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847 lines
40 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. X ZR 215/00
  5. in dem Rechtsstreit
  6. Nachschlagwerk:
  7. BGHZ:
  8. BGHR:
  9. Verkündet am:
  10. 6. Februar 2002
  11. Wermes
  12. Justizhauptsekretär
  13. als Urkundsbeamter
  14. der Geschäftsstelle
  15. ja
  16. nein
  17. ja
  18. Drahtinjektionseinrichtung
  19. ArbEG § 16 Abs. 1 und 2; BGB §§ 242, 259
  20. a) Macht der Arbeitgeber von einer Diensterfindung Gebrauch, so hat der Arbeitnehmererfinder gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Auskunftserteilung, die eine Pflicht zur Rechnungslegung zum Inhalt haben
  21. kann, auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmererfinder Schadensersatz leisten muß, weil er die Übertragung des Schutzrechts nach § 16
  22. Abs. 1 ArbEG pflichtwidrig schuldhaft vereitelt hat. Zur Berechnung des ihm
  23. zustehenden Schadensersatzanspruchs benötigt der Arbeitnehmererfinder
  24. im wesentlichen die gleichen Angaben wie beim Vergütungsanspruch nach
  25. § 9 ArbEG.
  26. b) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, während der dem Arbeitnehmererfinder nach
  27. § 16 Abs. 2 ArbEG zustehenden Überlegungsfrist alle ihm zumutbaren Maßnahmen zu treffen, um dem Arbeitnehmer das zu übertragende Recht in dem
  28. Rechtszustand zu erhalten, in dem es sich zum Zeitpunkt der Mitteilung der
  29. Aufgabeabsicht befunden hat.
  30. -2-
  31. Der Arbeitgeber muß deshalb in einem Einspruchsverfahren und einem
  32. nachfolgenden Beschwerdeverfahren, in dem der Widerruf des Patents droht,
  33. alle ihm zu Gebote stehende Verteidigungsmöglichkeiten zugunsten des Arbeitnehmererfinders ausschöpfen. Wird in dem Verfahren offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht, muß der Arbeitgeber durch Nachfrage bei den
  34. zuständigen Mitarbeitern und durch Durchsicht der maßgeblichen Vertragsunterlagen aufklären, ob eine Geheimhaltungsvereinbarung besteht oder tatsächliche Umstände bekannt sind, aus denen eine Pflicht zur Geheimhaltung
  35. folgt.
  36. BGH, Urt. v. 6. Februar 2002 - X ZR 215/00 - OLG Düsseldorf
  37. LG Düsseldorf
  38. -3-
  39. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
  40. die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf
  41. für Recht erkannt:
  42. Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 26. Oktober 2000 verkündete
  43. Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht dem Kläger einen
  44. Rechnungslegungsanspruch in bezug auf Benutzungshandlungen
  45. für den Zeitraum ab dem 5. August 1996 zuerkannt hat.
  46. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das
  47. Berufungsgericht zurückverwiesen.
  48. Von Rechts wegen
  49. Tatbestand:
  50. -4-
  51. Der Kläger war vom 1. Oktober 1983 bis zum 31. März 1995 bei der Beklagten beschäftigt. Im Rahmen seiner Tätigkeit meldete er der Beklagten eine
  52. von ihm gemachte Erfindung, die ein Verfahren zur Steuerung einer Drahtinjektionseinrichtung, einen dazu verwendbaren Drahtvorrat und eine entsprechende Drahtvortriebsmaschine betraf. Mit der Erfindung wird erreicht, daß die
  53. Drahtvortriebsmaschine, mit deren Hilfe ein gefüllter oder massiver Injektionsdraht in eine Metallschmelze eingebracht wird, rechtzeitig vor dem Verbrauch
  54. des Drahtvorrats ein Signal erhält, damit das Drahtende nicht in die Maschine
  55. gerät. Dies wird durch das Anbringen einer Markierung auf dem Draht bewirkt,
  56. die von einer Vorrichtung, z.B. einem Sensor erkannt wird, der die Drahtvortriebsmaschine so rechtzeitig abschaltet, daß sie zum Stehen kommt, bevor
  57. das Drahtende in sie eingezogen wird. Wegen der weiteren Einzelheiten wird
  58. auf die Patentschrift Bezug genommen.
  59. Die Beklagte nahm die Erfindung uneingeschränkt in Anspruch. Sie meldete sie am 14. April 1987 zum Patent an. Ihr wurde daraufhin das am
  60. 31. August 1989 veröffentlichte deutsche Patent 37 12 619 (Klagepatent) erteilt.
  61. Noch vor der Anmeldung des Klagepatents unterbreitete die Beklagte
  62. der E.
  63. B.
  64. GmbH mit Schreiben vom 1. und 27. Oktober 1986 ein Angebot
  65. zur Lieferung einer patentgemäßen Drahtvortriebsvorrichtung, die im einzelnen
  66. beschrieben war. Dabei wies die Beklagte darauf hin, daß das Angebot "unter
  67. Zugrundelegung unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Basis der
  68. VDMA-Bedingungen" erfolge. Unter Punkt I. Satz 2 der VDMA-Bedingungen
  69. heißt es u.a.:
  70. -5-
  71. "An Kostenanschlägen, Zeichnungen und anderen Unterlagen behält sich der Lieferer Eigentums- und Urheberrecht vor; sie dürfen
  72. Dritten nicht zugänglich gemacht werden. Der Lieferer ist verpflichtet, vom Abnehmer als vertraulich bezeichnete Pläne nur mit
  73. dessen Zustimmung Dritten zugänglich zu machen."
  74. Mit Schreiben vom 19. Dezember 1986 erteilte die E.
  75. B.
  76. GmbH
  77. unter Bezugnahme auf ihre Allgemeinen Einkaufsbedingungen der Beklagten
  78. den Auftrag zur Lieferung und Montage der angebotenen Drahtinjektionsanlage. Nr. 9.1 ihrer "Allgemeinen Einkaufsbedingungen” lautet:
  79. "Der Lieferant ist verpflichtet, die Bestellung und die sich daraus
  80. ergebenden Arbeiten und sämtliche damit zusammenhängenden
  81. technischen und kaufmännischen Unterlagen und Einrichtungen
  82. als Geschäftsgeheimnis zu betrachten und streng vertraulich zu
  83. behandeln. Er hat seine Unterlieferanten entsprechend zu verpflichten."
