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1186 lines
59 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 6/04
  5. Verkündet am:
  6. 16. Mai 2006
  7. Herrwerth,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. ja
  15. BGHR:
  16. ja
  17. _____________________
  18. HWiG §§ 1, 3 (Fassung bis 30. September 2000); BGB a.F. §§ 123, 276 (Fb)
  19. a) Auch angesichts der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 ff. Schulte und
  20. Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 ff. Crailsheimer Volksbank) verbleibt es dabei,
  21. dass der Darlehensgeber im Fall des wirksamen Widerrufs (§ 1 Abs. 1 HWiG)
  22. eines Realkreditvertrages gemäß § 3 Abs. 1 HWiG Anspruch auf Erstattung des
  23. ausgezahlten Nettokreditbetrages sowie auf dessen marktübliche Verzinsung
  24. hat (Fortsetzung von BGHZ 152, 331).
  25. b) Der im Anschluss an die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 ff. Schulte und
  26. Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 ff. Crailsheimer Volksbank) in Rechtsprechung
  27. und Literatur erwogene Schadensersatzanspruch des Verbrauchers wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung scheidet jedenfalls in all den Fällen aus, in denen der Verbraucher bei Abschluss des Darlehensvertrages bereits an seine
  28. Erklärung zum Abschluss des Immobilienkaufvertrags gebunden ist.
  29. c) In Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank
  30. mit dem Verkäufer oder Vertreiber eines finanzierten Objekts können sich Anleger unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im
  31. -2Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige
  32. Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer
  33. oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufsoder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich
  34. aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu
  35. verschlossen.
  36. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04 - OLG Hamm
  37. LG Dortmund
  38. -3-
  39. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, den
  40. Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger
  41. und Prof. Dr. Schmitt
  42. für Recht erkannt:
  43. Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des
  44. 5. Zivilsenats
  45. des
  46. Oberlandesgerichts
  47. Hamm
  48. vom
  49. 1. Dezember 2003 insoweit aufgehoben, als die Vollstreckungsgegenklage der Kläger abgewiesen wurde.
  50. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen
  51. Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten
  52. des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  53. Von Rechts wegen
  54. Tatbestand:
  55. 1
  56. Die Kläger wenden sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer
  57. vollstreckbaren notariellen Urkunde. Dem liegt folgender Sachverhalt
  58. zugrunde:
  59. -4-
  60. 2
  61. Die Kläger, ein damals 39-jähriger kaufmännischer Angestellter
  62. und seine damals ebenfalls 39-jährige, als Montagehilfe tätige Ehefrau,
  63. wurden im Jahr 1995 von einem Vermittler geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung in E.
  64. ben. Der Vermittler war für die H.
  65. GmbH
  66. zu erwertätig, die
  67. seit 1990 in großem Umfang Anlageobjekte vertrieb, die die Beklagte finanzierte. Nach mehreren Besuchen des Vermittlers in der Wohnung der
  68. Kläger, bei denen diese unter anderem auf von der Beklagten stammenden Formularen zwei Bausparanträge unterschrieben sowie durch schriftliche Erklärung der für das zu erwerbende Objekt bestehenden Mieteinnahmegesellschaft beitraten, unterbreitete die A.
  69. Aktiengesellschaft (nachfolgend: Verkäuferin) ihnen am
  70. 20. Oktober 1995 ein notarielles Kaufangebot, das die Kläger mit notariell beurkundeter Erklärung vom 24. Oktober 1995 annahmen. Zur Finanzierung des Kaufpreises von 144.100 DM schloss die beklagte
  71. Bausparkasse als Vertreterin der
  72. B-Bank
  73. mit den Klägern am 26. Oktober/9. November 1995 einen Darlehensvertrag über 170.000 DM, der als tilgungsfreies "Vorausdarlehen" bis zur
  74. Zuteilungsreife zweier bei der Beklagten abgeschlossener Bausparverträge über je 85.000 DM dienen sollte.
  75. 3
  76. Der Darlehensvertrag, dem keine Widerrufsbelehrung beigefügt
  77. war, enthält unter anderem folgende Bedingungen:
  78. "§ 2 Kreditsicherheiten
  79. Die in § 1 genannten Darlehen werden gesichert durch:
  80. -5-
  81. Grundschuldeintragung zugunsten der
  82. Bausparkasse
  83. über 170.000 DM mit mindestens 12 v.H. Jahreszinsen.
  84. Die
  85. Bausparkasse
  86. ist berechtigt, die ihr für das beantragte Darlehen eingeräumten Sicherheiten für die Gläubigerin
  87. treuhänderisch zu verwalten oder auf sie zu übertragen.
  88. § 3 Auszahlungsbedingungen
  89. Auszahlungen aus Vorfinanzierungsdarlehen (Voraus-/Sofortdarlehen und Zwischenkredite) und zugeteilten Bauspardarlehen erfolgen, wenn der
  90. Bausparkasse
  91. folgende Unterlagen
  92. vorliegen:
  93. ….
  94. - Beitritt in eine Mieteinnahmegemeinschaft, die nur mit unserer
  95. Zustimmung gekündigt werden darf …
  96. § 5 Besondere Bedingungen für Vorfinanzierungen
  97. Die
  98. Bausparkasse
  99. kann das Darlehen der B-Bank vor
  100. Zuteilung des/der Bausparvertrages/verträge ablösen, sobald Umstände eintreten, die in der Schuldurkunde Ziffer 4 a-e geregelt
  101. sind mit der Folge, dass die
  102. Bausparkasse
  103. in das
  104. bestehende Vertragsverhältnis eintritt. …"
  105. 4
  106. Die in dem Darlehensvertrag in Bezug genommene vorformulierte
  107. Schuldurkunde der Beklagten enthält in Nr. 11 b) folgende Regelung:
  108. "die Grundschuld dient der Sicherung aller gegenwärtigen und
  109. künftigen Forderungen der Gläubigerin gegen den Darlehensnehmer aus jedem Rechtsgrund, auch soweit sie nur gegen einen Darlehensnehmer begründet sind; …"
  110. -6-
  111. 5
  112. Mit notarieller Urkunde vom 15. November 1995 wurde zugunsten
  113. der
  114. Beklagten
  115. an
  116. dem
  117. Kaufgegenstand
  118. eine
  119. Grundschuld
  120. über
  121. 170.000 DM zuzüglich 12% Jahreszinsen bestellt. Gemäß Ziffer V. der
  122. Urkunde übernahmen die Kläger die persönliche Haftung für die Zahlung
  123. des Grundschuldbetrages samt Zinsen und Nebenleistungen und unterwarfen sich "wegen dieser persönlichen Haftung der Gläubigerin gegenüber" der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.
  124. 6
  125. Das vertragsgemäß ausgezahlte Vorausdarlehen wurde in der Folge wegen Zahlungsverzugs der Kläger gekündigt, die ihrerseits im September 2002 ihre auf den Abschluss des "Vorausdarlehens" gerichteten
  126. Willenserklärungen unter Berufung auf die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes
  127. widerriefen.
  128. Nachdem
  129. die
  130. Rechtsnachfolgerin
  131. der
  132. B-Bank am 30. Oktober 2002 alle ihr im Zusammenhang mit dem Darlehensverhältnis zustehenden Ansprüche an die Beklagte abgetreten hat,
  133. nimmt diese die Kläger aus der notariellen Urkunde vom 15. November
  134. 1995 persönlich in Anspruch.
  135. 7
  136. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage. Sie haben geltend gemacht, der Titel sei nicht wirksam errichtet worden, weil für die
  137. Begründung ihrer persönlichen Haftung keine wirksame Vollmacht vorgelegen habe. Außerdem sichere die notarielle Schuldurkunde, aus der die
  138. Beklagte die Vollstreckung betreibe, nur deren eigene Ansprüche, nicht
  139. aber an sie abgetretene Forderungen der B-Bank aus dem Vorausdarlehen. Dieses hätten sie zudem wirksam widerrufen. Auch habe die Beklagte, die dauerhaft und eng mit den Vermittlern zusammen gearbeitet
  140. habe, sie nicht hinreichend über die wirtschaftlichen Risiken des Objekts
  141. -7-
  142. aufgeklärt. Sie habe insbesondere von Unterdeckungen in Mietpools und
  143. von der überhöht kalkulierten Miete gewusst, die die Vermittler den Käufern wahrheitswidrig als erzielbare Miete angegeben hätten, um sie
  144. durch Täuschung zum Kaufabschluss zu bewegen. Den Klägern sei anstelle der tatsächlich erzielbaren Miete von 5,95 DM/qm von dem Vermittler eine monatliche Nettomiete von 8,70 DM/qm "verkauft" worden,
  145. weshalb die Rentabilität der erworbenen Immobilie von vornherein nicht
  146. gegeben gewesen sei. Die Beklagte hat hilfswiderklagend die Rückzahlung des geleisteten Nettokreditbetrages zuzüglich Zinsen beantragt.
