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534 lines
31 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. BESCHLUSS
  4. XII ZB 109/16
  5. Verkündet am:
  6. 15. März 2017
  7. Küpferle,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in der Familiensache
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB §§ 138 Abs. 1 Cd, 1408; FamFG § 117 Abs. 1 Satz 1
  19. a) Zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit
  20. eines Ehevertrags aufgrund einer Gesamtschau der zu den Scheidungsfolgen getroffenen Regelungen im Fall der sog. Unternehmerehe (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ
  21. 2014, 629 und Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ
  22. 2013, 195).
  23. b) Zum Erfordernis eines bestimmten Antrags der Beschwerdebegründung in
  24. einer Unterhaltsfolgesache (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom
  25. 10. Juni 2015 - XII ZB 611/14 - FamRZ 2015, 1375 und vom 4. September
  26. 2013 - XII ZB 87/12 - FamRZ 2013, 1879).
  27. BGH, Beschluss vom 15. März 2017 - XII ZB 109/16 - OLG Bamberg
  28. AG Forchheim
  29. ECLI:DE:BGH:2017:150317BXIIZB109.16.0
  30. -2-
  31. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  32. vom 15. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter
  33. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger und die Richterin
  34. Dr. Krüger
  35. für Recht erkannt:
  36. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss
  37. des
  38. 2. Zivilsenats
  39. - Familiensenat -
  40. des
  41. Oberlandesgerichts
  42. Bamberg vom 18. Februar 2016 wird verworfen, soweit sie sich
  43. gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich richtet.
  44. Die weitergehende Rechtsbeschwerde gegen den vorgenannten
  45. Beschluss wird zurückgewiesen.
  46. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
  47. Von Rechts wegen
  48. Gründe:
  49. A.
  50. 1
  51. Die Beteiligten sind geschiedene Ehegatten. Sie streiten im restlichen
  52. Scheidungsverbund noch um nachehelichen Unterhalt und den Versorgungsausgleich.
  53. -3-
  54. 2
  55. Die Beteiligten heirateten im März 1993. Aus der Ehe ist eine am
  56. 3. Dezember 1995 geborene Tochter hervorgegangen. Die Ehegatten schlossen am 28. Dezember 1995 einen notariellen "Ehevertrag und Erbverzicht". Darin vereinbarten sie zum nachehelichen Unterhalt Folgendes:
  57. "Die Ehegatten verzichten gegenseitig auf nachehelichen Unterhalt und nehmen den Verzicht gegenseitig an. Ausgenommen
  58. hiervon ist der Fall, dass ein Ehegatte nach den gesetzlichen Vorschriften, derzeit §§ 1570, 1572 Nr. 2 BGB, Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes verlangen könnte. Mit dem Abschluss der
  59. Kinderbetreuung tritt der Verzicht wieder in Kraft. Im Anschluss an
  60. die Kindesbetreuung kann der Unterhalt aus anderen gesetzlichen
  61. Gründen nicht verlangt werden.
  62. Sobald das jüngste der gemeinschaftlichen Kinder das 18. Lebensjahr vollendet hat, endet in jedem Fall der Anspruch auf Zahlung von Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes nach den vorstehenden Bestimmungen, bzw. wird beiderseitig hierauf verzichtet. Auf die nach der Rechtsprechung gegebenen Beschränkungen dieses Ausschlusses von Unterhalt, wenn ein Ehegatte ohne
  63. Leistung von Unterhalt anderenfalls Sozialhilfe in Anspruch nehmen müsste, wurde hingewiesen.
  64. Desweiteren begrenzen wir hiermit, die Höhe etwaiger vorstehender Ansprüche eines geschiedenen Ehegatten gegen den anderen
  65. wie folgt:
  66. Der monatliche geschuldete nacheheliche Unterhalt beträgt
  67. höchstens DM 3.000,00 (...) monatlich. ..."
  68. -4-
  69. 3
  70. Darüber hinaus schlossen die Ehegatten in dem Vertrag einen Zugewinnausgleich und den Versorgungsausgleich aus.
  71. 4
  72. Hintergrund für den Abschluss des notariellen Ehevertrags war eine Umstrukturierung des der Mutter des Ehemanns gehörenden Unternehmens. Dieses wurde von einem Einzelunternehmen in eine GmbH & Co. KG umgewandelt, von der nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts zunächst 12 %
  73. der Geschäftsanteile auf den Ehemann übertragen werden sollten. Nach dessen Angaben hatte seine Mutter die Übertragung der Geschäftsanteile vom Abschluss des Ehevertrags abhängig gemacht.
