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174 lines
7.1 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. VIII ZR 133/06
  4. vom
  5. 8. Mai 2007
  6. in dem Rechtsstreit
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. nein
  13. EGZPO § 26 Nr. 8
  14. Für die Bewertung der Rechtsmittelbeschwer ist allein der rechtskraftfähige Inhalt
  15. des angefochtenen Urteils maßgebend.
  16. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VIII ZR 133/06 - LG Hamburg
  17. AG Hamburg-Bergedorf
  18. -2-
  19. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Wiechers, die Richterinnen Hermanns und
  20. Dr. Milger sowie den Richter Dr. Koch
  21. beschlossen:
  22. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 7, vom
  23. 23. März 2006 wird als unzulässig verworfen.
  24. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
  25. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt
  26. 14.000 €.
  27. Gründe:
  28. 1
  29. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der
  30. Revision geltend zu machenden Beschwer zwanzigtausend Euro nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
  31. 2
  32. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8
  33. EGZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstandes aus dem beabsichtigten
  34. Revisionsverfahren maßgebend, wobei die Wertberechnung nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen ist (BGH, Beschluss vom
  35. 27. Juni 2002 – V ZR 148/02, NJW 2002, 2720; Beschluss vom 25. November
  36. 2003 – VI ZR 418/02, NJW-RR 2004, 638 f.).
  37. -3-
  38. 1. Die Klägerin verfolgt mit der Nichtzulassungsbeschwerde neben einem
  39. 3
  40. Zahlungsanspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.096,82 € ihren
  41. Antrag auf Feststellung weiter, dass die Beklagten verpflichtet sind, für die von
  42. ihnen zur Zeit innegehabte Wohnung ab dem 1. Mai 2005 bis zur endgültigen
  43. Herausgabe an die Klägerin eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe
  44. von 365,63 € zu zahlen. Die Bewertung des damit geltend gemachten Anspruchs richtet sich, auch nach Auffassung der Klägerin, nach § 9 ZPO, so dass
  45. der dreieinhalbfache Jahreswert (15.356,46 €) zugrunde zu legen ist. Davon
  46. sind allerdings wegen des Feststellungsbegehrens nur 80 % (12.285,17 €) anzusetzen, so dass sich die Beschwer der Klägerin wegen der mit Zahlungs- und
  47. Feststellungsantrag geltend gemachten Nutzungsentschädigung insgesamt auf
  48. 13.381,99 € beläuft.
  49. 2. Soweit die Klägerin darüber hinaus die uneingeschränkte Verurteilung
  50. 4
  51. der Beklagten zur Räumung der Wohnung R.
  52. R.
  53. 162, EG, in H.
  54. erstrebt, während das Berufungsgericht diesem Klagebegehren nur Zug
  55. um Zug gegen Überlassung einer Wohnung R.
  56. H.
  57. R.
  58. 164, 5. OG, in
  59. stattgegeben hat, ist eine Beschwer der Klägerin, die zusammen mit
  60. dem oben (unter 1) genannten Betrag von 13.381,99 € die Wertgrenze des § 26
  61. Nr. 8 ZPO übersteigt, nicht ersichtlich.
  62. a) Maßgebend für den Wert der Beschwer der Klägerin ist gemäß § 3
  63. 5
  64. ZPO ihr Interesse an der Beseitigung der im landgerichtlichen Urteil ausgesprochenen Zug-um-Zug-Leistung, das sich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten
  65. bemisst (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 1998 – XII ZB 105/97, NJW 1999,
  66. 723, unter II 2 b). Danach kommt es zwar grundsätzlich auf den Wert der zu
  67. erbringenden Gegenleistung (begrenzt durch den Wert des Klageanspruchs) an
  68. (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1981 – VIII ZR 280/80, NJW 1982, 1048, unter 1
  69. b).
  70. -4-
  71. 6
  72. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist hier jedoch zu
  73. berücksichtigen, dass die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde das Bestehen eines Mietverhältnisses zwischen ihr und der Beklagten zu 1 über eine
  74. Wohnung im 8. Obergeschoss im Haus R.
  75. R.
  76. 164 in H.
