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481 lines
24 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 17/06
  5. Verkündet am:
  6. 24. April 2007
  7. Herrwerth,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. ja
  15. BGHR:
  16. ja
  17. _____________________
  18. HWiG § 3, VerbrKrG § 9 (jeweils in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung)
  19. Bei der umfassenden Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen
  20. Darlehensvertrages, der mit einem finanzierten Fondsanteilserwerb ein
  21. verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG bildet (vgl. Senatsurteil
  22. vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252 vorgesehen), ist es mit dem Sinn und Zweck
  23. des § 3 HWiG nicht zu vereinbaren, wenn der Anleger nach Rückabwicklung der kreditfinanzierten Fondsbeteiligung besser stünde als er ohne diese Beteiligung gestanden hätte. Es entspricht daher der Billigkeit, dass unverfallbare und nicht anderweitig erzielbare Steuervorteile den Rückforderungsanspruch des Darlehensnehmers gegen die finanzierende Bank in
  24. entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens der Vorteilsausgleichung mindern (Abweichung von BGH, Urteile vom 14. Juni 2004 - II ZR
  25. 385/02, WM 2004, 1527, 1529, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02,
  26. WM 2004, 2491, 2494 und vom 31. Januar 2005 - II ZR 200/03, WM 2005,
  27. 547, 548).
  28. -2BGH, Urteil vom 24. April 2007 - XI ZR 17/06 - OLG Bamberg
  29. LG Schweinfurt
  30. -3-
  31. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
  32. und
  33. die
  34. Richter
  35. Dr. Müller,
  36. Dr. Ellenberger,
  37. Prof. Dr. Schmitt
  38. Dr. Grüneberg
  39. für Recht erkannt:
  40. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des
  41. 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom
  42. 21. Dezember 2005 wird als unzulässig verworfen.
  43. Die Revision der Klägerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte über die Hauptsumme von 10.833,88 € und die ausgeurteilten Zinsen aus
  44. 2.002,27 € hinaus Zinsen in Höhe von 5%-Punkten
  45. über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen hat seit
  46. dem 31. Dezember 2001 aus 5.246,01 €, aus weiteren
  47. 1.923,58 € seit dem 31. Dezember 2002, aus weiteren
  48. 1.037,12 € seit dem 31. Dezember 2003 und aus weiteren 624,80 € seit dem 31. Dezember 2004.
  49. Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die
  50. Klägerin 12% und die Beklagte 88%.
  51. Von Rechts wegen
  52. und
  53. -4-
  54. Tatbestand:
  55. 1
  56. Die Klägerin begehrt - teilweise aus abgetretenem Recht ihres
  57. Ehemannes, des Drittwiderbeklagten - Rückzahlung von Leistungen, die
  58. sie und der Drittwiderbeklagte aufgrund eines Darlehens der Beklagten
  59. an diese erbracht haben. Die Beklagte macht nach außerordentlicher
  60. Kündigung des Darlehens widerklagend einen Teilbetrag der offenen
  61. Darlehensforderung geltend.
  62. 2
  63. Nach vorangegangenem Besuch des Zeugen H.
  64. in ihrer
  65. Wohnung unterzeichneten die Klägerin und der Drittwiderbeklagte am
  66. 15. Juni 1994 einen als "Vermittlungsauftrag Immobilienfonds S.
  67. " (nachfolgend: Fonds) bezeichneten Vertrag, mit dem sie den
  68. Zeugen H.
  69. mit der Vermittlung des Erwerbs von 1,5 Anteilen an
  70. dem Fonds mit einer Einlage von 75.000 DM beauftragten, sowie eine als
  71. Grundlage für die Finanzierung des Fondsbeitritts dienende Selbstauskunft. Am selben Tag wurde das Angebot der Klägerin und des Drittwiderbeklagten zum Eintritt in den Fonds notariell beurkundet.
