Search on legal documents using Tensorflow and a web_actix web interface
You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

316 lines
19 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VIII ZR 123/09
  5. Verkündet am:
  6. 14. April 2010
  7. Ring,
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 309 Nr. 5 Buchst. b
  19. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein Kraftfahrzeughändler gegenüber
  20. Verbrauchern in Verträgen über den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge verwendet,
  21. verstößt folgende, für den Fall der Nichtabnahme des Fahrzeugs durch den Käufer
  22. vorgesehene Schadenspauschalierungsklausel
  23. "Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 10 % des Kaufpreises. Der
  24. Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen geringeren Schaden nachweist."
  25. nicht gegen das Klauselverbot nach § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB.
  26. BGH, Urteil vom 14. April 2010 - VIII ZR 123/09 - LG Mainz
  27. AG Mainz
  28. -2Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  29. vom 14. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
  30. Dr. Milger, den Richter Dr. Achilles, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter
  31. Dr. Bünger
  32. für Recht erkannt:
  33. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer
  34. des Landgerichts Mainz vom 22. April 2009 wird zurückgewiesen.
  35. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Tatbestand:
  38. 1
  39. Durch Vertrag vom 10./14. Januar 2008 kaufte die Beklagte von der Klägerin, die einen Kraftfahrzeughandel betreibt, zum Preis von 29.000 € ein gebrauchtes Kraftfahrzeug. Dabei sollte ein Gebrauchtfahrzeug in Zahlung gegeben und mit 6.200 € auf den Kaufpreis angerechnet werden. Die einbezogenen
  40. Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin bestimmen unter "IV. Abnahme" Folgendes:
  41. "1. Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufgegenstand innerhalb von acht Tagen ab
  42. Zugang der Bereitstellungsanzeige abzunehmen. Im Falle der Nichtabnahme
  43. kann der Verkäufer von seinen gesetzlichen Rechten Gebrauch machen.
  44. -3-
  45. 2. Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 10 % des Kaufpreises. Der Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der
  46. Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen geringeren Schaden nachweist."
  47. 2
  48. Mit einem am 15. Januar 2008 bei der Klägerin eingegangenen Schreiben erklärte die Beklagte, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Die Klägerin bestätigte den Vertragsrücktritt und erklärte, die Beklagte aus den Verpflichtungen
  49. des mit ihr geschlossenen Kaufvertrages entlassen zu wollen. Gleichzeitig bat
  50. sie um Zahlung der im Vertrag vorgesehenen Abstandssumme in Höhe von
  51. 10 % des Kaufpreises und wies darauf hin, dass mit Zahlung dieses Betrages
  52. die vertraglichen Pflichten der Beklagten abgegolten seien. Die Beklagte ihrerseits ließ durch Anwaltsschreiben vom 28. Januar 2008 mitteilen, dass sie den
  53. Schadensersatz nicht zahlen werde, und erklärte hilfsweise die Anfechtung des
  54. Kaufvertrages, weil sie sich von der Klägerin über den für das in Zahlung gegebene Gebrauchtfahrzeug anzurechnenden Betrag als getäuscht ansah.
  55. 3
  56. Das Amtsgericht hat der auf Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes von 2.900 € zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichteten Klage
