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17 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VIII ZR 202/10
  5. Verkündet am:
  6. 29. Juni 2011
  7. Ermel,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 323 Abs. 5 Satz 2
  19. Der Rücktritt vom Kaufvertrag ist bei einem behebbaren Mangel ausgeschlossen, wenn die Kosten seiner Beseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind. Das ist - auch im gehobenen Preissegment - jedenfalls dann der Fall,
  20. wenn die Mängelbeseitigungskosten ein Prozent des Kaufpreises nicht übersteigen.
  21. Für die Frage der Erheblichkeit der Pflichtverletzung im Sinne von § 323 Abs. 5
  22. Satz 2 BGB kommt es auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung nur dann
  23. an, wenn der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungewiss ist, etwa weil auch
  24. der Verkäufer sie nicht feststellen konnte.
  25. BGH, Urteil vom 29. Juni 2011 - VIII ZR 202/10 - OLG Schleswig
  26. LG Lübeck
  27. -2-
  28. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  29. vom 29. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
  30. Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter
  31. Dr. Bünger
  32. für Recht erkannt:
  33. Auf die von der Streithelferin geführte Revision der Beklagten wird
  34. das Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 8. Juli 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
  35. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  36. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  37. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  38. Von Rechts wegen
  39. Tatbestand:
  40. 1
  41. Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über
  42. ein Wohnmobil. Der Rechtsvorgänger der Klägerinnen erwarb von der Beklagten ein von der Streithelferin der Beklagten hergestelltes Wohnmobil C.
  43. zum Preis von 134.437 €. Die Übergabe erfolgte am
  44. 23. August 2006. Anschließend war das Wohnmobil insgesamt vier Mal zwecks
  45. Nachbesserungsarbeiten in der Werkstatt der Beklagten. Mit Schreiben vom
  46. 1. Juni 2007 erklärte der Rechtsvorgänger der Klägerinnen den Rücktritt vom
  47. Kaufvertrag.
  48. -3-
  49. 2
  50. Die Klägerinnen haben Zahlung von 127.715,15 € nebst Zinsen Zug um
  51. Zug gegen Herausgabe des Wohnmobils, Feststellung des Annahmeverzugs
  52. der Beklagten bezüglich der Rücknahme des Fahrzeugs sowie Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen begehrt. Die Vorinstanzen haben der
  53. Klage überwiegend stattgegeben und von der Klagesumme lediglich den Nutzungswertersatz abgesetzt; nach dem Berufungsurteil hat die Beklagte Zug-umZug gegen Rückgabe des Fahrzeugs 118.437 € nebst Zinsen zu zahlen. Mit der
  54. vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Streithelferin der Beklagten die
  55. Abweisung der Klage insgesamt.
  56. Entscheidungsgründe:
  57. 3
  58. Die Revision hat Erfolg.
  59. I.
  60. 4
  61. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit
  62. für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
  63. 5
  64. Der Rechtsvorgänger der Klägerinnen sei zum Rücktritt vom Kaufvertrag
  65. berechtigt gewesen, weil das Wohnmobil mit Mängeln behaftet gewesen sei.
  66. Die Eingangstür lasse sich mit normalem Kraftaufwand nicht vollständig schließen und der Luftdruck bei einem der Reifen falle von dem vorgeschriebenen
  67. Wert ab. Ferner könne das Klappfenster in geöffnetem Zustand mit der Tür kollidieren. Es liege insoweit zwar keine technische Fehlkonstruktion im eigentlichen Sinne vor, weil sowohl die Funktion der Tür als auch die des Klappfensters vollständig gegeben seien. Es handele sich um einen Komfortmangel, weil
  68. -4-
  69. der Käufer beim Öffnen der Tür stets überlegen müsse, ob das Fenster aufgeklappt sei und wie weit er die Tür in diesem Fall noch öffnen könne. Es gehöre
  70. zur gewöhnlichen Verwendung einer Tür, dass sie sich bis zum Anschlag an die
  71. Wand öffnen lasse; der Käufer eines Wohnmobils könne erwarten, dass die Tür
  72. nicht nur die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens gebe, sondern - ebenso wie
  73. eine Terrassentür - längere Zeit offen stehen könne, ohne in den Luftraum hineinzuragen.