  147. 8
  148. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter, soweit dieser die Vollstreckungsgegenklage betrifft.
  149. Entscheidungsgründe:
  150. 9
  151. Die Revision ist begründet. Sie führt hinsichtlich der Vollstreckungsgegenklage zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  152. I.
  153. 10
  154. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren bedeutsam - im Wesentlichen ausgeführt:
  155. -8-
  156. 11
  157. Die Kläger seien auf Grund der Grundschuldbestellung nebst persönlicher Haftungsübernahme und Unterwerfungserklärung in der notariellen Urkunde vom 15. November 1995 verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen zu dulden. Zwar hätten sie ihre auf den Abschluss
  158. des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen wirksam widerrufen, da sie auf Grund einer der Beklagten zurechenbaren Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrags veranlasst worden seien. Eine
  159. Einrede ergebe sich daraus aber nicht, da auch der Rückgewähranspruch der Beklagten nach § 3 HWiG von der zwischen den Parteien getroffenen Sicherungsabrede erfasst werde. Diese sei weiterhin wirksam,
  160. da sich der von den Klägern erklärte Widerruf ausdrücklich nur auf das
  161. Vorausdarlehen beziehe. Die Kläger könnten eine Rückzahlung der Darlehensvaluta auch nicht unter Hinweis auf § 9 Abs. 3 VerbrKrG verweigern, da diese Vorschrift gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf Realkredite nicht anwendbar sei. Ein Einwendungsdurchgriff aus § 242 BGB
  162. komme ebenfalls nicht in Betracht.
  163. 12
  164. Die Beklagte hafte auch nicht aus vorvertraglichem Aufklärungsverschulden. Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise eine
  165. Aufklärungs- und Hinweispflicht der kreditgebenden Bank bestehe, lägen
  166. nicht vor. Mit ihrer Forderung nach einem Beitritt zum Mietpool gemäß
  167. § 3 des Darlehensvertrages sei die Beklagte nicht über ihre Rolle als
  168. Kreditgeberin hinausgegangen, da ihr Bestreben nach einer genügenden
  169. Absicherung des Kreditengagements banküblich und typischerweise mit
  170. der Rolle eines Kreditgebers verknüpft sei. Auch die von den Klägern
  171. behauptete defizitäre Entwicklung des Mietpools begründe keine Hinweispflicht der Beklagten. Über die Vor- und Nachteile der gewählten
  172. Finanzierungsart habe die Beklagte die Kläger nicht informieren müssen.
  173. -9-
  174. Eine unzutreffende Ermittlung des Beleihungswertes rechtfertige einen
  175. Schadensersatzanspruch der Kläger schon deshalb nicht, weil dessen
  176. Festsetzung ausschließlich im Interesse der Bank erfolge. Dafür, dass
  177. die im Kaufpreis angeblich enthaltene Innenprovision in Höhe von 20 bis
  178. 23% zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen
  179. Kaufpreis und Verkehrswert geführt habe, dass die Beklagte von einer
  180. sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer habe
  181. ausgehen müssen, fehle es an substantiiertem Vortrag der Kläger.
  182. II.
  183. 13
  184. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
  185. 14
  186. 1. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht
  187. allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Grundschuld nebst
  188. persönlicher Haftungsübernahme und Vollstreckungsunterwerfungserklärung der Darlehensnehmer nicht nur die erst nach Zuteilungsreife der
  189. Bausparverträge auszureichenden Darlehen der Beklagten sichert, sondern auch die durch Abtretung erworbenen Ansprüche aus dem "Vorausdarlehen" der B-Bank. Dies hat der erkennende Senat bereits in zwei
  190. ebenfalls die Beklagte betreffenden Fällen, denen dieselbe Finanzierungskonstruktion und identische Vertragsbedingungen zugrunde lagen,
  191. entschieden und im Einzelnen begründet (BGH, Senatsurteile vom
  192. 5. April 2005 - XI ZR 167/04, WM 2005, 1076, 1078 und vom 20. Dezember 2005 - XI ZR 119/04, Umdruck S. 7 f.).
  193. - 10 -
  194. 15
  195. Die dortigen Ausführungen gelten im vorliegenden Fall entsprechend. Auch hier liegt der Grundschuldbestellung vom 15. November
  196. 1995 eine entsprechende Sicherungsvereinbarung der Prozessparteien
  197. zugrunde. Aus dem von den Klägern mit der B-Bank geschlossenen Darlehensvertrag vom 26. Oktober/9. November 1995 geht hervor, dass die
  198. zugunsten der Beklagten zu bestellende Grundschuld alle aus den beiden Kreditverhältnissen resultierenden Ansprüche sichern sollte. Diese
  199. ursprüngliche Sicherungsabrede ist bestehen geblieben, als die Beklagte
  200. durch den am 30. Oktober 2002 geschlossenen Abtretungsvertrag (§ 398
  201. BGB) selbst Darlehensgläubigerin und wegen der damit verbundenen
  202. Beendigung des Treuhandvertrages auch wirtschaftlich Inhaberin der
  203. Grundschuld und der haftungserweiternden persönlichen Sicherheiten
  204. wurde. Ebenso wie in den vom Senat bereits entschiedenen Fällen ergibt
  205. sich die ursprüngliche Treuhandabrede zwischen der Beklagten und der
  206. B-Bank - anders als die Revision meint - ohne weiteres aus dem Darlehensvertrag. Dass die Grundschuld auch die abgetretene Forderung aus
  207. dem Vorausdarlehen sichert, folgt auch hier aus Nr. 11 b) der Schuldurkunde. Die in der Kreditpraxis, auch bei Bausparkassen, übliche Erstreckung des Grundschuldsicherungszwecks auf künftige Forderungen ist
  208. für den Vertragsgegner weder überraschend noch unangemessen (§§ 3,
  209. 9 AGBG), sofern es sich um Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung handelt. Dass grundsätzlich nicht nur originäre, sondern auch durch eine Abtretung erworbene Forderungen Dritter nach der
  210. allgemeinen Verkehrsanschauung der bankmäßigen Geschäftsverbindung zugerechnet werden können, ist höchstrichterlich seit langem anerkannt (BGH, Senatsurteile vom 5. April 2005 - XI ZR 167/04, WM 2005,
  211. 1076, 1078 und vom 20. Dezember 2005 - XI ZR 119/04, Umdruck S. 8).
  212. - 11 -
  213. 16
  214. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass
  215. für die von den Parteien in Ziffer V. der Grundschuldbestellungsurkunde
  216. vereinbarte persönliche Haftung nebst Vollstreckungsunterwerfung nichts
  217. Abweichendes gilt. Vielmehr teilen in Fällen der vorliegenden Art das
  218. abstrakte Schuldversprechen und die diesbezügliche Unterwerfung der
  219. Darlehensnehmer unter die sofortige Zwangsvollstreckung den Sicherungszweck der Grundschuld (BGH, Senatsurteile vom 5. April 2005
  220. - XI ZR 167/04, WM 2005, 1076, 1078 und vom 20. Dezember 2005
  221. - XI ZR 119/04, Umdruck S. 8).
  222. 17
  223. 2. Entgegen der Auffassung der Revision ist § 10 Abs. 2 VerbrKrG
  224. a.F. (jetzt: § 496 Abs. 2 BGB) auf das abstrakte Schuldanerkenntnis der
  225. Kläger nicht analog anwendbar. Wie der Senat nach Abfassung der Revisionsbegründung entschieden und im einzelnen begründet hat, fehlt es
  226. bereits an einer planwidrigen Regelungslücke, die eine analoge Anwendung rechtfertigen könnte (BGH, Senatsurteile vom 15. März 2005
  227. - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831 und vom 5. April 2005 - XI ZR
  228. 167/04, WM 2005, 1076, 1078 m.w.Nachw.).
  229. 18
  230. 3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass
  231. sich die Kläger gegen die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde
  232. auch nicht mit Erfolg auf den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen nach § 1 Abs. 1 HWiG
  233. berufen können.
