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557 lines
32 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 204/04
  5. Verkündet am:
  6. 19. September 2006
  7. Herrwerth,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. ja
  15. BGHR:
  16. ja
  17. _____________________
  18. BGB §§ 123, 276 Abs. 1 Fa, 311 Abs. 2
  19. HWiG § 2 (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung)
  20. a) Ein die Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank bei institutionalisiertem Zusammenwirken mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts auslösender konkreter Wissensvorsprung im Zusammenhang mit einer arglistigen
  21. Täuschung setzt konkrete, dem Beweis zugängliche unrichtige Angaben des
  22. Vermittlers oder Verkäufers über das Anlageobjekt voraus (Ergänzung von
  23. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194 ff., für BGHZ vorgesehen).
  24. b) § 2 HWiG ist richtlinienkonform als Rechtspflicht des Unternehmers zu verstehen, deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht aus Verschulden bei Vertragsschluss zur Folge haben kann.
  25. c) Ein Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung gemäß
  26. § 2 HWiG setzt ein Verschulden des Unternehmers voraus.
  27. d) Für einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung gemäß § 2 HWiG muss der Darlehens-
  28. -2nehmer konkret beweisen, dass der Belehrungsverstoß für den Schaden ursächlich geworden ist, d.h. dass er den Darlehensvertrag bei ordnungsgemäßer
  29. Belehrung tatsächlich widerrufen hätte.
  30. BGH, Urteil vom 19. September 2006 - XI ZR 204/04 - OLG Düsseldorf
  31. LG Düsseldorf
  32. -3-
  33. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter
  34. Nobbe sowie die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Ellenberger und
  35. Prof. Dr. Schmitt
  36. für Recht erkannt:
  37. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des
  38. 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom
  39. 27. Mai 2004 aufgehoben.
  40. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  41. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  42. Von Rechts wegen
  43. Tatbestand:
  44. 1
  45. Der Kläger wendet sich aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau gegen die Zwangsvollstreckung der beklagten Bank aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde. Dem liegt folgender Sachverhalt
  46. zugrunde:
  47. -4-
  48. Der Kläger, ein damals 56 Jahre alter Oberstleutnant a.D., und
  49. 2
  50. seine Ehefrau, eine damals 53 Jahre alte selbständige Krankengymnastin, wurden im Jahre 1993 von ihrem Sohn, der nebenberuflich für einen
  51. Immobilienvermittler tätig war, geworben, zwecks Steuerersparnis ohne
  52. Eigenkapital eine Eigentumswohnung in einer Appartementwohnanlage
  53. in D.
  54. zu erwerben. Zur Durchführung des Erwerbs der Eigen-
  55. tumswohnung erteilten sie der
  56. G.
  57. Treuhandgesellschaft mbH (im
  58. Folgenden: Treuhänderin) mit notarieller Urkunde vom 18. Mai 1993 im
  59. Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages eine umfassende Vollmacht. Die Treuhänderin, die über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht verfügte, sollte unter anderem den Kaufvertrag abschließen sowie zur Bestellung der dinglichen und persönlichen Sicherheiten befugt sein.
  60. 3
  61. Am 15./18. Mai 1993 schlossen sie persönlich mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig: Beklagte) zur Finanzierung des Kaufpreises und der Erwerbsnebenkosten einen Darlehensvertrag über
  62. 193.200 DM mit einer Gesamtlaufzeit bis 30. Mai 2023 und einem festen
  63. Zinssatz bis 30. Mai 1998 ab. Der formularmäßige Darlehensvertrag enthielt in Ziffer 8.1 unter anderem die Verpflichtung, der Beklagten eine
  64. Grundschuld in Darlehenshöhe nebst dinglicher Vollstreckungsunterwerfung zu bestellen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Eine Widerrufsbelehrung nach dem
  65. Haustürwiderrufsgesetz (HWiG) erfolgte nicht. Am 15. Mai 1993 unterzeichneten der Kläger und seine Ehefrau außerdem eine an die Beklagte
  66. gerichtete Zweckerklärung, wonach u.a. die Grundschuld an dem Grundbesitz und die Rechte der Beklagten aus einer übernommenen Haftung
  67. -5-
  68. als Sicherheit für alle der Beklagten gegen sie zustehenden Ansprüche
  69. dienen sollten.
