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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. X ZR 18/05
  5. Verkündet am:
  6. 7. November 2006
  7. Potsch
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2006 durch die Richter Scharen, Keukenschrijver, die
  14. Richterin Mühlens und die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff
  15. für Recht erkannt:
  16. Auf die Revision der Beklagten wird das am 12. Januar 2005 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn aufgehoben.
  17. Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
  18. auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  19. Von Rechts wegen
  20. Tatbestand:
  21. 1
  22. Die Beklagte ist die frühere Ehefrau des Inhabers des U.
  23. Kurierdienst U.
  24. S.
  25. (nachfolgend: Kurierdienst), der im Mai 2001 bei
  26. einem Motorradunfall schwer verletzt wurde und in der Folgezeit für einige Monate unter der Betreuung der Beklagten stand. Bei der Klägerin wurden danach,
  27. allerdings nicht durch die Beklagte persönlich, sondern durch Fahrer des Kurierdiensts, Reparaturen am Fuhrpark des Kurierdiensts in Auftrag gegeben; der
  28. -3-
  29. Werklohn hierfür ist nicht bezahlt worden. Die Klägerin hat in einem anderen
  30. Verfahren zunächst den dauerhaft geschäftsunfähigen U. S.
  31. als Inha-
  32. ber des Kurierdiensts, gegen den Vollstreckungsbescheid ergangen ist, und
  33. sodann in dem vorliegenden Verfahren die Beklagte als vollmachtlose Vertreterin auf Zahlung der Reparaturkosten in Anspruch genommen. Das Amtsgericht
  34. hat die Beklagte zur Zahlung des Werklohns nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht
  35. zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
  36. Entscheidungsgründe:
  37. 2
  38. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
  39. 3
  40. I. Das Berufungsgericht hat gemeint, dass die Beklagte als vollmachtlose
  41. Vertreterin für die Werklohnforderung einzustehen habe, denn sie habe den
  42. Kurierdienst weitergeführt. Die Betreuung habe bei der Auftragserteilung nicht
  43. fortgewirkt. Dass die Klägerin bereits einen Vollstreckungsbescheid gegen den
  44. Inhaber des Kurierdiensts erwirkt habe, stehe der Annahme der vollmachtslosen Vertretung, aus der die Beklagte für die Forderung einzustehen habe, nicht
  45. entgegen.
  46. 4
  47. II. Dies rügt die Revision mit Erfolg als fehlerhaft. Sie stützt sich darauf,
  48. dass die Fahrer des Kurierdiensts die Reparaturaufträge in Untervollmacht für
  49. den Kurierdienst erteilt hätten. Damit sei dessen Inhaber als Geschäftsherr verpflichtet worden. Die Beklagte habe keinen Vertrag ohne Vertretungsmacht ge-
  50. -4-
  51. schlossen. Die für den Fuhrpark des Kurierdiensts zuständigen Mitarbeiter seien von U. S.
  52. noch vor dessen Unfall bevollmächtigt worden, Aufträge
  53. im Zusammenhang mit dem Fuhrpark zu erteilen. Im Übrigen stehe auch der
  54. bereits erwirkte Vollstreckungsbescheid einer Inanspruchnahme der Beklagten
  55. entgegen.
  56. 5
  57. III. 1. Der bisher festgestellte Sachverhalt trägt die Verurteilung der Beklagten nicht.
  58. 6
  59. a) Die Haftung der Beklagten aus § 179 BGB, von der die Vorinstanzen
  60. ausgegangen sind, setzt ein Handeln des Vertreters beim Vertragsschluss ohne
  61. Nachweis der Vertretungsmacht voraus. Das vom Berufungsgericht in Bezug
  62. genommene Ersturteil hat als unstreitig festgestellt, dass die Beklagte die Reparaturaufträge nicht persönlich erteilt hat. Daraus, dass die Beklagte den Betrieb des Kurierdiensts weitergeführt hat, wie dies tatrichterlich festgestellt ist,
  63. folgt noch kein Handeln der Beklagten als Vertreterin. Fehlt es aber schon an