  234. 19
  235. a) Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Kläger seien
  236. durch eine Haustürsituation im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG zum
  237. Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden, wendet sich die
  238. - 12 -
  239. Revisionserwiderung ohne Erfolg. Dies ist eine Frage der Würdigung des
  240. Einzelfalls und vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt worden (vgl. BGH, Senatsurteile vom
  241. 21. Januar 2003 - XI ZR 125/02, WM 2003, 483, 484 und vom 20. Januar
  242. 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 522). Einer gesonderten Zurechnung der Haustürsituation entsprechend § 123 Abs. 2 BGB bedarf es
  243. nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht (BGH,
  244. Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, WM 2006, 220, 221 f. und
  245. Senat, Urteile vom 14. Februar 2006 - XI ZR 255/04, WM 2006, 674, 675
  246. und vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, Umdruck S. 21).
  247. 20
  248. b) Infolge des wirksamen Widerrufs hat die Beklagte gegen die
  249. Kläger - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - aus abgetretenem Recht gemäß § 3 Abs. 1 HWiG einen Anspruch auf Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages sowie auf dessen marktübliche Verzinsung (Senat, BGHZ 152, 331, 336, 338; Senatsurteile vom
  250. 26. November 2002 - XI ZR 10/02, WM 2003, 64, 66, vom 15. Juli 2003
  251. - XI ZR 162/00, ZIP 2003, 1741, 1744, vom 28. Oktober 2003 - XI ZR
  252. 263/02, WM 2003, 2410, vom 18. November 2003 - XI ZR 322/01,
  253. WM 2004, 172, 176 und vom 21. März 2006 - XI ZR 204/03, ZIP 2006,
  254. 846, 847), der angesichts der weiten, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht widerrufenen, Sicherungszweckerklärung ebenfalls
  255. durch die persönliche Haftungsübernahme mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung gesichert wird (BGH, Senatsurteile vom 26. November 2002
  256. - XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66 und vom 28. Oktober 2003 - XI ZR
  257. 263/02, WM 2003, 2410, 2411, jeweils m.w.Nachw.).
  258. - 13 -
  259. 21
  260. aa) Im Falle des wirksamen Widerrufs eines Realkreditvertrages
  261. zur Finanzierung des Kaufs einer Immobilie kann der Darlehensnehmer
  262. die Rückzahlung des Kapitals auch nicht unter Hinweis auf § 9 Abs. 3
  263. VerbrKrG mit der Begründung verweigern, bei dem Darlehensvertrag und
  264. dem finanzierten Immobilienerwerb handele es sich um ein verbundenes
  265. Geschäft
  266. (Senat,
  267. BGHZ 152,
  268. 331,
  269. 337;
  270. BGH,
  271. Senatsurteile
  272. vom
  273. 26. November 2002 - XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66 und vom 21. März
  274. 2006 - XI ZR 204/03, ZIP 2006, 846, 847 m.w.Nachw.). § 9 VerbrKrG findet nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf
  275. Realkreditverträge, die zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite
  276. üblichen Bedingungen gewährt worden sind, keine Anwendung (Senat,
  277. BGHZ 152, 331, 337; 161, 15, 25; Senatsurteile vom 26. November 2002
  278. - XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66, vom 28. Oktober 2003 - XI ZR 263/02,
  279. WM 2003,
  280. 2410,
  281. 2411,
  282. vom
  283. 18. November
  284. 2003
  285. - XI ZR
  286. 322/01,
  287. WM 2004, 172, 175, vom 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03, WM 2005,
  288. 375, 376 und vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501,
  289. 504). Um einen solchen Kredit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG
  290. handelt es sich bei dem im Streit stehenden Darlehen.
  291. 22
  292. (1) Rechtsfehlerfrei ist die Feststellung des Berufungsgerichts,
  293. dass das Vorausdarlehen zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt worden ist (vgl. hierzu BGH, Senatsurteile vom 18. März 2003 - XI ZR 422/01, WM 2003, 916, 918, vom
  294. 18. November 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 175 und vom
  295. 25. April 2006 - XI ZR 219/04 Umdruck S. 26). Dies greift die Revision
  296. auch nicht an.
  297. - 14 -
  298. 23
  299. (2) Sie macht jedoch geltend, eine treuhänderisch gehaltene
  300. Grundschuld nebst persönlicher Vollstreckungsunterwerfung sei keine
  301. grundpfandrechtliche Sicherheit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG.
  302. Damit kann sie schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die streitgegenständliche Grundschuld - wie oben näher ausgeführt - nach dem ausdrücklichen Wortlaut des zugrunde liegenden Darlehensvertrages sowohl
  303. die nach Zuteilung der jeweiligen Bausparverträge auszureichenden
  304. Bauspardarlehen der Beklagten als auch das Vorausdarlehen der B-Bank
  305. absichert und darüber hinaus der Treuhandvertrag durch Abtretung der
  306. Ansprüche an die Beklagte mittlerweile beendet worden ist, die Beklagte
  307. also auch wirtschaftlich Inhaberin der Grundschuld geworden ist. Entgegen der Auffassung der Revision gebieten auch europarechtliche Erwägungen keine andere Beurteilung. Die Richtlinie 87/102/EWG des Rates
  308. vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (Verbraucherkreditrichtlinie, ABl. EG 1987, Nr. 42, S. 48 i.d.F. der Änderungsrichtlinie 90/88/EWG des Rates vom 22. Februar 1990, ABl. EG Nr. 61,
  309. S. 14) ist gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. a auf Kreditverträge, die zum Erwerb
  310. von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder Gebäude bestimmt
  311. sind, nicht anwendbar.
  312. 24
  313. (3) Entgegen der Auffassung der Revision findet § 3 Abs. 2 Nr. 2
  314. VerbrKrG auch auf die streitgegenständliche Zwischenfinanzierung Anwendung. Zwar vertritt eine Mindermeinung in der Literatur die Auffassung, § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG greife nur ein, wenn der Zwischenkredit
  315. seinerseits grundpfandrechtlich gesichert ist (v. Westphalen/Emmerich/
  316. Rottenburg, VerbrKrG 2. Aufl. § 3 Rdn. 85, 87 m.w.Nachw.). Das ist hier
  317. - 15 -
  318. aber nach § 2 des Darlehensvertrages der Fall, weil danach auch das
  319. Vorausdarlehen durch die Grundschuld gesichert wird.
  320. 25
  321. bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen Einwendungsdurchgriff nach den aus § 242 BGB hergeleiteten Grundsätzen der
  322. Rechtsprechung zum verbundenen Geschäft verneint. Ein Rückgriff auf
  323. den von der Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungsgeschäft entwickelten Einwendungsdurchgriff scheidet bei dem Verbraucherkreditgesetz unterfallenden Realkrediten aus (BGH, Urteil vom 27. Januar 2004
  324. - XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 622 m.w.Nachw.).
  325. 26
  326. cc) Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht unter
  327. Berücksichtigung der erst nach der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom
  328. 25. Oktober
  329. 2005
  330. (Rs. C-350/03,
  331. WM 2005,
  332. 2079 ff.
  333. Schulte
  334. und
  335. Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 ff. Crailsheimer Volksbank).
  336. 27
  337. (1) Der Gerichtshof hat darin in Beantwortung der ihm vorgelegten
  338. Fragen ausdrücklich betont, dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates
  339. vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Abl. EG Nr. L
  340. 372/31 vom 31. Dezember 1985, "Haustürgeschäfterichtlinie") es nicht
  341. verbietet, den Verbraucher nach Widerruf eines Darlehensvertrages zur
  342. sofortigen Rückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich marktüblicher
  343. Zinsen zu verpflichten, obwohl die Valuta nach dem für die Kapitalanlage
  344. entwickelten Konzept ausschließlich der Finanzierung des Erwerbs der
  345. Immobilie diente und unmittelbar an deren Verkäufer ausgezahlt wurde.
  346. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats ist damit bestätigt worden.
  347. - 16 -
  348. 28
  349. (2) Dem aus § 3 HWiG folgenden Rückzahlungsanspruch steht
  350. auch nicht entgegen, dass der Verbraucher nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: EuGH) durch die
  351. Haustürgeschäfterichtlinie vor den Folgen der in den Entscheidungen
  352. des EuGH angesprochenen Risiken von Kapitalanlagen der vorliegenden
  353. Art zu schützen ist, die er im Falle einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank hätte vermeiden können.
