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16 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. X ZR 15/08
  5. Verkündet am:
  6. 14. Oktober 2008
  7. Potsch
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
  14. Richter
  15. Keukenschrijver,
  16. die
  17. Richterin
  18. Mühlens
  19. und
  20. die
  21. Richter
  22. Dr. Bergmann und Gröning
  23. für Recht erkannt:
  24. Auf die Revision der Beklagten wird das am 13. Dezember 2007
  25. verkündete Urteil der 57. Zivilkammer des Landgerichts Berlin aufgehoben.
  26. Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
  27. auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  28. Von Rechts wegen
  29. Tatbestand:
  30. 1
  31. Der Kläger macht gegen das beklagte Luftfahrtunternehmen aus eigenem und abgetretenem Recht Ansprüche aus der Verordnung (EG)
  32. Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar
  33. -3-
  34. 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder
  35. großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG)
  36. Nr. 295/91 - ABl. Nr. L 46, S. 1 (kurz: Verordnung) geltend.
  37. 2
  38. Der Kläger buchte für sich und drei Mitreisende bei der L.
  39. GmbH
  40. einen Flug von Berlin-Tegel über München nach Fort Myers und zurück über
  41. Düsseldorf nach Berlin-Tegel. Der Vertrag sah als ausführendes Luftfahrtunternehmen für den ersten und letzten Teilabschnitt die Beklagte und für den zweiten und dritten Flugabschnitt ein Unternehmen der L. -Gruppe vor.
  42. 3
  43. Kurz vor dem Start in Berlin-Tegel erklärte der Pilot, dass die Instrumente
  44. einen Druckverlust in der Hydraulik anzeigten. Die Maschine wurde daraufhin in
  45. die Warteposition verbracht. Nach etwa 15 Minuten gab der Pilot bekannt, dass
  46. die Reparatur längere Zeit in Anspruch nehme und alle Passagiere die Maschine verlassen müssten. Der Kläger und seine Mitreisenden wurden auf einen
  47. Flug von Berlin über New York und Atlanta nach Fort Myers umgebucht; ihnen
  48. wurden das Gepäck und neue Bordkarten ausgehändigt. Sie erreichten Fort
  49. Myers 24 Stunden später als ursprünglich geplant. Die zunächst für den Flug
  50. vorgesehene Maschine flog etwa 5 ½ Stunden später ohne Passagiere nach
  51. München.
  52. 4
  53. Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe den Flug von Berlin
  54. nach München annulliert, und mit seiner Klage eine Ausgleichszahlung gemäß
  55. Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c der Verordnung in Höhe
  56. von 600 € pro Person, insgesamt 2.400 €, nebst Zinsen verlangt.
  57. -4-
  58. 5
  59. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten
  60. ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision, der der Kläger entgegentritt, verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
  61. Entscheidungsgründe:
  62. 6
  63. Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  64. 7
  65. I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie
  66. folgt begründet:
  67. 8
  68. Der Anspruch des Klägers aus eigenem und abgetretenem Recht (§ 398
  69. BGB) folge aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Satz 1
  70. Buchst. c der Verordnung. Es habe eine Annullierung des gebuchten Flugs vorgelegen. Bei Berücksichtigung aller Umstände ergebe sich, dass die Beklagte
  71. den geplanten Flug nicht durchgeführt habe. Der Kläger und seine Mitreisenden
  72. seien mit einem anderen Flugzeug, unter einer anderen Flugnummer, nach
  73. Wiederaushändigung ihres Gepäcks und einer Umbuchung mit erneutem Einchecken über eine geänderte Flugroute zu ihrem Ziel befördert worden. Daran
  74. ändere auch nichts, dass der Flug von Berlin nach München fünf Stunden und
  75. 34 Minuten später, allerdings ohne Passagiere, stattgefunden habe. Denn der
  76. Pilot habe den Fluggästen mitgeteilt, es müsse ein schadhaftes Hydraulikventil
  77. ausgewechselt werden; die Reparatur werde längere Zeit in Anspruch nehmen,
