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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VI ZR 245/08
  5. Verkündet am:
  6. 20. April 2010
  7. Holmes,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. - 2 -
  13. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  14. vom 20. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner,
  15. Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz
  16. für Recht erkannt:
  17. Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des
  18. 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg
  19. vom 19. August 2008 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts
  20. Hamburg vom 16. November 2007 abgeändert.
  21. Die Klage wird abgewiesen.
  22. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
  23. Von Rechts wegen
  24. Tatbestand:
  25. 1
  26. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der individualisierenden
  27. Berichterstattung über eine Straftat in Anspruch.
  28. 2
  29. Der Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen
  30. Mordes an dem bekannten Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Tat hatte erhebliches Aufsehen erregt. Der
  31. Kläger stellte mehrfach, zuletzt im Jahr 2004, Anträge auf Wiederaufnahme des
  32. Verfahrens, vor deren Verwerfung er sich an die Presse wandte. Im Januar
  33. - 3 -
  34. 2008 wurde der Kläger auf Bewährung aus der Strafhaft entlassen. Die Beklagte betreibt das Internetportal www.morgenweb.de. Dort hielt sie in der Rubrik
  35. "Archiv" sogenannte Teaser zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit,
  36. durch die sie auf im "Archiv" enthaltene und nur Nutzern mit besonderer Zugangsberechtigung zugängliche Beiträge aufmerksam machte. In einem bis ins
  37. Jahr 2007 abrufbaren Teaser, der auf eine Meldung vom 22. Mai 2001 hinwies,
  38. hieß es unter voller Namensnennung der Betroffenen:
  39. 3
  40. "Das Verfahren gegen die beiden verurteilten Mörder des Volksschauspielers Walter Sedlmayr wird vorerst nicht wieder aufgerollt. Das Landgericht
  41. Augsburg habe einen Antrag der Brüder W. und L. auf Wiederaufnahme abgelehnt, berichteten gestern ihre Anwälte. Sie legten gegen die Entscheidung sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht in München ein".
  42. 4
  43. Der Kläger sieht in dem Bereithalten des seinen Namen enthaltenden
  44. Teasers zum Abruf im Internet eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten, es zu unterlassen,
  45. über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
  46. Entscheidungsgründe:
  47. I.
  48. 5
  49. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog
  50. i.V.m. Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu, weil die Verbreitung der den Kläger identi-
  51. - 4 -
  52. fizierenden Meldung diesen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Im Jahr 2007, als die Meldung noch verbreitet worden sei, habe sich der
  53. Kläger kurz vor der Entlassung aus der Strafhaft unter Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung befunden, weshalb eine Konstellation gegeben gewesen
  54. sei, wie sie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Juni 1973
  55. (BVerfGE 35, 202 ff. - Lebach I) zugrunde gelegen habe. Das im Hinblick auf
  56. seine bevorstehende Wiedereingliederung in die Gesellschaft besonders
  57. schutzwürdige Interesse des Klägers, nicht weiterhin öffentlich mit der Tat konfrontiert zu werden, überwiege das Interesse der Beklagten an der weiteren
  58. Verbreitung der Meldung umso mehr, als die Einschränkungen, die dem Verbreiter solcher Meldungen auferlegt würden, denkbar gering seien. Diesem werde nämlich nicht die Berichterstattung über die Tat, sondern nur die Nennung
  59. der Namen der Täter untersagt.
  60. 6
  61. Der Umstand, dass - wie auch im Streitfall - Meldungen im Internet häufig
  62. dauerhaft abrufbar gehalten würden und als ältere Meldungen erkennbar seien,
  63. rechtfertige keine andere Beurteilung. Es mache keinen Unterschied, ob die
  64. Identität des Betroffenen in einer neuen oder in einer älteren Meldung preisgegeben werde. Es komme auch nicht darauf an, ob die beanstandete Meldung
  65. mittels Suchmaschinen oder Querverweisen über ein auf die Tat bezogenes
  66. Schlagwort oder über den Namen des Täters auffindbar sei. Auch der Umstand,
  67. dass über das Internet verbreiteten Meldungen in der Regel noch ein geringerer
  68. Verbreitungsgrad zukomme als Meldungen, die über die Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen verbreitet würden, lasse nicht die Anlegung anderer als
  69. der vom Bundesverfassungsgericht für die Massenmedien entwickelten Maßstäbe zu.