  354. 29
  355. (a) Entgegen einer in der Literatur vertretenen Meinung (Fischer
  356. DB 2005, 2507, 2510 und VuR 2006, 53, 57; zustimmend Hofmann
  357. BKR 2005, 487, 492 ff. und Staudinger NJW 2005, 3521, 3525) findet
  358. eine "richtlinienkonforme" Auslegung oder analoge Anwendung der §§ 9
  359. Abs. 2 Satz 4, 7 Abs. 4 VerbrKrG und § 3 HWiG dahin, den nicht mit einer Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG versehenen Darlehensvertrag wie bei einem verbundenen Geschäft durch Rückzahlung der
  360. vom Verbraucher geleisteten Zins- und Tilgungsraten Zug um Zug gegen
  361. Übertragung der Immobilie rückabzuwickeln, sowohl in der Haustürgeschäfterichtlinie als auch im deutschen Recht keine Stütze. Aufgrund der
  362. vorgenannten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 steht fest, dass § 3 Abs. 1 und 3
  363. HWiG, der bei Widerruf eines Darlehensvertrages die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta und die marktübliche Verzinsung vorsieht, auch
  364. dann der Haustürgeschäfterichtlinie nicht widerspricht, wenn das Darlehen nach dem für eine Kapitalanlage entwickelten Konzept ausschließlich zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie dient und unmittelbar
  365. an deren Verkäufer ausgezahlt worden ist. Die Haustürgeschäfterichtlinie
  366. kennt kein verbundenes Geschäft. Gleiches gilt nach dem eindeutigen
  367. - 17 -
  368. Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG für realkreditfinanzierte Immobiliengeschäfte, wenn der Grundpfandkredit - wie hier - zu den üblichen
  369. Bedingungen ausgereicht worden ist. Grundpfandkredit und finanziertes
  370. Immobiliengeschäft bilden dann nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ausnahmslos kein verbundenes Geschäft (Senat,
  371. BGHZ 150, 248, 262; 152, 331, 337; 161, 15, 25; Senatsurteile vom
  372. 15. Juli 2003 - XI ZR 162/02, ZIP 2003, 1741, 1743, vom 28. Oktober
  373. 2003 - XI ZR 263/02, WM 2003, 2410, 2411, vom 27. Januar 2004
  374. - XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 622, vom 9. November 2005 - XI ZR
  375. 315/03, WM 2005, 72, 74, vom 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03,
  376. WM 2005, 375, 376, vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520,
  377. 1523 und vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 504),
  378. so dass ein Einwendungsdurchgriff und eine Rückabwicklung nach § 9
  379. VerbrKrG entgegen der Ansicht der Revision von vornherein nicht in Betracht kommen.
  380. 30
  381. Soweit der EuGH gemeint hat, Art. 4 der Haustürgeschäfterichtlinie
  382. verpflichte die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, den Verbraucher vor den
  383. Risiken einer kreditfinanzierten Kapitalanlage zu schützen, die er im Falle einer Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank hätte vermeiden
  384. können, ist eine richtlinienkonforme Auslegung, sollte sie nach deutschem Recht überhaupt möglich sein, nur in den wenigen Fällen notwendig, in denen der Verbraucher den Darlehensvertrag anlässlich eines Besuchs des Gewerbetreibenden beim Verbraucher oder an seinem Arbeitsplatz oder während eines vom Gewerbetreibenden außerhalb seiner
  385. Geschäftsräume organisierten Ausflugs abgeschlossen bzw. sein Angebot abgegeben hat (Art. 1 Abs. 1 Haustürgeschäfterichtlinie), und in denen der Verbraucher überdies an seine Erklärung zum Abschluss des mit
  386. - 18 -
  387. Hilfe des Darlehens zu finanzierenden Geschäfts noch nicht gebunden
  388. war. Auf die Frage, ob Darlehensvertrag und finanzierte Anlage ein verbundenes Geschäft bilden, kommt es nach den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005
  389. (Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005,
  390. 2086 Crailsheimer Volksbank) nicht an. Auch dies verkennt die Mindermeinung, wenn sie eine richtlinienkonforme "Verbundgeschäftslösung"
  391. fordert. Zum einen bleibt sie hinter den Vorgaben der genannten Entscheidungen zurück, indem sie die von ihr gewünschte Rückabwicklung
  392. des widerrufenen Darlehensvertrages davon abhängig macht, dass Kredit- und Immobilienkaufvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des
  393. § 9 VerbrKrG bilden. Zum andern geht sie weit über die Entscheidungen
  394. des Gerichtshofs hinaus, indem sie das aus dem Immobilienkaufvertrag
  395. resultierende Anlagerisiko ohne Rücksicht darauf, ob dieses durch eine
  396. Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG bei Abschluss des Darlehensvertrages (noch) hätte vermieden werden können, auf die kreditgebende
  397. Bank verlagert (KG ZfIR 2006, 136, 140; Habersack JZ 2006, 91, 92).
  398. Dies ist weder durch die Haustürgeschäfterichtlinie noch durch das
  399. Haustürwiderrufsgesetz zu rechtfertigen. Beide wollen dem Verbraucher
  400. bei Haustürgeschäften nur die Möglichkeit geben, die Verpflichtungen
  401. aus einem solchen Geschäft noch einmal zu überdenken (6. Erwägungsgrund zur Haustürgeschäfterichtlinie), nicht aber sich von Geschäften zu lösen, für die die unterbliebene Widerrufsbelehrung nicht kausal
  402. geworden ist.
  403. 31
  404. (b) Entgegen der vereinzelt gebliebenen Ansicht von Derleder
  405. (BKR 2005, 442, 448; s. auch EWiR 2005, 837, 838) fehlt auch für eine
  406. "richtlinienkonforme" Auslegung des § 3 Abs. 1 HWiG dahin, den Darle-
  407. - 19 -
  408. hensnehmer im Falle einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung bereicherungsrechtlich nicht als Empfänger der Darlehensvaluta anzusehen, eine
  409. tragfähige Grundlage. § 3 Abs. 1 und 3 HWiG ist ausweislich der Entscheidungen des EuGH vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03, WM 2005,
  410. 2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 Crailsheimer Volksbank) ohne jede Einschränkung richtlinienkonform. Nach ständiger
  411. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 152, 331, 337; BGH,
  412. Urteile vom 17. Januar 1985 - III ZR 135/83, WM 1985, 221, 223, insoweit in BGHZ 93, 264 nicht abgedruckt, vom 7. März 1985 - III ZR
  413. 211/83, WM 1985, 653, vom 25. April 1985 - III ZR 27/84, WM 1985, 993,
  414. 994 und vom 12. Juni 1997 - IX ZR 110/96, WM 1997, 1658, 1659; Senatsurteile vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 503
  415. und vom 25. April 2005 - XI ZR 219/04, Umdruck S. 15 und XI ZR 29/05,
  416. Umdruck S. 16)
  417. und der gesamten Kommentarliteratur (vgl. Bülow,
  418. Verbraucherkreditrecht, 5. Aufl. § 494 BGB Rdn. 48; Erman/Saenger,
  419. BGB 11. Aufl. § 494 Rdn. 4; MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl. § 494
  420. Rdn. 21;
  421. Palandt/Putzo,
  422. BGB
  423. 65. Aufl.
  424. § 494
  425. Rdn. 7;
  426. Staudinger/
  427. Kessal-Wulf, BGB Neubearb. 2004 § 491 Rdn. 47, § 494 Rdn. 20;
  428. Palandt/Putzo,
  429. BGB 61. Aufl. § 607 Rdn. 9;
  430. RGRK/Ballhaus, BGB
  431. 12. Aufl. § 607 Rdn. 7; Soergel/Häuser, BGB 12. Aufl. § 607 Rdn. 120)
  432. hat der Darlehensnehmer den Darlehensbetrag im Sinne des § 607 BGB
  433. a.F. auch dann empfangen, wenn der von ihm als Empfänger namhaft
  434. gemachte Dritte das Geld vom Darlehensgeber erhalten hat, es sei denn,
  435. der Dritte ist nicht überwiegend im Interesse des Darlehensnehmers,
  436. sondern sozusagen als "verlängerter Arm" des Darlehensgebers tätig
  437. geworden. Auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist in
  438. seiner Entscheidung vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03, WM 2005,