  77. nicht
  78. mehr in Frage stellt. Sie hat, nachdem das Amtsgericht ihre zunächst auch auf
  79. Räumung dieser Wohnung gerichtete Klage abgewiesen hatte, ihren ursprünglichen Rechtsstandpunkt, der Mietvertrag sei durch Kündigung erloschen, nicht
  80. mehr weiterverfolgt. Die Klägerin stellt lediglich einen Anspruch der Beklagten
  81. auf Überlassung der Wohnung im 5. Obergeschoss statt der ursprünglich vermieteten – durch einen Dachstuhlbrand geschädigten und inzwischen wiederhergestellten – Wohnung im 8. Obergeschoss in Abrede. Dass der Klägerin durch die
  82. vom Berufungsgericht vorgenommene entsprechende Veränderung des bestehenden Mietverhältnisses ein Vermögensnachteil entstanden ist oder noch entstehen wird, der einen Betrag von (20.000 € - 13.381,99 € =) 6.618,01 € übersteigt, ist nicht dargelegt. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Wohnung im 5. Obergeschoss zur Zeit frei, gleich groß wie
  83. die Wohnung im 8. Obergeschoss sowie auch im Übrigen baugleich und sind
  84. beide Wohnungen hinsichtlich des Zustandes und der Ausstattung vergleichbar.
  85. Es ist deshalb nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen, dass
  86. sie durch die Neuvermietung der Wohnung im 8. Obergeschoss statt derjenigen
  87. im 5. Obergeschoss und durch den Verwaltungsaufwand für die Umstellung des
  88. Mietvertrags der Beklagten zu 1 in vermögensmäßiger Hinsicht einen nennenswerten Nachteil hinzunehmen hätte.
  89. 7
  90. b) Die Klägerin will eine Beschwer durch die Zug-um-Zug-Verurteilung
  91. von insgesamt 222.459 € daraus herleiten, dass sie zur Zeit alle drei betroffenen Wohnungen – die von den Beklagten nach dem Brand bezogene und derzeit noch bewohnte Ausweichwohnung im Haus R.
  92. R.
  93. 162 und die
  94. beiden Wohnungen im 5. und im 8. Obergeschoss des Hauses R.
  95. -5-
  96. R.
  97. 164 – für die Beklagten frei halten müsse, weil unklar sei, hinsichtlich wel-
  98. cher der drei Wohnungen ein Nutzungsrecht der Beklagten bestehe. Die Beschwer sei deshalb nach § 8 ZPO mit dem 25fachen Jahresnettomietzins für
  99. alle drei Wohnungen von 8.898,36 € anzusetzen. Dem ist nicht zu folgen. Für
  100. die Bewertung der Rechtsmittelbeschwer ist allein der rechtskraftfähige Inhalt
  101. des angefochtenen Urteils maßgebend (Musielak/Ball, ZPO, 5. Aufl., Vor § 511
  102. Rdnr. 20). Eine der Rechtskraft fähige Entscheidung zum Nachteil der Klägerin
  103. in Bezug auf die in Rede stehenden drei Wohnungen trifft das Berufungsurteil
  104. allein hinsichtlich der Wohnung im 5. Obergeschoss.
  105. 8
  106. Im Übrigen führt die Klägerin zur Begründung ihres Interesses an einer
  107. Beseitigung der Zug-um-Zug-Verurteilung an, sie befürchte, dass andere Mieter
  108. dem Beispiel der Beklagten folgen könnten und ohne Einverständnis der Klägerin von ihnen selbst ausgesuchte oder gerichtlich zugewiesene Wohnungen aus
  109. deren Gesamtbestand von 3.200 Wohnungen zu nutzen berechtigt seien. Auch
  110. dieses Interesse reicht jedoch zur Bewertung ihrer Beschwer mit insgesamt
  111. mehr als 20.000 € nicht aus. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Beklagte zu 1 im Hinblick auf den Brand unter begründeten, durch ein nervenfachärztliches Attest belegten Ängsten leide, wieder in die
  112. ursprüngliche Wohnung einzuziehen. Dabei handelt es sich um einen Sonderfall, der keinen Anlass für die Befürchtung bietet, die Mieter der Klägerin könn-
  113. -6-
  114. ten allgemein ein Wahlrecht hinsichtlich der vermieteten Wohnung für sich in
  115. Anspruch nehmen.
  116. Ball
  117. Wiechers
  118. Dr. Milger
  119. Hermanns
  120. Dr. Koch
  121. Vorinstanzen:
  122. AG Hamburg-Bergedorf, Entscheidung vom 04.10.2005 - 409 C 37/05 LG Hamburg, Entscheidung vom 23.03.2006 - 307 S 162/05 -