  70. 7
  71. Die Beklagte sei hinsichtlich der Rechtsbeeinträchtigung auch Störer. Ihre Störereigenschaft könne insbesondere nicht im Hinblick darauf verneint wer-
  72. - 5 -
  73. den, dass es sich bei dem Teil des Internetauftritts, in dem die beanstandete
  74. Meldung zum Abruf bereitgehalten worden sei, um ein privilegiertes Internetarchiv handle. Denn eine über das Internet allgemein zugängliche, in die Rubrik
  75. "Archiv" eingestellte Äußerung werde ebenso verbreitet wie jede andere Äußerung auch. Der Rubrik, in der die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten werde, komme auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Kontrolle über den eigenen Internetauftritt keine Bedeutung zu. Ferner sei unerheblich, ob bereits die erstmalige Veröffentlichung der beanstandeten Inhalte
  76. rechtswidrig oder ob die Verbreitung der Meldung ursprünglich rechtmäßig gewesen sei.
  77. II.
  78. 8
  79. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht
  80. stand. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte gemäß den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Artt. 1 Abs. 1, 2
  81. Abs. 1 GG zu.
  82. 9
  83. 1. Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag ist dahingehend auszulegen,
  84. dass der Beklagten untersagt werden soll, auf ihrer Internetseite den angegriffenen, auf ältere Veröffentlichungen hinweisenden Teaser zum Abruf bereit zu
  85. halten, in dem im Zusammenhang mit dem Mord an Walter Sedlmayr der Name
  86. des Klägers genannt wird. Der Klageantrag ist dagegen nicht auf Unterlassung
  87. jedweder künftiger Berichterstattung gerichtet. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus
  88. der Klagebegründung, die zur Ermittlung des Klagebegehrens heranzuziehen
  89. ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - VersR 2009, 1269,
  90. 1271 m.w.N.; BGHZ 173, 188, Rn. 17 jeweils m.w.N.). Der Kläger hat schriftsätzlich deutlich gemacht, dass er sich lediglich gegen das weitere Vorhalten
  91. - 6 -
  92. ihn identifizierender Meldungen in Form von auf ältere Veröffentlichungen hinweisenden Teasern wie des konkret angegriffenen zum Abruf im Internet wendet. In diesem Sinne haben auch die Vorinstanzen das Begehren des Klägers
  93. verstanden. Dieses Verständnis hat der Kläger auch in Revisionserwiderung
  94. bestätigt.
  95. 10
  96. 2. Die Klage ist aber nicht begründet.
  97. 11
  98. a) Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht angenommen, dass das
  99. Bereithalten der den Kläger namentlich als wegen Mordes Verurteilten bezeichnenden Meldung zum Abruf im Internet einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellt. Denn die Berichterstattung über eine Straftat unter Nennung des Namens des Straftäters beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens,
  100. weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den
  101. Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile
  102. BGHZ 143, 199, 202 f.; 178, 213 Rn. 33; vom 15. November 2005 - VI ZR
  103. 286/04 - VersR 2006, 274; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08 - VersR
  104. 2010, 359; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08 - z.V.b. in BGHZ; BVerfGE 35,
  105. 202, 226; BVerfG NJW 2006, 2835; AfP 2009, 365 Rn. 15). Dies gilt nicht nur
  106. bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der
  107. herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen
  108. geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Täter identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum
  109. Abruf bereitgehalten werden (vgl. BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 17). Diese Inhalte
  110. sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten Internetnutzer zugänglich (vgl.
  111. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08 - aaO; vom 9. Februar
  112. 2010 - VI ZR 243/08 - z.V.b.; Verweyen/Schulz, AfP 2008, 133, 137).
  113. - 7 -
  114. 12
  115. b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für
  116. geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des
  117. Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5
  118. Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und
  119. Medienfreiheit zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des
  120. Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR
  121. 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13;
  122. vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar
  123. 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR
  124. 19/08 - VersR 2009, 1545 Rn. 16; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.; 120, 180,
  125. 200 f.; AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - VersR 2005, 1403, 1404; vom
  126. 17. November 2009 - VI ZR 226/08 - VersR 2010, 220 m.w.N; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08 - aaO; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08 - z.V.b.).
