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13 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. X ZR 229/00
  5. Verkündet am:
  6. 18. März 2003
  7. Mayer
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
  14. die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf
  15. für Recht erkannt:
  16. Auf die Revision der Klägerin, die im übrigen zurückgewiesen wird,
  17. soweit über sie nicht bereits durch Nichtannahme entschieden ist,
  18. wird das am 26. September 2000 verkündete Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben, soweit die
  19. Klägerin
  20. auf
  21. die
  22. Widerklage
  23. zur
  24. Zahlung
  25. von
  26. mehr
  27. als
  28. 50.806,73 DM nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 4. Dezember
  29. 1995 verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird der
  30. Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über
  31. die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  32. Von Rechts wegen
  33. -3-
  34. Tatbestand:
  35. Die Beklagte hatte von der N.
  36. GmbH den Auftrag erhalten,
  37. Anlagenteile für die Rauchgasentschwefelungsanlage im Kraftwerk J.
  38. zu
  39. liefern und zu installieren. In diesem Zusammenhang hat sie die Klägerin mit
  40. Planungsarbeiten beauftragt. Bei der Abrechnung kam es zu Meinungsverschiedenheiten; die Beklagte kündigte das Vertragsverhältnis schließlich fristlos. Die Klägerin berühmt sich einer Restforderung von 391.650,71 DM aus insgesamt 9 Rechnungen und hat diesen Betrag eingeklagt. Die Beklagte ist der
  41. Klage entgegengetreten und hat widerklagend 438.285,96 DM verlangt, davon
  42. 276.152,96 DM angebliche Überzahlungen und 162.133,00 DM Schadensersatz. Die Klägerin ist der Widerklage entgegengetreten. Das Landgericht hat auf
  43. die Klage die Beklagte zur Zahlung von 17.566,25 DM und auf die Widerklage
  44. die Klägerin zur Zahlung von 56.126,01 DM nebst Zinsen verurteilt und im übrigen Klage und Widerklage abgewiesen. Dabei hat es insgesamt eine Forderung
  45. der Beklagten von 202.414,44 DM als gerechtfertigt angesehen, die im Umfang
  46. von 143.288,43 DM durch Aufrechnung erloschen sei. Mit ihrer Berufung hat die
  47. Klägerin beantragt, die Widerklage insgesamt abzuweisen. Die Beklagte hat
  48. sich der Berufung der Klägerin angeschlossen und die Zahlung eines weiteren
  49. Betrags von 8.113,25 DM nebst Zinsen begehrt.
  50. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen, soweit diese Rückzahlungsansprüche der Beklagten in Höhe von
  51. 10.925,00 DM, 56.955,36 DM und 47.106,43 DM betraf. Im übrigen hat es die
  52. Verurteilung der Beklagten bestätigt, auf die Anschlußberufung die Verurteilung
  53. der Klägerin nach Widerklage in der Hauptsache auf 61.157,31 DM erhöht und
  54. wegen eines erstinstanzlich abgewiesenen Betrags von 6.081,95 DM nebst
  55. -4-
  56. Zinsen und wegen der Kosten die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
  57. Mit ihrer Revision greift die Klägerin das Berufungsurteil an, soweit zu ihrem
  58. Nachteil erkannt worden ist. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen. Der
  59. Senat hat die Revision nur angenommen, soweit sie folgende Positionen der
  60. Widerklageforderung, jeweils nebst Zinsen, betrifft:
  61. Aus Rechnung Nr. 94350/6 einen Betrag von 10.350,58 DM.
  62. Aus Rechnung Nr. 94352/5 einen Betrag von 9.084,08 DM.
  63. Entscheidungsgründe:
  64. Die Revision ist eröffnet, soweit das Berufungsgericht die Berufung als
  65. unzulässig verworfen hat (§ 547 ZPO in der vor dem 1.1.2002 geltenden Fassung); insoweit erweist sie sich aber als unbegründet (unten A.). Im übrigen
  66. führt das zulässige Rechtsmittel in Höhe von 10.350,58 DM nebst Zinsen zur
  67. Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an
  68. das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist (unten B.). Die weitergehende Revision ist
  69. demgegenüber auch im Umfang der Annahme durch den Senat nicht begründet.
  70. -5-
  71. A.
  72. I.
  73. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zunächst als
  74. unzulässig verworfen, soweit sich dieses Rechtsmittel gegen das landgerichtliche Urteil in dem Umfang richtete, als die Klägerin auf die Widerklage zur
  75. Rückzahlung wegen eines Betrags von 10.925,00 DM aus Rechnung
  76. Nr. 94352/5 verurteilt worden ist.
  77. Die Verwerfung der Berufung hält in diesem Umfang der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Den Ausführungen im Landgerichtsurteil, warum die
  78. Beklagte geleistete Abschlagszahlungen zurückverlangen könne, hat die Berufungsbegründung nur den Satz entgegengesetzt: "Ein Rückzahlungsanspruch
  79. gemäß § 813 Abs. 1 BGB in Höhe von 10.925,-- DM steht der Beklagten nicht
  80. zu". Das Berufungsgericht hat hieraus zu Recht gefolgert, daß eine Begründung
  81. im Sinn des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden
  82. Fassung (im Folgenden: a.F.) insoweit vollständig fehle (vgl. Musielak/Ball ZPO
  83. 2. Aufl. § 519 Rdn. 31 zum Fall des teilbaren Streitgegenstands; vgl. auch Zöller/Gummer ZPO 22. Aufl. § 519 Rdn. 33). Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F.