  70. 4
  71. Am 2. Juni 1993 erwarb die Treuhänderin für den Kläger und seine
  72. Ehefrau mit notariellem Kauf- und Werklieferungsvertrag eine Eigentumswohnung nebst Doppelparker zum Preis von 110.580 DM. Mit notarieller Urkunde vom selben Tage bestellte die Verkäuferin der Eigentumswohnung der Beklagten eine nach § 800 ZPO vollstreckbare Grundschuld in Höhe von 194.000 DM. Zugleich übernahm die Treuhänderin
  73. für den Kläger und seine Ehefrau gegenüber der Beklagten die persönliche Haftung in Höhe des Grundschuldbetrages und unterwarf sie der
  74. Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.
  75. 5
  76. Die Beklagte überwies die Darlehensvaluta am 16. Juni 1993 abzüglich eines Damnums sowie zwischenzeitlich aufgelaufener Zinsen in
  77. einer Höhe von 173.481,52 DM auf ein bei ihr geführtes Konto des Klägers und seiner Ehefrau.
  78. 6
  79. Mit Schreiben vom 14. Januar 2002 widerriefen der Kläger und
  80. seine Ehefrau ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen unter Hinweis auf § 1 HWiG mit der Behauptung,
  81. zur Abgabe der Erklärungen in einer Haustürsituation bestimmt worden
  82. zu sein. Da sie ihre Zahlungsverpflichtungen aus dem Darlehensverhältnis nur bis Anfang Januar 2002 erfüllten, forderte die Beklagte sie mit
  83. Schreiben vom 19. April 2002 unter Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zur Zahlung der rückständigen Beträge auf.
  84. -6-
  85. Der Kläger wendet sich gegen die Vollstreckung aus der Grund-
  86. 7
  87. schuldbestellungsurkunde vom 2. Juni 1993. Er macht geltend, die durch
  88. die Treuhänderin erklärte Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung sei als Vollstreckungstitel unwirksam, da der Geschäftsbesorgungsvertrag und die in ihm enthaltene Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig seien. Darüber hinaus macht er
  89. materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend. Der Beklagten stehe kein Darlehensrückzahlungsanspruch zu, da
  90. der Darlehensvertrag wirksam widerrufen worden sei. Auch habe die Beklagte, die dauerhaft und eng mit dem Bauträger, dem Vermittler und der
  91. Treuhänderin zusammengearbeitet habe, nicht hinreichend über die wirtschaftlichen Risiken des Objekts aufgeklärt. Insbesondere habe sie gewusst, dass der Verkehrswert der Immobilie nur 41% des Kaufpreises
  92. betragen habe. Hilfswiderklagend macht die Beklagte einen Anspruch auf
  93. Rückzahlung der ausgereichten Darlehensvaluta zuzüglich Zinsen geltend.
  94. 8
  95. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
  96. Entscheidungsgründe:
  97. 9
  98. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung
  99. des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das
  100. Berufungsgericht.
  101. -7-
  102. I.
  103. 10
  104. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren bedeutsam - im Wesentlichen ausgeführt:
  105. 11
  106. Die auf die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels gestützte prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO sei unbegründet. Die dingliche Unterwerfungserklärung sei wirksam, da sie von der damaligen Eigentümerin und nicht vom Kläger erklärt worden sei. Auf eine etwaige
  107. Unwirksamkeit der persönlichen Unterwerfungserklärung wegen Nichtigkeit der Vollmacht gemäß § 134 BGB i.V. mit Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1
  108. RBerG könne sich der Kläger jedenfalls nach § 242 BGB nicht berufen,
  109. da sich aus Ziffer 8.1 des Darlehensvertrages eine Verpflichtung zur Abgabe einer solchen Erklärung ergebe. Ein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages nach § 1 Abs. 1 HWiG stehe dem Kläger nicht zu.
  110. Selbst wenn man trotz gravierender Bedenken unterstelle, dass der Abschluss des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation erfolgt sei, sei
  111. diese der Beklagten weder nach § 123 Abs. 1 BGB, noch nach § 123
  112. Abs. 2 BGB zuzurechnen. Einwendungen aus dem finanzierten Immobilienkauf könne der Kläger dem Darlehensvertrag nicht nach § 9 Abs. 3
  113. Satz 1 VerbrKrG entgegenhalten, da es sich um einen Realkredit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG gehandelt habe.