  127. 13
  128. c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass
  129. das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch das Bereithalten der
  130. beanstandeten Inhalte zum Abruf im Internet in rechtswidriger Weise verletzt
  131. worden sei. Das Berufungsgericht hat die besonderen Umstände des Streitfalles nicht ausreichend berücksichtigt und das von der Beklagten verfolgte Infor-
  132. - 8 -
  133. mationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung
  134. mit einem zu geringen Gewicht in die Abwägung eingestellt.
  135. 14
  136. aa) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480
  137. Rn. 61 f., jeweils m.w.N.). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen in
  138. der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen
  139. sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das
  140. Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der
  141. Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein,
  142. wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten
  143. und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so
  144. dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung
  145. zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 17).
  146. 15
  147. Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen, dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung
  148. Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor
  149. Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr
  150. sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität
  151. abhebt. Bei schweren Gewaltverbrechen ist in der Regel ein über bloße Neugier
  152. und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die
  153. Tat und ihren Hergang, über die Person des Täters und seine Motive sowie
  154. - 9 -
  155. über die Strafverfolgung anzuerkennen (vgl. BVerfGE 35, 202, 231; BVerfG AfP
  156. 2009, 365 Rn. 18; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 143, 199, 204).
  157. 16
  158. Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer
  159. Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung
  160. des Persönlichkeitsrechts des Täters verdient für die aktuelle Berichterstattung
  161. über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Denn
  162. wer den Rechtsfrieden bricht und durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen
  163. angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm
  164. selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen
  165. Wegen befriedigt wird (vgl. BVerfGE 35, 202, 231 f.; BVerfG AfP 2009, 365
  166. Rn. 19; vgl. auch Senatsurteile BGHZ 143, 199, 204; 178, 213 Rn. 22 f.; vom
  167. 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 Rn. 14).
  168. 17
  169. Mit zeitlicher Distanz zur Straftat gewinnt dagegen das Interesse des Täters, vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung. Das Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich
  170. uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters und
  171. seiner Privatsphäre (vgl. BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 21).
  172. Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit der Verfolgung und
  173. Verurteilung die gebotene rechtliche Sanktion erfahren und ist die Öffentlichkeit
  174. hierüber hinreichend informiert worden, lassen sich wiederholte Eingriffe in das
  175. Persönlichkeitsrecht des Täters im Hinblick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die Gemeinschaft nicht ohne weiteres rechtfertigen. Hiermit ist
  176. allerdings keine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung
  177. persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse gemeint. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt Straftätern keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit
  178. überhaupt nicht mehr mit ihrer Tat konfrontiert zu werden. Selbst die Verbüßung
  179. - 10 -
  180. der Strafhaft führt nicht dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch
  181. erwirbt, mit der Tat "allein gelassen zu werden". Maßgeblich ist vielmehr stets,
  182. in welchem Ausmaß das Persönlichkeitsrecht einschließlich des Resozialisierungsinteresses des Straftäters von der Berichterstattung unter den konkreten
  183. Umständen des Einzelfalls beeinträchtigt wird (vgl. BVerfG NJW 2000, 1859,
  184. 1860; AfP 2009, 365 Rn. 21; EGMR, Urteil vom 7. Dezember 2006
  185. - Beschwerde Nr. 35841/02, - Österreichischer Rundfunk gegen Österreich,
  186. Nr. 68, ÖJZ 2007, 472, 473, jeweils m.w.N.). Für die Intensität der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kommt es auch auf die Art und Weise der Darstellung, insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums an. So stellt
  187. eine Fernsehberichterstattung in der Regel einen weitaus stärkeren Eingriff in
  188. die Privatsphäre des Betroffenen dar als eine Wortberichterstattung (vgl.