  74. 5
  75. Die Mutter des Ehemanns übertrug diesem 2008 weitere 33 % der Geschäftsanteile sowie 45 % auf dessen Schwester und behielt ihrerseits noch
  76. 10 % der Geschäftsanteile.
  77. 6
  78. Die Ehegatten trennten sich im November 2011. Der Scheidungsantrag
  79. des Ehemanns ist der Ehefrau im November 2012 zugestellt worden. Die Scheidung ist seit dem 25. November 2014 rechtskräftig.
  80. 7
  81. Die 1969 geborene Ehefrau absolvierte nach Erwerb des qualifizierten
  82. Hauptschulabschlusses eine Lehre zur Bürokauffrau und übte den Beruf bis zur
  83. Eheschließung aus. Nach der Eheschließung wechselte sie ihren Arbeitsplatz
  84. und arbeitete bis 1995 sowie von 1998 bis 2008 im Familienunternehmen
  85. überwiegend in Teilzeitbeschäftigung als Sekretärin.
  86. 8
  87. Aufgrund einer erstmals 1997 diagnostizierten Multiplen Sklerose ist die
  88. Ehefrau zu 100 % schwerbehindert und in Pflegestufe II eingestuft. Sie bezieht
  89. seit 2008 eine Erwerbsminderungsrente von derzeit monatlich 777 € und ist
  90. Inhaberin eines Aktiendepots mit einem Wert von rund 46.000 €.
  91. -5-
  92. 9
  93. Der 1963 geborene Ehemann erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
  94. Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen. Er leistet Unterhalt
  95. an die volljährige Tochter, die Studentin ist.
  96. 10
  97. Die Ehefrau beruft sich auf eine Unwirksamkeit des Ehevertrags und hat
  98. im Scheidungsverbundverfahren Ehegattenunterhalt wegen Krankheit, bestehend aus Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt, geltend gemacht.
  99. 11
  100. Das Amtsgericht hat die Ehe der Beteiligten geschieden, den Unterhaltsantrag abgewiesen und zudem ausgesprochen, dass ein Versorgungsausgleich
  101. nicht stattfinde. Auf die von der Ehefrau hinsichtlich der Folgesachen Versorgungsausgleich und nachehelicher Unterhalt eingelegte Beschwerde hat das
  102. Oberlandesgericht den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Ehemann
  103. zu gestuften Unterhaltszahlungen verpflichtet. Dagegen richtet sich dessen
  104. Rechtsbeschwerde, mit welcher er die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen
  105. Beschlusses erstrebt.
  106. B.
  107. 12
  108. Soweit die Rechtsbeschwerde sich gegen die im angefochtenen Beschluss enthaltene Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet, ist sie unzulässig. Insoweit fehlt es an der nach § 70 Abs. 1 FamFG erforderlichen Zulassung durch das Oberlandesgericht.
  109. 13
  110. Zwar weist der Tenor des angefochtenen Beschlusses keine Einschränkung der Rechtsbeschwerdezulassung auf. Es entspricht aber ständiger
  111. Rechtsprechung des Senats, dass sich auch bei uneingeschränkter Zulassung
  112. des Rechtsmittels im Tenor eine wirksame Beschränkung aus den Entscheidungsgründen ergeben kann (Senatsbeschlüsse vom 7. November 2012
  113. -6-
  114. - XII ZB 229/11 -
  115. FamRZ
  116. 2013,
  117. 109
  118. Rn. 9
  119. und
  120. vom
  121. 14. Mai
  122. 2008
  123. - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339 Rn. 15). Das ist hier der Fall. Aus den
  124. Gründen des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass die Rechtsbeschwerde ausdrücklich nur zum Verfahrensgegenstand des nachehelichen Unterhalts zugelassen worden ist. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann die nur eingeschränkte Zulassung auch nicht als willkürlich angesehen
  125. werden. Der vom Oberlandesgericht für die Zulassung angegebene Grund der
  126. Ordnungsmäßigkeit der Beschwerdebegründung bezieht sich vielmehr ausschließlich auf die Unterhaltsfolgesache.
  127. 14
  128. Dagegen kann sich aus der vom Oberlandesgericht für die Zulassung angeführten Verfahrensfrage keine weitere Beschränkung der Rechtsbeschwerde
  129. ergeben. Denn die Beschränkung der Rechtsbeschwerde oder Revision muss
  130. sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beziehen, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Rechtsmittelführer selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte. Eine Beschränkung
  131. der Zulassung auf einzelne Rechtsfragen ist nicht zulässig (vgl. Senatsurteile
  132. vom 30. April 2014 - XII ZR 146/12 - NJW 2014, 2102 Rn. 18 mwN und vom
  133. 30. November 2011 - XII ZR 34/09 - FamRZ 2012, 947 Rn. 11 mwN). Dementsprechend ist es nach der Rechtsprechung des Senats auch nicht möglich, die
  134. Zulassung auf die Frage der Zulässigkeit eines Rechtsmittels zu beschränken
  135. (Senatsurteil vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86 - FamRZ 1987, 802 mwN).