  57. stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
  58. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr
  59. Klageabweisungsbegehren weiter.
  60. Entscheidungsgründe:
  61. 4
  62. Die Revision hat keinen Erfolg.
  63. I.
  64. 5
  65. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
  66. -4-
  67. 6
  68. Die von der Beklagten erklärte Anfechtung des Kaufvertrages greife nicht
  69. durch. Zwar sei bei der ersten Besichtigung ein Inzahlungnahmebetrag von
  70. 9.000 € genannt worden. Dieser Betrag habe jedoch unter dem Vorbehalt genauerer Besichtigung gestanden. Soweit die Klägerin auf Grund der dabei unstreitig festgestellten Mängel zu der Einschätzung gelangt sei, das Fahrzeug
  71. werde die TÜV-Plakette nicht erhalten, und deshalb nur noch einen geringeren
  72. Inzahlungnahmebetrag angeboten habe, könne dies ein Anfechtungsrecht nicht
  73. begründen. Die Beklagte sei deshalb nach dem von ihr grundlos erklärten
  74. Rücktritt zur Zahlung des von der Klägerin nach Maßgabe ihrer Geschäftsbedingungen in Höhe von 10 % des Kaufpreises beanspruchten Schadensersatzes verpflichtet. Die betreffende Klausel sei wirksam. Zwar verlange § 309 Nr. 5
  75. Buchst. b BGB den ausdrücklichen Hinweis auf die Möglichkeit des Gegenbeweises, dass kein Schaden eingetreten oder dass dieser geringer sei als die
  76. vorgesehene Pauschale. Dass hiervon abweichend in der Klausel der Hinweis
  77. auf die Nachweismöglichkeit fehle, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden sei, sei jedoch unschädlich. Denn es sei nicht erforderlich, dass insoweit
  78. der Gesetzeswortlaut übernommen werde. Eine solche Klausel werde entgegen
  79. teilweise vertretener Auffassung den bestehenden Anforderungen vielmehr
  80. schon dann gerecht, wenn sie dem Käufer - wie hier - ausdrücklich die Möglichkeit eröffne nachzuweisen, dass dem Verkäufer ein geringerer Schaden entstanden sei. Ein solcher Hinweis schließe nämlich erkennbar auch die Möglichkeit des Nachweises ein, dass überhaupt kein Schaden entstanden sei.
  81. II.
  82. 7
  83. Diese Beurteilung lässt, soweit sie revisionsrechtlicher Nachprüfung unterliegt, keinen Rechtsfehler erkennen.
  84. -5-
  85. 8
  86. 1. Die Revision ist allerdings nur insoweit zulässig, als sich das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Betrag des zugesprochenen Schadensersatzes wendet. Denn das Berufungsgericht hat die
  87. Zulassung der Revision wirksam hierauf beschränkt. Soweit die Revision das
  88. Berufungsurteil auch hinsichtlich der Entscheidung über den Anspruchsgrund
  89. angreift, ist das Rechtsmittel deshalb mangels Zulassung durch das Berufungsgericht unstatthaft und damit unzulässig (§ 543 Abs. 1 ZPO).
  90. 9
  91. a) Das Berufungsgericht kann eine nach § 543 Abs. 2 ZPO auszusprechende Zulassung der Revision auf Teile des Streitstoffes beschränken. Die
  92. Beschränkung muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern kann
  93. sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Allerdings muss sich in diesem Fall die Beschränkung den Entscheidungsgründen eindeutig entnehmen
  94. lassen. Das ist anzunehmen, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, bei mehreren teilbaren Gegenständen nur für einen von ihnen erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses
  95. Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung
  96. auf diesen Anspruch oder Anspruchsteil zu sehen ist (st. Rspr., z.B. BGHZ 153,
  97. 358, 360 ff.; Senatsurteile vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 159/09, WuM 2010,
  98. 163, Tz. 14; vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 164/08, WuM 2009, 733, Tz. 11;
  99. jeweils m.w.N.).
  100. 10
  101. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil es für die Wirksamkeit der Schadenspauschalierungsklausel in Ziffer IV Nr. 2 der Allgemeinen
  102. Geschäftsbedingungen der Klägerin die Frage für klärungsbedürftig hält, wie die
  103. Klausel angesichts der dazu in Rechtsprechung und Literatur vertretenen unterschiedlichen Auffassungen auszulegen ist. Damit hat es ein Rechtsmittel gegen
  104. seine Entscheidung auf die Frage beschränkt wissen wollen, ob der als bestehend angenommene Schadensersatzanspruch der Klägerin nach Maßgabe der
  105. -6-
  106. Klausel pauschaliert berechnet werden kann. Das Berufungsgericht hat auch
  107. nicht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision nennen wollen.
  108. Es hat vielmehr seinen Willen, eine Revision auf den durch die aufgeworfene
  109. Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitstoffes zu beschränken, noch dadurch
  110. verdeutlicht, dass es ergänzend auf die insoweit von den Parteien beantragte
  111. Revisionszulassung hingewiesen hat. Denn die Parteien hatten angesichts des
  112. in der mündlichen Berufungsverhandlung protokollierten Hinweises des Berufungsgerichts, es sehe die Klausel als wirksam an, übereinstimmend zu Protokoll erklärt, um Zulassung der Revision zu dieser in der höchstrichterlichen