  189. BVerfG NJW 2000, 1859, 1860 und AfP 2009, 365 Rn. 21, jeweils m.w.N.).
  190. 18
  191. bb) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz
  192. seiner Persönlichkeit und an der Achtung seines Privatlebens vorliegend hinter
  193. dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und
  194. ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten. Zwar kommt dem Interesse des Klägers, vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu
  195. bleiben, vorliegend erhöhtes Gewicht zu. Die von ihm begangene Straftat und
  196. die Verurteilung liegen lange zurück; der Kläger ist im Januar 2008 aus der
  197. Strafhaft entlassen worden. Andererseits beeinträchtigt der beanstandete Teaser sein Persönlichkeitsrecht einschließlich seines Resozialisierungsinteresses
  198. unter den besonderen Umständen des Streitfalls nicht in erheblicher Weise. Er
  199. ist insbesondere nicht geeignet, den Kläger "ewig an den Pranger" zu stellen
  200. oder in einer Weise "an das Licht der Öffentlichkeit zu zerren", die ihn als Straftäter (wieder) neu stigmatisieren könnte.
  201. - 11 -
  202. 19
  203. Der Teaser enthält wahrheitsgemäße Aussagen über ein Kapitalverbrechen an einem bekannten Schauspieler, das erhebliches öffentliches Aufsehen
  204. erregt hatte. In ihm wird sachbezogen, zurückhaltend und ohne zusätzliche stigmatisierende Umstände mitgeteilt, dass das Landgericht Augsburg den Antrag
  205. des Klägers auf Wiederaufnahme des Verfahrens verworfen und der Kläger
  206. gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht München eingelegt habe. Die den Kläger identifizierenden Angaben in dem Teaser
  207. waren angesichts der Schwere des Verbrechens, der Bekanntheit des Opfers,
  208. des erheblichen Aufsehens, das die Tat in der Öffentlichkeit erregt hatte, und
  209. des Umstands, dass sich die Verurteilten bis weit über das Jahr 2000 hinaus
  210. unter Inanspruchnahme aller denkbaren Rechtsbehelfe um die Aufhebung ihrer
  211. Verurteilung bemühten, zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung unzweifelhaft zulässig.
  212. 20
  213. In der Art und Weise, wie der Teaser zum Abruf bereitgehalten wurde,
  214. kam ihm eine nur geringe Breitenwirkung zu. Der Verbreitungsgrad des konkret
  215. gewählten Mediums war gering; eine Fallgestaltung, wie sie der Lebach-IEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 35, 202) zugrunde lag,
  216. ist nicht gegeben. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Fernsehdokumentation zur besten Sendezeit, die zu einem intensiven Nacherleben der Straftat
  217. unter Betonung der emotionalen Komponente führte (vgl. BVerfGE 35, 202,
  218. 228 f.). Unter den damaligen Fernsehbedingungen war gerade für eine solche
  219. Sendung mit einer besonders hohen Einschaltquote zu rechnen (BVerfG aaO).
  220. Hingegen setzte eine Kenntnisnahme vom Inhalt des beanstandeten Teasers
  221. im Streitfall eine gezielte Suche voraus. Der Teaser wurde nur auf einer als
  222. passive Darstellungsplattform geschalteten Website angeboten, die typischerweise nur von solchen Nutzern zur Kenntnis genommen wird, die sich selbst
  223. aktiv informieren (vgl. BVerfG NJW 2003, 2818, 2819; NJW 2008, 1298, 1299;
  224. Feldmann, JurisPR-ITR 15/2009 Anm. 5). Er war auch nicht auf den aktuellen
  225. - 12 -
  226. Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich, wo er dem Nutzer unmittelbar nach Aufruf der Homepage der Beklagten ins Auge hätte fallen können.
  227. Vielmehr war der Teaser ausweislich der Feststellungen des Landgerichts, auf
  228. die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, nur auf den für Altmeldungen
  229. vorgesehenen Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich und für den
  230. Nutzer im Gesamtzusammenhang, insbesondere aufgrund des Inhalts und der
  231. angegebenen
  232. URL
  233. (http://www.morgenweb.de//service/archiv/artikel/
  234. 401012111.html), ohne weiteres als Altmeldung erkennbar. Er war auch nicht in
  235. sonstiger Weise in einen Kontext eingebettet, der ihm den Anschein der Aktualität oder den Charakter einer erneuten Berichterstattung verlieh und die Annahme rechtfertigen würde, die Beklagte habe sich erneut bzw. zeitlich uneingeschränkt mit der Person des Straftäters befasst (vgl. dazu Hoecht, AfP 2009,
