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7.5 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VIII ZR 314/04
  5. Verkündet am:
  6. 7. November 2007
  7. Holmes
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  14. vom 7. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter
  15. Wiechers und Dr. Wolst, die Richterin Dr. Hessel und den Richter Dr. Achilles
  16. für Recht erkannt:
  17. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats
  18. des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. Oktober
  19. 2004 aufgehoben.
  20. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  21. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  22. Von Rechts wegen
  23. Tatbestand:
  24. 1
  25. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz aus einem Kauf
  26. von Boden (Erdreich).
  27. 2
  28. Sie führte im Auftrag der Firma W.
  29. B.
  30. AG Erdarbeiten durch. Zu
  31. diesem Zweck kaufte sie mit Vertrag vom 27. Juni/12. Juli 2002 bei der Beklagten 30.000 cbm Bodenmaterial, bestehend aus Kiessand ungesiebt ab Werk zu
  32. 1,40 €/to mit einem Mindestanteil von 25 % des Gesamtauftrages oder "wie
  33. z.Zt. vorhanden ist Lehmboden, wie gesehen, ab Werk (Boden von der Kippe)"
  34. -3-
  35. zu 0,50 €/to. Vorher, am 26. Juni 2002, hatte die Beklagte der Klägerin zwei
  36. Zertifikate über den zu kaufenden Boden übersandt. Das Zertifikat Nr.
  37. über Kiessand aus der Wand wies eine Klassifizierung von Z 0 nach LAGA aus.
  38. Das Zertifikat mit der Nr.
  39. über Boden wies diesen als Z 1.1 nach
  40. MNUR/MWMT aus. Als PH-Wert der Probe war 7.6 benannt; neben den Zuordnungswerten für Z 1.1 hatte die Beklagte handschriftlich die für Z 0 erforderlichen Werte eingetragen und "bzw. entspricht Z.0" eingefügt.
  41. Im Auftrag der Klägerin wurde das Material am 15. Juli 2002 bei der Be-
  42. 3
  43. klagten abgeholt. Mit Fernschreiben vom 23. Juli 2002 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten, das angelieferte Material weise nur die Güte Z 1.2 auf;
  44. gleichzeitig erklärte sie einen Lieferstopp, da sie am gleichen Tag eine entsprechende Mitteilung der Firma W.
  45. B.
  46. AG erhalten habe. Die Lieferung eines
  47. den Zuordnungswerten Z.0 entsprechenden Bodens lehnte die Beklagte ab.
  48. Nach Aufforderung durch die Firma W.
  49. B.
  50. AG entfernte die Klägerin das
  51. gelieferte und eingebaute Material, nachdem die Beklagte ihrerseits untätig
  52. geblieben war. Die Klägerin beauftragte sodann ein Drittunternehmen mit der
  53. Lieferung des Bodenmaterials und baute nunmehr dieses ein.
  54. Die Klägerin behauptet, ihr seien wegen des mangelhaften Materials be-
  55. 4
  56. zifferte Kosten in Höhe von 102.851,35 € entstanden. Zudem habe die Firma
  57. W.
  58. B.
  59. AG ihr angekündigt, Schadenersatzansprüche gegen sie geltend
  60. zu machen. Da dies aber bislang noch nicht geschehen sei, könne sie insoweit
  61. den ihr entstandenen Schaden noch nicht beziffern.
  62. 5
  63. Da die Beklagte keine Zahlung leistete, hat die Klägerin beim Landgericht den Antrag gestellt, die Beklagte zur Zahlung von 102.851,35 € nebst Zinsen zu verurteilen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, an die
  64. Klägerin Schadenersatz zu leisten für den Fall, dass die Firma W.
  65. B.
  66. -4-
  67. AG
  68. als Auftraggeberin der Klägerin aufgrund des Einbaus des Bodenmaterials mit
  69. der Klassifizierung Z 1.2 Schadenersatzansprüche gegen die Klägerin geltend
  70. mache.
  71. 6
  72. Das Landgericht hat den Zahlungsantrag der Klägerin dem Grunde nach
  73. für gerechtfertigt erklärt, von einer Entscheidung über den Feststellungsantrag
  74. zunächst abgesehen und die Kostenentscheidung einem Schlussurteil vorbehalten. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
  75. 7
  76. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
  77. Entscheidungsgründe:
  78. 8
  79. Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
  80. I.
  81. 9
  82. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
  83. 10
  84. Die Beklagte habe sich im Rahmen des Kaufvertrages schadensersatzpflichtig gemacht, weil der von ihr bereitgestellte Boden bei Gefahrübergang
  85. nicht die vereinbarte Beschaffenheit gehabt habe.