  72. 3
  73. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen die Klägerin und der
  74. Drittwiderbeklagte am 6. September 1994 einen Darlehensvertrag über
  75. 83.333 DM mit der Beklagten, ohne über ihr Widerrufsrecht nach dem
  76. Haustürwiderrufsgesetz belehrt worden zu sein. Zur Sicherung des Darlehens wurden die Fondsanteile verpfändet und zwei Lebensversicherungen an die Beklagte abgetreten. Die Darlehensvaluta wurde von der
  77. Beklagten, wie im Darlehensvertrag vereinbart, direkt auf ein bei ihr geführtes Konto des Fonds-Treuhänders ausgezahlt.
  78. -5-
  79. 4
  80. Mit Anwaltsschreiben vom 27. Dezember 2000 widerriefen die Klägerin und der Drittwiderbeklagte den Darlehensvertrag nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes, erbrachten die vertraglich vereinbarten Leistungen aber zunächst weiter und stellten diese erst im November 2003 ein. Mit Anwaltsschreiben vom 11. Februar 2004 widerriefen sie auch ihre Beitrittserklärung zu dem Fonds unter Berufung auf das
  81. Haustürwiderrufsgesetz und wegen arglistiger Täuschung. Durch Schreiben vom 8. April 2004 kündigte die Beklagte das gesamte noch offene
  82. Darlehen in Höhe von 40.117,05 € außerordentlich und stellte es zur
  83. Rückzahlung fällig.
  84. 5
  85. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage nur
  86. zu einem geringen Teil stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin und
  87. des Drittwiderbeklagten hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der
  88. Darlehensvertrag vom 6. September 1994 unwirksam ist und Zahlungsansprüche der Beklagten hieraus nicht bestehen. Außerdem hat es die
  89. Beklagte zur Zahlung von 10.833,88 € zuzüglich Zinsen seit dem
  90. 29. Januar 2001 Zug um Zug gegen Abtretung von 1,5 Fondsanteilen
  91. sowie zur Rückabtretung der beiden Lebensversicherungen verurteilt. In
  92. Höhe der erzielten Steuervorteile von 6.913,64 € hat es die Klage abgewiesen. Überdies hat es die Widerklage insgesamt abgewiesen.
  93. 6
  94. Die Klägerin begehrt mit ihrer - vom Berufungsgericht - zugelassenen Revision auch Zahlung, soweit das Berufungsgericht die Klageforderung um ihr zugeflossene Steuervorteile gekürzt hat, sowie Zinsen bereits seit dem 1. Januar 2000. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision
  95. ihren Klageabweisungsantrag sowie ihren Widerklageantrag weiter.
  96. -6-
  97. Entscheidungsgründe:
  98. 7
  99. Die Revision der Klägerin ist nur zu einem geringen Teil begründet, die der Beklagten ist unzulässig.
  100. I.
  101. 8
  102. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit das für das
  103. Revisionsverfahren von Bedeutung ist, wie folgt begründet:
  104. 9
  105. Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte seien zum Widerruf ihrer
  106. Darlehensvertragserklärung nach § 1 HWiG berechtigt gewesen, weil der
  107. Darlehensvertragsschluss auf einer Haustürsituation beruhe, die sich die
  108. Beklagte zurechnen lassen müsse. Als Rechtsfolge des Widerrufs seien
  109. die Parteien nach § 3 HWiG grundsätzlich verpflichtet, die empfangenen
  110. Leistungen der jeweils anderen Partei zurückzugewähren. Da der
  111. Fondsbeitritt und das Finanzierungsdarlehen ein verbundenes Geschäft
  112. im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG darstellten, seien die Klägerin und ihr
  113. Ehemann allerdings nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet, sondern nur zur Abtretung der finanzierten Fondsbeteiligung.
  114. Die Klägerin könne alle auf das Darlehen geleisteten Zahlungen zurückverlangen, müsse sich aber sowohl die Leistungen des Fonds als auch
  115. die in den Jahren 1994 bis 1997, 1999 und 2000 erzielten Steuervorteile
  116. in Höhe von 6.913,64 € anrechnen lassen. In den Jahren 1998 und seit
  117. 2001 entfalle eine Anrechung, weil Steuervorteile nicht angefallen seien.