  236. 342, 346 f.; von Petersdorff-Campen, ZUM 2008, 102, 107; Feldmann, aaO; LG
  237. Düsseldorf, ZUM 2008, 156).
  238. 21
  239. Zugunsten der Beklagten fällt darüber hinaus ins Gewicht, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über
  240. das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren (vgl. Senatsurteile vom
  241. 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08 - aaO; vom 9. Februar 2010 - VI ZR
  242. 243/08 - z.V.b.; OLG Köln, AfP 2007, 126, 127; KG, AfP 2006, 561, 563; OLG
  243. Frankfurt, ZUM 2007, 915, 917; AfP 2006, 568, 569; Hoecht, aaO, 345 ff.; Libertus, MMR 2007, 143, 148). Dementsprechend nehmen die Medien ihre Aufgabe, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an
  244. der demokratischen Willensbildung mitzuwirken, auch dadurch wahr, dass sie
  245. nicht mehr aktuelle Veröffentlichungen für interessierte Mediennutzer verfügbar
  246. halten. Ein generelles Verbot der Einsehbarkeit und Recherchierbarkeit bzw.
  247. ein Gebot der Löschung aller früheren den Straftäter identifizierenden Darstellungen in "Onlinearchiven" würde dazu führen, dass Geschichte getilgt und der
  248. - 13 -
  249. Straftäter vollständig immunisiert würde (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember
  250. 2009 - VI ZR 227/08 - aaO; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08 - z.V.b.;
  251. Hoecht, aaO, S. 345 f.; Dreier, FS Loewenheim, 2009, S. 67, 68, 76 m.w.N.).
  252. Hierauf hat der Täter aber keinen Anspruch (vgl. BVerfG, NJW 2000, 1859,
  253. 1860; AfP 2009, 365 Rn. 21). Dies gilt insbesondere bei einem schweren Kapitalverbrechen wie im vorliegenden Fall, das in der Öffentlichkeit besondere
  254. Aufmerksamkeit erregt hat.
  255. 22
  256. Weiterhin ist zu beachten, dass das vom Kläger begehrte Verbot einen
  257. abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der Meinungs- und Pressefreiheit
  258. hätte, der den freien Informations- und Kommunikationsprozess einschnüren
  259. würde (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08 - aaO; vom
  260. 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08 - z.V.b.; BVerfGE 93, 266, 292; 99, 185, 197;
  261. AfP 2009, 480 Rn. 62; vgl. ferner BGH, BGHZ 158, 343, 353). Die Beklagte
  262. könnte ihren verfassungsrechtlichen Auftrag, in Wahrnehmung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren, nicht vollumfänglich wahrnehmen,
  263. wenn es ihr generell verwehrt wäre, dem interessierten Nutzer den Zugriff auf
  264. frühere Veröffentlichungen zu ermöglichen. Würde auch das weitere Bereithalten als solcher erkennbarer und im Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung
  265. zulässiger Altmeldungen auf für Altmeldungen vorgesehenen Seiten zum Abruf
  266. im Internet nach Ablauf einer gewissen Zeit oder nach Veränderung der
  267. zugrunde liegenden Umstände ohne weiteres unzulässig und wäre die Beklagte
  268. verpflichtet, sämtliche archivierten Beiträge von sich aus immer wieder auf ihre
  269. Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, würde die Meinungs- und Medienfreiheit in
  270. unzulässiger Weise eingeschränkt. Angesichts des mit einer derartigen Kontrolle verbundenen personellen und zeitlichen Aufwands bestünde die erhebliche
  271. Gefahr, dass die Beklagte entweder ganz von einer der Öffentlichkeit zugänglichen Archivierung absehen oder bereits bei der erstmaligen Veröffentlichung
  272. die Umstände ausklammern würde, die - wie vorliegend der Name des Straftä-
  273. - 14 -
  274. ters - das weitere Vorhalten des Beitrags später rechtswidrig werden lassen
  275. könnten, an deren Mitteilung die Öffentlichkeit aber im Zeitpunkt der erstmaligen Berichterstattung ein schützenswertes Interesse hat.
