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30 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VI ZR 221/08
  5. Verkündet am:
  6. 1. Dezember 2009
  7. Holmes,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. StVG § 17 Abs. 1 a.F.; SGB X § 116
  19. a) Zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 StVG (a.F.) bei einem (tödlichen) Zusammenstoß eines Motorradfahrers mit einem auf dem linken von drei Fahrstreifen einer Autobahn liegen gebliebenen Kraftfahrzeug.
  20. b) Zur Berechtigung von Hinterbliebenen, Schadensersatzansprüche wegen
  21. entgangenen Unterhalts geltend zu machen, wenn sie sowohl eine gesetzliche Hinterbliebenenrente als auch eine betriebliche Zusatzversorgung erhalten.
  22. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2009 - VI ZR 221/08 - OLG Brandenburg
  23. LG Potsdam
  24. - 2 -
  25. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  26. vom 1. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
  27. Wellner, Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz
  28. für Recht erkannt:
  29. Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Kläger wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Brandenburgischen
  30. Oberlandesgerichts vom 17. Juli 2008 aufgehoben.
  31. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  32. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  33. Von Rechts wegen
  34. Tatbestand:
  35. 1
  36. Die Kläger nehmen die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls in Anspruch, der sich am 30. Mai 2002 auf der BAB 10 von Berlin in Fahrtrichtung
  37. Frankfurt/Oder ereignete und bei dem der Ehemann der Klägerin zu 1 (im Folgenden: Klägerin) und Vater der Kläger zu 2 und 3 tödlich verunglückte.
  38. 2
  39. Der Ehemann der Klägerin befuhr am Unfalltag gegen elf Uhr vormittags
  40. mit dem Motorrad in einer Gruppe zusammen mit zwei weiteren Motorradfahrern die Autobahn. Auf Höhe des Kilometers 84,6 kollidierten der Ehemann der
  41. Klägerin und ein weiterer Motorradfahrer mit dem auf dem linken von drei Fahr-
  42. - 3 -
  43. streifen infolge eines Defekts liegen gebliebenen, bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Lkw Barkas B 1000, dessen Halter und Fahrer der Beklagte
  44. zu 1 (im Folgenden: Beklagter) war. Dabei wurde der Ehemann der Klägerin
  45. tödlich verletzt.
  46. 3
  47. Die Kläger begehren in ungeteilter Erbengemeinschaft nach dem Verstorbenen Ersatz des an dessen Motorrad entstandenen Schadens sowie der
  48. Beerdigungskosten. Ferner verlangen sie jeweils Ersatz des ihnen entzogenen
  49. Unterhalts, die Kläger zu 2 und 3 zudem die Feststellung der Pflicht der Beklagten zum Ersatz weiteren Schadens. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
  50. Das Berufungsgericht hat ihr unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von
  51. 60 % teilweise stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die
  52. Kläger erstreben mit der Anschlussrevision eine weitergehende Verurteilung der
  53. Beklagten über die vom Berufungsgericht zuerkannte Haftungsquote hinaus.
  54. Entscheidungsgründe:
  55. I.
  56. 4
  57. Das Berufungsgericht hält aufgrund einer Abwägung der Verursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 StVG die Haftung der Beklagten für die den
  58. Klägern entstandenen Schäden mit einer Quote von 60 % für gegeben. Zulasten des Beklagten sei dabei ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO zu berücksichtigen, weil er sein Fahrzeug auf dem linken der drei Fahrstreifen zum Stehen
  59. gebracht und es nicht auf dem Grünstreifen zur Mittelleitplanke hin habe ausrollen lassen. Der Grünstreifen sei im Bereich der Unfallstelle ausreichend breit
  60. und ein deutlicher Höhenunterschied zwischen Fahrbahn und Randstreifen, der
  61. - 4 -
  62. einem Ausweichen bei niedriger Geschwindigkeit entgegengestanden hätte,
  63. nicht vorhanden gewesen.