  118. -7-
  119. Auf die bis zum Widerruf des Darlehensvertrages am 27. Dezember 2000
  120. erbrachten rückforderbaren Leistungen von 2.002,27 € könne die Klägerin Verzugszinsen seit dem 29. Januar 2001, auf die später erbrachten
  121. und nach Gegenrechung von Fondserträgen rückforderbaren 8.831,61 €
  122. mangels verzugsbegründender Mahnung erst ab Rechtshängigkeit am
  123. 8. März 2004 in gesetzlicher Höhe nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB verlangen, da die Voraussetzungen des § 819 Abs. 1 BGB nicht vorlägen.
  124. 10
  125. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen und dazu ausgeführt, es bestehe möglicherweise eine Divergenz zur Rechtsprechung
  126. des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 385/02,
  127. WM 2004, 1527, 1529) zur Anrechnung von Steuervorteilen bei der
  128. Rückabwicklung nach § 3 HWiG.
  129. II.
  130. 11
  131. A. Revision der Beklagten
  132. 12
  133. Die Revision der Beklagten ist unzulässig.
  134. 13
  135. 1. Das Berufungsgericht hat die Revision in zulässiger Weise nur
  136. beschränkt auf die Höhe des Anspruchs der Klägerin zugelassen.
  137. 14
  138. a) Die Zulassung ist im Tenor der angefochtenen Entscheidung
  139. zwar ohne Beschränkung ausgesprochen worden. Die Beschränkung der
  140. Zulassung der Revision muss aber nicht in der Entscheidungsformel enthalten sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen er-
  141. -8-
  142. geben (BGHZ 48, 134, 136; 153, 358, 360 f. m.w.Nachw.). Das ist hier
  143. der Fall. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, wegen der Anrechnung
  144. von Steuervorteilen bei der Rückabwicklung nach § 3 HWiG die Revision
  145. zulassen zu wollen. Es ist zwar nicht möglich, die Revision auf einzelne
  146. Rechtsfragen zu beschränken (BGH, Urteil vom 5. November 2003
  147. - VIII ZR 320/02, WM 2004, 853 m.w.Nachw.). Jedoch lässt sich den
  148. - auslegungsfähigen - Entscheidungsgründen entnehmen, dass das Berufungsgericht die Revision nur wegen der Höhe des Anspruchs der Klägerin zulassen wollte, wohingegen es die Frage des Grundes des Anspruchs als geklärt angesehen hat.
  149. 15
  150. b) Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist zulässig. Die
  151. Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  152. (vgl.
  153. Senat
  154. BGHZ 161,
  155. 15,
  156. 18
  157. und
  158. Urteil
  159. vom
  160. 26. September 2006 - XI ZR 156/05, WM 2006, 2351 m.w.Nachw.) auf
  161. einen tatsächlichen oder rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein kann.
  162. Zulässig ist auch die Beschränkung auf einen Teil des Streitstoffs, über
  163. den durch ein Zwischenurteil gemäß § 280 ZPO bzw. § 304 ZPO oder
  164. durch einen Beschluss gemäß § 17a Abs. 3 GVG entschieden werden
  165. könnte (BGH, Urteile vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 19/89, WM 1990,
  166. 784, 786, vom 25. Februar 1993 - III ZR 9/92, WM 1993, 1015, 1016, insoweit in BGHZ 121, 367 ff. nicht abgedruckt, und vom 10. Mai 2001
  167. - III ZR 262/00, WM 2001, 1633, 1634 f., insoweit in BGHZ 147, 394 ff.
  168. nicht abgedruckt). Hier hätte das Berufungsgericht über den Grund des
  169. Anspruchs nach § 304 ZPO ein Grundurteil erlassen können, da der Anspruch nach Grund und Betrag streitig war und bei Bejahung des Grundes auch feststand, dass ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegeben
  170. -9-
  171. und nur dessen Höhe wegen der Frage der Anrechnung der Steuervorteile noch zweifelhaft ist.
  172. 16
  173. 2. Mit ihrer Revision wendet sich die Beklagte dagegen, dass das
  174. Berufungsgericht den Darlehensvertrag wegen des Widerrufs der Klägerin und des Drittwiderbeklagten nach § 1 HWiG als unwirksam angesehen hat. Sie richtet sich damit gegen den Grund des Anspruchs und ist
  175. damit unzulässig, weil dieses Begehren von der beschränkten Revisionszulassung nicht gedeckt ist.