  114. 12
  115. Die Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO sei ebenfalls unbegründet. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Verschuldens der Beklagten bei Vertragsschluss sei nicht gegeben. Es liege keine der Fallgruppen vor, bei denen die Rechtsprechung ausnahmsweise
  116. -8-
  117. eine Aufklärungspflicht der Bank annehme. Insbesondere genüge der
  118. Vortrag des Klägers zum sittenwidrigen Missverhältnis zwischen dem
  119. Verkehrswert der Immobilie und dem Kaufpreis sowie zur Kenntnis der
  120. Beklagten davon nicht den Anforderungen an schlüssige Darlegungen.
  121. II.
  122. 13
  123. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
  124. 14
  125. 1. Die Abweisung der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) wird
  126. durch die Begründung des Berufungsurteils nicht getragen. Wenn der
  127. Abschluss des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation erfolgt ist,
  128. wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist, unterliegt die titulierte
  129. Forderung der Bereicherungseinrede (§ 821 BGB).
  130. 15
  131. a) Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Kläger der Beklagten etwaige Einwendungen aus dem
  132. finanzierten Immobilienkauf nach § 9 Abs. 3 Satz 1 VerbrKrG schon deshalb nicht entgegenhalten kann, weil diese Vorschrift nach § 3 Abs. 2
  133. Nr. 2 VerbrKrG auf Realkreditverträge, die - wie hier - zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt worden
  134. sind, keine Anwendung findet. Das gilt, wie der Senat in seinem erst
  135. nach Abfassung der Revisionsbegründung ergangenen Urteil vom
  136. 25. April 2006 (XI ZR 219/04, WM 2006, 1060, 1065 f., für BGHZ vorgesehen), auf das Bezug genommen wird, ausführlich dargelegt hat, auch
  137. dann, wenn der Erwerber das Grundpfandrecht - wie hier - nicht selbst
  138. -9-
  139. bestellt hat. An seiner abweichenden Rechtsprechung (BGHZ 159, 294,
  140. 307 f.), auf die sich die Revision maßgeblich stützt, hält der II. Zivilsenat,
  141. wie er auf Anfrage mitgeteilt hat, nicht fest. Zu einer anderen rechtlichen
  142. Bewertung geben, wie der Senat in seinem Urteil vom 16. Mai 2006
  143. (XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1196 f., für BGHZ vorgesehen) näher ausgeführt hat, auch die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen
  144. Gemeinschaften (künftig: EuGH) vom 25. Oktober 2005 (WM 2005,
  145. 2079 ff. - Schulte und WM 2005, 2086 ff. - Crailsheimer Volksbank) keinen Anlass.
  146. 16
  147. b) Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht einen dem Anspruch der Beklagten entgegenzusetzenden Schadensersatzanspruch
  148. des Klägers aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht verneint.
  149. 17
  150. aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist
  151. eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträgerund Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf
  152. regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der
  153. Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten
  154. bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann der
  155. Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin
  156. hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken
  157. hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden
  158. - 10 -
  159. schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an
  160. einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder
  161. wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten
  162. Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (vgl. etwa Senat, BGHZ 159, 294, 316; 161, 15, 20 sowie Senatsurteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1199
  163. m.w.Nachw., für BGHZ vorgesehen).
  164. 18
  165. Eine solche Aufklärungspflicht hat das Berufungsgericht bei den
  166. von ihm geprüften, möglicherweise verletzten Aufklärungspflichten auf
  167. der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  168. rechtsfehlerfrei verneint. Entgegen der Ansicht der Revision traf die Beklagte auch unter dem Gesichtspunkt eines für sie erkennbaren Wissensvorsprungs keine Aufklärungspflicht.