  84. muß die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen
  85. anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen
  86. Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten, die die Partei zur
  87. Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat. Danach hat der Berufungskläger
  88. eine Begründung zu liefern, die auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten ist. Die Begründung muß deshalb zum einen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach
  89. Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist, und zum anderen im einzelnen angeben, aus welchen Gründen sie die tatsächliche und rechtliche Würdigung des
  90. Vordergerichtes für unrichtig hält (st. Rspr., u.a. BGH, Urt. v. 24.1.2000
  91. -6-
  92. - II ZR 172/98, NJW 2000, 1576). Eine tatsächlich bestehende objektive Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils kann die erforderliche Begründung nicht ersetzen. Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist die Darlegung
  93. der Gründe, aus denen das Urteil mit der Berufung angegriffen wird. Auch wenn
  94. sich, wie die Revision annimmt, die fehlende Berechtigung der Widerklageforderung als Umkehrung daraus ergeben haben sollte, daß die Forderung der
  95. Klägerin berechtigt war, hätte zumindest dies in der Berufungsbegründung angeführt werden müssen. Das ist nicht geschehen. Ein Fall, in dem - wie bei
  96. mehreren gleichgelagerten Ansprüchen - eine gesonderte Begründung entbehrlich hätte sein können (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.1998 - I ZR 177/95, NJW 1998,
  97. 1399), lag hier nicht vor.
  98. II.
  99. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin weiter als un-
  100. zulässig verworfen, soweit sich diese gegen die Zuerkennung einer Gegenforderung in Höhe von 56.955,36 DM wegen der Rechnung Nr. 94356/8 (Hauptund Stichrohrbrücke) richtete. Die Berufungsbegründung lautete insoweit: "Die
  101. Beklagte hat keinen Rückzahlungsanspruch in Höhe von DM 56.955,36. Insoweit wird Bezug genommen auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 08.03.1996
  102. ... . Die dortigen Beweisantritte werden hiermit wiederholt. Ein Rückzahlungsanspruch steht der Beklagten nicht zu". Dies genügte entgegen der Auffassung
  103. der Revision nicht den Anforderungen an eine ausreichende Berufungsbegründung, denn auch dieser Vortrag läßt nicht erkennen, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die anderslautenden Feststellungen in dem angefochtenen Urteil unrichtig sein sollten (vgl. BGH, Beschl. v. 6.3.1997
  104. - VII ZB 26/96, NJW 1997, 1787).
  105. III.
  106. Schließlich hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin als
  107. unzulässig verworfen, soweit sich das Rechtsmittel gegen die Zuerkennung ei-
  108. -7-
  109. ner Widerklageforderung in Höhe von 47.106,43 DM (bezüglich der Rechnung
  110. Nr. 94357/4 (Bandbrücke)) richtete. Die Berufungsbegründung hat dazu ausgeführt:
  111. "Die
  112. Beklagte
  113. hat
  114. keine
  115. Widerklageforderung
  116. in
  117. Höhe
  118. von
  119. DM 47.106,43. Insoweit wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom
  120. 08.03.1996 ... Bezug genommen, und die dortigen Beweisanträge werden wiederholt". Auch das genügte aus den unter II. genannten Gründen nicht den an
  121. die Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen.
  122. B.
  123. Im Umfang, in dem das Berufungsgericht die Klage wegen der Rechnung
  124. Nr. 94350/6 abgewiesen hat, kann dem Rechtsmittel der Erfolg nicht versagt
  125. bleiben, die auf die Rechnung Nr. 94352/5 bezogene Revision ist demgegenüber nicht begründet.
  126. I.
  127. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Erstrichter
  128. ersichtlich davon ausgegangen, daß der Beklagten die Widerklageforderung
  129. insoweit teilweise zusteht, weil die Beklagte Überzahlungen geleistet hat, die
  130. sie unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung der Klägerin
  131. zurückverlangen kann. Die Vorinstanzen haben in diesem Zusammenhang geprüft, ob der Klägerin offene Vergütungsforderungen zustehen, die sie dem
  132. Rückforderungsverlangen der Beklagten entgegensetzen können. Das hat das
  133. Berufungsgericht hinsichtlich der Positionen, wegen derer der Senat die Revision angenommen hat, verneint.
  134. II. 1. Die Vorinstanzen haben dabei zunächst verneint, daß der Klägerin
  135. mit der Rechnung Nr. 94350/6 geltend gemachte Vergütungsansprüche, darunter die allein noch verfahrensgegenständliche Position von 10.350,58 DM,
  136. -8-
  137. zustehen. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Klägerin habe nicht
  138. dargelegt, daß ein zusätzlicher Vergütungsanspruch für Leistungen bestehe,
  139. die nicht bereits von den konkreten, grundsätzlich nach Stückkosten abzurechnenden Aufträgen erfaßt seien.