  64. 5
  65. Der Beklagte habe ferner gegen § 15 StVO verstoßen. Ihm sei zwar nicht
  66. vorzuwerfen, dass er die Unfallstelle zum Zeitpunkt der Kollision noch nicht mit
  67. einem Warndreieck abgesichert gehabt habe, da nicht feststehe, dass hierfür
  68. ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden habe. Der Beklagte habe jedoch das
  69. Warnblinklicht an seinem Fahrzeug nicht eingeschaltet, was aufgrund der Angaben der von dem Landgericht vernommenen Zeugen feststehe. Zudem sei zu
  70. berücksichtigen, dass die dem Beklagten anzulastende Betriebsgefahr seines
  71. Fahrzeugs erhöht gewesen sei, weil dieses an einer extrem unfallträchtigen
  72. Stelle gestanden habe. Das Liegenbleiben des Fahrzeugs selbst sei dem Beklagten hingegen ebenso wenig vorzuwerfen wie das Befahren des linken Fahrstreifens.
  73. 6
  74. Zulasten der Kläger berücksichtigt das Berufungsgericht einen Verstoß
  75. des Ehemanns der Klägerin gegen das Sichtfahrgebot des § 3 Abs. 1 Satz 4
  76. StVO. Das Fahrzeug des Beklagten sei zum Unfallzeitpunkt, zu dem Tageslicht
  77. und gute Witterungsverhältnisse geherrscht hätten, für den Ehemann der Klägerin vom Ausgang der letzten Kurve vor dem Unfallort und damit aus einer
  78. Entfernung von wenigstens 800 Metern zu sehen gewesen, selbst wenn man
  79. annehme, dieser habe sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf der linken Spur
  80. befunden. Denn auch in diesem Fall sei die Sicht auf das Fahrzeug des Beklagten nicht verdeckt gewesen. Weiterer Verkehr auf der linken Fahrspur, der die
  81. Sicht hätte verdecken können, sei nicht vorhanden gewesen. Soweit die Kläger
  82. erstmals in der Berufungsinstanz zur Beeinträchtigung der Sicht des Ehemanns
  83. der Klägerin durch weiteren Verkehr vorgetragen hätten, sei dieses Vorbringen
  84. neu und deshalb nicht zu berücksichtigen.
  85. - 5 -
  86. 7
  87. Weiterhin sei die Betriebsgefahr des Motorrads wegen seiner besonderen Gefährlichkeit im Zusammenhang mit Kollisionen höher als die eines Pkw
  88. anzusetzen. Keine weitere Erhöhung der Betriebsgefahr sei dagegen mit dem
  89. Umstand verbunden, dass mehrere Motorradfahrer in einer Gruppe zusammen
  90. gefahren seien. Die Überschreitung der an der Unfallstelle geltenden Richtgeschwindigkeit von 130 km/h durch den Verstorbenen sei nicht nachgewiesen.
  91. 8
  92. Das Berufungsgericht beziffert den der Klägerin entzogenen Unterhalt
  93. auf monatlich 741,11 €, so dass sich unter Berücksichtigung der Haftungsquote
  94. ein Anspruch auf monatliche Zahlung in Höhe von 444,67 € ergebe. Die der
  95. Klägerin durch den Wegfall ihrer Unterhaltspflicht gegenüber ihrem Ehemann
  96. entstandene Ersparnis in Höhe von 96,87 € sei im Hinblick auf das Quotenvorrecht der Klägerin nicht im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnen. Auch
  97. die Witwenrente in Höhe von 622,02 € monatlich, die die Klägerin von der
  98. Bahnversicherungsanstalt beziehe, sei nicht im Wege des Vorteilsausgleichs
  99. anrechenbar, weil sie nicht dem Schädiger zugute kommen solle.