  74. 6
  75. Auf weitere Nachbesserungsversuche müssten sich die Klägerinnen
  76. schon deshalb nicht einlassen, weil die Beklagte in ihrem Schreiben vom 8. Juni
  77. 2007 mit der Formulierung, dass alle Mängel behoben seien, weitere Nachbesserungen endgültig abgelehnt habe. Der Rücktritt sei auch nicht deswegen
  78. ausgeschlossen, weil es sich nur um unerhebliche Mängel gehandelt habe. Die
  79. Beurteilung, ob ein Mangel als unerheblich einzustufen sei, erfordere eine umfassende Interessenabwägung unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls.
  80. Zu berücksichtigen sei insbesondere der für die Beseitigung erforderliche Aufwand bzw. bei nicht behebbaren Mängeln die von ihnen ausgehende funktionelle, ästhetische oder sonstige Belästigung. Bei einem Fahrzeug der gehobenen
  81. Klasse könne auch ein Komfortmangel einen erheblichen Mangel darstellen,
  82. wenn die Komforteinbuße beträchtlich sei. Als unerheblich würden in der Regel
  83. Beseitigungskosten von einem bis drei Prozent, teilweise auch bis zu zehn Prozent angesehen. Hier sei die Grenze allenfalls bei einem Prozent des Kaufpreises - hier 1.344,37 € - anzusetzen, weil es sich um ein Wohnmobil der gehobenen Preisklasse handele, bei dem der Käufer eine exzellente Verarbeitung erwarten könne.
  84. 7
  85. Die Beseitigung der vorliegenden Mängel sei durch Einbau eines Schiebefensters, einer neuen Eingangstür und Erneuerung der Ventilzuführung des
  86. Reifens möglich; die Kosten dafür beliefen sich unter Berücksichtigung der An-
  87. -5-
  88. gaben des Sachverständigen auf rund 1.200 € brutto. Dieser Betrag liege zwar
  89. knapp unter der 1 %-Grenze; die Abwägung aller Umstände ergebe jedoch,
  90. dass die Mängel gleichwohl nicht als unerheblich anzusehen seien. Die Nachbesserungsarbeiten seien mit Hinblick auf die diversen Mängel und insgesamt
  91. vier Werkstattaufenthalte mit nicht unerheblichen Lästigkeiten verbunden gewesen. Ausweislich der Werkstattaufträge seien zahlreiche Arbeiten ausgeführt
  92. worden, die nicht im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Mängeln
  93. gestanden hätten. So sei der Griff der Außentür abgerissen und eine Aluleiste
  94. im Eintritt verbogen gewesen; das Zusatzladegerät und der Zusatzakku im
  95. Staufach hätten umgesetzt und die zusätzliche Heizungspumpe befestigt werden müssen; unter anderem hätten der Gardinenstopper sowie die Schlossschraube an den Längsträgern unter der Heckgarage gefehlt. Es spreche viel
  96. dafür, dass ein Käufer eines neuen Fahrzeugs dieser Preislage, der vorher gewusst hätte, mit welcher Vielzahl von Mängeln er sich über Monate würde abgeben müssen, vom Kauf Abstand genommen hätte.
  97. II.
  98. 8
  99. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom
  100. Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch auf Rückgewähr
  101. des Kaufpreises nach § 346 Abs. 1, § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, §§ 437, 440
  102. BGB nicht bejaht werden.
  103. 9
  104. 1. Die Würdigung des Berufungsgerichts, dass das von der Beklagten an
  105. den Rechtsvorgänger der Klägerinnen verkaufte Wohnmobil Sachmängel insoweit aufweist, als ein Reifen Druck verliert und die Eingangstür sich mit normalem Kraftaufwand nicht vollständig schließen lässt, ist frei von Rechtsfehlern
  106. und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
  107. -6-
  108. 10
  109. 2. Zu Recht beanstandet die Revision hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein weiterer Mangel liege darin, dass sich die Eingangstür bei
  110. geöffnetem Aufstellfenster nicht bis zum Anschlag an die Wand öffnen lasse.
  111. Das Berufungsgericht begründet dies damit, dass es zur gewöhnlichen Verwendung einer Tür gehöre, dass sie sich bis zum Anschlag an die Wand öffnen
  112. lasse, und der Käufer eines Wohnmobils erwarten könne, dass er die Eingangstür auch bei geöffnetem Fenster um 180 Grad öffnen könne. Dies trifft nicht zu.
  113. 11
  114. a) Nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Sache mangelfrei, wenn sie bei
  115. Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Das Berufungsgericht hat
  116. keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Anordnung von Ausstellfenster und
  117. Eingangstür Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung war, etwa aufgrund einer dem Kaufvertrag zugrunde liegenden Modellbeschreibung. Sollte
  118. dies der Fall sein, läge in der gewählten Konstruktion, die bei geöffnetem Ausstellfenster nur eine Öffnung der Eingangstür bis zu 100 Grad erlaubt, schon
  119. aus diesem Grund kein Sachmangel.