  169. 19
  170. (1) Eine Pflicht der Bank zur Aufklärung über die Unangemessenheit des Kaufpreises, die grundsätzlich nicht einmal den Verkäufer trifft
  171. (BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, WM 2003, 1686, 1688),
  172. kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es - bedingt durch eine
  173. versteckte Innenprovision oder aus anderen Gründen - zu einer so wesentlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung
  174. des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss. Das ist nach ständiger
  175. Rechtsprechung erst dann der Fall, wenn der Wert der Leistung knapp
  176. doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (vgl. etwa Senatsurteile vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 524, vom
  177. - 11 -
  178. 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225 und vom 16. Mai
  179. 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1200, für BGHZ vorgesehen).
  180. 20
  181. Ein den Substantiierungsanforderungen genügender Vortrag zu
  182. einem entsprechenden Minderwert der erworbenen Wohnung erfordert
  183. die Darlegung konkreter, dem Beweis zugänglicher Angaben zu den
  184. wertbildenden Faktoren der erworbenen Wohnung (Senat, Urteil vom
  185. 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62). Daran fehlt es aber
  186. nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts.
  187. 21
  188. (2) Allein die Behauptung des Klägers, der tatsächliche Verkehrswert der Wohnung habe nach Auskunft des Gutachterausschusses der
  189. Stadt D.
  190. zum Stichtag 2. Juni 1993 mit 38.800 DM im Verhältnis
  191. zum verlangten Wohnungskaufpreis lediglich 41% betragen, wovon die
  192. Beklagte auf Grund der von ihr selbst vorgenommenen Einwertung
  193. Kenntnis gehabt habe, genügt hier den Anforderungen an einen substantiierten Sachvortrag zum angeblichen Minderwert der Immobilie nicht.
  194. Der Kläger hat weder die Anfrage noch die Stellungnahme des Gutachterausschusses inhaltlich konkretisiert, geschweige denn vorgelegt, so
  195. dass Angaben zu den wertbildenden Faktoren der Wohnung fehlen. Darüber hinaus hat die Beklagte das Übernahmeprotokoll für den Kredit sowie das Sicherheitenblatt vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass sie die
  196. Wohnung mit einem Verkehrswert von 127.000 DM und einem Beleihungswert von 114.000 DM angesetzt hat. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt hat, dass nach seinen eigenen Schlussfolgerungen der Wertermittlungsbogen seitens der Beklagten verfälscht
  197. worden sei, hat dies das Berufungsgericht mit zutreffenden Erwägungen
  198. als unbeachtlich angesehen. Vor diesem Hintergrund ist der Vortrag des
  199. - 12 -
  200. Klägers, die Beklagte habe die streitgegenständliche Wohnung selbst mit
  201. lediglich 41% des tatsächlichen Wohnungskaufpreises eingewertet, als
  202. unbeachtliche Behauptung aufs Geratewohl zu werten. Es fehlt danach,
  203. wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, auch an der
  204. Kenntnis der Beklagten von einem erheblichen Missverhältnis von Kaufpreis und Verkehrswert der Eigentumswohnung.
  205. 22
  206. bb) Soweit der erkennende Senat mit Urteil vom 16. Mai 2006
  207. (XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1200 f. Tz. 50 ff., für BGHZ vorgesehen) im
  208. Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht
  209. als verbundene Geschäfte behandelt werden können, und um dem in den
  210. Entscheidungen des EuGH vom 25. Oktober 2005 (WM 2005, 2079 ff.
  211. - Schulte und WM 2005, 2086 ff. - Crailsheimer Volksbank) zum Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor Risiken von
  212. Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht Rechnung zu tragen, seine
  213. Rechtsprechung zum Bestehen von Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank in diesen Fällen ergänzt hat, rechtfertigt dies hier kein anderes Ergebnis.
  214. 23
  215. (1) Nach dieser Rechtsprechung können sich die Anleger in Fällen
  216. des institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit
  217. dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des
  218. Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die Kenntnis der Bank
  219. - 13 -
  220. von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet,
  221. wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise
  222. zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm benannten Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben
  223. des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw.
  224. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (Senat, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR
  225. 6/04, WM 2006, 1194, 1200 f., für BGHZ vorgesehen).