  78. alle Passagiere müssten die Maschine verlassen und am Schalter der Beklagten eine Umbuchung auf einen anderen Flug vornehmen lassen. Da die Ver-
  79. -5-
  80. ordnung darauf abstelle, ob für den Flug mindestens ein Platz gebucht gewesen
  81. sei, könne es nicht auf die individuelle Beförderungsmöglichkeit des einzelnen
  82. Passagiers ankommen. Entscheidend müsse vielmehr die kollektive Beförderung der Gruppe von Passagieren sein, die sich bei der Buchung für diesen
  83. Transport entschieden hätten. Der Begriff des Flugs könne sich daher weder
  84. allein nach der Flugnummer noch nach dem Fluggerät bestimmen. Vielmehr sei
  85. darauf abzustellen, ob die Gruppe von Passagieren, die nach der ursprünglichen Planung habe transportiert werden sollen, in wesentlich gleicher Zusammensetzung befördert werde. Hier sei keiner der ursprünglich gebuchten Passagiere mit dem Flug befördert worden. Es liege nicht deswegen lediglich eine
  86. Verspätung vor, weil die Maschine tatsächlich später nach München geflogen
  87. sei. Entscheidendes Merkmal für die Durchführung eines Flugs im Sinne der
  88. Verordnung sei der Transport von Passagieren. Daher könne das Verbringen
  89. eines leeren Flugzeugs zu seinem nächsten Einsatzort nicht als eine Flugdurchführung angesehen werden.
  90. 9
  91. Die Beklagte könne sich auch nicht auf Art. 5 Abs. 3 der Verordnung berufen. Es könne dahinstehen, ob die Annullierung auf eine Undichtigkeit im Hydraulik-Verteilergehäuse zurückgegangen sei und die von der Beklagten behaupteten Wartungsarbeiten durchgeführt worden seien. Es bedürfe vorliegend auch
  92. keiner Entscheidung, ob ein technischer Mangel als Entlastungsgrund in Betracht kommen könne. Jedenfalls stelle ein im Cockpit angezeigter zu geringer
  93. Füllstand des Hydrauliksystems aufgrund einer Undichtigkeit keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Verordnung dar. Nach allgemeiner Lebenserfahrung könnten an mit Flüssigkeiten, Luft oder Gas gefüllten technischen
  94. Komponenten Undichtigkeiten auftreten. Um diese erkennen zu können, würden derartige Geräte mit Füllstandsanzeigern ausgestattet. Auch vorliegend sei
  95. eine entsprechende Anzeige im Cockpit vorhanden gewesen. Jedenfalls sei
  96. -6-
  97. eine Leckage an einer Komponente eines Transportmittels ein durchaus bekanntes, nicht nur höchst selten auftretendes und damit nicht ungewöhnliches
  98. Ereignis.
  99. 10
  100. II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  101. 11
  102. Das Berufungsurteil kann keinen Bestand haben, weil die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, es habe eine Annullierung des vom Kläger gebuchten Flugs von Berlin-Tegel nach München vorgelegen, von seinen Feststellungen nicht getragen wird.
  103. 12
  104. Die Verordnung unterscheidet in ihren Art. 4 und 5 zwischen der individualisierbare Fluggäste treffenden Nichtbeförderung und der Annullierung; letztere ist nach der gesetzlichen Definition in Art. 2 lit. l der Verordnung die Nichtdurchführung eines geplanten Flugs, für den mindestens ein Platz reserviert
  105. war. Nach dieser Differenzierung ist die Annullierung die vollständige Aufgabe
  106. der Absicht, den Flug in der vorgesehenen Form durchzuführen; insoweit erhält
  107. sie daher auch ein subjektives Element, für dessen Feststellung es nach Sinn
  108. und Zweck der Regelung allerdings nicht auf die tatsächliche subjektive Absicht
  109. der für das Luftfahrtunternehmen handelnden Personen ankommen kann. Ihrem insbesondere in Erwägungsgrund 12 zum Ausdruck gekommenen Anliegen, den mit der Annullierung verbundenen Ärgernissen und Unannehmlichkeiten für die Fluggäste entgegenzuwirken, kann die Verordnung nur gerecht werden, wenn insoweit auf die aus den erkennbaren äußeren Umständen ersichtliche Absicht des Unternehmens bzw. seiner Entscheidungsträger abgestellt
  110. wird. In dieser Hinsicht lassen die tatrichterlichen Feststellungen eine abschließende Bewertung nicht zu.