  113. Rechtsprechung ungeklärten Frage zu bitten.
  114. 11
  115. Die Entscheidungsgründe lassen hiernach eindeutig erkennen, dass das
  116. Berufungsgericht nur hinsichtlich der Wirksamkeit der Schadenspauschalierungsklausel eine die Anrufung des Bundesgerichtshofs rechtfertigende Rechtsfrage gesehen hat. Die materiell-rechtliche Beurteilung des Anspruchsgrundes,
  117. bei dem die Berufung lediglich die vom Amtsgericht verneinte Anfechtung des
  118. Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung angegriffen hatte, hat das Berufungsgericht hingegen ersichtlich für rechtlich unproblematisch gehalten. Die
  119. Revision ist deshalb nach der dafür gegebenen Begründung auf den Betrag des
  120. erhobenen Anspruchs beschränkt zugelassen worden (vgl. BGH, Urteile vom
  121. 13. Dezember 1989 - IVb ZR 19/89, WM 1990, 784, unter II; vom 25. Februar
  122. 1993 - III ZR 9/92, WM 1993, 1015, unter I 2, insoweit in BGHZ 121, 367 nicht
  123. abgedruckt; vom 10. Mai 2001 - III ZR 262/00, WM 2001, 1633, unter II 2, insoweit in BGHZ 147, 394 nicht abgedruckt; jeweils m.w.N.; vom 30. März 2007
  124. - V ZR 179/06, WM 2007, 1942, unter Tz. 7).
  125. 12
  126. b) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung der Revisionszulassung ist auch wirksam. Denn die Zulassung der Revision kann auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Streitstoffs beschränkt
  127. -7-
  128. werden, welcher Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger seine Revision beschränken könnte (st. Rspr., z.B. Senatsurteile vom 27.
  129. Januar 2010, aaO, Tz. 16; vom 28. Oktober 2009, aaO, Tz. 13; jeweils m.w.N.).
  130. Insbesondere kann bei einem nach Grund und Höhe streitigen Anspruch die
  131. Zulassung auf den Streit über die Höhe beschränkt werden, weil und soweit das
  132. Berufungsgericht nach § 304 ZPO vorab durch Zwischenurteil über den Grund
  133. hätte entscheiden können. Denn auch in diesem Falle hätte es in der Macht des
  134. Berufungsgerichts gelegen, durch Nichtzulassung der Revision gegen das
  135. Grundurteil nur den Streit über den Betrag zum möglichen Gegenstand eines
  136. Revisionsverfahrens zu machen (BGHZ 76, 397, 399; Senatsurteile vom
  137. 30. Juni 1982 - VIII ZR 259/81, WM 1982, 1028, unter II 2 b; vom 16. September 2009 - VIII ZR 243/08, WM 2009, 2334, Tz. 11; jeweils m.w.N.).
  138. 13
  139. 2. Soweit die Revision zulässig ist, hält die Beurteilung des Berufungsgerichts rechtlicher Nachprüfung stand. Die Klägerin kann - wie auf Grund der beschränkten Revisionszulassung feststeht - gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281
  140. Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen, weil
  141. die Beklagte unberechtigt ihre auf Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des
  142. gekauften Fahrzeugs gerichtete Leistung (§ 433 Abs. 2 BGB) verweigert hat.
  143. Diesen Schadensersatz kann die Klägerin entgegen der Auffassung der Revision auch pauschal nach Maßgabe von Ziffer IV Abs. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechnen, da die betreffende Klausel den in § 309 Nr. 5
  144. BGB aufgestellten Anforderungen an eine wirksame Schadenspauschalierung
  145. gerecht wird.
  146. 14
  147. a) Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - gegen
  148. die Angemessenheit der in Ziffer IV Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin geregelten Schadenspauschale ersichtlich keine Bedenken
  149. gehabt und die Klausel deshalb am Maßstab des § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB als
  150. -8-
  151. wirksam angesehen. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die
  152. Angemessenheit der Pauschale in den Tatsacheninstanzen weder angegriffen
  153. war noch der angesetzte Wert als ungewöhnlich hoch angesehen werden kann
  154. (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 - VIII ZR 35/99, WM 2000, 81, unter II
  155. 2).
  156. 15
  157. b) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die
  158. Schadenspauschalierung in Ziffer IV Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht vom Klauselverbot des § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB
  159. erfasst wird, wonach die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des
  160. Verwenders auf Schadensersatz unwirksam ist, wenn dem anderen Vertragsteil
  161. nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden sei überhaupt nicht
  162. entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale.