  226. (2) Diese Voraussetzungen liegen hier schon deshalb nicht vor,
  227. 24
  228. weil es bisher an ausreichendem Vorbringen zu einer arglistigen Täuschung durch evident unrichtige Angaben des Vermittlers fehlt. Hierzu ist
  229. erforderlich, dass sich die behauptete Täuschung durch Vorspiegeln oder
  230. Entstellen von Umständen auf objektiv nachprüfbare Angaben bezieht
  231. und nicht lediglich subjektive Werturteile oder marktschreierische Anpreisungen vermittelt werden (vgl. PWW/Ahrens, BGB § 123 Rdn. 5;
  232. MünchKommBGB/Kramer, 4. Aufl. § 123 Rdn. 15; Palandt/Heinrichs,
  233. BGB, 65. Aufl. § 123 Rdn. 3). Ein die Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank auslösender konkreter Wissensvorsprung im Zusammenhang
  234. mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers setzt dem entsprechend
  235. konkrete, dem Beweis zugängliche unrichtige Angaben des Vermittlers
  236. oder Verkäufers über das Anlageobjekt voraus. Daran fehlt es hier nach
  237. dem insoweit revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers.
  238. - 14 -
  239. 25
  240. Danach hat der Vermittler fälschlich angegeben, es handele sich
  241. um eine risikolose Immobilie, die ihren Wert nicht nur erhalte, sondern
  242. mit großer Wahrscheinlichkeit sogar noch steigere. Ein Verkauf der Immobilie nach ca. 5 bis 10 Jahren sei verlustfrei möglich auf Grund der
  243. üblichen Wertentwicklung und damit auch eine Rückführung des Darlehens. Bis auf einen monatlichen Geringst-Betrag würden die Kosten des
  244. Erwerbs der Wohnung aufgefangen durch Mieteinnahmen und Steuervorteile. Insbesondere die falsche Zusicherung, eine Immobilie ohne Eigenmittel erwerben zu können, die hervorragend zur Altersvorsorge und zum
  245. Steuersparen geeignet sei, habe den Kläger überzeugt.
  246. 26
  247. Bei diesen Aussagen des Vermittlers handelt es sich lediglich um
  248. subjektive Werturteile und unverbindliche Anpreisungen, nicht aber um
  249. eine Täuschung durch unrichtige Angaben zu dem Anlageobjekt. Die
  250. verwandten Attribute und unbestimmten Formulierungen wie etwa "risikolose" Immobilie, die ihren Wert "mit großer Wahrscheinlichkeit sogar
  251. noch steigere" und "hervorragend" zur Altersvorsorge und Steuerersparnis "geeignet" sei sowie einen verlustfreien Verkauf bei "üblicher" Wertentwicklung ermögliche, haben ersichtlich werbenden Charakter. Es fehlt
  252. an der Darlegung konkreter wertbildender Merkmale der Immobilie, insbesondere zu ihrem Verkehrswert, den Finanzierungskosten sowie den
  253. versprochenen Mieteinnahmen und Steuervorteilen, welche objektiv
  254. nachprüfbar und einem Beweis zugänglich wären. Dies gilt auch unter
  255. Berücksichtigung des - wie dargelegt - substanzlosen Vorbringens des
  256. Klägers zur sittenwidrigen Verschiebung des Verhältnisses zwischen
  257. Kaufpreis und Verkehrswert. Im Übrigen liegt die Annahme einer arglistigen Täuschung durch unrichtige Angaben hier auch deshalb fern, weil es
  258. sich bei dem Vermittler um den Sohn des Klägers handelt. Erst recht
  259. - 15 -
  260. kann angesichts der allgemeinen anpreisenden Aussagen des Vermittlers zu dem Anlageobjekt keine Rede davon sein, dass die vom Kläger
  261. behauptete Unrichtigkeit der Angaben so evident war, dass sich aufdrängt, die Beklagte habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung
  262. geradezu verschlossen.