  64. einem solchen Handeln, kommt eine Haftung der Beklagten nach § 179 BGB
  65. nicht in Betracht (vgl. MünchKomm./Schramm, BGB, 4. Aufl., Rdn. 19; AnwK/
  66. Ackermann, Rdn. 8, je zu § 179 BGB).
  67. 7
  68. b) Allerdings hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung über die
  69. Revision die Gegenrüge erhoben, ihr unter Zeugenbeweis gestellter Vortrag im
  70. Schriftsatz vom 1. Juni 2004 (Bl. 46) sei übergangen worden, dass die Beklagte
  71. die Fahrer H.
  72. , K.
  73. und Kn.
  74. beauftragt habe, die Reparaturauf-
  75. träge zu erteilen. Diese Rüge konnte noch in der mündlichen Verhandlung erhoben werden (Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 557 Rdn. 12). Die Beklagte hat dies jedenfalls mit der Behauptung bestritten, sie habe keine Weisungen an die Fahrer erteilt (Bl. 75). Der Vortrag der Klägerin war erheblich,
  76. denn er konnte im Fall des Nachweises seiner Richtigkeit ein Auftreten der Be-
  77. -5-
  78. klagten als vollmachtslose Vertreterin begründen, das dann darin gelegen hätte,
  79. dass die Beklagte für U. S.
  80. den Fahrern Vollmacht zur Erteilung der
  81. Reparaturaufträge erteilt hätte, ohne ihrerseits für das Unternehmen ihres
  82. Ehemanns vertretungsberechtigt gewesen zu sein. Das Berufungsgericht ist
  83. dem nicht nachgegangen; es hat es vielmehr zu Unrecht als Haftungsgrundlage
  84. ausreichen lassen, dass die Beklagte den Betrieb weitergeführt habe.
  85. c) Insoweit kommt zugunsten der Klägerin auch die sich aus § 179
  86. 8
  87. Abs. 1 BGB ergebende Beweislastumkehr (vgl. BGHZ 99, 50, 52) nicht zum
  88. Tragen, weil es nicht um den Nachweis der Vertretungsmacht, sondern um den
  89. eines Vertreterhandelns geht. Hierfür ist aber derjenige beweispflichtig, der den
  90. Vertreter wegen fehlender Vollmacht in Anspruch nimmt (vgl. Bamberger/Roth/
  91. Habermeier, BGB, 2003, § 179 Rdn. 37). Dieser Beweis ist zwar angetreten,
  92. bisher aber nicht geführt.
  93. 2. Für eine Haftung der Beklagten aus anderen Rechtsgründen, insbe-
  94. 9
  95. sondere eine Sachwalterhaftung (jetzt § 311 Abs. 3 BGB), fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten. Eine Haftung der Beklagten nach § 25 Abs. 1 Satz 1
  96. HGB scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte das Geschäft als fremdes
  97. für seinen bisherigen Inhaber fortgeführt und nicht unter Lebenden erworben
  98. hat.
  99. 10
  100. 3. Auf die zum Anlass der Zulassung der Revision genommene Frage
  101. der Wirksamkeit der Zustellung des Vollstreckungsbescheids an U. S.
  102. kommt es für die Entscheidung jedenfalls derzeit nicht an. Nachdem auch die
  103. Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht von der Beantwortung
  104. -6-
  105. dieser Frage nicht beeinflusst wird und deshalb ein Hinweis des Senats hierzu
  106. eine Bindung des Berufungsgerichts oder eine Festlegung des Senats nicht
  107. herbeiführen könnte, sieht der Senat davon ab, sich zu ihr zu äußern.
  108. Scharen
  109. Keukenschrijver
  110. Asendorf
  111. Mühlens
  112. Kirchhoff
  113. Vorinstanzen:
  114. AG Heilbronn, Entscheidung vom 02.07.2004 - 14 C 2058/04 LG Heilbronn, Entscheidung vom 12.01.2005 - 7 S 31/04 -