  111. -7-
  112. Allerdings hat das Berufungsgericht im unstreitigen Teil des Tatbestands
  113. 13
  114. ausgeführt, dass der Pilot nach etwa 15 Minuten bekannt gegeben habe, die
  115. Reparatur nehme längere Zeit in Anspruch, alle Passagiere müssten die Maschine daher verlassen und am Schalter der Beklagten eine Umbuchung vornehmen. Eine so formulierte und begründete Aufforderung zur Umbuchung
  116. stellt ein Indiz für eine vollständige Aufgabe der Absicht dar, den Flug durchzuführen; aus ihm könnte daher - insbesondere in Verbindung mit weiteren Umständen und bei Fehlen von Hinweisen auf eine falsche rechtliche oder tatsächliche Einordnung der Störung - auf eine Annullierung zu schließen sein (vgl. dazu auch Sen.Vorlagebeschl. v. 17.7.2007 - X ZR 95/06, NJW 2007, 3437,
  117. 3438).
  118. 14
  119. Weniger berechtigt erscheint die Annahme einer Annullierung dann,
  120. wenn die Beklagte den Passagieren, die wegen ihres Anschlussflugs oder aus
  121. Termingründen nicht hätten warten wollen oder können, eine Umbuchungsmöglichkeit lediglich angeboten hat, ohne sie zwingend auf diese zu verweisen. Dies
  122. hat die Beklagte im Rechtsstreit geltend gemacht, wie das Berufungsgericht
  123. zutreffend bei der Darstellung des streitigen Vorbringens ausgeführt hat. Dort
  124. hat es als Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren wiedergegeben, sie
  125. habe denjenigen Passagieren, die wegen eines Anschlussflugs oder aus Termingründen nicht hätten warten wollen oder können, aus Gründen der Kulanz
  126. eine Umbuchungsmöglichkeit angeboten. Nach dieser Darstellung lag zunächst
  127. nur das Angebot einer Serviceleistung zur Verminderung der Folgen einer gegebenen Verspätung vor. In einem solchen Fall kann daraus, dass alle Fluggäste von diesem Angebot Gebrauch machen und dem Luftfahrtunternehmen die
  128. Erfüllung dieser Wünsche gelingt, auch nicht deshalb hergeleitet werden, es
  129. liege eine Annullierung vor, weil alle Passagiere auf eigenen Wunsch anderweitig befördert wurden und das ursprünglich vorgesehene, reparierte Flugzeug
  130. -8-
  131. nach einigen Stunden deshalb leer zu seinem nächsten Einsatzort verbracht
  132. werden muss. Dann würde, worauf die Revision hinweist, der zusätzliche Service dem ausführenden Luftfahrtunternehmen zum Nachteil gereichen. Ein solches Verständnis ist auch nach Sinn und Zweck der Verordnung nicht geboten.