  136. 15
  137. Die vom Oberlandesgericht für die Zulassung angeführte Verfahrensfrage betrifft den gesamten Streitgegenstand der Folgesache Unterhalt. Sie dürfte
  138. ohnedies nur das Motiv der Zulassung wiedergeben, nicht aber die Absicht,
  139. diese weiter zu beschränken.
  140. -7-
  141. C.
  142. 16
  143. Soweit die Rechtsbeschwerde sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung
  144. nachehelichen Unterhalts wendet, ist sie unbegründet.
  145. I.
  146. 17
  147. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Ehefrau trotz des insoweit in der Beschwerdebegründung noch nicht ausdrücklich bezifferten Antrags
  148. als zulässig angesehen. Die Beschwerde sei auch dann nach Umfang und Ziel
  149. des mit ihr verfolgten Angriffs hinreichend bestimmt, wenn die innerhalb der
  150. Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze dies eindeutig ergäben. Dem genüge die Beschwerdebegründung bezüglich der Folgesache Ehegattenunterhalt. Zwar werde darin lediglich beantragt, den angefochtenen Beschluss
  151. dahingehend abzuändern, dass der Ehemann verpflichtet werde, an die Ehefrau nachehelichen Unterhalt zu zahlen, ohne einen bestimmten Unterhaltsbetrag anzugeben. Aus der Beschwerdebegründung ergebe sich jedoch ihrem
  152. gesamten Inhalt nach, dass die Ehefrau ihren in erster Instanz gestellten Antrag
  153. habe weiterverfolgen wollen. Soweit der Verfahrensbevollmächtigte der Ehefrau
  154. im ersten Verhandlungstermin erklärt habe, dass erst der Grund des Anspruchs
  155. geklärt werden solle und er die Höhe noch beziffern könne, sei dies unbeachtlich. Denn maßgeblich sei nur der innerhalb der Begründungsfrist eingereichte
  156. Schriftsatz zur Beschwerdebegründung. Schließlich habe die Ehefrau im abschließenden Verhandlungstermin ihr erstinstanzliches Begehren auch der Höhe nach weiterverfolgt.
  157. 18
  158. In der Sache hat das Oberlandesgericht seine Entscheidung damit begründet, dass der von den Beteiligten geschlossene Ehevertrag wegen Sitten-
  159. -8-
  160. widrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB einer Wirksamkeitskontrolle nicht standhalte.
  161. Die Sittenwidrigkeit ergebe sich aus einer Gesamtschau aller Elemente, die
  162. nicht für sich allein, aber in ihrem Zusammentreffen zu einer objektiv unangemessenen Benachteiligung der Ehefrau führten. Der Vertrag enthalte mit Ausnahme des nachehelichen Unterhalts wegen Kinderbetreuung einen Ausschluss aller gesetzlichen Scheidungsfolgen und einen wechselseitigen Erbund Pflichtteilsverzicht. Für den Ausschluss sei keine Kompensation vereinbart
  163. worden. Er umfasse insbesondere den Unterhalt wegen Krankheit und wegen
  164. Alters und ebenfalls den Versorgungsausgleich als vorweggenommenen Altersunterhalt, die zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehörten.
  165. 19
  166. Der Ehemann habe ein besonderes Interesse am Abschluss des Ehevertrags gehabt. Im Rahmen der im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Unternehmensumwandlung sei der Ehemann vom Angestellten zum Mitunternehmer geworden. Dies habe seine Mutter vom Abschluss des Ehevertrags abhängig gemacht. Die Ehefrau sei demgegenüber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht berufstätig gewesen. Sie habe kurz zuvor ihr erstes Kind
  167. bekommen und ihre Erwerbstätigkeit in dem Familienunternehmen zu Gunsten
  168. der Betreuung der gemeinsamen Tochter faktisch aufgegeben. Wann und in
  169. welchem Umfang sie wieder erwerbstätig sein und Versorgungsanwartschaften
  170. erwerben würde, sei ungewiss gewesen. Dass die Übertragung der Geschäftsanteile für die Ehefrau während der Ehezeit wegen der Steigerung des Lebensstandards der Familie wirtschaftlich vorteilhaft gewesen sei, sei nicht maßgeblich, weil es für die Beurteilung ausschließlich auf die Verhältnisse nach