  263. c) Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung aber nicht
  264. 27
  265. stand, soweit das Berufungsgericht ein Widerrufsrecht des Klägers nach
  266. § 1 Abs. 1 HWiG verneint hat, weil die von ihm unterstellte und infolgedessen in der Revisionsinstanz als gegeben anzusehende Haustürsituation der Beklagten nicht zuzurechnen sei. Das Berufungsurteil entspricht
  267. insoweit zwar der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  268. (vgl. etwa BGHZ 159, 280, 285 f.; BGH, Urteile vom 12. November 2002
  269. - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63, vom 15. Juli 2003 - XI ZR 162/00,
  270. ZIP 2003, 1741, 1743 und vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02,
  271. WM 2004, 521, 523). An dieser Rechtsprechung hält der erkennende
  272. Senat, wie er bereits in seinen Urteilen vom 14. Februar 2006 (XI ZR
  273. 255/04, WM 2006, 674, 675) und vom 20. Juni 2006 (XI ZR 224/05, Umdruck S. 7 f.), auf die Bezug genommen wird, näher dargelegt hat, veranlasst
  274. durch
  275. die
  276. Entscheidung
  277. des
  278. EuGH
  279. vom
  280. 25. Oktober
  281. 2005
  282. (WM 2005, 2086 ff. - Crailsheimer Volksbank) nicht fest. Danach bedarf
  283. es einer gesonderten Zurechnung der Haustürsituation entsprechend
  284. § 123 BGB, die das Berufungsgericht für notwendig erachtet hat, nicht.
  285. 28
  286. Das Berufungsgericht hat deshalb - von seinem Standpunkt aus
  287. konsequent - noch keine Feststellungen getroffen, ob es sich bei dem
  288. streitigen Darlehensvertrag um ein Haustürgeschäft im Sinne des § 1
  289. Abs. 1 HWiG handelt. Das wird nachzuholen sein.
  290. - 16 -
  291. 29
  292. 2. Auch die Abweisung der gegen die Wirksamkeit des Vollstreckungstitels gerichteten prozessualen Gestaltungsklage analog § 767
  293. ZPO lässt sich danach mit der gegebenen Begründung nicht halten.
  294. 30
  295. a) Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen,
  296. dass gegen die Wirksamkeit der in der Grundschuldbestellungsurkunde
  297. vom 2. Juni 1993 enthaltenen Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in die Eigentumswohnung keine Bedenken bestehen. Denn
  298. diese Unterwerfungserklärung wurde nicht von der Treuhänderin, sondern von der damaligen Eigentümerin und Grundschuldbestellerin erklärt
  299. und lässt die Vollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer zu.
  300. 31
  301. b) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Ansicht des Berufungsgerichts, die prozessuale Gestaltungsklage sei auch unbegründet, soweit
  302. sie sich gegen die Wirksamkeit der Unterwerfung unter die sofortige
  303. Zwangsvollstreckung in das gesamte persönliche Vermögen des Klägers
  304. richtet.
  305. 32
  306. aa) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht dabei davon
  307. aus, dass diese Unterwerfungserklärung in der Grundschuldbestellungsurkunde vom 2. Juni 1993 unwirksam ist, da der Kläger von der Treuhänderin nicht wirksam vertreten worden ist. Die der Geschäftsbesorgerin erteilte Vollmacht ist wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksam. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  308. bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche
  309. Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein
  310. - 17 -
  311. - wie hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag mit derartigen umfassenden Befugnissen ist nichtig. Die
  312. Nichtigkeit erfasst auch die der Geschäftsbesorgerin erteilte Prozessvollmacht zur Abgabe einer Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung, deren Nichtigkeit mit Hilfe der §§ 171, 172 BGB nicht überwunden
  313. werden kann (st.Rspr.; BGHZ 154, 283, 287 f.; Senatsurteile vom
  314. 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 21. Juni
  315. 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1521, jeweils m.w.Nachw.).
  316. 33
  317. bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist es dem Kläger nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt
  318. jedoch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die
  319. Unwirksamkeit der notariell beurkundeten Unterwerfungserklärung zu
  320. berufen. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Kläger gegenüber der
  321. Beklagten verpflichtet wäre, sich hinsichtlich der Darlehensverbindlichkeit der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen (st.Rspr.; Senatsurteile vom 15. Februar 2005 - XI ZR 396/03, WM 2005, 1698, 1701,
  322. vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 21. Juni
  323. 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1521 f., jeweils m.w.Nachw.). Eine
  324. solche Verpflichtung hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen.