  439. 2079, 2085 Nr. 85 Schulte) ausdrücklich davon ausgegangen, dass die
  440. - 20 -
  441. Darlehensnehmer die von der kreditgebenden Bank unmittelbar an den
  442. Immobilienverkäufer ausgezahlte Darlehensvaluta erhalten haben.
  443. 32
  444. Nichts spricht dafür, den Empfang des Darlehens in § 3 Abs. 1
  445. HWiG, der lediglich die Rückabwicklung empfangener Leistungen regelt,
  446. anders zu verstehen als in § 607 BGB. Aus § 9 VerbrKrG ergibt sich
  447. nichts anderes (BGH, Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 219/04,
  448. Umdruck S. 15 ff. und XI ZR 29/05, Umdruck S. 17 ff.). Der Hinweis von
  449. Derleder, bei einem widerrufenen Darlehensvertrag sei auch die Auszahlungsanweisung des Darlehensnehmers unwirksam, übersieht, dass bereicherungsrechtlich anerkannt ist, dass eine Rückabwicklung auch dann
  450. im Anweisungsverhältnis (Deckungsverhältnis) zu erfolgen hat, wenn der
  451. Anweisende einen zurechenbaren Anlass zu dem Zahlungsvorgang gesetzt hat, etwa eine zunächst erteilte Anweisung widerruft (BGHZ 61,
  452. 289, 291 ff.; 87, 393, 395 ff.; 89, 376, 379 ff.; 147, 145, 150 f.; 147, 269,
  453. 273 ff.). Gleiches gilt bei § 3 Abs. 1 HWiG, der einen, insbesondere was
  454. die §§ 814 ff. BGB angeht (BGHZ 131, 82, 87), besonders ausgestalteten
  455. Bereicherungsanspruch regelt.
  456. 33
  457. (c) Nicht haltbar ist auch die Ansicht von Knops und Kulke
  458. (WM 2006, 70, 77 und VuR 2006, 127, 135), bei einer Investition der
  459. Darlehensvaluta in eine Immobilie durch einen über sein Widerrufsrecht
  460. nicht belehrten Darlehensnehmer sei von einem unverschuldeten Untergang der empfangenen Leistung im Sinne des § 3 Abs. 2 HWiG auszugehen. Wie bereits dargelegt, hat der Kreditnehmer die Darlehensvaluta
  461. mit der weisungsgemäßen Auszahlung an den Immobilienverkäufer empfangen. Damit ist der im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrages gegebene Rückgewähranspruch der kreditgebenden Bank aus § 3 Abs. 1
  462. - 21 -
  463. Satz 1 HWiG entstanden. Da der Darlehensnehmer lediglich eine bestimmte Geldsumme zurückzahlen muss, kann von einem Untergang der
  464. Valuta im Sinne des § 3 Abs. 2 HWiG, der nur für Sachen, nicht aber für
  465. eine Wertsummenschuld gilt (so auch Derleder BKR 2005, 442, 447),
  466. keine Rede sein, wenn die Valuta bestimmungsgemäß zur Bezahlung
  467. des Kaufpreises für eine nicht (ausreichend) werthaltige Immobilie verwendet worden ist. Wer dies anders sieht, verschiebt das Verwendungsrisiko in unvertretbarer Weise bei jedem Kredit, der zur Finanzierung des
  468. Erwerbs einer bestimmten Sache aufgenommen wird, auf die kreditgebende Bank. Dies ist insbesondere dann durch nichts zu rechtfertigen,
  469. wenn der Kreditnehmer bei einem nicht verbundenen Geschäft - wie
  470. hier - zunächst den Immobilienkaufvertrag und erst später den zur Finanzierung des Kaufpreises notwendigen Darlehensvertrag, in dem die
  471. erforderliche Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG fehlt, abschließt.
  472. (d) Auch der Hinweis von Tonner/Tonner (WM 2006, 505, 510 ff.)
  473. 34
  474. auf den Rechtsgedanken der §§ 817 Satz 2, 818 Abs. 3 BGB und dessen
  475. Anwendung bei Kenntnis des Darlehensgebers von dem mit dem Immobilienerwerb verbundenen Risiko ändert daran nichts. Die genannten
  476. Normen sind nämlich auf den Rückgewähranspruch nach § 3 Abs. 1
  477. HWiG, der als lex specialis die Anwendung der §§ 812 ff. BGB grundsätzlich ausschließt (BGHZ 131, 82, 87), nicht anwendbar. Der Gesetzgeber hat das Bereicherungsrecht durch § 3 HWiG, jedenfalls was die
  478. §§ 814 ff. BGB angeht, bewusst derogiert. Davon kann auch im Wege
  479. richtlinienkonformer Auslegung des § 3 HWiG, zu der hier, wie dargelegt,
  480. im
  481. Übrigen
  482. kein
  483. Grund
  484. besteht,
  485. nicht
  486. abgewichen
  487. werden
  488. (vgl.
  489. Piekenbrock WM 2006, 466, 475). Abgesehen davon kann von einem
  490. Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB bei Empfang eines
  491. - 22 -
  492. - für den Erwerb einer nicht ausreichend werthaltigen Immobilie verwendeten - Darlehens, das dem Darlehensnehmer, wie er weiß, nur für begrenzte Zeit zur Verfügung stehen soll, unter Berücksichtigung des § 819
  493. Abs. 1 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  494. keine Rede sein (BGHZ 83, 293, 295; 115, 268, 270 f.; BGH, Urteile vom
  495. 14. April 1969 - III ZR 65/68, WM 1969, 857, 858; Senatsurteile vom
  496. 17. Februar 1995 - XI ZR 225/93, WM 1995, 566, 567, vom 2. Februar
  497. 1999 - XI ZR 74/98, WM 1999, 724, 725 und vom 27. Januar 2004
  498. - XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 623).
  499. 35
  500. 4. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung nicht stand,
  501. soweit das Berufungsgericht einen dem Anspruch der Beklagten entgegenzusetzenden Schadensersatzanspruch der Kläger aus Verschulden
  502. bei Vertragsschluss verneint.
  503. 36
  504. a) Zu Recht hat sich das Berufungsgericht allerdings nicht mit der
  505. Frage befasst, ob aus der bei Abschluss des Darlehensvertrages unterbliebenen Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG ein Schadensersatzanspruch der Kläger folgen kann. Ein derartiger Schadensersatzanspruch wird zwar im Anschluss an die erst nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Entscheidungen des EuGH vom 25. Oktober 2005
  506. (Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 ff. Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005,
  507. 2086 ff. Crailsheimer Volksbank) diskutiert mit dem Ziel, den vom EuGH
  508. geforderten Schutz des Verbrauchers vor den Folgen der dort genannten
  509. Risiken von Kapitalanlagen der hier vorliegenden Art, die der Verbraucher im Falle einer mit dem Darlehensvertrag verbundenen Widerrufsbelehrung hätte vermeiden können, im Wege einer schadensersatzrechtli-
  510. - 23 -
  511. chen Lösung umzusetzen. Hier scheidet ein solcher Anspruch aber von
  512. vornherein aus.
  513. 37
  514. aa) Dabei kann dahinstehen, ob das Unterlassen der nach Art. 4
  515. der Haustürgeschäfterichtlinie erforderlichen Belehrung über den Widerruf entgegen der bislang ganz überwiegend vertretenen Auffassung nicht
  516. als bloße Obliegenheitsverletzung, sondern als echte Pflichtverletzung
  517. anzusehen ist (vgl. dazu OLG Bremen WM 2006, 758, 763; Derleder
  518. BKR 2005, 442, 446; Habersack JZ 2006, 91, 93). Offen bleiben kann
  519. auch, ob eine Haftung nicht ohnedies mangels Verschuldens ausscheidet, weil sich die Beklagte bei dem vor dem Jahre 2000 geschlossenen
  520. Darlehensvertrag erfolgreich darauf berufen könnte, gemäß § 5 Abs. 2
  521. HWiG habe sie eine Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG für entbehrlich halten dürfen (so Freitag WM 2006, 61, 69; Habersack JZ 2006,
  522. 91, 93; Lang/Rösler WM 2006, 513, 517; Piekenbrock WM 2006, 466,
  523. 475; Sauer BKR 2006, 96, 101; wohl auch Schneider/Hellmann BB 2005,
  524. 2714; Thume/Edelmann BKR 2005, 477, 482; zweifelnd: OLG Bremen
  525. WM 2006, 758, 764; Lechner NZM 2005, 921, 926 f.; a.A. Fischer
  526. VuR 2006, 53, 58; Knops/Kulke VuR 2006, 127, 133; Reich/Rörig
  527. VuR 2005, 452, 453; Woitkewitsch MDR 2006, 241, 242). Es sei insoweit
  528. nur darauf hingewiesen, dass der vom Gesetzgeber gewählte Wortlaut
  529. des § 5 Abs. 2 HWiG, dass das Haustürwiderrufsgesetz auf Haustürgeschäfte, die zugleich die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem
  530. Verbraucherkreditgesetz erfüllen, nicht anwendbar ist, deutlich gegen die
  531. Notwendigkeit einer Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG spricht.
  532. Auch der erkennende Senat hat eine solche Belehrung deshalb in Übereinstimmung mit der damals einhelligen Meinung der Obergerichte (OLG
  533. Stuttgart WM 1999, 74, 75 f. und WM 1999, 1419; OLG München
  534. - 24 -
  535. WM 1999, 1419) und der herrschenden Ansicht in der Literatur (vgl. die
  536. Nachweise in BGH WM 2000, 26, 27) in seinem Beschluss vom
  537. 29. November 1999 (XI ZR 91/99, WM 2000, 26, 27 ff.) als nicht erforderlich angesehen und seine Meinung erst aufgrund des anders lautenden
  538. Urteils
  539. des
  540. Gerichtshofs
  541. der
  542. Europäischen
  543. Gemeinschaften
  544. vom
  545. 13. Dezember 2001 (Rs. C-481/99, WM 2001, 2434 ff. Heininger) geändert (BGHZ 150, 248, 252 ff.). Dahinstehen kann schließlich, ob die Auffassung, ein Verschulden der Kreditinstitute sei mit Rücksicht auf die
  546. Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht erforderlich (OLG Bremen WM 2006, 758, 764; Habersack JZ 2006, 91, 93;
  547. Hoffmann ZIP 2005, 1985, 1991; Reich/Rörig VuR 2005, 452, 453;
  548. Wielsch ZBB 2006, 16, 20), haltbar ist, obwohl nach § 276 Abs. 1 Satz 1
  549. BGB a.F, sofern nichts anderes bestimmt ist, nur für Vorsatz und Fahrlässigkeit gehaftet wird (vgl. auch Lang/Rösler WM 2006, 513, 517;
  550. Thume/Edelmann BKR 2005, 477, 482).
  551. 38
  552. bb) Ein Schadensersatzanspruch wegen der Nichterteilung einer
  553. Widerrufsbelehrung ist nämlich jedenfalls mangels Kausalität zwischen
  554. unterlassener Widerrufsbelehrung und dem Schaden in Gestalt der Realisierung von Anlagerisiken zumindest immer dann ausgeschlossen,
  555. wenn der Verbraucher - wie hier - den notariell beurkundeten Immobilienkaufvertrag vor dem Darlehensvertrag abgeschlossen hat. Dann hätte
  556. es der Verbraucher auch bei Belehrung über sein Recht zum Widerruf
  557. des Darlehensvertrages nicht vermeiden können, sich den Anlagerisiken
  558. auszusetzen (OLG Frankfurt WM 2006, 769; OLG Karlsruhe WM 2006,
  559. 676, 680; KG ZfIR 2006, 136, 140; Palandt/Grüneberg, BGB 65. Aufl.
  560. § 357 Rdn. 4; Ehricke ZBB 2005, 443, 449; Habersack JZ 2006, 91, 93;
  561. Hoppe/Lang
  562. ZfIR 2005,
  563. 800,
  564. 804;
  565. Jordans
  566. EWS 2005,
  567. 513,
  568. 515;
  569. - 25 -
  570. Lang/Rösler
  571. WM 2006,
  572. 513,
  573. 518;
  574. Lechner
  575. NZM 2005,
  576. 921,
  577. 926;
  578. Meschede ZfIR 2006, 141; Piekenbrock WM 2006, 466, 472; Sauer
  579. BKR 2006, 96, 101; Tonner/Tonner WM 2006,
  580. 505, 509; Thume/
  581. Edelmann BKR 2005, 477, 483; differenzierend: OLG Bremen WM 2006,
  582. 758, 764 f.; Hoffmann ZIP 2005, 1985, 1989). Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss auf Ersatz eines Schadens, der durch die
  583. - unterstellte - Pflichtverletzung, d.h. die unterbliebene Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG, nicht verursacht worden ist, ist dem deutschen Recht fremd. Er wird in den Entscheidungen des Gerichtshofs der
  584. Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03,
  585. WM 2005, 2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 Crailsheimer
  586. Volksbank) auch nicht gefordert. Nach deren klarem Wortlaut haben die
  587. Mitgliedstaaten den Verbraucher nur vor den Folgen der Risiken von Kapitalanlagen der vorliegenden Art zu schützen, die er im Falle einer Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank bei Abschluss des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation hätte vermeiden können. Das ist
  588. bei Anlagerisiken, die er vor Abschluss des Darlehensvertrages eingegangen ist, nicht der Fall. Die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften lassen sich nicht, wie es eine Mindermeinung in der Literatur versucht (Derleder BKR 2005, 442, 449; Knops
  589. WM 2006,
  590. 70,
  591. 73 f.;
  592. Schwintowski
  593. VuR 2006,
  594. 5,
  595. 6;
  596. Staudinger
  597. NJW 2005, 3521, 3523), dahin uminterpretieren, die zeitliche Reihenfolge von Anlagegeschäft und Darlehensvertrag spiele für die Haftung der
  598. kreditgebenden Bank
  599. keine Rolle. Abgesehen davon wäre der erken-
  600. nende Senat nach deutschem Recht nicht in der Lage, dem nicht über
  601. sein Widerrufsrecht belehrten Darlehensnehmer einen Anspruch auf Ersatz von Schäden zu geben, die durch die unterbliebene Widerrufsbelehrung nicht verursacht worden sind.
  602. - 26 -
  603. 39
  604. b) Eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung einer eigenen
  605. Aufklärungspflicht lässt sich nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ablehnen.
  606. 40
  607. aa) Dabei erweist sich das Berufungsurteil allerdings als rechtsfehlerfrei, soweit das Berufungsgericht auf der Grundlage der bisherigen
  608. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Aufklärungsverschulden der
  609. Beklagten verneint hat.
  610. 41
  611. (1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist
  612. eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträgerund Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf
  613. regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der
  614. Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten
  615. bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann der
  616. Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin
  617. hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken
  618. hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden
  619. schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an
  620. einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder
  621. wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten
  622. Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erken-
  623. - 27 -
  624. nen kann (vgl. etwa Senat, BGHZ 159, 294, 316; 161, 15, 20 sowie Senatsurteile vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 76 und
  625. vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830).
  626. 42
  627. (2) Ein solches Aufklärungsverschulden hat das Berufungsgericht
  628. bei den von ihm geprüften möglicherweise verletzten Aufklärungspflichten nicht festgestellt, ohne dass ihm insoweit Rechtsfehler unterlaufen
  629. wären.
  630. 43
  631. (a) Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass die
  632. Beklagte durch die in § 3 des Darlehensvertrages vorgesehene Bedingung, nach der die Auszahlung der Darlehensvaluta von einem Beitritt in
  633. einen Mietpool abhängig war, nicht über ihre Rolle als Finanzierungsbank hinausgegangen ist. Ihr Bestreben nach einer genügenden Absicherung des Kreditengagements ist banküblich und typischerweise mit
  634. der Rolle eines Kreditgebers verknüpft (BGH, Senatsurteil vom 31. März
  635. 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 905).
  636. 44
  637. (b) Entgegen der Ansicht der Kläger hat die Beklagte durch diese
  638. Auszahlungsvoraussetzung auch keinen besonderen Gefährdungstatbestand geschaffen, der sie zur Aufklärung über die damit verbundenen
  639. Risiken verpflichtet hätte. Es fehlt schon an substantiiertem Vortrag der
  640. Kläger, dass der Beitritt zum Mietpool für die von ihnen erworbene Eigentumswohnung in E.
  641. , durch den ihr Risiko, bei einem Leerstand
  642. der Wohnung keine Miete zu erzielen, auf alle Mietpoolteilnehmer verteilt
  643. wurde, für sie nachteilig war. Auch für eine der Beklagten bekannte Verschuldung des Mietpools E.
  644. im Herbst 1995 ist nichts vorgetragen.
  645. Außerdem ist dem Vorbringen der Kläger nicht zu entnehmen, dass sie
  646. - 28 -
  647. sich von dem Mietpool, dem sie bereits vor Abschluss des Darlehensvertrages beigetreten waren, im Falle einer Aufklärung über die angebliche
  648. Verschuldung des Mietpools noch hätten lösen können.
  649. 45
  650. (c) Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass
  651. Kreditinstitute den Wert der ihnen gestellten Sicherheiten grundsätzlich
  652. nur im eigenen Interesse sowie im Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht dagegen im Kundeninteresse prüfen (BGHZ 147, 343,
  653. 349; BGH, Senatsurteile vom 7. April 1992 - XI ZR 200/91, WM 1992,
  654. 977, vom 21. Oktober 1997 - XI ZR 25/97, WM 1997, 2301, 2302 und
  655. vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 27). Dementsprechend kann sich grundsätzlich aus der lediglich zu bankinternen Zwecken erfolgten Ermittlung eines Beleihungswertes keine Pflichtverletzung
  656. gegenüber dem Kreditnehmer ergeben.