  171. Rechtskraft der Scheidung ankomme.
  172. 20
  173. Neben der für sich genommen nicht ausreichenden objektiven Benachteiligung liege im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch eine
  174. subjektive Imparität infolge der Ausnutzung der sozialen und wirtschaftlichen
  175. -9-
  176. Abhängigkeit der Ehefrau vor. Diese sei in die Verhandlungen, die dem Abschluss der Verträge vorausgingen, nicht mit eingebunden gewesen. Diese hätten der Ehemann und seine Verwandten unter sich geführt, ohne die Ehefrau
  177. hierin einzubeziehen. Sie habe keinen Einfluss auf die Vertragsgestaltung gehabt und ihr sei vor dem Abschluss des Ehevertrags kein Vertragsentwurf zur
  178. Durchsicht und Prüfung zugeleitet worden. Zum Notartermin sei sie mitgenommen worden mit der Begründung, sie müsse mit. Im Termin sei der Vertrag vorgelesen worden. Sie habe diesen unterschrieben, ohne den Vertrag zum Durchlesen in der Hand gehabt zu haben. Die Ehefrau sei gegenüber dem Ehemann
  179. in einer unterlegenen Verhandlungsposition gewesen, sie sei in einer lediglich
  180. passiven Rolle gewesen. Diese Konstellation habe letztlich auf der wirtschaftlichen und sozialen Überlegenheit des Ehemanns beruht, die dieser bei Vertragsschluss ausgenutzt habe. Beim Notartermin sei das noch nicht einen Monat alte Kind dabei gewesen. Die Ehefrau habe befürchtet, dass das Kind
  181. schreien würde, und habe den Beurkundungstermin möglichst schnell hinter
  182. sich bringen wollen.
  183. 21
  184. Der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts, des Versorgungs- und
  185. Zugewinnausgleichs sei wegen Nichtigkeit des gesamten Ehevertrags daher
  186. unwirksam.
  187. 22
  188. Den Unterhaltsanspruch nach § 1572 Nr. 1 BGB hat das Oberlandesgericht nach dem konkreten Bedarf und unter Berücksichtigung eigener Einkünfte
  189. der Ehefrau mit monatlich 2.155 € bzw. ab 1. Januar 2015 2.150 € (1.704 €
  190. Elementarunterhalt und 451 € bzw. ab 1. Januar 2015 446 € Altersvorsorgeunterhalt) bemessen. Es hat den Unterhalt für den Zeitraum von sechs Jahren
  191. nach Rechtskraft der Scheidung in voller Höhe zugesprochen. Für die Zeit ab
  192. dem 1. Dezember 2020 hat es den Unterhalt gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB auf
  193. einen Betrag von monatlich 458 € herabgesetzt, den es nach einem angemes-
  194. - 10 -
  195. senen Bedarf in Höhe des sogenannten Ehegattenselbstbehalts abzüglich des
  196. Eigeneinkommens der Ehefrau ermittelt hat.
  197. II.
  198. 23
  199. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
  200. 24
  201. 1. Zu Recht ist das Oberlandesgericht von der Zulässigkeit der Erstbeschwerde ausgegangen. Die Zulässigkeit scheitert entgegen der Auffassung
  202. der Rechtsbeschwerde nicht an Mängeln der Beschwerdebegründung.
  203. 25
  204. Nach § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung seiner Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Ob ein Sachantrag
  205. hinreichend bestimmt ist, beurteilt sich nach den allgemeinen, zu § 520 Abs. 3
  206. Satz 2 Nr. 1 ZPO entwickelten Grundsätzen des Zivilprozessrechts (Senatsbeschluss vom 4. September 2013 - XII ZB 87/12 - FamRZ 2013, 1879 Rn. 10
  207. mwN). Zweck des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist es, den Beschwerdeführer im
  208. Interesse der Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens dazu anzuhalten,
  209. sich eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels zu erklären und das
  210. Beschwerdegericht und den Verfahrensgegner über Umfang und Inhalt seiner
  211. Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild zu setzen. Die Vorschrift verlangt keine besondere Formalisierung der Antragstellung. Es genügt vielmehr,
  212. wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Beschwerdeführers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig ergeben, in welchem
  213. Umfang und mit welchem Ziel die erstinstanzliche Entscheidung angefochten
  214. werden soll (Senatsbeschlüsse vom 10. Juni 2015 - XII ZB 611/14 - FamRZ
  215. - 11 -
  216. 2015, 1375 Rn. 10 f. mwN und vom 4. September 2013 - XII ZB 87/12 - FamRZ
  217. 2013, 1879 Rn. 11 mwN).