  84. Mit Schreiben vom 15. Januar 1987 beauftragte die Beklagte die Maschinenfabrik H.
  85. & B. GmbH, die von der E.
  86. B.
  87. GmbH bestellte Anlage
  88. zu liefern und zu montieren. Dabei nahm sie Bezug auf die Allgemeinen Einkaufsbedingungen der E.
  89. Die H.
  90. aus.
  91. B.
  92. GmbH.
  93. & B. GmbH lieferte die Anlage nach dem 14. April 1987
  94. -6-
  95. Im November 1989 erhob die H.
  96. & B. GmbH beim Deutschen Pa-
  97. tentamt Einspruch gegen das Klagepatent. Gegen den das Klagepatent aufrechterhaltenden Beschluß legte sie Beschwerde ein, die sie u.a. damit begründete, die Beklagte habe in den Angebotsschreiben die erfindungsgemäße
  98. Drahtinjektionsanlage ohne Geheimhaltungsvorbehalt beschrieben und somit
  99. den Gegenstand des Klagepatents offenkundig vorbenutzt.
  100. Mit Schreiben ihres Streithelfers vom 24. Oktober 1994, der sie als Patentanwalt vertrat, ließ die Beklagte dem Kläger mitteilen, sie wolle das Beschwerdeverfahren nicht weiterführen, sondern das Patent aufgeben. Gleichzeitig wies sie den Kläger auf die Möglichkeit einer Übertragung des Patents
  101. hin. Unter dem 9. November 1994 erklärte der Kläger sein Einverständnis zur
  102. Übertragung. In der Folge forderte der Kläger die Beklagte mehrfach auf, das
  103. Klagepatent auf ihn zu übertragen.
  104. In dem Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht räumte die
  105. Beklagte mit Schriftsatz ihres Streithelfers vom 23. Februar 1996 die behauptete offenkundige Vorbenutzung ein. Das Bundespatentgericht widerrief mit
  106. Beschluß vom 27. Juni 1996 das Klagepatent. Der Kläger forderte die Beklagte
  107. ohne Erfolg auf, Rechtsbeschwerde einzulegen. Der Beschluß des Bundespatentgerichts wurde am 5. August 1996 rechtskräftig.
  108. Der Kläger nimmt die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Rechnungslegung, Versicherung an Eides Statt, Zahlung einer angemessenen Erfindervergütung, Schadensersatz und Herausgabe von Unterlagen in Anspruch. Er meint, das Klagepatent sei zu Unrecht widerrufen worden. Sowohl
  109. die E.
  110. B.
  111. GmbH als auch die H.
  112. & B. GmbH seien zur Geheimhal-
  113. -7-
  114. tung verpflichtet gewesen. Die Beklagte habe den zu Unrecht erfolgten Widerruf des Klagepatents verschuldet, so daß sie ihm für die Zeit seit Entstehung
  115. seines Anspruchs aus § 16 ArbEG auf Übertragung des Klagepatents zum
  116. Schadensersatz verpflichtet sei. Für die Zeit davor schulde ihm die Beklagte
  117. eine angemessene Vergütung dafür, daß sie seine Erfindung genutzt habe.
  118. Das Landgericht hat durch Teilurteil die Beklagte unter Anordnung eines
  119. Wirtschaftsprüfervorbehalts zur Rechnungslegung verurteilt. Hinsichtlich des
  120. Anspruchs auf Herausgabe der das Klagepatent betreffenden Unterlagen hat
  121. es die Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit
  122. ihrer zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.
  123. Entscheidungsgründe:
  124. Die zulässige Revision hat teilweise Erfolg. Soweit das Berufungsgericht
  125. dem Kläger einen Rechnungslegungsanspruch für Benutzungshandlungen
  126. über den 5. August 1996 hinaus zuerkannt hat, führt das Rechtsmittel der Beklagten zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Im übrigen ist die Revision zurückzuweisen.
  127. I. 1. Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen Anspruch auf Rechnungslegung (§ 259 BGB) in dem begehrten Umfange zuerkannt. Es hat ausgeführt, der Kläger könne von der Beklagten Rechnungslegung verlangen, weil
  128. er die beanspruchten Angaben benötige, um seine Zahlungsansprüche gegen
  129. die Beklagte beziffern zu können. Der Kläger habe jedenfalls für die Zeit bis zur
  130. -8-
  131. Entstehung seines Anspruchs auf Übertragung des Klagepatents, möglicherweise auch bis zur Rechtskraft des Widerrufs (5. August 1996) gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Erfindervergütung,
  132. weil die Beklagte die von ihm gemachte Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch genommen und benutzt habe. Ob die Erfindung des Klagepatents objektiv patentfähig gewesen sei oder nicht, sei für den Anspruch des Klägers
  133. ohne Bedeutung, nachdem die Beklagte die Erfindung zum Patent angemeldet
  134. habe und ihr daraufhin auch zunächst ein Patent erteilt worden sei.
  135. Gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Erfindervergütung gemäß § 9 ArbEG könne die Beklagte auch nicht mit Erfolg einwenden,
  136. der Kläger habe im Zusammenhang mit der Anmeldung des Klagepatents mißbräuchlich gehandelt, indem er ihm bekannte patenthindernde Vorbenutzungen
  137. seiner Erfindung verschwiegen habe. Selbst wenn insoweit offenkundige Vorbenutzungen der Erfindung vorgelegen hätten, könne von einem pflichtwidrigen
  138. Verschweigen patenthindernder Umstände durch den Kläger keine Rede sein;
  139. denn nicht nur der Kläger, sondern auch der damalige Mitgeschäftsführer der
  140. Beklagten, R.
  141. O.
  142. O.
  143. , habe von den Vorgängen Kenntnis gehabt. R.
  144. sei an den damaligen Verhandlungen beteiligt gewesen, habe das An-
  145. gebotsschreiben vom 1. Oktober 1986 an die E.
  146. B.
  147. GmbH unterzeichnet
  148. und sei von Anfang an mit der Anmeldung der Diensterfindung befaßt gewesen.