  657. 46
  658. (d) Mit dem Berufungsgericht ist ferner davon auszugehen, dass
  659. die Beklagte auch wegen des angeblich weit überteuerten Kaufpreises
  660. sowie einer im finanzierten Kaufpreis enthaltenen "versteckten Innenprovision" keine Aufklärungspflicht wegen eines für sie erkennbaren Wissensvorsprungs traf.
  661. 47
  662. Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des
  663. Kaufpreises ist, wenn sonstige einen Wissensvorsprung begründende
  664. Umstände nicht vorliegen, nur ausnahmsweise dann anzunehmen, wenn
  665. es - bedingt durch eine versteckte Innenprovision oder aus anderen
  666. Gründen - zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen
  667. Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss
  668. - 29 -
  669. (st.Rspr., vgl. etwa BGH, Senatsurteile vom 23. März 2004 - XI ZR
  670. 194/02, WM 2004, 1221, 1225 und vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04,
  671. WM 2005, 828, 830, jeweils m.w.Nachw.). Das ist nach ständiger Rechtsprechung erst der Fall, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so
  672. hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (st.Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 524 und vom
  673. 23. März
  674. 2004
  675. - XI ZR
  676. 194/02,
  677. WM 2004,
  678. 1221,
  679. 1225,
  680. jeweils
  681. m.w.Nachw.).
  682. 48
  683. Dazu fehlt es aber nach den von der Revision nicht angegriffenen
  684. Feststellungen des Berufungsgerichts an ausreichendem Vortrag der
  685. Kläger. Nicht dargetan ist auch, dass der Vermittler die Kläger etwa
  686. durch Vorspiegelung eines unzutreffenden Verkehrswertes arglistig getäuscht hat.
  687. 49
  688. (e) Soweit sich die Kläger darauf berufen, die Beklagte habe sie
  689. über etwaige Nachteile der Finanzierung des Kaufpreises durch ein Vorausdarlehen in Kombination mit zwei neu abzuschließenden Bausparverträgen aufklären müssen, hat das Berufungsgericht zu Recht darauf verwiesen, dass eine hieraus folgende etwaige Aufklärungspflichtverletzung
  690. die von den Klägern begehrte Rückabwicklung des Darlehensvertrages
  691. schon deshalb nicht rechtfertige, weil sie nur zum Ersatz der durch die
  692. gewählte Finanzierung entstandenen Mehrkosten führe (BGH, Senatsurteile vom 2. Dezember 2003 - XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 419
  693. m.w.Nachw. und vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521,
  694. 524). Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat, haben die Kläger solche Mehrkosten nicht substantiiert dargetan.
  695. - 30 -
  696. bb) Mit diesen Ausführungen lässt sich eine Haftung der Beklagten
  697. 50
  698. für eigenes Aufklärungsverschulden indes nicht abschließend verneinen.
  699. Im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht
  700. als verbundene Geschäfte behandelt werden können (vgl. zu verbundenen Geschäften Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, Umdruck S. 6 ff., 12 f.), und um dem in den Entscheidungen des Gerichtshofs
  701. der
  702. Europäischen
  703. Gemeinschaften
  704. vom
  705. 25. Oktober
  706. 2005
  707. (Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 ff. Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005,
  708. 2086 ff. Crailsheimer Volksbank) zum Ausdruck kommenden Gedanken
  709. des Verbraucherschutzes vor Risiken von Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht Rechnung zu tragen, ergänzt der Senat seine Rechtsprechung zum Bestehen von Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank
  710. in diesen Fällen:
  711. 51
  712. Danach können sich die Anleger in Fällen eines institutionalisierten
  713. Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder
  714. Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen
  715. mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer
  716. arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über
  717. das Anlageobjekt berufen. Die eine eigene Aufklärungspflicht der Bank
  718. begründende Fallgruppe des konkreten Wissensvorsprungs wird unter
  719. bestimmten Voraussetzungen durch eine Beweiserleichterung in Form
  720. einer widerleglichen Vermutung für die bislang von dem Darlehensnehmer darzulegende und zu beweisende (vgl. BGH, Senatsurteil vom
  721. 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62) Kenntnis der Bank
  722. - 31 -
  723. von der arglistigen Täuschung durch den Verkäufer oder Fondsinitiator
  724. sowie der von ihnen eingeschalteten Vermittler bzw. des Verkaufs- oder
  725. Fondsprospekts ergänzt.
  726. 52
  727. Die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung
  728. wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die
  729. von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der
  730. Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen
  731. von ihm benannten besonderen Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators
  732. oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
  733. 53
  734. (1) Dabei ist für die Annahme eines institutionalisierten Zusammenwirkens nicht ausreichend, dass die Bank den übrigen am Vertrieb
  735. des Kapitalanlagemodells Beteiligten bereits vorab eine allgemeine Finanzierungszusage gegeben hat. Vielmehr ist erforderlich, dass zwischen Verkäufer oder Fondsinitiator, den von ihnen beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank ständige Geschäftsbeziehungen bestanden. Diese können etwa in Form einer Vertriebsvereinbarung, eines
  736. Rahmenvertrages oder konkreter Vertriebsabsprachen bestanden haben
  737. (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1980 - III ZR 172/78, WM 1980, 620, 622
  738. und Senatsurteil vom 5. Mai 1992 - XI ZR 242/91, WM 1992, 1355, 1358;
  739. vgl. Erman/Saenger, BGB 11. Aufl. § 358 Rdn. 7; MünchKommBGB/
  740. Habersack 4. Aufl. § 358 Rdn. 38; Staudinger/Kessal-Wulf BGB Neu-
  741. - 32 -
  742. bearb. 2004 § 358 Rdn. 30), oder sich daraus ergeben, dass den vom
  743. Verkäufer oder Fondsinitiator eingeschalteten Vermittlern von der Bank
  744. Büroräume überlassen oder von ihnen - von der Bank unbeanstandet Formulare des Kreditgebers benutzt wurden (vgl. BGHZ 91, 9, 12; 159,
  745. 294, 301; BGH, Urteile vom 9. Februar 1978 - III ZR 31/76, WM 1978,
  746. 459, 460, vom 7. Februar 1980 - III ZR 141/78, WM 1980, 327, 328 f.,
  747. vom
  748. 25. Oktober
  749. 2004
  750. - II ZR
  751. 373/01,
  752. BKR 2005,
  753. 73,
  754. 74,
  755. vom
  756. 15. November 2004 - II ZR 375/02, WM 2005, 124, 126 und vom 6. Dezember 2004 - II ZR 394/02, WM 2005, 295, 297; Senatsurteile vom
  757. 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2234 und vom
  758. 25. April 2006 - XI ZR 193/04, Umdruck S. 8) oder etwa daraus, dass der
  759. Verkäufer oder die Vermittler dem finanzierenden Institut wiederholt Finanzierungen von Eigentumswohnungen oder Fondsbeteiligungen desselben Objektes vermittelt haben (vgl. BGHZ 91, 9, 12; OLG Bamberg
  760. WM 2005, 593, 596).
  761. 54
  762. (2) Dass die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder
  763. Vermittler angeboten wurde, ist dann anzunehmen, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande
  764. kommt, der von sich aus eine Bank zur Finanzierung seines Erwerbgeschäfts sucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Verkäufers oder Fondsinitiators dem Interessenten im Zusammenhang mit
  765. den Anlage- oder Verkaufsunterlagen, sei es auch nur über einen von
  766. ihm benannten besonderen Finanzierungsvermittler, einen Kreditantrag
  767. des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Verkäufer
  768. oder dem Fondsinitiator gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte
  769. (vgl. BGHZ 156, 46, 51; BGH, Senatsurteil vom 23. September 2003
  770. - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2234).