  218. 26
  219. Diesen Anforderungen ist im vorliegenden Fall durch die Beschwerdebegründung vom 9. Oktober 2014 noch genügt worden. Zwar ist darin bezüglich
  220. des nachehelichen Unterhalts lediglich der Antrag angekündigt worden, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Ehemann verpflichtet werde, an die Ehefrau nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Auch wenn damit
  221. ein bestimmter Unterhaltsbetrag noch nicht angegeben worden und für sich genommen nicht deutlich ist, in welchem Umfang der amtsgerichtliche Beschluss
  222. angefochten worden ist, ergibt sich aus dem Inhalt der Beschwerdebegründung,
  223. dass die Ehefrau ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgen wollte. Das
  224. Amtsgericht hatte den Unterhaltsantrag der Ehefrau abgewiesen, weil es den
  225. Ehevertrag für wirksam und nicht anpassungsbedürftig gehalten hat. Die Beschwerdebegründung befasst sich dementsprechend vorwiegend mit Fragen
  226. der Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle. Dass die Antragstellerin im Fall der
  227. für sie günstigen Beantwortung der vorrangigen Streitfrage der (Un-)Wirksamkeit des Ehevertrags indessen nicht von ihrem schon vor dem Amtsgericht verfolgten Ziel abweichen wollte, wird dadurch verdeutlicht, dass zum Ende des
  228. Schriftsatzes ausgeführt ist, dass das "Urteil" des Amtsgerichts abzuändern und
  229. der Ehefrau nachehelicher Unterhalt zuzusprechen sei. Letzteres spricht für die
  230. Aufrechterhaltung des erstinstanzlich gestellten Zahlungsantrags und nicht etwa
  231. für eine Antragsänderung dahingehend, dass das Oberlandesgericht nunmehr
  232. lediglich zum Anspruchsgrund zu entscheiden habe. Somit ist in der Beschwerdebegründung lediglich die Höhe des Zahlungsantrags nicht ausdrücklich genannt. Da die Beschwerdebegründung sich indessen zur Höhe des Unterhalts
  233. ohnedies nicht verhält und darin vielmehr auf das gesamte erstinstanzliche
  234. Vorbringen Bezug genommen worden ist, hat das Oberlandesgericht die Beschwerdebegründung zutreffend dahin ausgelegt, dass die Ehefrau ihren erst-
  235. - 12 -
  236. instanzlichen Zahlungsantrag weiterverfolgen wollte. Davon abweichende nachträgliche Äußerungen des Verfahrensbevollmächtigten der Ehefrau hat das
  237. Oberlandesgericht als nach der Beschwerdebegründungsfrist liegend für die
  238. Auslegung zutreffend nicht berücksichtigt. Die Berücksichtigung nachträglicher
  239. Erklärungen würde es in unzulässiger Weise in das Belieben des Beschwerdeführers stellen, den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nachträglich zu
  240. verändern.
  241. 27
  242. Zwar geht die Rechtsbeschwerde zu Recht davon aus, dass nachträglichen Erklärungen des Beschwerdeführers im Einzelfall für die Auslegung eines
  243. für sich genommen unbestimmten Antrags indizielle Bedeutung zukommen
  244. kann. Dass der Verfahrensbevollmächtigte der Ehefrau hier später vom Erlass
  245. eines "Grundurteils" ausgegangen ist, steht indessen mit der Formulierung des
  246. Antrags ("Unterhalt zuzusprechen") nicht im Einklang, die - wie ausgeführt - auf
  247. die Verpflichtung zur Zahlung gerichtet ist.
  248. 28
  249. 2. Das Oberlandesgericht hat auf der Grundlage der von ihm verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen zutreffend die Sittenwidrigkeit des Ehevertrags gemäß § 138 Abs. 1 BGB angenommen. Es ist aufgrund einer Gesamtschau aller Elemente des Ehevertrags von einer objektiv unangemessenen Benachteiligung der Ehefrau ausgegangen. Das steht mit der Senatsrechtsprechung im Einklang und hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
  250. 29
  251. a) Der Ausschluss der einzelnen Scheidungsfolgen vermag allerdings
  252. jeweils für sich genommen im vorliegenden Fall den Vorwurf der Sittenwidrigkeit
  253. noch nicht zu begründen.
  254. 30
  255. aa) Die im Ehevertrag zum Unterhalt getroffenen Vereinbarungen stellen
  256. sich für die Ehefrau zwar durchgehend als nachteilig dar, führen indessen isoliert noch nicht zur Sittenwidrigkeit der insoweit getroffenen Regelung.