  149. 2. Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
  150. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BGHZ 126, 109, 115
  151. - Copolyester I; Urt. v. 13.11.1997 - X ZR 6/96, GRUR 1998, 684, 685
  152. -9-
  153. - Spulkopf; BGHZ 137, 162, 165 - Copolyester II) hat der Arbeitnehmererfinder
  154. gegen den Arbeitgeber, der von einer Diensterfindung Gebrauch macht, einen
  155. Anspruch auf Auskunftserteilung, die eine Pflicht zur Rechnungslegung nach
  156. § 259 BGB zum Inhalt haben kann, da der Erfinder ohne Kenntnis der mit der
  157. Erfindung erzielten Umsätze und der Unterlagen, aufgrund derer die Vergütung
  158. vom Arbeitgeber berechnet worden ist, weder das Bestehen eines Vergütungsanspruchs feststellen noch die Höhe evtl. gezahlter Vergütungsbeträge überprüfen und den Umfang seiner Vergütungsansprüche berechnen kann. Eine
  159. solcher Anspruch besteht nicht nur im Falle des Vergütungsanspruchs aus § 9
  160. ArbEG, sondern auch - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat soweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmererfinder Schadensersatz leisten muß,
  161. weil die Übertragung des Schutzrechts, zu der der Arbeitgeber nach § 16
  162. Abs. 1 ArbEG verpflichtet ist, unmöglich geworden ist und er dies zu vertreten
  163. hat (§ 280 Abs. 1 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung (nachfolgend:
  164. a.F.)). Auch insoweit dient die Rechnungslegung der Vorbereitung und Berechnung des dem Arbeitnehmererfinder zustehenden Anspruchs. Da der
  165. Schaden im Ausfall von Vergütungsansprüchen liegen kann (Busse, PatG,
  166. 5. Aufl., § 16 ArbEG Rdn. 26), benötigt der Arbeitnehmererfinder zur Berechnung des ihm zustehenden Schadensersatzanspruchs im wesentlichen die
  167. gleichen Angaben wie beim Vergütungsanspruch nach § 9 ArbEG.
  168. b) Mit Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß grundsätzlich jede Art der Inanspruchnahme der Erfindung den Vergütungsanspruch
  169. des Arbeitnehmererfinders entstehen läßt, ohne daß sich der Arbeitgeber mit
  170. Erfolg auf die mangelnde Schutzfähigkeit der Erfindung berufen kann (Sen.Urt.
  171. v. 15.5.1990 - X ZR 119/88, GRUR 1990, 667, 668 - Einbettungsmasse). Stellt
  172. sich später die Schutzunfähigkeit der Diensterfindung heraus und wird das
  173. - 10 -
  174. Patent durch eine Patentbehörde widerrufen oder durch das Patentgericht für
  175. nichtig erklärt, entfällt rückwirkend jeder Schutz; der Vergütungsanspruch des
  176. Arbeitnehmererfinders wird davon allerdings grundsätzlich nur für die Zukunft
  177. betroffen; er bleibt für die Vergangenheit unberührt. Der Arbeitgeber ist für die
  178. Zeit bis zum rechtskräftigen Widerruf oder bis zur rechtskräftigen Nichtigerklärung des einmal erwirkten Schutzrechts zur Zahlung der angemessenen Erfindervergütung verpflichtet, weil er bis dahin faktisch eine Vorzugsstellung gegenüber Mitbewerbern hatte (Sen.Urt. v. 2.6.1987 - X ZR 97/86, GRUR 1987,
  179. 900, 902 - Entwässerungsanlage; vgl. auch Sen.Urt. v. 23.6.1977 - X ZR 6/75,
  180. GRUR 1977, 784, 786 - Blitzlichtgeräte).
  181. Demgemäß steht dem Kläger für die Zeit bis zur Rechtskraft des Beschlusses des Bundespatentgerichts vom 27. Juni 1996, also bis zum
  182. 5. August 1996, ein Vergütungsanspruch nach § 9 Abs. 1 ArbEG zu, so daß er
  183. für Benutzungshandlungen, die das Streitpatent betreffen, bis zu diesem Zeitpunkt auch Rechnungslegung (§ 259 BGB) von der Beklagten verlangen kann.
  184. Anhaltspunkte dafür, daß die Vergütungsverpflichtung der Beklagten ausnahmsweise schon früher entfallen ist, etwa weil das Schutzrecht schon vor
  185. dem Widerruf von Mitbewerbern der Beklagten nicht mehr beachtet wurde und
  186. dadurch die aufgrund des Ausschließungsrechts erlangte Vorzugsstellung
  187. verlorengegangen ist, sind nicht ersichtlich. Sie werden von der Beklagten
  188. auch nicht geltend gemacht.
  189. c) Diesem Anspruch kann die Beklagte einen Rechtsmißbrauch des Klägers nicht entgegenhalten.
  190. - 11 -
  191. Zwar kann die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen gegen den
  192. Arbeitgeber wegen eines Rechtsmißbrauchs ausgeschlossen sein, wenn der
  193. Arbeitnehmererfinder diese durch unredliches Verhalten erworben hat; ein solcher Rechtsmißbrauch kann insbesondere vorliegen, wenn der Arbeitnehmererfinder etwa als Patentsachbearbeiter trotz ihm bekannter offenkundiger
  194. Vorbenutzungen ein Schutzrecht für seine Diensterfindung zur Entstehung
  195. bringt
  196. (Sen.Urt.
  197. v.
  198. 23.6.1977
  199. - X ZR 6/75,
  200. GRUR
  201. 1977,
  202. 784,
  203. 787
  204. - Blitzlichtgeräte). Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht gegeben. Das
  205. Berufungsgericht hat ein vorsätzliches Verhalten des Klägers nicht festgestellt.
  206. Die Revision hat insoweit auch nicht gerügt, das Berufungsgericht habe wesentlichen Sachvortrag der Beklagten übergangen. Soweit die Beklagte dem
  207. Kläger vorwirft, er habe mit seinen Angeboten an die E.
  208. H.
  209. B.
  210. GmbH und die
  211. & B. GmbH selbst dazu beigetragen, daß eine Neuheitsschädlichkeit
  212. entstanden sei, rechtfertigt dies allein nicht die Annahme eines Rechtsmißbrauchs. Dem Kläger könnte auf Grund seiner Mitwirkung an den Angeboten
  213. allenfalls vorgeworfen werden, die Rechtslage vor der Anmeldung der Erfindung falsch eingeschätzt zu haben. Dies reicht zur Begründung eines gegen
  214. die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßenden Verhaltens nicht aus. Es
  215. ist zudem nicht ersichtlich, daß durch die Mitwirkung des Klägers bei der Erstellung der Angebote die Stellung der Beklagten auf dem Markt in irgend einer
  216. Weise beeinträchtigt worden sein könnte. Daß die Mitbewerber das Schutzrecht der Beklagten nicht beachtet hätten, wird auch von der Revision nicht
  217. behauptet.