  176. 17
  177. 3. Der Senat hat erwogen, die unzulässige Revision der Beklagten
  178. in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten. Ob dies möglich ist,
  179. bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Eine Nichtzulassungsbeschwerde wäre jedenfalls unbegründet. Was die in der Revisionsbegründung der Beklagten angesprochene Frage angeht, ob der geschlossene
  180. Darlehensvertrag auf einer Haustürsituation beruht, hat die Rechtssache
  181. ersichtlich keine grundsätzliche Bedeutung und ist auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht gegeben.
  182. Das Berufungsurteil ist insoweit entgegen der Ansicht der Beklagten
  183. rechtsfehlerfrei. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4
  184. Satz 2 ZPO abgesehen.
  185. 18
  186. B. Revision der Klägerin
  187. 19
  188. Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nur hinsichtlich eines
  189. Teils der Zinsforderung begründet.
  190. - 10 -
  191. 20
  192. 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Anrechung der
  193. bis zum Jahr 2000 erzielten Steuervorteile auf den Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG. Das Berufungsgericht
  194. hat zu Recht ausgeführt, dass nach einem Widerruf aufgrund des Haustürwiderrufsgesetzes bei Vorliegen eines verbundenen Geschäftes die
  195. kreditgebende Bank nicht die Darlehensvaluta vom Darlehensnehmer
  196. zurückfordern kann, sondern ihrerseits verpflichtet ist, an die Darlehensnehmer auf das Darlehen geleistete Zahlungen abzüglich aus der
  197. Fondsbeteiligung erlangter Erträge und Steuervorteile gegen Abtretung
  198. der Immobilienfondsbeteiligung zurückzuerstatten und die zur Sicherheit
  199. für das Darlehen abgetretenen Lebensversicherungen rückabzutreten.
  200. 21
  201. a) Nach dem Zweck der gesetzlichen Widerrufsregelung (§ 1
  202. HWiG) soll der Verbraucher innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen entscheiden können,
  203. ob er an seiner aufgrund einer Haustürsituation eingegangenen Verpflichtung festhalten will oder nicht. Dieser Schutzzweck würde gefährdet, wenn der Verbraucher das wirtschaftliche Risiko des Fondsbeitritts
  204. zu tragen hätte. Es ist deshalb bei einem verbundenen Geschäft erforderlich, § 3 HWiG dahin auszulegen, dass dem Darlehensgeber nach
  205. dem Widerruf kein Zahlungsanspruch gegen den Verbraucher in Höhe
  206. des Darlehenskapitals zusteht. Die Rückabwicklung hat in diesen Fällen
  207. vielmehr unmittelbar zwischen dem Kreditgeber und dem Partner des
  208. finanzierten Geschäfts zu erfolgen (vgl. BGHZ 133, 254, 259 f.; 152, 331,
  209. 337; 159, 280, 288; Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04,
  210. WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252
  211. vorgesehen, m.w.Nachw., und vom 13. Juni 2006 - XI ZR 432/04,
  212. WM 2006, 1669, 1671 Tz. 22).
  213. - 11 -
  214. 22
  215. b) Der Darlehensnehmer kann nach Widerruf der Darlehensvertragserklärung vom Darlehensgeber die aus seinem eigenen Vermögen
  216. erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen zurückfordern sowie die Rückabtretung gewährter Sicherheiten, etwa der Rechte aus einer Kapitallebensversicherung verlangen. An ihn oder direkt an die kreditgebende
  217. Bank geflossene Fondsausschüttungen verbleiben der Bank bzw. sind an
  218. sie nach den Regeln des Vorteilsausgleichs herauszugeben, da der
  219. Verbraucher sonst besser stünde, als er ohne die Beteiligung am Fonds
  220. gestanden hätte (vgl. BGHZ 159, 280, 287; Senatsurteil vom 25. April
  221. 2006 - XI ZR 193/04, WM 2006, 1003, 1008 Tz. 41, zur Veröffentlichung
  222. in BGHZ 167, 252 vorgesehen).