  771. - 33 -
  772. 55
  773. (3) Von einer evidenten Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers,
  774. Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufsoder Fondsprospekts ist dann auszugehen, wenn sie sich objektiv als
  775. grob falsch dargestellt haben, so dass sich aufdrängt, die kreditgebende
  776. Bank habe sich der Kenntnis der Unrichtigkeit und der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
  777. 56
  778. cc) Bei Anwendung dieser Grundsätze besteht nach dem im Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Sachverhalt eine eigene Hinweisund Aufklärungspflicht der Beklagten, weil ihre Kenntnis von den grob
  779. falschen Angaben des Vermittlers über die angeblichen monatlichen
  780. Mieteinnahmen widerleglich vermutet wird und sie damit gegenüber den
  781. Klägern einen für sie - die Beklagte - erkennbaren konkreten Wissensvorsprung hatte.
  782. 57
  783. (1) Nach dem revisionsrechtlich zu Grunde zu legenden Vortrag
  784. der Kläger wusste die Beklagte, dass die Kläger vom Vermittler arglistig
  785. getäuscht worden waren, der ihnen eine angebliche monatliche Nettomiete "verkaufte", die bei 8,70 DM/qm lag, obwohl die tatsächlich erzielbare Miete lediglich 5,95 DM/qm betrug. Die Unrichtigkeit dieser Angabe
  786. des Vermittlers war angesichts einer gegenüber dem erzielten Mieterlös
  787. um 46% überhöhten Kalkulation der den Klägern "verkauften" monatlichen Mieteinnahme evident und konnte von der Beklagten nicht übersehen werden, wenn sie sich der Erkenntnis nicht verschloss.
  788. 58
  789. (2) Die Kenntnis der Beklagten von diesen fehlerhaften Angaben
  790. zur Miethöhe wird widerlegbar vermutet, weil auch die für die Annahme
  791. - 34 -
  792. dieser Beweiserleichterung vorausgesetzten weiteren Indizien nach dem
  793. im Revisionsverfahren maßgeblichen Sachvortrag der Kläger gegeben
  794. sind.
  795. 59
  796. Danach bestand zwischen der Beklagten, der Verkäuferin der Eigentumswohnung und den eingeschalteten Vermittlern eine institutionalisierte Zusammenarbeit, die das Angebot einer Finanzierung von Eigentumswohnungen im Strukturvertrieb vorsah. Grundlage dieser planmäßigen und arbeitsteiligen Zusammenarbeit bildete ein gemeinsames Vertriebskonzept zwischen der Beklagten, der Verkäuferin und der H.
  797. Gruppe als Vermittlerin, in dessen Rahmen die Beklagte angeblich
  798. konkrete Vorgaben und Anweisungen an den Vertrieb gab. Dem entsprechend erfolgte die Finanzierung des Kaufpreises der durch die H.
  799. Gruppe vermittelten Eigentumswohnungen ausnahmslos durch den
  800. Abschluss eines Vorausdarlehens, das nach Zuteilung von zwei zeitgleich geschlossenen Bausparverträgen getilgt werden sollte. Insoweit
  801. übernahmen die H.
  802. Gruppe oder die von ihr eingeschalteten
  803. Untervermittler sämtliche Vertragsverhandlungen mit den Erwerbern, wie
  804. etwa die Einholung der Selbstauskunft, die Beibringung sämtlicher Unterlagen sowie das Ausfüllen der Darlehens- und der Bausparanträge, und
  805. erhielten für diese die Finanzierungszusage der Beklagten. Die Auszahlung des Vorausdarlehens machte die Beklagte von dem Beitritt der Käufer zu einer Mieteinnahmegesellschaft abhängig, die stets von der zur
  806. H.
  807. Gruppe gehörenden HM.
  808. GmbH verwaltet wurde. Die Finanzierung des Kauf-
  809. preises erfolgte in 90% der bis Ende 1995 verkauften ungefähr 4.000 Eigentumswohnungen durch die Beklagte.
  810. - 35 -
  811. 60
  812. Auch den Klägern wurde die Finanzierung der von ihnen erworbenen Eigentumswohnung durch den eingeschalteten Strukturvertrieb angeboten. Sie hatten niemals persönlichen Kontakt mit Mitarbeitern der
  813. Beklagten. Der Vermittler, dem ebenso wie den anderen Vermittlern die
  814. konzeptionelle Finanzierungsbereitschaft der Beklagten bekannt war,
  815. benannte diese den Klägern gegenüber als finanzierendes Institut und
  816. legte ihnen die entsprechenden Darlehensantragsformulare der Beklagten zur Unterschrift vor.
  817. 61
  818. dd) Ihre danach bestehende Aufklärungspflicht wegen eines objektiven Wissensvorsprungs über die speziellen Risiken der zu finanzierenden Kapitalanlage hat die Beklagte, für die dieser Wissensvorsprung angesichts ihrer institutionalisierten Zusammenarbeit mit der Verkäuferin
  819. und den eingeschalteten Vermittlern sowie der evidenten Unrichtigkeit
  820. der Angaben zur Miethöhe auch erkennbar war, auf der Grundlage des
  821. im Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalts verletzt. Sie hat die
  822. Kläger nach dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) so
  823. zu stellen, wie sie ohne die schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung der
  824. Beklagten gestanden hätten. Dabei ist nach der Lebenserfahrung, die im
  825. konkreten Fall zu widerlegen der Darlehensgeberin obliegt, davon auszugehen, dass die Kläger bei einer Aufklärung über die Unrichtigkeit der
  826. deutlich überhöht angegebenen Mieteinnahmen die Eigentumswohnung
  827. mangels Rentabilität nicht erworben bzw. den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten und deshalb weder das Vorausdarlehen bei
  828. der B-Bank und die beiden Bausparverträge bei der Beklagten abgeschlossen noch die Grundschuldbestellung und die Übernahme der persönlichen Haftung nebst Vollstreckungsunterwerfung notariell erklärt hätten. Diesen Schadensersatzanspruch können die Kläger ihrer Inan-
  829. - 36 -
  830. spruchnahme aus der notariellen Vollstreckungsunterwerfungserklärung
  831. wegen der von ihnen übernommenen persönlichen Haftung gemäß § 242
  832. BGB entgegen halten.
  833. III.
  834. 62
  835. Da zu diesem Schadensersatzanspruch der Kläger Feststellungen
  836. des Berufungsgerichts fehlen, war das angefochtene Urteil, soweit die
  837. Vollstreckungsgegenklage abgewiesen worden ist, aufzuheben (§ 562
  838. Abs. 1 ZPO) und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
  839. (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird, nachdem die Parteien Gelegenheit hatten, ihr bisheriges Vorbringen im Hinblick auf die Modifikation der
  840. Rechtsprechung zu ergänzen, Feststellungen zur arglistigen Täuschung
  841. der Kläger durch den Verkäufer bzw. Vermittler der Eigentumswohnung,
  842. zum institutionalisierten Zusammenwirken der Beklagten mit der Verkäuferin und den eingeschalteten Vermittlern sowie zum Angebot der Finanzierung der Eigentumswohnung im Zusammenhang mit den Verkaufsunterlagen und zu der zuvor erklärten Finanzierungsbereitschaft der Beklagten zu treffen haben.
  843. 63
  844. Sollten danach die Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht
  845. der Beklagten für eigenes Aufklärungsverschulden bei Täuschungshandlungen des Vermittlers nicht gegeben sein, wird zu beachten sein, dass
  846. bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die - wie hier - wegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden dürfen, eine Haftung der Bank aus
  847. - 37 -
  848. zugerechnetem Verschulden für unwahre Angaben des Vermittlers nicht
  849. in Betracht kommt. Eine Bank muss sich insoweit ein Fehlverhalten eines
  850. Anlagevermittlers - auch wenn er zugleich den Kredit vermittelt - durch
  851. unrichtige Erklärungen über die Kapitalanlage nicht gemäß § 278 BGB
  852. zurechnen lassen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an der der Senat festhält, wird der im Rahmen von Kapitalanlagemodellen auftretende Vermittler als Erfüllungsgehilfe im Pflichtenkreis
  853. der in den Vertrieb nicht eingeschalteten Bank nur insoweit tätig, als sein
  854. Verhalten den Bereich der Anbahnung des Kreditvertrages betrifft
  855. (st.Rspr., vgl. etwa BGHZ 152, 331, 333 und Senatsurteil vom 23. März
  856. 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225, jeweils m.w.Nachw.). Möglicherweise falsche Erklärungen zum Wert des Objekts und zur monatlichen Belastung der Kläger betreffen nicht den Darlehensvertrag, sondern
  857. - 38 -
  858. die Rentabilität des Anlagegeschäfts und liegen damit außerhalb des
  859. Pflichtenkreises der Bank (st.Rspr., vgl. Senatsurteil vom 23. März 2004
  860. - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225 m.w.Nachw.).
  861. Nobbe
  862. Joeres
  863. Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ellenberger
  864. ist erkrankt und deshalb
  865. an der Unterzeichnung
  866. gehindert.
  867. Mayen
  868. Schmitt
  869. Nobbe
  870. Vorinstanzen:
  871. LG Dortmund, Entscheidung vom 04.04.2003 - 6 O 504/02 OLG Hamm, Entscheidung vom 01.12.2003 - 5 U 125/03 -