  325. 34
  326. Aus dem Darlehensvertrag von 1993 ergibt sich zwar die Verpflichtung des Klägers, das Darlehen durch eine Grundschuld in Höhe der
  327. Darlehenssumme zuzüglich Zinsen abzusichern und sich der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Der Kläger
  328. könnte sich deshalb nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242
  329. BGB) auf die Nichtigkeit der persönlichen Vollstreckungsunterwerfung
  330. vom 2. Juni 1993 nicht berufen, wenn er an den Kreditvertrag vom
  331. - 18 -
  332. 15./18. Mai 1993 gebunden wäre. Von der Wirksamkeit des Kreditvertrages aus dem Jahre 1993 kann aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Kläger - wie
  333. dargelegt (II. 1. c) - nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt seine zum Abschluss des Darlehensvertrages führende Willenserklärung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG wirksam widerrufen hat.
  334. 35
  335. Auch die Zweckerklärung vom 15. Mai 1993 begründet keine entsprechende Verpflichtung des Klägers. Eine Verpflichtung, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen, ist ihrem Wortlaut nicht zu
  336. entnehmen.
  337. III.
  338. 36
  339. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1
  340. ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563
  341. Abs. 1 Satz 1 ZPO).
  342. 37
  343. 1. Dieses wird nunmehr Beweis darüber zu erheben haben, ob die
  344. Behauptung des Klägers zutrifft, er und seine Ehefrau hätten den Darlehensvertrag in einer Haustürsituation, also im Geltungsbereich der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den
  345. Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Verträge (ABl. Nr. L 372/31; Haustürgeschäfterichtlinie), abgeschlossen.
  346. - 19 -
  347. 38
  348. 2. Sollte die Beweisaufnahme ergeben, dass der Kläger und seine
  349. Ehefrau den Darlehensvertrag gemäß § 1 Abs. 1 HWiG wirksam widerrufen haben, stünde der Beklagten der mit der Hilfswiderklage zu b) geltend gemachte Anspruch aus § 3 HWiG auf Erstattung des ausgezahlten
  350. Nettokreditbetrages sowie auf dessen marktübliche Verzinsung zu (Senat
  351. BGHZ 152, 331, 338 f.; Senatsurteile vom 26. November 2002 - XI ZR
  352. 10/00, WM 2003, 64, 66, vom 28. Oktober 2003 - XI ZR 263/02,
  353. WM 2003, 2410, 2411, vom 21. März 2006 - XI ZR 204/03, ZIP 2006,
  354. 846, 847 und vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1196
  355. m.Nachw., für BGHZ vorgesehen).
  356. 39
  357. a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 16. Mai 2006 (XI ZR 6/04,
  358. WM 2006, 1194, 1197 f., für BGHZ vorgesehen) entschieden und im Einzelnen begründet hat, steht dem aus § 3 HWiG folgenden Rückzahlungsanspruch nicht entgegen, dass der Verbraucher nach Ansicht des
  359. EuGH durch die Haustürgeschäfterichtlinie vor den Folgen der in seinen
  360. Entscheidungen vom 25. Oktober 2005 (WM 2005, 2079 ff. - Schulte und
  361. WM 2005, 2086 ff. - Crailsheimer Volksbank) angesprochenen Risiken
  362. von Kapitalanlagen der vorliegenden Art zu schützen ist, die er im Falle
  363. einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank
  364. hätte vermeiden können.
  365. 40
  366. b) Aufgrund der Entscheidungen des EuGH vom 25. Oktober 2005
  367. könnte jedoch ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung gemäß § 2 Abs. 1 HWiG in Betracht kommen, den der Kläger ggf. dem Anspruch der Beklagten aus § 3 HWiG entgegenhalten könnte.
  368. - 20 -
  369. 41
  370. aa) Nach den vorgenannten Entscheidungen enthält die Haustürgeschäfterichtlinie eine "echte" Rechtspflicht des Unternehmers. Unter
  371. Beachtung dieser für nationale Gerichte bindenden Auslegung ist auch
  372. § 2 HWiG - dessen Wortlaut die Annahme einer solchen Rechtspflicht
  373. nicht ausschließt - richtlinienkonform als Rechtspflicht des Unternehmers
  374. zu verstehen, deren Verletzung Ersatzansprüche zur Folge haben kann.
  375. Wie bereits das OLG Stuttgart ausgeführt hat (NJW-RR 1988, 558, 559
  376. und NJW 1988, 1986, 1987), will das Gesetz mit der Belehrung über das
  377. Widerrufsrecht den Kunden vor allem über Existenz, Inhalt und Bedeutung seines Widerrufsrechts informieren, damit er überhaupt erst in die
  378. Lage versetzt wird, seine Rechte auszuüben und sich auf die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen. Dieses Ziel lässt sich nur
  379. erreichen, wenn eine Pflicht zur Belehrung besteht.