  218. d) Ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe bei
  219. seinen Erwägungen den Vortrag der Beklagten zu weiteren Vorbenutzungshandlungen sowie zur fehlenden Neuheit und erfinderischen Tätigkeit der
  220. - 12 -
  221. Diensterfindung nicht berücksichtigt. Die Beklagte hat zwar als Anlage zur Berufungsbegründung
  222. den
  223. Schriftsatz
  224. der
  225. H.
  226. & B. GmbH
  227. vom
  228. 28. November 1989 aus dem Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patentamt vorgelegt, in dem weitere Vorbenutzungshandlungen und die mangelnde
  229. Patentfähigkeit der Erfindung behauptet werden. Entgegen der Auffassung der
  230. Revision war das Berufungsgericht aber nicht gehalten, sich mit diesem Vorbringen zu befassen. Die Beklagte hat den genannten Schriftsatz nämlich nur
  231. als Beleg dafür vorgelegt, daß ihr Streithelfer von einer offenkundigen Vorbenutzung durch die Angebote an die E.
  232. B.
  233. GmbH und die H.
  234. & B.
  235. GmbH überzeugt war. Mit den in diesem Schriftsatz aufgeführten weiteren Vorbenutzungshandlungen, der mangelnden Patentfähigkeit und der nicht einmal
  236. im Zusammenhang stehenden Beweisangebote befaßt sich die Berufungsbegründung der Beklagten hingegen nicht. Der Schriftsatz der H.
  237. & B.
  238. GmbH vom 28. November 1989 im Einspruchsverfahren ist nicht schon durch
  239. seine bloße Vorlage auch inhaltlich Gegenstand des Parteivortrags der Beklagten geworden. Zwar ist die Bezugnahme auf Schriftsätze aus anderen
  240. Verfahren gemäß § 137 Abs. 3 ZPO grundsätzlich zulässig. Der Inhalt solcher
  241. Schriftstücke wird jedoch nur insoweit Prozeßstoff, als sie einen von den Parteien
  242. vorgetragenen
  243. Sachverhalt
  244. betreffen
  245. (BGH,
  246. Urt.
  247. v.
  248. 9.6.1994
  249. - IX ZR 125/93, NJW 1994, 3295, 3296 zu beigezogenen Ermittlungsakten;
  250. Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 137 Rdn. 3 a). Hieran fehlt es. Aus diesem
  251. Grund geht auch die von der Revision erhobene Rüge fehlender Gründe nach
  252. § 551 Nr. 7 ZPO fehl.
  253. III. 1. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, daß dem Kläger
  254. spätestens für die Zeit nach dem (rechtskräftigen) Widerruf des Klagepatents
  255. Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zustehen. Die Beklagte sei zum
  256. - 13 -
  257. Schadensersatz verpflichtet, weil durch den von ihr verschuldeten Widerruf des
  258. Klagepatents die Erfüllung ihrer aus § 16 ArbEG folgenden Verpflichtung zur
  259. Übertragung des Klagepatents auf den Kläger unmöglich geworden sei (§ 280
  260. BGB); damit habe die Beklagte zugleich gegen ihre dem Kläger gegenüber bestehende Fürsorgepflicht aus dessen mit ihm geschlossenen Arbeitsvertrag
  261. verstoßen. Da § 16 ArbEG ein den Schutz des Arbeitnehmererfinders bezwekkendes Gesetz sei, ergebe sich die Schadensersatzpflicht der Beklagten auch
  262. aus § 823 Abs. 2 BGB, § 16 ArbEG.
  263. Das Klagepatent sei objektiv zu Unrecht widerrufen worden, weil sein
  264. Gegenstand entgegen der Annahme des Bundespatentgerichts nicht im Sinne
  265. des § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG offenkundig vorbenutzt worden sei. Zwar sei in den
  266. Angebotsunterlagen, welche die Beklagte zuerst der E.
  267. dann der H.
  268. B.
  269. GmbH und
  270. & B. GmbH zugeleitet habe, die Diensterfindung beschrie-
  271. ben. Sie sei aber nicht "der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" worden. Die
  272. Offenkundigkeit einer Benutzungshandlung sei nämlich dann zu verneinen,
  273. wenn derjenige, demgegenüber die Benutzungshandlung vorgenommen werde,
  274. dem Benutzer gegenüber zur Geheimhaltung verpflichtet sei und sich jedenfalls
  275. bis zum Prioritätstag der Schutzrechtsanmeldung an diese Verpflichtung halte.
  276. Dies sei hier der Fall. Die Beklagte habe ihre "Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Basis der VDMA-Bedingungen" ausdrücklich zum Inhalt ihrer Angebote gegenüber der E.
  277. B.
  278. GmbH gemacht. Die E.
  279. B.
  280. GmbH habe
  281. sich durch schlüssiges Verhalten mit der Geltung der VDMA-Bedingungen einverstanden erklärt. Mit dem Verbot gemäß Punkt I. Satz 2 VDMA-Bedingungen,
  282. Zeichnungen und andere Unterlagen Dritten zugänglich zu machen, solle sichergestellt werden, daß der Inhalt geheim bleibe. Aufgrund der VDMA-
  283. - 14 -
  284. Bedingungen sei die E.
  285. B.
  286. GmbH jedenfalls bis zur Anmeldung des Kla-
  287. gepatents zur Geheimhaltung verpflichtet gewesen.
  288. Gleiches gelte für die H.
  289. & B. GmbH. Diese habe ihre Verpflich-
  290. tung bis zum Prioritätstage des Klagepatents eingehalten, so daß es auch hier
  291. an einer offenkundigen Vorbenutzung fehle. Die Beklagte habe in ihrem Auftragsschreiben an die H.
  292. & B. GmbH vom 15. Januar 1987 unter ande-
  293. rem die Allgemeinen Einkaufsbedingungen der E.
  294. B.
  295. GmbH einbezogen.
  296. Nach Nr. 9.1 dieser Bedingungen sei der Lieferant verpflichtet, die mit der Bestellung zusammenhängenden technischen Unterlagen als Geschäftsgeheimnis zu betrachten und streng vertraulich zu behandeln. Diese Bedingungen
  297. seien von der H.