  133. Es würde sich sogar je nach dem unterschiedlich auswirken, ob es sich um eine
  134. innerstaatliche, stark frequentierte Flugroute handelt, auf der sich alle Fluggäste
  135. schneller umbuchen lassen, oder um einen Langstreckenflug. Es kann also im
  136. vorliegenden Fall nicht maßgeblich auf den insoweit nach außen hin indifferenten Umstand abgestellt werden, dass letztlich alle Fluggäste auf andere Flüge
  137. anderer Fluggesellschaften umgebucht worden sind. Entgegen der Ansicht des
  138. Berufungsgerichts ist auch nicht die Frage entscheidend, ob mit dem Ersatzflug
  139. weitere Passagiere transportiert wurden. Es liegt auf der Hand, dass dann,
  140. wenn sich während der Reparaturarbeiten, nachdem alle Fluggäste umgebucht
  141. werden konnten, neue Fluggäste einfinden, diese schließlich mit dem verspäteten Flug transportiert werden können. Am Vorliegen einer Verspätung beständen keine Zweifel. Dann kann aber die Frage der Annullierung nicht von den
  142. zufälligen Umständen abhängen, ob alle ursprünglich vorgesehenen Fluggäste
  143. umgebucht werden konnten und sich zwischenzeitlich bis zum - verspäteten Abflug keine neuen Fluggäste eingefunden haben. Aus der von der Beklagten
  144. behaupteten Äußerung, dem darin liegenden Angebot und seiner Annahme
  145. durch die Fluggäste lässt sich auch aus deren Sicht eine Aufgabe der Absicht
  146. zur Beförderung mit dem vorgesehenen Flug nicht in gleicher Weise wie bei der
  147. als unstreitig bezeichneten Äußerung des Piloten herleiten.
  148. 15
  149. Warum das Berufungsgericht diese Äußerung trotz des abweichenden
  150. Vorbringens als unstreitig behandelt hat, lässt das angefochtene Urteil nicht
  151. erkennen. Im Umfang der Widersprüchlichkeit tragen die Feststellungen das
  152. Berufungsurteil daher nicht und sind auch für den Senat nicht bindend.
  153. -9-
  154. 16
  155. Dieser Widerspruch ist auch nicht deshalb unerheblich, weil die weiteren
  156. Feststellungen des Berufungsgerichts unabhängig von dem genauen Inhalt der
  157. Äußerung des Piloten die Annahme einer Annullierung tragen könnte. Für eine
  158. endgültige Aufgabe des Flugs und damit eine Annullierung mag zwar - worauf
  159. das Berufungsgericht ebenfalls abgehoben hat - im Einzelfall sprechen, dass
  160. die Passagiere das Flugzeug verlassen mussten und ihnen ihr Gepäck wieder
  161. ausgehändigt wurde (vgl. AG Schöneberg NJW-RR 2006, 498 f.), ihnen neue
  162. Bordkarten ausgegeben wurden, sie unter einer anderen Flugnummer, mit einem anderen Flugzeug von einer anderen Fluggesellschaft oder zusammen mit
  163. anderen Passagieren befördert wurden (vgl. m.w.N. Führich, MDR Sonderheft
  164. 7/2007, S. 8; Schmid, NJW 2007, 261, 263 f.; ders., NJW 2006, 1841, 1843;
  165. Gaedtke, VuR 2007, 201, 203). Zwingend ist dieser Schluss jedoch nicht. Eine
  166. neue Abfertigung und selbst die Beförderung durch ein anderes Luftfahrtunternehmen können auch darauf zurückzuführen sein, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen etwa im Wege einer Subcharter ein Ersatzflugzeug angemietet hat (vgl. Sen., aaO, 3438). Hierauf kann auch die Rückgabe des Gepäcks
  167. beruhen; diese kann darüber hinaus im Rahmen der Reparatur notwendig geworden sein oder weil einzelne Passagiere von dem Angebot anderweitiger Beförderung Gebrauch gemacht haben und - um ihnen den Zugriff auf ihr Gepäck
  168. zu ermöglichen - das Gepäck aller Fluggäste aus der Maschine geholt und zugeordnet werden musste. Auch die Ausgabe einer neuen Bordkarte kann Folge
  169. des Einsatzes eines Ersatzflugzeugs sein. Der vom Berufungsgericht als entscheidend angesehene Umstand, dass die Gruppe der ursprünglich gebuchten
  170. Passagiere im Wesentlichen in gleicher Zusammensetzung befördert wurde,
  171. tritt etwa auch dann ein, wenn die Beförderung mit einer Ersatzmaschine erfolgt
  172. (Sen., aaO, 3439).
