetzung
  99. erleichternde Ergänzung zum Ausgleichsanspruch kann der Abtretungsanspruch dem Ausgleichsberechtigten aber nicht zu einem Zahlungsanspruch
  100. verhelfen, der inhaltlich über den laufenden, nach § 1587 g Abs. 1 Satz 1,
  101. Abs. 2 BGB geschuldeten und fälligen Ausgleichsanspruch hinausginge. Auch
  102. -6-
  103. eine Anpassung der Entscheidung über die Abtretung ist nur über das Abänderungsverfahren nach § 1587 i Abs. 3 i.V.m. § 1587 d Abs. 2 BGB möglich, sofern eine wesentliche Änderung der maßgebenden Umstände eingetreten ist.
  104. 11
  105. 3. Nach allem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden. Die Beschwerde der
  106. Ehefrau gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ist zurückzuweisen.
  107. Sprick
  108. Wagenitz
  109. Vézina
  110. Fuchs
  111. Dose
  112. Vorinstanzen:
  113. AG Kassel, Entscheidung vom 30.08.2005 - 510 F 1830/05-VA OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 20.07.2006 - 2 UF 348/05 -