  298. & B. GmbH wie eigene Bedingungen der Beklagten zu
  299. betrachten gewesen. Deshalb komme es nicht darauf an, ob der technische
  300. Inhalt der zur Bestellung gehörenden Unterlagen ursprünglich von der
  301. E.
  302. B.
  303. GmbH oder von der Beklagten stamme.
  304. 2. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten im Ergebnis der
  305. revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
  306. a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings in seinem rechtlichen
  307. Ausgangspunkt davon ausgegangen, daß dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB a.F. gegen die Beklagte zustehen kann, wenn
  308. die Beklagte den Widerruf des Klagepatents zu vertreten hat. Rechtsfehlerfrei
  309. hat das Berufungsgericht angenommen, daß mit dem Zugang des Schreibens
  310. vom 9. November 1994 beim Streithelfer der Beklagten, mit dem der Kläger die
  311. Übertragung des Klagepatents auf sich verlangt hat, ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung des Klagepatents gemäß § 16 Abs. 1 ArbEG entstand
  312. - 15 -
  313. (vgl. Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindergesetz, 3. Aufl., § 16 Rdn. 36, 37;
  314. Volmer/Gaul, Arbeitnehmererfindergesetz, 2. Aufl., § 16 Rdn. 170). Von diesem
  315. Zeitpunkt an war die Beklagte verpflichtet, dem Kläger das Klagepatent durch
  316. Abtretung gemäß §§ 413, 398 ff. BGB (§ 15 Abs. 1 Satz 2 PatG) unverzüglich
  317. zu übertragen, da der Anspruch mit seiner Entstehung fällig wurde (§ 271 BGB)
  318. (Busse, aaO, § 16 ArbEG Rdn. 19).
  319. b) Zu Recht hat das Berufungsgericht den Schadensersatzanspruch auf
  320. den Gedanken des § 280 Abs. 1 BGB a.F. gestützt. Zwar beruht der schuldrechtliche Übertragungsanspruch des Arbeitnehmererfinders gemäß § 16
  321. Abs. 1 ArbEG nicht auf einem Vertrag, da die Übertragungsverpflichtung des
  322. Arbeitgebers erst durch den Zugang der Erklärung des Arbeitnehmererfinders
  323. beim diesem ausgelöst wird (Volmer/Gaul, aaO, § 16 ArbEG Rdn. 170). § 16
  324. Abs. 1 und 2 ArbEG begründet aber ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Arbeitnehmererfinder und dem Arbeitgeber (Bartenbach/Volz, aaO,
  325. § 16 ArbEG Rdn. 70), das bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die
  326. schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung des Schutzrechts zur Entstehung bringt. § 280 BGB a. F. findet auf solche Schuldverhältnisse ebenfalls
  327. Anwendung (MünchKomm. z. BGB/Emmerich, 3. Aufl., § 280 Rdn. 2; Soergel/
  328. Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 280 Rdn. 4).
  329. c) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß der Arbeitgeber dem Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Verpflichtungen
  330. aus § 16 ArbEG grundsätzlich die mangelnde Schutzfähigkeit der Erfindung
  331. entgegenhalten kann (Sen.Urt. v. 14.7.1980 - X ZR 1/79, Umdr. S. 10, 11, nicht
  332. veröffentlicht; vgl. auch Sen.Urt. v. 8.12.1981 - X ZR 50/80, GRUR 1982, 227,
  333. - 16 -
  334. 229 - Absorberstab-Antrieb II; Busse, aaO, § 16 ArbEG Rdn. 24; Reimer/
  335. Schade/Schippel, Recht der Arbeitnehmererfindung, 7. Aufl., § 16 Rdn. 10).
  336. Ohne Erfolg rügt die Revision in diesem Zusammenhang, das Berufungsgericht habe sich verfahrensfehlerhaft mit den im Einspruchsverfahren
  337. gegen das Klagepatent gerichteten Angriffen der dortigen Beschwerdeführerin
  338. nicht auseinandergesetzt. Das Berufungsgericht war nicht gehalten, sich mit
  339. den in ihrer Beschwerdebegründung von der H.
  340. & B. GmbH vorgetrage-
  341. nen Gründen zu befassen. Die Beklagte hat den Inhalt der als Anlage vorgelegten Beschwerdebegründung nicht zum Gegenstand ihres Prozeßvortrages
  342. gemacht. Die Bezugnahme auf Schriftstücke aus anderen Verfahren ist zwar
  343. gemäß § 137 Abs. 3 ZPO zulässig; deren Inhalt wird jedoch nur insoweit Prozeßstoff, als es einen von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt betrifft,
  344. woran es hier fehlt.
  345. d) Das Berufungsgericht hat seinen Erwägungen zutreffend die Grundsätze zugrunde gelegt, die der erkennende Senat zum Tatbestand der offenkundigen Vorbenutzung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG entwickelt hat.
  346. Besteht die Benutzungshandlung darin, daß der Gegenstand des künftigen
  347. Schutzrechts an einen Dritten geliefert wird, kommt es darauf an, ob die Weiterverbreitung der von dem Empfänger der Lieferung erhaltenen Kenntnis an
  348. beliebige Dritte nach der Lebenserfahrung nahegelegen hat (Sen.Beschl. v.