  380. 42
  381. bb) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus Verschulden bei
  382. Vertragsschluss wegen unterbliebener Belehrung gemäß § 2 Abs. 1
  383. HWiG setzt zwingend ein Verschulden der Beklagten voraus. Die Annahme eines evtl. vom Berufungsgericht festzustellenden verschuldeten
  384. Rechtsirrtums könnte allerdings bei dem vorliegenden Fall aus dem Jahre 1993 zweifelhaft sein. Einer verschuldensunabhängigen Haftung stehen wesentliche Grundsätze des nationalen Haftungsrechts entgegen,
  385. insbesondere der in § 276 Abs. 1 BGB a.F. verankerte allgemeine
  386. Grundsatz, dass eine Schadensersatzpflicht in der Regel nur bei schuldhaftem Verhalten besteht. Zwar ermöglichte die Vorschrift des § 276
  387. Abs. 1 BGB a.F. auch eine verschuldensunabhängige Haftung, sofern
  388. "ein anderes bestimmt war". Für eine solche Bestimmung, die sich aus
  389. dem Gesetz, den vertraglichen Vereinbarungen oder dem Inhalt des
  390. - 21 -
  391. Schuldverhältnisses ergeben kann, fehlt hier jedoch jeder Anhalt. Auch
  392. die Annahme einer Gefährdungshaftung kommt nicht in Betracht. Die für
  393. einzelne, näher umschriebene Tatbestände normierten Gefährdungshaftungen stellen spezielle Ausnahmen dar, die der an das Gesetz gebundene Richter nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  394. nicht von sich aus erweitern darf (vgl. BGHZ 54, 332, 336 f.; 55, 229,
  395. 232 f., 234; 114, 238, 240 f.; 115, 38, 42 f.; 119, 152, 168).
  396. 43
  397. cc) Darüber hinaus wären für den Fall der Annahme eines Verschuldens der Beklagten zur Schadensursächlichkeit des Belehrungsverstoßes Feststellungen zu treffen. Es genügt nicht, dass der Kläger und
  398. seine Ehefrau bei ordnungsgemäßer Belehrung die Möglichkeit gehabt
  399. hätten, mit dem Widerruf des Darlehensvertrages auch Risiken des Anlagegeschäftes zu vermeiden. Dies wäre mit dem Grundprinzip des nationalen Schadensersatzrechts, dass eine Pflichtverletzung nur dann zum
  400. Ersatz des Schadens verpflichten kann, wenn er auch auf den Pflichtenverstoß ursächlich zurückzuführen ist, schlechthin unvereinbar (siehe
  401. bereits Senatsurteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194,
  402. 1199, für BGHZ vorgesehen). Der Kläger muss vielmehr konkret nachweisen, dass er und seine Ehefrau den Darlehensvertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung tatsächlich widerrufen und die Anlage nicht getätigt
  403. hätten. Auf die so genannte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens
  404. kann sich der Kläger, anders als etwa das Oberlandesgericht Bremen
  405. (WM 2006, 758, 766 f.) gemeint hat, nicht stützen. Diese Vermutung
  406. setzt voraus, dass es für ihn bei Belehrung über sein Widerrufsrecht damals nur eine bestimmte Möglichkeit der Reaktion gab (vgl. BGHZ 160,
  407. 58, 66 m.w.Nachw.). Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden,
  408. da nichts dafür ersichtlich ist, dass die Risiken des Vertragswerks vom
  409. - 22 -
  410. Kläger innerhalb der einwöchigen Widerrufsfrist erkannt worden wären
  411. (vgl. OLG Celle NJW 2006, 1817 f.; OLG München NJW 2006, 1811,
  412. 1815; Bungeroth WM 2004, 1505, 1509).
  413. Nobbe
  414. Müller
  415. Ellenberger
  416. Joeres
  417. Schmitt
  418. Vorinstanzen:
  419. LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.05.2003 - 15 O 457/02 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.05.2004 - I-6 U 125/03 -