  223. 23
  224. c) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, sind auch
  225. die Steuervorteile der Klägerin und ihres Ehemannes, denen kein Nachzahlungsanspruch der Finanzbehörden gegenübersteht, auf ihren Rückforderungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG anspruchsmindernd anzurechnen.
  226. 24
  227. aa) Die Anrechnung von Steuervorteilen im Wege der Vorteilsausgleichung ist allerdings grundsätzlich ein Institut des Schadensersatzrechts (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. Vorb. v. § 249 Rdn. 124,
  228. 144 m.w.Nachw.), nach dem Verlust und Vorteil, die beide auf ein und
  229. demselben schädigenden Ereignis beruhen, gleichermaßen bei der Berechnung des Anspruchs zu berücksichtigen sind. Der diesem Institut
  230. zugrunde liegende Rechtsgedanke, dass ein Geschädigter für erlittene
  231. Nachteile zu entschädigen ist, aber aus einem schädigenden Ereignis
  232. keinen Gewinn erzielen soll, ist aber auch in der vorliegenden Fallkon-
  233. - 12 -
  234. stellation beim Rückforderungsanspruch nach § 3 HWiG entsprechend
  235. anzuwenden.
  236. 25
  237. (1) Zu Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Steuervorteile der Anleger zum Gesamtkonzept einer Steuer sparenden Immobilienkapitalanlage gehören. Sie spielen bei der Entwicklung, der Werbung und dem Vertrieb dieser Kapitalanlagen eine entscheidende Rolle.
  238. Die vom Anleger erzielten Steuervorteile sind eine von beiden Vertragsparteien gewollte, planmäßig eintretende Folge seiner Anlageentscheidung. Aus der Sicht des Anlegers sind die Steuervorteile fest mit der
  239. Immobilienkapitalanlage verbunden, ohne die er sie in der Regel nicht
  240. erworben hätte, weil sie sich wirtschaftlich wie ein aus der Anlage selbst
  241. fließender Gewinn darstellen.
  242. 26
  243. So war es auch hier. Nach ihrem eigenen Vorbringen sind die Klägerin und der Drittwiderbeklagte damit geworben worden, die kreditfinanzierte Beteiligung an dem Fonds trage sich aufgrund der Einnahmen aus
  244. der Vermietung des Fondsobjekts und aus den Steuerersparnissen fast
  245. von selbst. Ansonsten hätten sie die Anlage nach ihren eigenen Angaben
  246. nicht gezeichnet. Aus der Sicht der Klägerin und ihres Ehemannes stellen sich die Ausschüttungen des Fonds und die Steuerersparnisse danach wirtschaftlich gleichermaßen als Nutzungen der Fondsbeteiligung
  247. und daraus fließende Gewinne dar. Es liegt deshalb nicht fern, auf beide
  248. § 3 Abs. 3 HWiG entsprechend anzuwenden und bei der Rückabwicklung
  249. einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung gleichermaßen zu
  250. berücksichtigen. Dass die Fondsausschüttungen aus der Fondsbeteiligung unmittelbar resultieren, die Steuervorteile aber erst aus der damit
  251. verbundenen steuerlichen Verlustzuweisung ist für Anleger wie die Klä-
  252. - 13 -
  253. gerin und den Drittwiderbeklagten nicht von wesentlicher Bedeutung. Da
  254. es dem Anleger bei kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligungen in
  255. aller Regel gerade auch auf die Steuervorteile ankommt, ist es bei Rückgängigmachung der Anlageentscheidung nach dem Rechtsgedanken der
  256. Vorteilsausgleichung nicht nur konsequent, sondern geboten, bei der Berechnung des Rückzahlungsanspruchs des Anlegers auch die ihm endgültig verbleibenden Steuervorteile anspruchsmindernd zu berücksichtigen.