  349. 5.3.1996
  350. - X ZB 13/92,
  351. GRUR
  352. 1996,
  353. 747,
  354. 752
  355. - Lichtbogen-Plasma-
  356. Beschichtungssystem). Dies gilt auch bei einem einzigen Angebot oder Verkauf
  357. (Sen.Urt. v. 19.5.1999 - X ZR 67/98, GRUR 1999, 976, 977 - Anschraubscharnier). Einen gewichtigen Anhaltspunkt für die Beantwortung dieser Frage
  358. liefert dabei der Umstand, ob für den Mitteilungsempfänger eine Pflicht zur Ge-
  359. - 17 -
  360. heimhaltung bestanden hat oder wenigstens nach der Lebenserfahrung anzunehmen war, daß er die Benutzungshandlung, z.B. wegen eines eigenen geschäftlichen oder sonstigen Geheimhaltungsinteresses, tatsächlich geheim
  361. halten werde (Sen.Beschl. v. 5.3.1996, aaO; vgl. zur früheren Rechtslage
  362. Sen.Urt. v. 13.12.1977 - X ZR 28/75, GRUR 1978, 297, 298 - Hydraulischer
  363. Kettenbandantrieb). Im allgemeinen ist die Offenkundigkeit zu verneinen, wenn
  364. eine Geheimhaltungspflicht ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart ist
  365. oder wenn sie sich sonstwie nach Treu und Glauben aus den Umständen des
  366. Falles ergibt (Sen.Beschl. v. 5.3.1996, aaO). Eine Vorbenutzung gegenüber
  367. zur Geheimhaltung verpflichteten Personen schadet jedenfalls dann nicht,
  368. wenn
  369. die
  370. Geheimhaltung
  371. gewahrt
  372. wird
  373. (BGHZ
  374. 136,
  375. 40,
  376. 46
  377. - Leiterplattennutzen). Ist dagegen im Zusammenhang mit der Lieferung eine
  378. Geheimhaltungspflicht nicht vereinbart worden und eine Geheimhaltung auch
  379. sonst nicht zu erwarten, ist umgekehrt in der Regel davon auszugehen, daß mit
  380. der Lieferung die Kenntnis von der Erfindung der Öffentlichkeit preisgegeben
  381. und die jedenfalls nicht fernliegende Möglichkeit geschaffen worden ist, daß
  382. beliebige Dritte von ihr Kenntnis nehmen können (Sen.Beschl. v. 5.3.1996,
  383. aaO). Diese Grundsätze gelten nicht nur in Fällen, in denen die Benutzungshandlung in einer Lieferung besteht, sondern gleichermaßen, wenn - wie hier ein körperlich noch nicht hergestellter Gegenstand angeboten wird, und das
  384. Angebot alle technischen Einzelheiten enthält, die für die Herstellung durch
  385. andere Fachleute notwendig sind (BGH, Urt. v. 24.10.1961 - I ZR 92/58, GRUR
  386. 1962, 86, 88 f. - Fischereifahrzeug; BGH, Urt. v. 8.6.1962 - I ZR 9/61, GRUR
  387. 1962, 518, 520 f. - Blitzlichtgerät; Benkard/Ullmann, PatG, 9. Aufl., § 3
  388. Rdn. 43).
  389. - 18 -
  390. aa) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, daß die
  391. H.
  392. & B. GmbH aufgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen-
  393. über der Beklagten im maßgeblichen Zeitraum verpflichtet war, die in den Angebotsunterlagen beschriebene Diensterfindung geheim zu halten.
  394. (1) Nr. 9.1 der Allgemeinen Einkaufsbedingungen der E.
  395. B.
  396. GmbH
  397. verpflichtet den Lieferanten, die mit der Bestellung zusammen-hängenden Unterlagen als Geschäftsgeheimnis zu betrachten und streng vertraulich zu behandeln. Durch eine derartige Klausel wird dem legitimen Interesse des Bestellers daran, daß geheimhaltungsbedürftiges technisches Wissen auch vom
  398. Lieferanten geheimgehalten wird, Rechnung getragen (Graf v. Westphalen,
  399. Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Einkaufsbedingungen Rdn. 74). Die Geschäftsbedingungen hat die Beklagte durch ausdrücklichen Hinweis in ihrem
  400. Schreiben vom 15. Januar 1987 unter Beifügung eines Exemplars wirksam zum
  401. Gegenstand ihres Vertrags mit der H.
  402. & B. GmbH gemacht. Die Anforde-
  403. rungen, welche die höchstrichterliche Rechtsprechung (u.a. BGHZ 102, 293,
  404. 304; BGHZ 117, 190, 194) an die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im kaufmännischen Verkehr stellt, sind erfüllt.
  405. (2) Ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsgericht weite
  406. die Geheimhaltungspflicht gemäß Nr. 9.1 in unzulässiger und unzutreffender
  407. Weise aus, wenn es annehme, daß sich die Pflicht der H.
  408. nicht nur auf die Unterlagen der E.
  409. B.
  410. r & B. GmbH
  411. GmbH, sondern darüber hinaus
  412. auch auf die Unterlagen der Beklagten erstrecke.
  413. Das Berufungsgericht hat seine Feststellungen aufgrund einer Auslegung des zwischen der Beklagten und der H.
  414. & B. GmbH geschlossenen
  415. - 19 -
  416. Vertrags getroffen. Diese ist als tatrichterliche Würdigung in der Revisionsinstanz nur beschränkt daraufhin überprüfbar, ob dabei gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa
  417. indem unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wesentliches Auslegungsmaterial außer acht gelassen wurde (u.a. Sen.Urt. v. 25.2.1992 - X ZR 88/90,
  418. NJW 1992, 1967, 1968). Solche Fehler zeigt die Revision nicht auf. Das Berufungsgericht hat entscheidend darauf abgehoben, daß die Beklagte den Inhalt
  419. der Einkaufsbedingungen in einer für die H.
  420. & B. GmbH eindeutig er-
  421. kennbaren Weise zum Gegenstand ihres eigenen Vertragsangebots gemacht
  422. hat, so daß die Bedingungen von dieser wie eigene der Beklagten zu betrachten gewesen seien. Dies läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die in dem
  423. maßgeblichen Bestellschreiben gewählte Formulierung "alle vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Fa. E.
  424. S.
  425. B.
  426. GmbH und der Fa. O.
  427. GmbH ... haben in gleicher Weise Gültigkeit für den Vertrag zwi-
  428. schen der Fa. H.
  429. & B.
  430. GmbH und der Fa. O.
  431. S.
  432. GmbH"
  433. spricht für das vom Berufungsgericht gefundene Auslegungsergebnis; durch
  434. die gewählte Formulierung kommt zum Ausdruck, daß die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der E.
  435. Beklagten mit der H.
  436. B.
  437. GmbH in die vertragliche Beziehung der
  438. & B. GmbH Eingang finden sollten. Eine dahin ge-
  439. hende Auslegung verstößt auch nicht - wie die Revision meint - gegen Denkgesetze. Zwar mag es sein, daß die E.
  440. B.
  441. GmbH mit der Klausel in
  442. Nr. 9.1 Satz 2 ihrer Einkaufsbedingungen ihre Vertragspartner verpflichten
  443. wollte, ihrerseits Unterlieferanten zu verpflichten, ihre Unterlagen vertraulich zu
  444. behandeln. Mit der in dem Schreiben vom 15. Januar 1987 gewählten Formulierung hat sich die Beklagte jedoch nicht auf eine entsprechende Verpflichtung
  445. ihres Unterlieferanten beschränkt. Die Geheimhaltungspflicht bezieht sich nicht
  446. - 20 -
  447. auf die Unterlagen der E.