  257. - 13 -
  258. 31
  259. (1) Nach der vom Senat entwickelten Rangfolge der Scheidungsfolgen
  260. gehört zu deren Kernbereich in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570
  261. BGB), der schon im Hinblick auf seine Ausrichtung am Kindesinteresse nicht
  262. der freien Disposition der Ehegatten unterliegt. Freilich ist auch er nicht jeglicher
  263. Modifikation entzogen (grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004,
  264. 601, 605). Im vorliegenden Fall ist der Betreuungsunterhalt nicht ausgeschlossen oder dem Grunde nach eingeschränkt worden. Soweit er der Höhe nach
  265. beschränkt worden ist, wurde dadurch die persönliche Kinderbetreuung durch
  266. die Ehefrau nicht in Frage gestellt, so dass die Regelung im Hinblick auf das
  267. Kindesinteresse keine Bedenken aufwirft.
  268. 32
  269. (2) Die Unterhaltsansprüche wegen Alters und Krankheit (§§ 1571, 1572
  270. BGB) sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats zwar ebenfalls dem
  271. Kernbereich der Scheidungsfolgen zuzurechnen. Ihr Ausschluss begegnet allerdings für sich genommen unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB
  272. dann keinen Bedenken, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht
  273. absehbar ist, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten ein
  274. Ehegatte wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könnte (Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 20
  275. mwN).
  276. 33
  277. Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch
  278. nicht vorhersehbar, dass die Ehefrau wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden würde. Die Erkrankung der Ehefrau an Multipler Sklerose
  279. wurde erst 1997 festgestellt. Ob eine Unterhaltsbedürftigkeit wegen Alters entstehen würde, war bei der seinerzeit 26jährigen Ehefrau zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ebenfalls noch nicht abzusehen.
  280. - 14 -
  281. 34
  282. bb) Auch der Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist für sich genommen rechtlich unbedenklich. Wie der vom Oberlandesgericht durchgeführte
  283. Versorgungsausgleich verdeutlicht, hat die Ehefrau während der Ehezeit in der
  284. gesetzlichen Rentenversicherung höhere Versorgungsanwartschaften erworben
  285. als der Ehemann. Das auf Seiten des Ehemanns neben seinem Anrecht in der
  286. gesetzlichen Rentenversicherung allein noch ausgeglichene Anrecht aus einer
  287. auf Kapitalleistung gerichteten betrieblichen Altersversorgung (§ 2 Abs. 2 Nr. 3
  288. VersAusglG) unterfiel aufgrund der zum Zeitpunkt des Ehevertragsschlusses
  289. bestehenden Gesetzeslage gemäß § 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB aF iVm § 1587 a
  290. Abs. 2 BGB noch nicht dem Versorgungsausgleich. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs stellte sich als solcher für die Ehefrau folglich seinerzeit
  291. noch nicht als nachteilig dar. Dass die Ehefrau durch die Übernahme von Kinderbetreuung und Haushaltsführung Versorgungsnachteile erlitten hat, ist in
  292. diesem Zusammenhang noch nicht erheblich.
  293. 35
  294. cc) Schließlich führt auch der Ausschluss des Zugewinnausgleichs isoliert betrachtet nicht zur Sittenwidrigkeit des Ehevertrags.
  295. 36
  296. Der Zugewinnausgleich wird vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht umfasst; er erweist sich - auch wegen der vom Gesetz ausdrücklich
  297. zur Verfügung gestellten verschiedenen Güterstände - ehevertraglicher Gestaltung am weitesten zugänglich (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 95, 98 f. = FamRZ
  298. 2004, 601, 605, 608). Der Senat hat an der Kernbereichsferne des Zugewinnausgleichs auch für Unternehmerehen festgehalten, in denen der selbständig
  299. erwerbstätige Ehegatte seine Altersvorsorge nicht durch die Bildung von Vorsorgevermögen im Sinne des § 2 VersAusglG, sondern im Wesentlichen durch
  300. die Ansammlung privaten Vermögens aufbaut. Ein vertraglicher Ausschluss des
  301. Zugewinnausgleichs ist auch dann nicht im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle
  302. zu korrigieren, wenn bereits bei Vertragsschluss absehbar gewesen ist, dass
  303. - 15 -
  304. sich der andere Ehegatte ganz oder teilweise aus dem Erwerbsleben zurückziehen würde und ihm deshalb eine vorhersehbar nicht kompensierte Lücke in
  305. der Altersversorgung verbleibt. Vielmehr hat der Senat ein überwiegendes legitimes Interesse des erwerbstätigen Ehegatten anerkannt, das Vermögen seines
  306. selbständigen Erwerbsbetriebes durch die Vereinbarung der Gütertrennung
  307. einem möglicherweise existenzbedrohenden Zugriff seines Ehegatten im
  308. Scheidungsfall zu entziehen und damit nicht nur für sich, sondern auch für die
  309. Familie die Lebensgrundlage zu erhalten (Senatsurteile vom 28. März 2007
  310. - XII ZR 130/04 - FamRZ 2007, 1310, 1311 und vom 17. Oktober 2007
  311. - XII ZR 96/05 - FamRZ 2008, 386 Rn. 23).