  163. 16
  164. aa) Es ist umstritten, ob eine solche Klausel unwirksam ist, wenn in ihrem Wortlaut ein ausdrücklicher Hinweis fehlt, dass dem anderen Vertragsteil
  165. auch der Nachweis gestattet ist, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden
  166. ist. Teilweise wird mit Blick auf den insoweit für eindeutig erachteten Wortlaut
  167. des § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB oder einen jedenfalls dahingehenden Willen des
  168. Gesetzgebers die Auffassung vertreten, dass die Schadenspauschalierungsklausel zu ihrer Wirksamkeit in ihrem Wortlaut den aus dem Gesetzestext entnommenen ausdrücklichen Hinweis enthalten müsse, dass der Nachweis des
  169. Nichteintritts eines Schadens möglich sei (OLG Celle, BauR 2009, 103, 107;
  170. AG Haßfurt, BB 2007, 2706; Koch, MDR 2003, 661, 663; Reinking/Eggert, Der
  171. Autokauf, 9. Aufl., Rdnr. 208). Teilweise wird es dagegen für ausreichend erachtet, wenn die gewählte Formulierung auch einem rechtsunkundigen Vertragspartner unzweideutig den ohne weiteres verständlichen Hinweis gibt, er
  172. könne den Gegenbeweis führen, dass dem Verwender ein Schaden überhaupt
  173. nicht entstanden sei. Denn dem Gesetzgeber sei es nur auf die ausdrückliche
  174. -9-
  175. Einräumung der Möglichkeit, die genannten anderweitigen Nachweise zu führen, nicht aber auf eine exakte Übernahme der Formulierungen des Gesetzestextes angekommen (AG München, NJW-RR 2008, 139, 140; Dammann in:
  176. Wolf/Lindacher/Pfeifer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 309 Nr. 5 Rdnr. 96-99; Bamberger/Roth/Becker, BGB, 2. Aufl., § 309 Nr. 5 Rdnr. 36; Albert/Holthusen, BB
  177. 2007, 2706, 2707).
  178. bb) Der Senat, der sich in seinem Urteil vom 23. November 2005 (VIII ZR
  179. 17
  180. 154/04, WuM 2006, 97, Tz. 24) nach der dortigen Fallgestaltung mit den Anforderungen, die an die Formulierung dieser Nachweismöglichkeit im Einzelnen zu
  181. stellen sind, noch nicht zu befassen brauchte, tritt letztgenannter Auffassung
  182. bei.
  183. 18
  184. (1) Der Wortlaut des § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB verlangt nur, dass dem
  185. anderen Vertragsteil ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden sei
  186. überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale. Die
  187. Zulassung des Nachweises muss danach in der Klauselformulierung zwar ausdrücklich angesprochen sein. Mit welchen Formulierungen dies zu geschehen
  188. hat, insbesondere ob der Klauselverwender sich dabei zwingend des Gesetzeswortlauts bedienen muss, lässt der Gesetzestext dagegen offen.
  189. 19
  190. Auch in der Gesetzesbegründung findet sich kein Anhalt, dass der Gesetzgeber dem Klauselverwender für die Zulassung des Nachweises eines
  191. niedrigeren Schadens gerade die Verwendung einer bestimmten Formulierung
  192. vorschreiben wollte. Nach § 11 Nr. 5 Buchst. b AGBG war eine Schadenspauschalierung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn dem anderen Vertragsteil der Nachweis abgeschnitten wurde, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale (dazu BGH,
  193. Urteil vom 16. Januar 1984 - II ZR 100/83, NJW 1984, 2093, unter II 4). Im Ge-
  194. - 10 -
  195. gensatz hierzu kam es dem Gesetzgeber bei Schaffung des § 309 Nr. 5
  196. Buchst. b BGB darauf an, den Gesetzeswortlaut dahin gehend umzukehren,
  197. dass Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Schadenspauschale in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nunmehr sein sollte, dass dem anderen Vertragsteil
  198. ausdrücklich der Nachweis eines niedrigeren Schadens gestattet wird. Auf diese Weise sollte den zur Rechtsunsicherheit führenden Auslegungsproblemen
  199. begegnet werden, die sich in der Rechtspraxis im Hinblick auf Klauseln ergeben
  200. hatten, bei denen für den rechtsunkundigen Durchschnittskunden zweifelhaft
  201. war, ob aus ihnen die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Schadens
  202. herauszulesen war oder nicht. Künftig sollte deshalb die gesetzliche Regelung
  203. formal strenger und eine Klausel aus Gründen der Klarheit und Eindeutigkeit
  204. nur zulässig sein, wenn sie den Nachweis eines geringeren Schadens ausdrücklich zulässt (BT-Drs. 14/6040, S. 155).