  448. B.
  449. GmbH, sondern ganz allgemein auf die An-
  450. gebotsunterlagen des Bestellers.
  451. bb) Erfolg hat die Revision jedoch, soweit das Berufungsgericht angenommen hat, auch die E.
  452. B.
  453. GmbH habe sich gegenüber der Beklagten
  454. zur Geheimhaltung der Diensterfindung verpflichtet.
  455. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen nicht dessen Annahme, die VDMA-Bedingungen seien Bestandteil des zwischen der Beklagten und
  456. der E.
  457. B.
  458. GmbH geschlossenen Vertrages geworden. Die Bezugnahme
  459. auf die VDMA-Bedingungen war zwar in den Schreiben der Beklagten vom 1.
  460. und 27. Oktober 1986 enthalten, mit denen die Beklagte der E.
  461. B.
  462. GmbH
  463. ein Angebot zur Lieferung der Drahtvortriebsvorrichtung unterbreitete. Aus der
  464. Bestellung der E.
  465. B.
  466. GmbH ergab sich jedoch ihr Widerspruch gegen die
  467. Vereinbarung der VDMA-Bedingungen insgesamt, den das Berufungsgericht
  468. bei seinen Erwägungen unberücksichtigt gelassen hat. Die dem Bestellschreiben der E.
  469. B.
  470. GmbH vom 19. Dezember 1986 beigefügten Allgemeinen
  471. Einkaufsbedingungen enthalten im zweiten Absatz eine Abwehrklausel mit folgendem Wortlaut:
  472. "Anders lautende Bedingungen des Lieferanten gelten nur, wenn
  473. sie von uns ausdrücklich anerkannt und schriftlich bestätigt werden".
  474. Damit könnte die E.
  475. B.
  476. GmbH für die Beklagte unmißverständlich
  477. zum Ausdruck gebracht haben, daß ihre Einkaufsbedingungen gelten sollen
  478. und für die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten kein Raum sein
  479. - 21 -
  480. solle (vgl. Sen.Urt. v. 24.10.2000 - X ZR 42/99, NJW-RR 2001, 484, 485 unter
  481. Hinweis auf BGH, Urt. v. 19.6.1991 - VIII ZR 149/90, NJW 1991, 2633, 2634 f.).
  482. Durch eine solche allgemein gehaltene Abwehrklausel sollen grundsätzlich
  483. nicht nur widersprechende, sondern auch zusätzliche ergänzende Klauseln
  484. ausgeschlossen werden (Sen.Urt. v. 24.10.2000, aaO; BGH, Urt. v. 20.3.1985
  485. - VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838, 1840). Die Bestellung der E.
  486. B.
  487. GmbH vom 19. Dezember 1986 enthielt möglicherweise ein modifiziertes Angebot an die Beklagte; die Beklagte bestätigte am 20. Februar 1987 den erteilten Auftrag unter Beifügung ihrer Verkaufs- und Lieferbedingungen, die jedoch weder ein Geheimhaltungsgebot noch eine Bezugnahme auf die VDMABedingungen enthielten.
  488. Bereits aus diesen Gründen ist das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als der Kläger Rechnungslegung über Benutzungshandlungen für den
  489. Zeitraum nach dem 5. August 1996 verlangt.
  490. IV. 1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagte sei dem
  491. Kläger zum Schadensersatz verpflichtet. Die Beklagte habe in dem EinspruchsBeschwerdeverfahren über das Klagepatent die Behauptungen der Einsprechenden zu offenkundigen Vorbenutzungen zu Unrecht zugestanden. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt habe sie aus ihren Vertragsunterlagen erkennen können,
  492. daß im Winter 1986/87 sowohl die E.
  493. B.
  494. GmbH als auch die H.
  495. & B. GmbH zur Geheimhaltung verpflichtet gewesen seien. Da dem Klagepatent keine patenthindernden offenkundigen Benutzungen entgegengestanden
  496. hätten, wäre das Klagepatent nicht widerrufen worden, wenn entweder die Beklagte es gehörig verteidigt oder sie dem Kläger durch rechtzeitige Übertra-
  497. - 22 -
  498. gung die Möglichkeit verschafft hätte, es seinerseits gehörig zu verteidigen.
  499. Auch auf eine etwaige spätere Nichtigkeitsklage der Beklagten hin wäre das
  500. Klagepatent nicht vernichtet worden. Der Kläger habe durch das schuldhaftpflichtwidrige Verhalten der Beklagten einen Schaden erlitten, weil ihm jedenfalls die sonst gegebene Möglichkeit genommen worden sei, mit der Beklagten
  501. einen Lizenzvertrag zu schließen und Lizenzgebühren zu verlangen.
  502. 2. a) Soweit es um die Geheimhaltungsverpflichtung im Verhältnis zur
  503. E.
  504. B.
  505. GmbH geht, ist den Ausführungen des Berufungsgerichts zum Ver-
  506. schulden der Beklagten die Grundlage entzogen, weil eine Geheimhaltungspflicht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt ist.
  507. b) Im übrigen halten die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Verschulden und zum Schaden im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
  508. aa) Allerdings rügt die Revision zu Recht die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe pflichtwidrig im patentgerichtlichen Verfahren das
  509. Fehlen einer Geheimhaltungsvereinbarung mit der H.
  510. & B. GmbH zuge-
  511. standen. Die Beklagte hat in ihrem an das Bundespatentgericht gerichteten
  512. Schriftsatz vom 23. Februar 1996 lediglich zur Geheimhaltungsvereinbarung
  513. mit der E.
  514. B.
  515. GmbH Stellung genommen. Das Fehlen einer entsprechen-
  516. den Vereinbarung mit der H.
  517. & B. GmbH hat die Beklagte dagegen nicht
  518. zugestanden. Insbesondere liegt ein Geständnis im Sinne des § 288 ZPO mit
  519. der Rechtsfolge aus § 138 Abs. 3 ZPO auch nicht vor. In dem vom Amtsermittlungsgrundsatz (§ 87 Abs. 1 PatG) geprägten Verfahren vor dem Bundespa-
  520. - 23 -
  521. tentgericht findet diese Vorschrift keine Anwendung (Busse, aaO, § 87 PatG
  522. Rdn. 7).
  523. bb) Gleichwohl ist der vom Berufungsgericht der Beklagten gemachte
  524. Schuldvorwurf gerechtfertigt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
  525. hat die Beklagte es pflichtwidrig unterlassen, die bestehende Geheimhaltungspflicht der H.