  312. 37
  313. Dass das Oberlandesgericht eine isolierte Sittenwidrigkeit des Zugewinnausgleichsausschlusses nicht in Betracht gezogen hat, steht daher ebenfalls im Einklang mit der Senatsrechtsprechung und ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz von den Beteiligten nicht in Frage gestellt worden.
  314. 38
  315. b) Selbst wenn die ehevertraglichen Einzelregelungen zu den Scheidungsfolgen jeweils für sich genommen den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht
  316. zu rechtfertigen vermögen, kann sich ein Ehevertrag nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Rahmen einer Gesamtwürdigung als insgesamt sittenwidrig erweisen, wenn das Zusammenwirken aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt
  317. (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629
  318. Rn. 38; Senatsurteile vom 12. Januar 2005 - XII ZR 238/03 - FamRZ 2005, 691,
  319. 693 und vom 9. Juli 2008 - XII ZR 6/07 - FamRZ 2008, 2011 Rn. 20 f.).
  320. 39
  321. Das Gesetz kennt zwar keinen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten, so dass auch aus dem
  322. objektiven Zusammenspiel einseitig belastender Regelungen nur dann auf die
  323. - 16 -
  324. weiter erforderliche verwerfliche Gesinnung des begünstigten Ehegatten geschlossen werden kann, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass sich in dem
  325. unausgewogenen Vertragsinhalt eine auf ungleichen Verhandlungspositionen
  326. basierende einseitige Dominanz eines Ehegatten und damit eine Störung der
  327. subjektiven Vertragsparität widerspiegelt. Auch eine lediglich auf die Einseitigkeit der Lastenverteilung gegründete tatsächliche Vermutung für die subjektive
  328. Seite der Sittenwidrigkeit lässt sich bei familienrechtlichen Verträgen nicht aufstellen. Ein unausgewogener Vertragsinhalt mag zwar ein gewisses Indiz für
  329. eine unterlegene Verhandlungsposition des belasteten Ehegatten sein. Gleichwohl wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit in der Regel nicht gerechtfertigt sein,
  330. wenn außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände zu erkennen sind, die auf eine subjektive Imparität hindeuten, insbesondere infolge
  331. der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit
  332. oder intellektueller Unterlegenheit (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014
  333. - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 39; Senatsurteile vom 31. Oktober
  334. 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 24 und vom 21. November 2012
  335. - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 27).
  336. 40
  337. aa) Übereinstimmend mit diesen Maßstäben ist das Oberlandesgericht
  338. im vorliegenden Fall in objektiver Hinsicht von einer die Ehefrau einseitig benachteiligenden Regelung ausgegangen.
  339. 41
  340. Mit dem Alters- und Krankheitsunterhalt sind von der Senatsrechtsprechung dem Kernbereich der Scheidungsfolgen zugeordnete Unterhaltstatbestände ausgeschlossen worden. Insoweit war schon bei Vertragsschluss mit
  341. höherer Wahrscheinlichkeit auf Seiten der wirtschaftlich schwächeren und insoweit unzureichend abgesicherten Ehefrau eine spezifische Bedürfnislage absehbar. Auch war mit ehebedingten Einkommens- und Versorgungsnachteilen
  342. nur auf Seiten der Ehefrau zu rechnen, die die Kinderbetreuung und Haushalts-
  343. - 17 -
  344. führung übernahm. Zudem stand fest, dass der Ehemann seine Altersversorgung nahezu ausschließlich auf eine private Vermögensbildung stützte, an welcher die Ehefrau aufgrund des Ausschlusses des Zugewinnausgleichs nicht
  345. partizipieren konnte. Im Unterschied zu einem vor Eheschließung abgeschlossenen Ehevertrag verzichtete die Ehefrau im vorliegenden Fall auf in der bestehenden Ehe bereits erlangte Rechtspositionen, ohne dass ihr hierfür von Seiten
  346. des Ehemanns eine Kompensation geleistet wurde. Dass der Ausschluss des
  347. Versorgungsausgleichs aus damaliger Sicht für sie - in beschränktem Ausmaß vorteilhaft gewesen sein mag, ändert nichts daran, dass ihr durch die Übernahme der Familienarbeit Versorgungsnachteile entstanden, die durch Kindererziehungszeiten nicht hinreichend kompensiert wurden. Die von den Ehegatten
  348. getroffenen Regelungen gereichen somit in objektiver Hinsicht weit überwiegend zum Nachteil der Ehefrau.
