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16 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VIII ZR 38/05
  5. Verkündet am:
  6. 21. September 2005
  7. K i r c h g e ß n e r,
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 307 Ba, Cb
  19. Die von einem Unternehmer gegenüber Verbrauchern zum Abschluss von Flüssiggasbelieferungsverträgen verwendete Klausel
  20. Wenn sich nach Abschluss des Vertrages die Gestehungspreise für Flüssiggas, die Material-, Lohn-, Transport- und Lagerkosten oder die Mineralöl- bzw. Mehrwertsteuersätze ändern, kann S.
  21. (= Beklagte) im Umfang der Veränderung dieser Kostenfaktoren pro Liefereinheit den vorstehend angegebenen derzeitigen Gaspreis ändern.
  22. Wenn sich die vorgenannten Kosten ermäßigen, kann der Kunde die Neufestsetzung des Preises im Rahmen der Veränderung der Kostenfaktoren
  23. verlangen.
  24. hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.
  25. BGH, Urteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05 - OLG Stuttgart
  26. LG Stuttgart
  27. -2-
  28. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und
  29. die Richter Ball, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst
  30. für Recht erkannt:
  31. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des
  32. 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom
  33. 13. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
  34. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens
  35. zu tragen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Tatbestand:
  38. Der Kläger, ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 1
  39. UKlaG eingetragener Verein, nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Preisanpassungsklausel
  40. in Anspruch.
  41. Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges Unternehmen, das unter anderem mit Flüssiggas handelt und im Rahmen der Belieferungsverträge Flüssiggasbehälter vermietet. Sie verwendet gegenüber Verbrauchern einen vorformulierten „Flüssiggas-Belieferungs-Vertrag“, nach dessen Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 der
  42. -3-
  43. Kunde verpflichtet ist, während der Laufzeit des Vertrages seinen gesamtem
  44. Bedarf an Flüssiggas ausschließlich bei der Beklagten zu decken. In Nr. 4 enthält der Vertrag folgende Preisanpassungsklausel:
  45. „4. Preisklausel für Flüssiggaslieferungen
  46. Wenn sich nach Abschluß des Vertrages die Gestehungspreise
  47. für Flüssiggas, die Material-, Lohn-, Transport- und Lagerkosten
  48. oder die Mineralöl- bzw. Mehrwertsteuersätze ändern, kann
  49. S.
  50. (= Beklagte) im Umfang der Veränderung dieser Kostenfaktoren pro Liefereinheit den vorstehend angegebenen derzeitigen Gaspreis ändern.
  51. Wenn sich die vorgenannten Kosten ermäßigen, kann der Kunde die Neufestsetzung des Preises im Rahmen der Veränderung der Kostenfaktoren verlangen.
  52. …“
  53. Das Landgericht hat der Klage auf Unterlassung der Verwendung der
  54. beanstandeten Klausel stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die Berufung
  55. der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
  56. Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
  57. Entscheidungsgründe:
  58. Die Revision hat keinen Erfolg. Sie ist daher zurückzuweisen.
  59. I.
  60. -4-
  61. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt
  62. begründet:
  63. Die von der Beklagten verwendete, nach § 307 Abs. 3 BGB kontrollfähige Preisanpassungsklausel benachteilige deren Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei deshalb nach § 307 Abs. 1
  64. BGB unwirksam. Denn sie räume der Beklagten das Recht ein, den vereinbarten Gaspreis unter nicht voraussehbaren und nicht nachvollziehbaren Voraussetzungen zu ändern.
  65. Bei langfristigen Vertragsverhältnissen wie den Gaslieferungsverträgen
  66. der Beklagten sei zwar ein Interesse der Parteien anzuerkennen, die bei Vertragsschluss zugrunde gelegte Relation von Leistung und Gegenleistung über
  67. die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten. Kostenelementeklauseln, die eine Anpassung der Preise auf der Grundlage der Entwicklung der
  68. Kostenelemente erlaubten, seien daher grundsätzlich zulässig. Sie müssten
  69. aber dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügen. Dafür sei
  70. entscheidend, dass der Vertragspartner des Verwenders den Umfang der auf
  71. ihn zukommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer Preiserhöhung des
  72. Verwenders an der Klausel selbst messen könne. Für ein einseitiges Bestimmungsrecht des Verwenders bedürfe es einer möglichst konkreten Festlegung
  73. der Voraussetzungen, unter denen das Bestimmungsrecht entstehe, und der
  74. Richtlinien, nach denen es auszuüben sei. Außerdem müsse verhindert werden, dass der Verwender nachträglich seinen in dem vereinbarten Preis enthaltenen Gewinnanteil erhöhe.