  526. & B. GmbH im Beschwerdeverfahren vorzutragen, obwohl
  527. sie bei Durchsicht der Vertragsunterlagen hätte erkennen können und müssen,
  528. daß eine solche bestand. Es ist anerkannt (Bartenbach/Volz, aaO, § 16 ArbEG
  529. Rdn. 41; Volmer/Gaul, aaO, § 16 ArbEG Rdn. 60), daß der Arbeitgeber verpflichtet ist, während der dem Arbeitnehmererfinder nach § 16 Abs. 2 ArbEG
  530. zustehenden Überlegungsfrist alle ihm zumutbaren Maßnahmen zu treffen, um
  531. dem Arbeitnehmer das zu übertragende Recht in dem (Rechts-)Zustand zu erhalten, in dem es sich zum Zeitpunkt der Mitteilung der Aufgabeabsicht befunden hat. Dies gilt um so mehr, wenn der Arbeitnehmer durch sein Übertragungsverlangen die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Übertragung des
  532. Schutzrechts nach § 16 Abs. 1 ArbEG begründet hat. Der Arbeitgeber hat sich
  533. bis zur wirksamen Übertragung des Schutzrechts auf den Arbeitnehmererfinder
  534. mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln um die Aufrechterhaltung des
  535. Schutzrechts zu bemühen. Diese aus § 16 ArbEG abzuleitende Obliegenheit
  536. beinhaltet u.a., daß der Arbeitgeber in einem Einspruchsverfahren und beim
  537. nachfolgenden Beschwerdeverfahren, in dem der Widerruf des Patents droht,
  538. alle ihm zu Gebote stehende Verteidigungsmöglichkeiten zugunsten des Arbeitnehmererfinders ausschöpfen muß. Dazu gehört es auch, wenn in dem
  539. Verfahren offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht wird, durch Nachfrage
  540. bei den zuständigen Mitarbeitern und durch Durchsicht der maßgeblichen Vertragsunterlagen aufzuklären, ob etwa eine Geheimhaltungsvereinbarung be-
  541. - 24 -
  542. steht oder tatsächliche Umstände bekannt sind, aus denen eine Pflicht zur Geheimhaltung folgt. Dieser Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts ist die
  543. Beklagte - soweit es um die Geheimhaltungsvereinbarung im Verhältnis zur
  544. H.
  545. & B. GmbH geht - nicht in dem erforderlichen Maße nachgekommen.
  546. Bei der gebotenen Durchsicht der Vertragsunterlagen hätte die Beklagte erkennen können und müssen, daß aufgrund der für das Vertragsverhältnis geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Geheimhaltungspflicht bestand. Jedenfalls bei dieser Sachlage führte dieser Sorgfaltspflichtverstoß der
  547. Beklagten dazu, daß sie es unterließ, die Tatsache einer bestehenden G eheimhaltungsvereinbarung in das Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht einzuführen.
  548. cc) Die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es einen Schaden des Klägers bejaht hat, begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Bei einem
  549. Verfall des Schutzrechts kann der Schaden im Ausfall von Vergütungsansprüchen liegen (Busse, aaO, § 16 ArbEG Rdn. 26 m.w.N.). Die Revision kann
  550. demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, die Beklagte hätte im Falle der
  551. Zurücknahme der Beschwerde durch die einsprechende H.
  552. & B. GmbH
  553. ihrerseits eine Nichtigkeitsklage erhoben, die auch Erfolg gehabt hätte. Die
  554. Revision
  555. stützt
  556. sich
  557. hier
  558. auf
  559. Vortrag
  560. im
  561. Einspruchsschriftsatz
  562. vom
  563. 28. November 1989 an das Deutsche Patentamt, der aus den oben genannten
  564. Gründen nicht Prozeßstoff des gegenständlichen Verfahrens geworden ist. Im
  565. übrigen kommt es auch insoweit maßgeblich darauf an, ob eine Geheimhaltungspflicht der E.
  566. B.
  567. GmbH bestand, die eine offenkundige Benutzung
  568. nach § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG ausschließen kann.
  569. - 25 -
  570. V. 1. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht zunächst der von ihm ausdrücklich offengelassenen Frage nachzugehen haben, ob unabhängig von der in den VDMA-Bedingungen enthaltenen Klausel aus tatsächlichen Gründen eine Geheimhaltungspflicht der E.
  571. B.
  572. GmbH gegenüber der Beklagten bestand. Dabei wird sich das Berufungs-
  573. gericht insbesondere mit der vom Landgericht bejahten stillschweigenden Geheimhaltungspflicht (vgl. Benkard/Ullmann, aaO, § 3 PatG Rdn. 68 m.w.N.)
  574. befassen müssen.
  575. 2. Sollte sich erweisen, daß eine Geheimhaltungspflicht auch der E.
  576. B.
  577. GmbH bestand, wird zu klären sein, ob die Beklagte das Bestehen einer
  578. solchen Verpflichtung hätte erkennen können und müssen und ihr deshalb ein
  579. Verschulden zur Last fällt. In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Zurechnung des Wissens von Organvertretern im Verhältnis zur juristischen Person zu beachten
  580. haben, da an den maßgeblichen Gesprächen der inzwischen verstorbene Geschäftsführer der Beklagten R.
  581. O.
  582. beteiligt war. Nach diesen Grundsät-
  583. zen muß sich die juristische Person das Wissen aller ihrer vertretungsberechtigten Organwalter zurechnen lassen, selbst wenn das "wissende" Organmitglied an dem betreffenden Rechtsgeschäft nicht selbst mitgewirkt hat bzw.
  584. nichts davon gewußt hat. Auch das Ausscheiden aus dem Amt oder der
  585. - 26 -
  586. Tod des Organvertreters steht dem Fortdauern der Wissenszurechnung nicht
  587. entgegen (BGH, Urt. v. 17.5.1995 - VIII ZR 70/94, NJW 1995, 2159, 2160;
  588. BGHZ 109, 327, 331; BGH, Urt. v. 31.1.1996 - VIII ZR 297/94, NJW 1996,
  589. 1205, 1206).
  590. Melullis
  591. Jestaedt
  592. Keukenschrijver
  593. Scharen
  594. Asendorf