  120. 12
  121. b) Soweit die Beschaffenheit einer Sache nicht vereinbart ist und sie sich
  122. - was hier nicht in Frage steht - für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, ist eine Sache mangelfrei, wenn sie sich für die gewöhnliche
  123. Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann
  124. (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Danach liegt in der Anordnung von Eingangstür und Ausstellfenster kein Sachmangel. Denn die Funktion der Tür und des
  125. Ausstellfensters sind in vollem Umfang gegeben, so dass die Eignung des
  126. Wohnmobils zur gewöhnlichen Verwendung - als Fahrzeug und zum Wohnen nicht in Frage steht. Hinsichtlich der Beschaffenheit, die der Käufer nach der Art
  127. der Sache erwarten kann, kommt es auf die objektiv berechtigte Käufererwartung an, die sich in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte jedenfalls im
  128. -7-
  129. Regelfall an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen orientiert (Senatsurteile vom 7. Februar 2007 - VIII ZR 266/06, NJW 2007, 1351 Rn. 21, sowie vom 20. Mai 2009 - VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 Rn. 14). Tatsächliche
  130. Feststellungen zur üblichen Beschaffenheit von Wohnmobilen in der hier gegebenen Klasse hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Dass es zum allgemeinen und deshalb von Käufern berechtigterweise erwarteten Ausstattungsstandard von Wohnmobilen gehört, dass die Eingangstür zum Wohnbereich um 180
  131. Grad geöffnet werden kann, erscheint schon deshalb fern liegend, weil dies für
  132. einen problemlosen Ein- und Ausstieg nicht erforderlich ist. Entsprechendes gilt
  133. für den Umstand, dass das neben der Eingangstür liegende Fenster als Ausstellfenster und nicht als Schiebefenster ausgestaltet ist und deshalb die Eingangstür mit dem ausgeklappten Fenster kollidieren kann, wenn sie um mehr
  134. als 100 Grad geöffnet wird. Ohne besondere Beschaffenheitsvereinbarung kann
  135. der Käufer auch bei einem Wohnmobil aus dem oberen Preissegment eine unter Gesichtspunkten des Komforts in jeder Hinsicht optimale Konstruktionsweise
  136. nicht erwarten.
  137. 13
  138. 3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die
  139. Beklagte bezüglich der von ihm angenommenen Mängel die Nachbesserung
  140. endgültig verweigert habe und eine Fristsetzung zur Nachbesserung deshalb
  141. entbehrlich gewesen sei.
  142. 14
  143. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung im Sinne des
  144. § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB strenge Anforderungen zu stellen. Eine Erfüllungsverweigerung liegt nur vor, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig
  145. zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen. Dafür reicht das bloße Bestreiten des Mangels oder des
  146. Klageanspruchs nicht aus. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten,
  147. -8-
  148. welche die Annahme rechtfertigen, dass der Schuldner seinen Vertragspflichten
  149. unter keinen Umständen nachkommen will und es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer Fristsetzung werde umstimmen lassen (Senatsurteil vom 21. Dezember 2005 - VIII ZR 49/05, NJW 2006, 1195 Rn. 25).
  150. 15
  151. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt deshalb in der mit
  152. Schreiben der Beklagten vom 8. Juni 2007 erfolgten Mitteilung, alle Mängel seien behoben, keine endgültige Erfüllungsverweigerung. Die Beklagte hat damit
  153. zwar zum Ausdruck gebracht, dass sie sämtliche nach ihrer Auffassung bestehenden Mängel beseitigt habe und folglich das Vorhandensein weiterer Mängel
  154. in Abrede gestellt. Dass dies das letzte Wort der Beklagten darstellte und eine
  155. Fristsetzung deshalb sinnlos war, lässt sich daraus nicht entnehmen.
  156. 16
  157. b) Zwar ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung auch dann entbehrlich,
  158. wenn die dem Käufer zustehende Art der Nachbesserung fehlgeschlagen oder
  159. ihm unzumutbar ist (§ 440 Satz 1, 2 BGB). Ein Fehlschlagen der Nachbesserung kommt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber lediglich bezüglich der schwergängigen Eingangstür in Betracht, weil insoweit bereits zwei
  160. vergebliche Nachbesserungsversuche stattgefunden haben; für die übrigen
  161. vom Berufungsgericht angenommenen Mängel gilt dies nicht.