  257. 27
  258. (2) Für eine Gleichbehandlung von Fondsausschüttungen und
  259. Steuervorteilen spricht auch Sinn und Zweck der Rückabwicklung nach
  260. § 3 HWiG. Nach den Ausführungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 14. Juni 2004 (BGHZ 159, 280, 287), die
  261. der erkennende Senat teilt, ist es mit dem Sinn der Rückabwicklung nach
  262. § 3 HWiG nicht zu vereinbaren, wenn der Anleger nach Rückabwicklung
  263. einer kreditfinanzierten Fondsbeteiligung besser stünde als er ohne diese Beteiligung gestanden hätte, Fondsausschüttungen seien deshalb zu
  264. berücksichtigen. Folgerichtig muss das auch für Steuervorteile gelten,
  265. die der Anleger aus der mit der Fondsbeteiligung verbundenen steuerlichen Verlustzuweisung gezogen hat. Denn wenn er sie behalten dürfte,
  266. stünde er sich nach der Rückabwicklung besser als er ohne die Beteiligung stehen würde. Vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht und ist
  267. nicht widerspruchsfrei, bleibende Steuervorteile nach den Grundsätzen
  268. des Vorteilsausgleichs nur im Rahmen von Schadensersatzansprüchen
  269. zu berücksichtigen, nicht dagegen bei der Rückabwicklung nach § 3
  270. HWiG (so aber noch BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 385/02,
  271. WM 2004, 1527, 1529).
  272. - 14 -
  273. 28
  274. (3) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Rückabwicklung einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung nach § 3 HWiG nicht
  275. auf die Leistungen beschränkt, die im Verhältnis der Beteiligten erbracht
  276. werden. Durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen Darlehensvertrages, der
  277. mit dem Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft bildet, wird ein Darlehensnehmer aus Schutzzweckerwägungen zu Lasten der finanzierenden
  278. Bank umfassend vom Risiko der kreditfinanzierten Anlage befreit. Die
  279. Rückabwicklung vollzieht sich in diesen Fällen nicht innerhalb der Leistungsverhältnisse, sondern im Dreiecksverhältnis, so dass der Darlehensgeber statt des Darlehensnehmers das Kreditverwendungsrisiko zu
  280. tragen hat (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04,
  281. WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, 1006 Tz. 20, zur Veröffentlichung in BGHZ
  282. 167, 252 vorgesehen, m.w.Nachw.). Der Schutzzweck der Haustürwiderrufsvorschriften erfordert es dagegen nicht, dass der Anleger darüber
  283. hinaus einen Gewinn in Form ihm endgültig verbleibender Steuervorteile
  284. erzielt. Es entspricht vielmehr der Billigkeit, dass solche Steuervorteile
  285. den Anspruch des Anlegers und Darlehensnehmers auf Rückzahlung auf
  286. das Darlehen erbrachter Leistungen gegen die finanzierende Bank mindern, zumal die Bank auch die Nachteile der Anlageentscheidung zu tragen hat. Der erkennende Senat kann diese Rechtsfrage zugunsten der
  287. Anrechnung von Steuervorteilen entscheiden, ohne den Großen Senat
  288. für Zivilsachen nach § 132 GVG anrufen zu müssen, da der II. Zivilsenat
  289. des Bundesgerichtshofs auf Anfrage mitgeteilt hat, dass er an seiner
  290. entgegenstehenden Rechtsprechung in den Urteilen vom 14. Juni 2004
  291. (II ZR 385/02, WM 2004, 1527, 1529), vom 18. Oktober 2004 (II ZR
  292. 352/02, WM 2004, 2491, 2494) und vom 31. Januar 2005 (II ZR 200/03,
  293. WM 2005, 547, 548) nicht mehr festhält.
  294. - 15 -
  295. 29
  296. bb) Die Revision kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen,
  297. Rückzahlungen bei der Rückabwicklung eines Geschäfts nach § 3 HWiG
  298. seien steuerpflichtig, so dass die Steuervorteile der Klägerin und des
  299. Drittwiderbeklagten entfielen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts stehen den Steuervorteilen der Klägerin und des Drittwiderbeklagten in den Jahren 1994 bis 2000 keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamtes gegenüber. Die Klägerin kann sich mangels substantiierten
  300. Vortrages in den Vorinstanzen auch nicht mit Erfolg darauf berufen, bei
  301. korrektem Verhalten der Beklagten hätte sie sich für ein anderes Steuersparmodell entschieden (§ 559 Abs. 1 ZPO).