  205. 20
  206. Nach der Gesetzesbegründung, die den vorgeschlagenen Gesetzeswortlaut dabei selbst nur verkürzend in der Weise zitiert, dass sie von der ausdrücklichen Zulassung des Nachweises eines geringeren Schadens spricht, kam es
  207. dem Gesetzgeber mithin entscheidend darauf an, in Umkehr der bisherigen
  208. Rechtslage die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Schadens durch
  209. ausdrücklichen Hinweis im Klauselwortlaut zu verankern. Wie und insbesondere
  210. mit welchem Wortlaut dies in der Klausel ihren Ausdruck finden sollte, ist indessen nicht Gegenstand der Neuregelung gewesen und hat demgemäß in ihr
  211. auch keinen Niederschlag gefunden. Es genügt deshalb, wenn der im Klauseltext enthaltene Hinweis auf die Möglichkeit des Gegenbeweises einem rechtsunkundigen Vertragspartner ohne weiteres deutlich macht, dass darin die
  212. Möglichkeit des Nachweises, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden, eingeschlossen ist.
  213. - 11 -
  214. 21
  215. (2) Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die von der
  216. Klägerin verwendete Klausel dem Vertragspartner diese Möglichkeit des Nachweises gestattet, da aus der verwendeten Formulierung nach dem objektiven
  217. Empfängerhorizont zu ersehen sei, dass die Klausel auch den Nachweis des
  218. Nichteintritts eines Schaden einschließt. Der Senat, der die tatrichterliche Auslegung der Klausel uneingeschränkt nachprüfen kann, weil sie - wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin insgesamt - auf eine Empfehlung
  219. des Zentralverbandes des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes e.V. zurückgeht
  220. und daher über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung findet,
  221. teilt die Auffassung des Berufungsgerichts. Denn dass die Möglichkeit des
  222. Nachweises eines geringeren Schadens zugleich den Nachweis einschließt,
  223. dass überhaupt kein Schaden entstanden ist, liegt nach dem Wortlaut der Klausel und dem Zweck der Nachweismöglichkeit aus der Sicht eines verständigen,
  224. juristisch nicht vorgebildeten Vertragspartners der Klägerin auf der Hand. Ein
  225. anderes Verständnis liegt angesichts seiner Sinnwidrigkeit fern und kann deshalb auch gemessen am Maßstab des § 305c Abs. 2 BGB für die Klauselauslegung als unbeachtlich außer Betracht bleiben (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2005, aaO, Tz. 10; BGH, Urteil vom 10. Mai 1994 - XI ZR 65/93, WM
  226. 1994, 1283, unter II 2 b bb m.w.N.).
  227. 22
  228. 3. Ohne Erfolg rügt die Revision schließlich erstmals, dass der Klägerin
  229. eine Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht hätte zugesprochen werden dürfen, weil diese Rechtsverfolgungskosten in der Schadenspauschale enthalten seien. Dass die Beklagte die Schadenshöhe in den Tatsacheninstanzen dahingehend bestritten hatte, zeigt die Revision jedoch ebenso
  230. wenig auf wie Tatsachenvortrag, nach dem der branchentypische Durchschnittsschaden, an dem sich die Schadenspauschale auszurichten hat (vgl.
  231. BGH, Urteil vom 16. Januar 1984, aaO; Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen,
  232. AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 5 BGB Rdnr. 15), derartige Rechtsverfolgungs-
  233. - 12 -
  234. kosten mit einschließt. Davon kann auch nicht ausgegangen werden. Zwar erstreckt sich die Schadenspauschalierung im Zweifel auf den Ersatz des gesamten bei dem Verwender typischerweise eintretenden Schadens (Bamberger/Roth/Becker, aaO, Rdnr. 34). Dass zu diesem typischerweise eintretenden
  235. Schaden jedoch auch etwaige Rechtsverfolgungskosten zählen, deren Anfall
  236. und Höhe in der Regel durch den Einzelfall geprägt sind und die sich deshalb
  237. vorab noch nicht verlässlich einschätzen lassen, kann nicht angenommen werden.
  238. Ball
  239. Dr. Milger
  240. Dr. Fetzer
  241. Dr. Achilles
  242. Dr. Bünger
  243. Vorinstanzen:
  244. AG Mainz, Entscheidung vom 18.07.2008 - 87 C 53/08 LG Mainz, Entscheidung vom 22.04.2009 - 301 S 170/08 -