  276. 23
  277. d) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist eine andere
  278. rechtliche Beurteilung auch nicht nach den Grundsätzen des Datenschutzrechts
  279. geboten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der persönliche und sachliche
  280. Anwendungsbereich der Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes überhaupt eröffnet ist, insbesondere ob es sich bei dem beanstandeten Bereithalten
  281. der den Namen des Klägers enthaltenden Meldung zum Abruf im Internet um
  282. ein "Verarbeiten" personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1
  283. BDSG handelt. Denn das Bereithalten dieser Meldung unterfällt jedenfalls dem
  284. sogenannten Medienprivileg des § 57 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrags für
  285. Rundfunk und Telemedien (RStV) mit der Folge, dass seine Zulässigkeit weder
  286. von einer Einwilligung des Betroffenen noch von einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung im Sinne des § 4 BDSG abhängig ist.
  287. 24
  288. aa) Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 RStV gelten, soweit Unternehmen oder
  289. Hilfsunternehmen der Presse als Anbieter von Telemedien personenbezogene
  290. Daten ausschließlich zu eigenen journalistisch-redaktionellen oder literarischen
  291. Zwecken erheben, verarbeiten oder nutzen, nur die §§ 5, 7, 9 und 38a BDSG
  292. mit der Maßgabe, dass nur für Schäden gehaftet wird, die durch die Verletzung
  293. des Datengeheimnisses nach § 5 BDSG oder durch unzureichende technische
  294. oder organisatorische Maßnahmen im Sinne des § 9 BDSG eintreten. § 4
  295. BDSG, wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener
  296. Daten nur zulässig sind, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat, kommt
  297. dagegen nicht zur Anwendung (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2010 - VI ZR
  298. 243/08 - z.V.b.in BGHZ; Herb in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 57
  299. - 15 -
  300. RStV Rn. 6 f., 15 f.; Keber in Schwartmann, Praxishandbuch Medien-, IT- und
  301. Urheberrecht, 16. Abschnitt, Rn. 25, 27; Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, § 41 BDSG Rn. 6, 10a; vgl. zu § 41 BDSG: Gola/Schomerus, BDSG,
  302. 9. Aufl., § 41 Rn. 2). Das in § 57 Abs. 1 Satz 1 RStV angeordnete Medienprivileg ist Ausfluss der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Medienfreiheit. Ohne
  303. die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten auch ohne
  304. Einwilligung der jeweils Betroffenen wäre journalistische Arbeit nicht möglich;
  305. die Presse könnte ihre in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK,
  306. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zuerkannten und garantierten Aufgaben nicht wahrnehmen (vgl. Senatsurteile
  307. BGHZ 181, 328 Rn. 20; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08 - aaO; vom
  308. 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08 - z.V.b.; Waldenberger in Spindler/Schuster,
  309. Recht der elektronischen Medien, Presserecht Rn. 118 ff., 140; Keber in
  310. Schwartmann, aaO; Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 6 ff.; Dörr, ZUM 2004,
  311. 536, 540 f.; vgl. auch Art. 9 sowie Erwägungsgründe 17 und 37 der Richtlinie
  312. 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995
  313. zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. L 281, S. 31; EuGH, Urteile vom
  314. 6. November 2003 - Rs. C-101/01 - Lindqvist gegen Schweden - ZUM-RD
  315. 2004, 107 Rn. 90; vom 16. Dezember 2008 - Rs. C-73/07 - Tietosuojavaltuutettu gegen Satakunnan Markkinapörssi Oy - EuGRZ 2009, 23 ff.; Schlussanträge
  316. der Generalanwältin Kokott vom 8. Mai 2008 in der Rechtssache C-73/07 - zitiert nach Juris, Rn. 37, 39, 66 ff., 81 f.).
  317. 25
  318. bb) Die Voraussetzungen einer datenschutzrechtlichen Privilegierung
  319. gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 RStV sind vorliegend erfüllt. Die Beklagte als Anbieterin von Telemedien hat die den Namen des Klägers enthaltende Meldung
  320. ausschließlich zu eigenen journalistisch-redaktionellen Zwecken in ihren Internetauftritt eingestellt und zum Abruf im Internet bereitgehalten.