  140. 2.
  141. Die Revision macht demgegenüber geltend, das Berufungsgericht
  142. habe Klagevortrag übersehen, wonach die entsprechenden Tätigkeiten zusätzlich auf Stundenlohnbasis hätten abgerechnet werden sollen. Die Revisionserwiderung setzt dem entgegen, daß jedenfalls zweitinstanzlich entsprechender
  143. Vortrag nicht erfolgt sei.
  144. 3.
  145. Im Verfahren vor dem Landgericht hatte die Klägerin unter Be-
  146. weisantritt vorgetragen, die für den Geschäftsführer M.
  147. angesetzten Stunden
  148. hätten angeordnete Besprechungen am 11. und 24. August 1994 in der Reaktoranlage J.
  149. betroffen; es sei ausdrücklich abgesprochen gewesen, daß
  150. die entsprechenden Tätigkeiten zusätzlich auf Stundenlohnbasis abgerechnet
  151. werden sollten. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin auf ihren früheren Vortrag, den Rechnungsinhalt und die Stundennachweise Bezug genommen. In
  152. der Berufungsbegründung hat sie auch Ausführungen zur Frage der Vertretungsberechtigung der Zeugen Me. und K.
  153. gemacht, wegen deren Fehlens
  154. das Landgericht die Klage insoweit als unbegründet angesehen hatte. Darin lag
  155. insgesamt ausreichender Berufungsvortrag, dem das Berufungsgericht zu Unrecht nicht nachgegangen ist. Für das Revisionsverfahren ist daher davon auszugehen, daß der Vortrag der Klägerin insoweit zutrifft. Dies muß insoweit zur
  156. Aufhebung des angefochtenen Urteils führen.
  157. III. 1.
  158. Das Landgericht hat der Klägerin einen Anspruch von
  159. 9.084,08 DM u.a. für weitere 45 (396 statt 351) Isometrien, die diese in der
  160. -9-
  161. Rechnung Nr. 94352/5 betreffend Kalksteinmahlanlage und Entwässerungsgebäude geltend gemacht hatte, nicht zugebilligt. Für die angegebene Stückzahl
  162. sei die Klägerin beweisfällig geblieben. Auch eine höhere Stundenzahl habe die
  163. Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt. In der Berufungsbegründung hat die
  164. Klägerin die Zahl der Isometrien unter Zeugenbeweis gestellt und wegen der
  165. angefallenen Stunden auf die Anlagen III/21-26 verwiesen. Das Berufungsgericht hat beanstandet, daß hinsichtlich der Isometrien Übergabe und Abnahme
  166. nicht behauptet worden seien. Hinsichtlich der Arbeitsstunden sei die Feststellung des Landgerichts nicht angegriffen, daß auch Arbeiten aufgeführt seien,
  167. die im Rahmen der nach Stückkosten zu vergütenden Tätigkeiten angefallen
  168. seien.
  169. 2.
  170. Die Revision macht demgegenüber geltend, das Beweisangebot
  171. der Klägerin in der Berufungsbegründung habe, nachdem das Landgericht die
  172. Berücksichtigung der Position mit der Begründung verneint habe, daß die Klägerin für den Empfang der weiteren Isometrien beweisfällig geblieben sei, dahin
  173. ausgelegt werden müssen, daß es sich auch auf die Aushändigung der Unterlagen beziehe. Die Revisionserwiderung meint demgegenüber, daß angesichts
  174. der Formulierung in der Berufungsbegründung für eine weitergehende Auslegung des Berufungsvortrags kein Raum gewesen sei.
  175. 3.
  176. Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hatte als streitig be-
  177. zeichnet, daß die Beklagte die genannte Stückzahl erhalten hat. Daraufhin hat
  178. die Klägerin nur unter Beweis gestellt, daß sie die höhere Stückzahl gefertigt
  179. habe; daß diese auch übergeben worden sei, ist weder ausdrücklich behauptet
  180. worden noch hinreichend deutlich dem Vortrag der Klägerin im Zusammenhang
  181. zu entnehmen. Auch der abschließenden Bemerkung in der Berufungsbegründung, der Rückzahlungsanspruch stehe der Beklagten nicht zu, kann nicht
  182. - 10 -
  183. mehr mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, daß die Klägerin auch
  184. die Übergabe der Isometrien geltend machen wollte. Damit war der Vortrag der
  185. Klägerin zu diesem Punkt nicht schlüssig; denn das Entstehen der Werklohnforderung ergab sich nicht bereits aus der Herstellung der Isometrien, sondern
  186. es setzte weiter deren Übergabe voraus.
  187. Melullis
  188. Jestaedt
  189. Keukenschrijver
  190. Scharen
  191. Asendorf