  75. Diesen Anforderungen genüge die von der Beklagten verwendete Preisanpassungsklausel in ihrer für den Verbandsprozess maßgeblichen kunden-
  76. -5-
  77. feindlichsten Auslegung nicht. Der Kunde werde nicht ausreichend in die Lage
  78. versetzt, Grund und Umfang von Preiserhöhungen erkennen und abschätzen
  79. und deren Berechtigung überprüfen zu können. Der Beklagten gewähre die
  80. Klausel einen unzulässigen Ermessensspielraum. Sie stelle Preisanpassungen
  81. und deren Zeitpunkt in das Belieben der Beklagten, beschränke sie nicht auf
  82. einen bestimmten prozentualen Umfang und stelle nicht sicher, dass Preise nur
  83. unter exakter Berechnung sämtlicher Änderungsfaktoren angepasst würden.
  84. Schon die Bezugsgrößen seien nicht hinreichend klar beschrieben. Unklar sei,
  85. mit welchem Anteil die allgemeinen Geschäftskosten der Beklagten, die sich
  86. nicht nur im Flüssiggasvertrieb betätige, auf diesen Unternehmensbereich entfielen. Unklar sei ferner, wie der Begriff „Gestehungspreise“ auszulegen und in
  87. welcher Weise die „Gestehungspreise“ Einfluss auf eine Preiserhöhung haben
  88. sollten. Die Klausel stelle nicht auf Marktpreise, sondern auf die Kostenentwicklung ab, die entscheidend auch von der Willensbildung des Unternehmers
  89. abhänge und für den Kunden undurchschaubar sei.
  90. Da die Klausel den Zeitpunkt einer Preisanpassung nicht festlege, könne die Beklagte diesen willkürlich bestimmen und zu Lasten des Kunden ungerechtfertigte Gewinne dadurch erzielen, dass sie Preissteigerungen sofort an
  91. den Kunden weitergebe und Hochpreisphasen mit Vorräten überbrücke, die sie
  92. zuvor noch günstiger eingekauft habe. Preissenkungen wegen rückläufiger
  93. Kosten könne die Beklagte angesichts der weiten Formulierung der Klausel
  94. leicht umgehen, indem sie Steigerungen bei einzelnen Gestehungspreisen oder Kosten überproportional ansetze oder Kostensenkungen nicht angemessen
  95. berücksichtige.
  96. Die Klausel sei auch deswegen zu beanstanden, weil für die Kunden der
  97. Beklagten keine Möglichkeit bestehe, die Berechtigung einer Gaspreiserhö-
  98. -6-
  99. hung unter Rückgriff auf ihnen zugängliche Erkenntnisquellen zu überprüfen.
  100. Die „Gestehungspreise für Flüssiggas“ könne der Kunde nicht nachprüfen, weil
  101. er nicht wisse, wann und zu welchem Preis die Beklagte sich am Markt eingedeckt habe. Veränderungen der Material-, Lohn-, Transport- und Lagerkosten
  102. könne er ebenfalls nicht kontrollieren, weil dazu betriebsinterne Informationen
  103. erforderlich seien, die er nicht auf zumutbare Art und Weise in Erfahrung bringen könne.
  104. Die dem Kunden durch die Klausel eröffnete Möglichkeit, im Falle einer
  105. Kostensenkung eine Neufestsetzung des Preises zu verlangen, könne die unangemessene Benachteiligung schon deswegen nicht kompensieren, weil der
  106. Kunde wegen der unbestimmten Formulierung nicht hinreichend erkennen könne, inwieweit sich die Kostenstruktur verändert habe. Die Klausel lasse sich,
  107. wie Beispiele aus der Stromwirtschaft zeigten, schließlich auch nicht damit
  108. rechtfertigen, dass eine genauere und transparentere Regelung nicht möglich
  109. wäre.
  110. II.
  111. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
  112. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt,
  113. dass die von der Beklagten verwendete Preisanpassungsklausel deren Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen
  114. benachteiligt und deshalb nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten hat das Berufungsgericht mit Recht jedenfalls darin gesehen, dass die Klausel weder die
  115. Voraussetzungen noch den Umfang einer Gaspreiserhöhung hinreichend be-
  116. -7-
  117. stimmt regelt, was zur Folge hat, dass die Vertragspartner der Beklagten die
  118. Berechtigung von Preiserhöhungen nicht verlässlich nachprüfen können und
  119. der Beklagten hierdurch die Möglichkeit eröffnet wird, das in dem ursprünglich
  120. vereinbarten Gaspreis zum Ausdruck kommende Gleichgewicht von Leistung
  121. und Gegenleistung zu ihren Gunsten zu verändern.