  162. 17
  163. Der Umstand, dass die Beklagte bereits wegen verschiedener anderer
  164. Mängel Nachbesserungsarbeiten vorgenommen hat, führt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht dazu, dass den Klägerinnen wegen der
  165. weiteren noch im Streit befindlichen Mängel eine Nachbesserung durch die Beklagte nicht mehr zumutbar wäre, denn der Käufer hat dem Verkäufer grundsätzlich wegen jedes einzelnen Mangels Gelegenheit zur Nachbesserung zu
  166. geben (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn. 477).
  167. -9-
  168. 18
  169. 4. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts, die von ihm angenommenen Sachmängel seien ungeachtet der
  170. unterhalb von einem Prozent des Kaufpreises liegenden Mängelbeseitigungskosten nicht unerheblich und hätten deshalb den Rechtsvorgänger der Klägerinnen zum Rücktritt berechtigt.
  171. 19
  172. a) Nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn
  173. die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung unerheblich ist, das heißt, wenn der Mangel geringfügig ist. Das ist nach der Rechtsprechung des Senats der Fall, wenn der Mangel behebbar und die Kosten der
  174. Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind. Bei welchem
  175. Prozentsatz die Geringfügigkeitsgrenze überschritten ist, hat der Senat bislang
  176. offen gelassen. Die Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung; denn jedenfalls Mängel, deren Beseitigung - wie hier - Aufwendungen in Höhe von nur
  177. knapp einem Prozent des Kaufpreises erfordern, sind nach der Rechtsprechung
  178. des Senats unzweifelhaft als unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2
  179. BGB einzustufen, so dass auf sie ein Rücktritt nicht gestützt werden kann (Senatsurteil vom 14. September 2005 - VIII ZR 363/04, NJW 2005, 3490 unter II
  180. 2).
  181. 20
  182. b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist diese Grenze hier
  183. nicht deshalb anders zu ziehen, weil Gegenstand des Kaufvertrages ein Fahrzeug der "Luxusklasse" ist. Für die Erheblichkeit eines behebbaren Mangels im
  184. Rahmen des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB kommt es regelmäßig auf die Relation
  185. zwischen den Kosten der Mängelbeseitigung und dem Kaufpreis an, denn das
  186. Gewicht der dem Verkäufer insoweit zur Last fallenden Pflichtverletzung lässt
  187. sich nur unter Berücksichtigung des Umfangs der geschuldeten Leistung insgesamt bewerten. Dies gilt auch für Güter aus einem höheren Preissegment wie
  188. im vorliegenden Fall.
  189. - 10 -
  190. 21
  191. c) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist für die Frage
  192. der Erheblichkeit der Pflichtverletzung im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB
  193. bei behebbaren Mängeln grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung
  194. und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen. Auf das
  195. Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung kommt es vielmehr nur dann entscheidend an, wenn der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die
  196. Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungeklärt ist, etwa weil
  197. auch der Verkäufer sie nicht feststellen konnte, wie es bei dem Sachverhalt der
  198. Fall war, der dem von der Revisionserwiderung zitierten Senatsurteil vom
  199. 5. November 2008 (VIII ZR 166/07, NJW 2009, 508) zugrunde lag. Die Behebbarkeit der hier vom Berufungsgericht bejahten Mängel steht hingegen nicht in
  200. Frage.
  201. 22
  202. d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können die mit einem
  203. verhältnismäßig geringen Kostenaufwand zu beseitigenden Mängel auch nicht
  204. deshalb als erheblich angesehen werden, weil sich das Wohnmobil insgesamt
  205. vier Mal zur Nachbesserung in der Werkstatt der Beklagten befunden hat und
  206. dies für den Käufer mit nicht unerheblichen Lästigkeiten verbunden gewesen
  207. ist. Denn die Erheblichkeit eines (fortbestehenden) Mangels hat nichts damit zu
  208. tun, in welchem Umfang der Verkäufer zuvor andere Mängel beseitigt hat und
  209. wie lästig dies gegebenenfalls für den Käufer gewesen ist.
  210. III.
  211. 23
  212. Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur
  213. Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den
  214. weiteren von den Klägerinnen geltend gemachten Mängeln getroffen hat. Die
  215. - 11 -
  216. Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
  217. Ball
  218. Dr. Frellesen
  219. Dr. Fetzer
  220. Dr. Milger
  221. Dr. Bünger
  222. Vorinstanzen:
  223. LG Lübeck, Entscheidung vom 07.01.2010 - 10 O 251/07 OLG Schleswig, Entscheidung vom 08.07.2010 - 16 U 10/10 -