  173. - 10 -
  174. 17
  175. Auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen kann
  176. deshalb nicht abschließend beurteilt werden, ob der von dem Kläger und seinen
  177. Mitreisenden gebuchte Flug von Berlin-Tegel nach München annulliert worden
  178. ist oder ob lediglich ein Fall einer Verspätung vorgelegen hat. Das bedarf einer
  179. Klärung, weil die Rechtsfolgen von Annullierung und Verspätung unterschiedlich
  180. geregelt sind. Eine Klärung erübrigt sich im vorliegenden Fall auch nicht mit
  181. Rücksicht auf das Gewicht der Verspätung. Zwar hat der Senat eine Auslegung
  182. der Verordnung für denkbar gehalten, nach der es nicht mehr auf den Willen
  183. des Luftfahrtunternehmens ankommt, an der Durchführung des Flugs festzuhalten, weil die Verspätung so lange dauert, dass sie für den Fluggast einer Nichtdurchführung des Flugs gleichkommt, und deshalb von einer Annullierung auszugehen ist (vgl. Sen.Vorlagebeschl. v. 17.7.2007 - X ZR 95/06, NJW 2007,
  184. 3477 ff.). Solche Umstände sind hier indessen nicht festgestellt und auch sonst
  185. nicht ersichtlich. Sie würden sich auch nicht daraus ergeben, dass der Kläger
  186. und seine Mitreisenden ihr Ziel Fort Myers 24 Stunden später als vorgesehen
  187. erreichten. Denn Art. 6 Abs. 1 der Verordnung stellt nicht auf die verzögerte
  188. Ankunft ab, sondern nur auf die Abflugverspätung (vgl. auch Führich, MDR
  189. Sonderheft 7/2007, S. 7; Schmid, NJW 2006, 1841, 1842; Wagner, VuR 2006,
  190. 337; AG Köln, Urt. v. 12.7.2007 - 111 C 127/07, juris).
  191. 18
  192. III. Das Berufungsgericht wird daher erneut der Frage nachzugehen haben, ob die Beklagte den von dem Kläger gebuchten Flug annulliert hat. Sollte
  193. es diese Frage bejahen, wird weiter zu klären sein, ob sich die Beklagte auf den
  194. Haftungsausschluss des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung berufen kann. Dabei ist
  195. die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so offenkundig, dass für
  196. vernünftige Zweifel kein Raum bliebe (vgl. EuGH, Rechtssache C-283/81, Slg.
  197. 1982, 3415, NJW 1983, 1257, 1258 - CILFIT). Ein Revisionsverfahren wäre
  198. deshalb auszusetzen und gemäß Art. 234 EG eine Vorabentscheidung des Ge-
  199. - 11 -
  200. richtshofs der Europäischen Gemeinschaften einzuholen (vgl. zur Frage der
  201. Entlastung bei Vorliegen eines technischen Defekts Sen.Vorlagebeschl. v.
  202. 14.10.2008 - X ZR 35/08, zur Veröffentlichung in BGHR vorgesehen). Ein Vorabentscheidungsersuchen im gegenwärtigen Verfahrensstadium scheidet aus,
  203. nachdem noch offen ist, ob überhaupt die Voraussetzungen einer Haftung nach
  204. - 12 -
  205. Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1 der Verordnung erfüllt sind. Das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen ist, wird jedoch zu prüfen haben, ob es mit Blick auf eine alsbaldige Klärung der dann entscheidungserheblichen Frage selbst von der Möglichkeit einer
  206. Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Gebrauch
  207. macht.
  208. Melullis
  209. Keukenschrijver
  210. Bergmann
  211. Mühlens
  212. Gröning
  213. Vorinstanzen:
  214. AG Berlin-Wedding, Entscheidung vom 24.05.2007 - 22a C 38/07 LG Berlin, Entscheidung vom 13.12.2007 - 57 S 44/07 -