  86. 11
  87. Die Parteien hätten für das Erdreich eine Qualitätsstufe Z.0 nach LAGA
  88. vereinbart. Diese Sollbeschaffenheit habe das Material bei Abholung von der
  89. Kippe nicht gehabt.
  90. -5-
  91. Zulässig habe das Landgericht auch im Wege eines Grundurteils ent-
  92. 12
  93. schieden. Der nach Grund und Betrag streitige Anspruch sei entscheidungsreif,
  94. soweit es den Grund betreffe.
  95. II.
  96. 13
  97. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht
  98. stand.
  99. 14
  100. 1. Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung und Zurückverweisung,
  101. weil die Rüge der Revision durchgreift, das vom Landgericht erlassene und vom
  102. Berufungsgericht bestätigte Grundurteil sei prozessual unzulässig gewesen.
  103. 15
  104. a) Das Landgericht hat nicht ein Grundurteil hinsichtlich aller Anträge erlassen, sondern nur über den Zahlungsanspruch. Eine Entscheidung über den
  105. Feststellungsantrag hat es nicht getroffen, wie sich aus dem Tenor und ausdrücklich auch aus den Entscheidungsgründen ergibt. Es handelt sich bei dem
  106. landgerichtlichen Urteil mithin nicht um ein reines Grundurteil, sondern um ein
  107. Grund- und Teilurteil.
  108. 16
  109. b) Ein solches Urteil ist jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des
  110. Bundesgerichtshofs unzulässig, wenn die Gefahr einander widersprechender
  111. Entscheidungen besteht (Senatsurteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99,
  112. NJW 2001, 155 unter II 1 b = WM 2001, 106). So verhält es sich hier.
  113. 17
  114. Über die bei dem Zahlungsanspruch geprüften Fragen ist bei dem Feststellungsantrag noch einmal zu befinden. Da die Begründung, mit der die Vorinstanzen die auf Zahlung gerichteten Schadenersatzansprüche der Klägerin dem
  115. Grunde nach für gerechtfertigt gehalten haben, als bloßes Urteilselement weder
  116. in Rechtskraft erwächst, noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren über die mit dem Feststellungsanspruch geltend gemachten Schäden
  117. -6-
  118. bindet (BGH, Urteil vom 4. Februar 1997 - VI ZR 69/96, NJW 1997, 1709, unter
  119. II 2), besteht im Streitfall die prozessuale Möglichkeit, dass das Berufungsgericht nach weiterer Verhandlung in Bezug auf den Feststellungsanspruch ein
  120. Abweichen des erhaltenen Bodens von der vereinbarten Sollbeschaffenheit
  121. verneint. Es besteht daher die Gefahr, dass das Gericht, möglicherweise auch
  122. das Rechtsmittelgericht, bei einer späteren Entscheidung über den Feststellungsantrag zu einer anderen Erkenntnis gelangt. Aus diesem Grund darf im
  123. Fall einer objektiven Klagehäufung von Leistungsbegehren und Feststellungsanspruch, der - wie hier - aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleitet
  124. wird, nicht durch Teilurteil entschieden werden (Senatsurteil vom 4. Oktober
  125. 2000, aaO).
  126. III.
  127. 18
  128. Das Berufungsurteil ist aufzuheben, weil es wegen der aufgezeigten prozessualen Mängel keinen Bestand haben kann (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat
  129. sieht davon ab, im Wege einer ersetzenden Entscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO)
  130. auf die Berufung der Beklagten auch das unzulässige Teilurteil des Landgerichts aufzuheben und die Sache in die erste Instanz zurückzuverweisen (§ 538
  131. Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 3 ZPO). Denn das Berufungsgericht kann der Gefahr
  132. einander widersprechender Entscheidung über das Zahlungs- und das Feststellungsbegehren der Klägerin auch dadurch begegnen, dass es von einer Zurückverweisung absieht und stattdessen den in der ersten Instanz verbliebenen
  133. -7-
  134. Prozessrest an sich zieht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1994 - XII ZR
  135. 167/92, WM 1994, 865, unter 5).
  136. Ball
  137. Wiechers
  138. Dr. Hessel
  139. Dr. Wolst
  140. Dr. Achilles
  141. Vorinstanzen:
  142. LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 04.11.2003 - 31 O 15/03 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 20.10.2004 - 7 U 241/03 -