  122. 1. Die von der Beklagten verwendete Preisanpassungsklausel unterliegt
  123. - nicht allein im Hinblick auf ihre Transparenz (§ 307 Abs. 3 Satz 2 BGB) - gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle nach
  124. § 307 Abs. 1, 2 BGB (st.Rspr., z.B. Senat BGHZ 93, 252, 255 f.). Dies zieht
  125. auch die Revision nicht in Zweifel.
  126. 2. Kostenelementeklauseln, die wie die hier in Rede stehende Klausel
  127. eine Preisanpassung wegen und auf der Grundlage sich verändernder Kosten
  128. vorsehen, sind im Grundsatz nicht zu beanstanden. Sie sind ein geeignetes
  129. und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und
  130. Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Kostenelementeklauseln dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen
  131. und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher, ihn belastender Kostensteigerung zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren,
  132. dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon
  133. bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (Senat, Urteil
  134. vom 12. Juli 1989 – VIII ZR 297/88, WM 1989, 1729 = NJW 1990, 115 unter
  135. II 2 b). Wird die Preisanpassung auf der Grundlage der Entwicklung von Kostenelementen herbeigeführt, so darf die Regelung andererseits aber - bei Meidung ihrer Unwirksamkeit nach § 307 BGB - nicht zu einer ausschließlichen
  136. oder überwiegenden Wahrung der Verwenderinteressen führen. Die Schranke
  137. des § 307 BGB wird nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es
  138. -8-
  139. dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen
  140. hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und
  141. so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (Senat aaO m.w.Nachw.).
  142. 3. Diesen Anforderungen an den Inhalt einer zulässigen Kostenelementeklausel hält die von der Beklagten verwendete Preisänderungsklausel nicht
  143. stand. Die Klausel koppelt die Preisänderung an die Entwicklung bestimmter
  144. Betriebskosten, die die Kunden der Beklagten nicht kennen und nicht in Erfahrung bringen können (a). Ferner fehlt es an einer Gewichtung der einzelnen
  145. Kostenelemente im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Kalkulation des Gaspreises (b). Schließlich erlaubt die Klausel der Beklagten eine Preiserhöhung
  146. auch dann, wenn nur einer der aufgeführten Kostenfaktoren sich nach oben
  147. verändert hat, die Gesamtkosten wegen eines Kostenrückgangs in anderen
  148. Bereichen aber nicht gestiegen sind (c).
  149. a) Das Berufungsgericht hat eine unangemessene Benachteiligung der
  150. Vertragspartner der Beklagten darin gesehen, dass die Bindung der Befugnis
  151. zur einseitigen Erhöhung des Gaspreises an die Entwicklung der Betriebskosten im Unternehmen der Beklagten für deren Kunden eine unkalkulierbare Unsicherheit zur Folge hat, weil die Klausel nicht auf Marktpreise, sondern auf
  152. Kostenentwicklungen abstelle, die – wie etwa freiwillige übertarifliche Lohnzahlungen, Gratifikationen und Ähnliches – wesentlich von unternehmensinternen
  153. Entscheidungen abhängen könnten. Die Revision hält dem entgegen, für den
  154. durchschnittlichen Verbraucher erschließe sich ohne weiteres, dass die Beklagte eine Gaspreiserhöhung nur auf eine Steigerung der durchschnittlichen
  155. Kosten in den genannten Bereichen stützen könne. Ob dem gefolgt werden
  156. -9-
  157. könnte und ob die Bedenken des Berufungsgerichts damit ausgeräumt wären,
  158. kann auf sich beruhen.
  159. Denn wie das Berufungsgericht weiter mit Recht ausführt, benachteiligt
  160. die Kopplung der Preisänderungsbefugnis an die Entwicklung der im Unternehmen der Beklagten entstehenden Kosten die Vertragspartner der Beklagten
  161. vor allem deswegen unangemessen, weil es sich dabei - anders als bei Marktpreisen oder Tariflöhnen - um betriebsinterne Berechnungsgrößen handelt, die
  162. die Kunden der Beklagten weder kennen noch mit zumutbaren Mitteln in Erfahrung bringen können. Das gilt für die Gestehungspreise (Einkaufspreise) der
  163. Beklagten ebenso wie für die bei ihr anfallenden Material-, Lohn-, Transportund Lagerkosten. Ob, wann, wodurch und in welchem Maße bei diesen Kosten
  164. Änderungen eintreten, bleibt den Kunden der Beklagten verborgen. Da es infolge