  302. 30
  303. cc) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht
  304. auch die Höhe der Steuervorteile mit 6.913,64 € rechtsfehlerfrei festgestellt. Das Berufungsgericht hat die eingereichten Steuerbescheide der
  305. Klägerin und des Drittwiderbeklagten seiner Entscheidung zu Grunde
  306. gelegt und die Steuervorteile für das Jahr 1997 nach § 287 ZPO geschätzt. Dies ist eine tatrichterliche Würdigung, die im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist. Rechtsfehler des Berufungsgerichts zeigt die Revision nicht auf. Es hat weder erhebliche Tatsachen
  307. außer Betracht gelassen noch gegen die Denkgesetze verstoßen noch
  308. die Darlegungs- und Beweislast verkannt.
  309. 31
  310. 2. Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht Verzugszinsen aus einem Betrag von 8.831,61 € in gesetzlicher Höhe erst ab Rechtshängigkeit zugesprochen hat.
  311. - 16 -
  312. a) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon
  313. 32
  314. ausgegangen, dass für den nach dem Widerruf vom 27. Dezember 2000
  315. entstandenen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 8.831,61 € Zinsen
  316. nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Nutzungsersatzes nach
  317. den Haustürwiderrufsvorschriften (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 152, 331,
  318. 336 m.w.Nachw.) begehrt werden können. Die Zahlungen erfolgten auf
  319. eine nicht mehr bestehende Schuld, da der Darlehensvertrag infolge des
  320. Widerrufs unwirksam war. Die Rückabwicklung dieser Leistungen hat
  321. daher nach den allgemeinen Vorschriften des Bereicherungsrechts zu
  322. erfolgen.
  323. b) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen An-
  324. 33
  325. spruch auf Verzugszinsen vor Rechtshängigkeit nur unter den Voraussetzungen der §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB für möglich gehalten (vgl.
  326. auch Senatsurteile BGHZ 158, 1, 9 und vom 30. März 2004 - XI ZR
  327. 145/03, BGHR BGB § 818 Abs. 1 Zinszahlung). Ob eine Bank bei der
  328. Entgegennahme von Zins- und Tilgungsleistungen, die ein Darlehensnehmer trotz Widerrufs nach § 1 HWiG weiter gezahlt hat, bösgläubig im
  329. Sinne von § 819 Satz 1 BGB ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung,
  330. weil der Zinsanspruch der Klägerin aus einem anderen Grund berechtigt
  331. ist.
  332. 34
  333. c) Den von der Revision begehrten Zinsanspruch kann die Klägerin
  334. als Nutzungsersatz nach § 818 Abs. 1 BGB von der Beklagten verlangen.
  335. 35
  336. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB zwar grundsätzlich auf die Herausgabe der
  337. vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt
  338. - 17 -
  339. (BGHZ 115, 268, 270; Senatsurteile vom 24. September 1996 - XI ZR
  340. 185/94, WM 1996, 2247, 2250, vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97,
  341. WM 1998, 1325, 1326 f. und vom 12. September 2006 - XI ZR 296/05,
  342. ZIP 2006, 2119 , 2121 Tz. 25). Allerdings besteht bei Zahlungen an eine
  343. Bank eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im
  344. Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss
  345. (Senatsurteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1326 f.).
  346. Die Klägerin hat danach einen Zinsanspruch in Höhe von 5%-Punkten
  347. über dem Basiszinssatz nach der beantragten zeitlichen Staffelung, wobei jedoch ab dem 31. Dezember 2001 Zinsen nur aus 5.246,01 €
  348. (= 10.260,30 DM) begehrt werden können.
  349. - 18 -
  350. III.
  351. 36
  352. Die Revision der Beklagten war nach alledem als unzulässig zu
  353. verwerfen. Die Revision der Klägerin war mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Klägerin über den ausgeurteilten Zinsanspruch hinaus weitere Zinsen zuzuerkennen waren.
  354. Nobbe
  355. Müller
  356. Schmitt
  357. Ellenberger
  358. Grüneberg
  359. Vorinstanzen:
  360. LG Schweinfurt, Entscheidung vom 25.11.2004 - 12 O 151/04 OLG Bamberg, Entscheidung vom 21.12.2005 - 3 U 235/04 -