  349. 42
  350. bb) Auch in subjektiver Hinsicht ist die aufgrund der getroffenen Feststellungen vorgenommene Würdigung des Oberlandesgerichts nicht zu beanstanden.
  351. 43
  352. Die Ehefrau war danach in die Verhandlungen, die dem Abschluss der
  353. Verträge vorausgingen, nicht mit eingebunden. Sie hatte keinen Einfluss auf die
  354. Vertragsgestaltung und ihr wurde vor dem Abschluss des Ehevertrags kein Vertragsentwurf zur Verfügung gestellt. Im Notartermin wurde der Vertrag zwar vorgelesen, von ihr aber unterschrieben, ohne diesen Vertrag zum Durchlesen in
  355. der Hand gehabt zu haben. Das Oberlandesgericht hat daraus zu Recht den
  356. Schluss gezogen, dass die Ehefrau gegenüber dem Ehemann und dessen
  357. Verwandten in einer unterlegenen Verhandlungsposition gewesen sei und eine
  358. lediglich passive Rolle eingenommen habe. Dass diese Konstellation letztlich
  359. auf der wirtschaftlichen und sozialen Überlegenheit des Ehemanns beruht habe, die dieser bei Vertragsschluss ausgenutzt habe, bewegt sich ebenfalls im
  360. - 18 -
  361. zulässigen Rahmen tatrichterlicher Feststellungen. Beim Notartermin war
  362. schließlich das noch nicht einen Monat alte Kind dabei, und es ist ebenfalls
  363. nachvollziehbar, dass die Ehefrau deswegen den Beurkundungstermin möglichst schnell hinter sich bringen wollte. Hinzu kommt, dass in dem Termin
  364. hauptsächlich die Umwandlung des Unternehmens beurkundet worden ist, an
  365. welcher die Ehefrau nicht beteiligt war.
  366. 44
  367. Das Oberlandesgericht hat daher auch zu Recht eine subjektive Imparität
  368. infolge der Ausnutzung der sozialen und wirtschaftlichen Abhängigkeit der Ehefrau angenommen. Der von der Rechtsbeschwerde erhobene Einwand, dass
  369. der Ehefrau die Regelung egal gewesen sei, vermag dieses Ergebnis ebenso
  370. wenig in Frage zu stellen wie der Umstand, dass die Ehefrau die Möglichkeit
  371. gehabt haben mag, den Vertrag zuvor im Büro des Unternehmens zu lesen.
  372. Dass die Ehefrau von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machte, steht vielmehr mit den sonstigen Feststellungen des Oberlandesgerichts zum Verhältnis
  373. der Ehegatten durchaus im Einklang. Im Fall einer vorliegenden subjektiven
  374. Imparität ist es schließlich auch nicht erforderlich, dass der benachteiligte Ehegatte den Vertrag nur mit Bedenken oder quasi widerwillig abschließt. Vielmehr
  375. ist durch § 138 Abs. 1 BGB auch und gerade der Ehegatte geschützt, der dem
  376. Verlangen des überlegenen Ehegatten widerstandslos Folge leistet.
  377. 45
  378. Der Schutz des Bestands des Familienunternehmens und der Umstand,
  379. dass die Mutter des Ehemanns die Übertragung der Geschäftsanteile von dem
  380. Abschluss eines Ehevertrags abhängig machte, führen im Rahmen der Gesamtschau zu keiner anderen Beurteilung. Denn sie können bereits einen Unterhaltsverzicht nicht rechtfertigen. Das Oberlandesgericht ist mithin zu Recht
  381. davon ausgegangen, dass die Regelung einem kompensationslosen Totalverzicht nahekommt und sich im Hinblick auf die gegebene subjektive Imparität der
  382. beteiligten Ehegatten als sittenwidrig erweist.
  383. - 19 -
  384. 46
  385. 3. Wegen der Nichtigkeit des Ehevertrags ist der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts unwirksam. Das Oberlandesgericht hat folgerichtig aufgrund der bei der Ehefrau bestehenden Erkrankung einen Anspruch auf Krankheitsunterhalt nach § 1572 Nr. 1 BGB angenommen. Die Bemessung des Unterhalts ist von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen worden und gibt auch
  386. sonst keinen Grund zur Beanstandung.
  387. Dose
  388. Klinkhammer
  389. Nedden-Boeger
  390. Günter
  391. Krüger
  392. Vorinstanzen:
  393. AG Forchheim, Entscheidung vom 08.07.2014 - 2 F 692/12 OLG Bamberg, Entscheidung vom 18.02.2016 - 2 UF 247/14 -