  165. dessen
  166. an
  167. einer
  168. realistischen
  169. Möglichkeit
  170. der
  171. Kunden
  172. fehlt,
  173. Preiserhöhungen der Beklagten auf ihre Berechtigung zu überprüfen, gibt die
  174. Klausel
  175. der
  176. Beklagten
  177. einen
  178. praktisch
  179. unkontrollierbaren
  180. Preiserhöhungsspielraum zur Erzielung zusätzlicher Gewinne zu Lasten ihrer
  181. Vertragspartner.
  182. b) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten ferner darin gesehen, dass es an einer
  183. Gewichtung der einzelnen Kostenelemente im Hinblick auf ihre Bedeutung für
  184. die Kalkulation des Gaspreises fehlt. In Ermangelung einer solchen Gewichtung (s. dazu beispielsweise die bei de Wyl/Essig/Holtmeier in Schneider/Theobald, Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003, § 10
  185. Rdnr. 398 wiedergegebene „Kohle-Lohn-Klausel“) ist für die Kunden der Beklagten nicht vorhersehbar, wie sich etwa ein allgemeiner Anstieg der Gaspreise - eines wesentlichen Elements der Gestehungskosten der Beklagten - oder
  186. eine Erhöhung der Tariflöhne auf den vereinbarten Gaspreis auswirken wer-
  187. - 10 -
  188. den. Ebensowenig sind sie imstande, eine Erhöhung des Gaspreises durch die
  189. Beklagte darauf zu überprüfen, ob der von der Beklagten geforderte Preisaufschlag durch einen entsprechenden Kostenanstieg im Unternehmensbereich
  190. Flüssiggasvertrieb der Beklagten gerechtfertigt ist.
  191. c) Wie das Berufungsgericht weiter zutreffend erkannt hat, benachteiligt
  192. die Klausel die Vertragspartner der Beklagten schließlich auch insofern unangemessen, als sie – jedenfalls in ihrer im Verbandsprozess zugrunde zu legenden kundenfeindlichsten Auslegung (st.Rspr., z.B. BGHZ 139, 190, 199) – der
  193. Beklagten eine Preiserhöhung auch dann erlaubt, wenn ein Anstieg bei einem
  194. der Kostenfaktoren durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird und die Beklagte daher insgesamt keine höheren Kosten zu tragen
  195. hat, als dies bei Abschluss des Belieferungsvertrages der Fall war. Die Klausel
  196. stellt nicht auf die Gesamtbelastung, sondern ausdrücklich auf die Veränderungen der im Einzelnen benannten „Kostenfaktoren pro Liefereinheit“ ab.
  197. Entgegen der Auffassung der Revision ist mit dieser Formulierung nach dem
  198. Verständnis
  199. eines
  200. durchschnittlichen,
  201. rechtlich
  202. nicht
  203. vorgebildeten
  204. Verbrauchers nicht hinreichend klargestellt, dass die Erhöhung einer oder
  205. mehrerer Kostenfaktoren nicht zu einer Erhöhung des Gaspreises führen kann,
  206. wenn es bei anderen Positionen Kostensenkungen gegeben hat, die die
  207. Erhöhung im Ergebnis ausgleichen. Eine derartige Klarstellung ergibt sich,
  208. anders als die Revision meint, auch nicht mit der gebotenen Klarheit aus dem
  209. Zusammenhang mit der in dem folgenden Absatz der Klausel enthaltenen
  210. Regelung des Rechts des Kunden, im Falle einer Kostenermäßigung die
  211. Neufestsetzung des Preises „im Rahmen der Veränderung der Kostenfaktoren“
  212. zu verlangen.
  213. 4. Der Auffassung des Berufungsgerichts, das nach der Klausel vorgesehene Recht des Kunden, im Falle von Kostenermäßigungen die Neufestset-
  214. - 11 -
  215. zung des Gaspreises zu verlangen, könne die unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten nicht ausgleichen, ist im Ergebnis beizupflichten. Die Klausel macht das Recht des Kunden, eine Neufestsetzung
  216. des Gaspreises zu verlangen, von der Entwicklung derselben Kostenfaktoren
  217. abhängig, die für das Recht der Beklagten zur einseitigen Preiserhöhung maßgeblich sein sollen und in die der Kunde, wie oben zu 3. a) bereits ausgeführt
  218. wurde, keinen Einblick hat. Infolge der Kopplung an diese betriebsinternen Berechnungsgrößen ist der Kunde ebensowenig in der Lage zu erkennen, wann
  219. und in welchem Umfang er eine Senkung des Gaspreises verlangen kann, wie
  220. er die Berechtigung einer auf Veränderungen der in der Klausel benannten
  221. Kostenfaktoren gestützten Preiserhöhung durch die Beklagte nachprüfen kann.
  222. Dr. Deppert
  223. Ball
  224. Wiechers
  225. Dr. Leimert
  226. Dr. Wolst