  321. - 16 -
  322. 26
  323. (1) Daten werden dann zu journalistisch-redaktionellen Zwecken verarbeitet, wenn die Zielrichtung in einer Veröffentlichung für einen unbestimmten
  324. Personenkreis besteht (vgl. Herb in Hahn/Vesting, aaO, Rn. 13; Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 23). Es muss die Absicht einer Berichterstattung
  325. im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - worunter auch die Meinungsäußerung
  326. fällt (vgl. BVerfGE 60, 53, 63 f.; Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art. 5 Abs. 1
  327. Rn. 201 f.) - gegeben sein (vgl. Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 26; Schmittmann in Schwartmann, aaO, 1. Teil, 6. Abschnitt Rn. 26 ff.). Denn nur die Tätigkeiten, die der Erfüllung der Aufgaben einer funktional verstandenen Presse
  328. bzw. des Rundfunks dienen, werden vom Medienprivileg erfasst (Waldenberger
  329. in Spindler/Schuster, aaO, Rn. 137). Dementsprechend gilt die datenschutzrechtliche Privilegierung beispielsweise nicht für im Rahmen der Personaldatenverarbeitung anfallende oder im Zusammenhang mit dem Gebühreneinzug,
  330. zur Akquisition von Abonnenten oder zur (kommerziellen) Weitergabe an Dritte
  331. gespeicherte Daten (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 55 zu Art. 1 § 37 Abs. 1 des
  332. Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des
  333. Datenschutzes; Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 29; Waldenberger in Spindler/Schuster, aaO, Rn. 137; Schaffland/Wiltfang, BDSG Stand 12/2009, § 41
  334. Rn. 4). Demgegenüber sind die Recherche, Redaktion, Veröffentlichung, Dokumentation und Archivierung personenbezogener Daten zu publizistischen
  335. Zwecken umfassend geschützt (vgl. Waldenberger in Spindler/Schuster, aaO,
  336. Rn. 138). Das durch die Presse- und Rundfunkfreiheit verfassungsrechtlich vorgegebene Medienprivileg schützt insbesondere auch die publizistische Verwertung personenbezogener Daten im Rahmen einer in den Schutzbereich des
  337. Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK fallenden Veröffentlichung (vgl.
  338. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08 - aaO; vom 9. Februar
  339. 2010 - VI ZR 243/08 - z.V.b.; EuGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Rs.
  340. C-73/07 - Tietosuojavaltuutettu gegen Satakunnan Markkinapörssi Oy - EuGRZ
  341. - 17 -
  342. 2009, 23 Rn. 61 f.; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 8. Mai 2008
  343. in der Rechtssache C-73/07 - zitiert nach Juris, Rn. 65 ff., 81 f. zur Richtlinie
  344. 95/46/EG).
  345. 27
  346. Von einer Verarbeitung ausschließlich zu eigenen Zwecken ist dann auszugehen, wenn die Daten eigenen Veröffentlichungen des betroffenen Presseunternehmens dienen (vgl. Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 30).
  347. 28
  348. (2) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Beklagte hat die
  349. den Namen des Klägers enthaltende Meldung ausschließlich zu dem Zweck in
  350. ihren Internetauftritt eingestellt und zum Abruf bereitgehalten, damit sie von der
  351. interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen wird. Sie hat damit unmittelbar ihre verfassungsrechtliche Aufgabe wahrgenommen, in Ausübung der
  352. Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der demokratischen
  353. Willensbildung mitzuwirken. Sowohl das Einstellen der beanstandeten Inhalte
  354. ins Internet als auch ihr (dauerhaftes) Bereithalten zum Abruf ist Teil des in den
  355. Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK fallenden Publikationsvorgangs. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass seit der
  356. Einstellung der Meldung ins Internet mittlerweile mehrere Jahre vergangen sind.
  357. - 18 -
  358. 29
  359. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
  360. Galke
  361. Wellner
  362. Stöhr
  363. Pauge
  364. von Pentz
  365. Vorinstanzen:
  366. LG Hamburg, Entscheidung vom 16.11.2007 - 324 O 242/07 OLG Hamburg, Entscheidung vom 19.08.2008 - 7 U 109/07 -