  100. 9
  101. Die von den Klägern zu 2 und 3 geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz des ihnen entzogenen Unterhalts seien in vollem Umfang begründet. Die
  102. bestehenden Ansprüche überstiegen auch bei Anrechnung der jeweils bezogenen Halbwaisenrenten in Höhe von insgesamt 238,36 € monatlich die eingeklagten Beträge.
  103. II.
  104. 10
  105. Revision und Anschlussrevision haben Erfolg.
  106. 11
  107. 1. Die Revision ist zulässig. Sie ist insbesondere uneingeschränkt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision unbe-
  108. - 6 -
  109. schränkt zugelassen. Dies ergibt sich aus dem Tenor des angefochtenen Urteils. Aus den Entscheidungsgründen lässt sich eine Beschränkung der Revision nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit (dazu: BGH, Urteil vom 12. November
  110. 2004 - V ZR 42/04 - NJW 2005, 894, 895; Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB
  111. 78/07 - NJW 2008, 2351, 2352) entnehmen.
  112. 12
  113. 2. Die Revision der Beklagten ist begründet.
  114. 13
  115. Sie beanstandet mit Erfolg die Ausführungen des Berufungsgerichts zur
  116. Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge
  117. nach § 17 Abs. 1 StVG in der bis zum Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur
  118. Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I,
  119. S. 2674 ff.) geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.). Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286
  120. ZPO bewiesenen (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2005 - VI ZR 228/03 - VersR
  121. 2005, 954, 956) Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den
  122. Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung
  123. von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben;
  124. das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung. Die Entscheidung über die Haftungsverteilung ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters
  125. und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung
  126. rechtlich zulässige Kriterien zu Grunde gelegt worden sind, insbesondere nicht
  127. gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen wurde (vgl. Senatsurteile
  128. vom 13. Dezember 2005 - VI ZR 68/04 - VersR 2006, 369; vom 16. Oktober
  129. 2007 - VI ZR 173/06 - VersR 2008, 126 und vom 17. November 2009 - VI ZR
  130. 58/08 - z.V.b., jeweils m.w.N.). Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen
  131. hält das Berufungsurteil aber nicht in jeder Hinsicht stand.
  132. - 7 -
  133. 14
  134. a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, dass das
  135. Berufungsgericht einen zu Lasten des Beklagten zu wägenden Umstand darin
  136. gesehen hat, dass er sein Fahrzeug auf dem linken der drei Fahrstreifen zum
  137. Stehen brachte, anstatt es auf den Grünstreifen zur Mittelleitplanke hin ausrollen zu lassen. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, es müsse, wer
  138. mit seinem Fahrzeug auf der Überholspur einer Autobahn liegen bleibe, möglichst auf den zwischen den Fahrbahnen an der Mittelleitplanke liegenden
  139. Grünstreifen ausweichen (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 1967 - VI ZR
  140. 126/65 - VersR 1967, 456; OLG München, NZV 1997, 231; OLG Zweibrücken,
  141. NZV 2001, 387, 388; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl.,
  142. § 18 StVO Rn. 24). Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe zumindest bis auf etwa einen
  143. halben Meter Aussteigeabstand an die Mittelschutzplanke heranfahren müssen,
  144. weil dann die Überholspur noch nahezu vollständig geräumt gewesen wäre.
  145. Denn der Beklagte hatte in dieser äußerst gefahrenträchtigen Situation die
  146. Maßnahmen zu treffen, die den Verkehr auf der Autobahn am wenigsten gefährdeten, hier also das Fahrzeug so weit wie irgend möglich aus dem Bereich
  147. des Fahrverkehrs herauszunehmen und zur Mittelleitplanke hin zu lenken, auch
  148. wenn es dann noch etwa 30 bis 40 cm in den linken Fahrstreifen hineingeragt
  149. hätte
  150. (vgl.
  151. Senatsurteile
  152. vom
  153. 7. Februar
  154. 1967
  155. - VI ZR
  156. 126/65 -
  157. aaO, S. 457; vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 218/76 - VersR 1979, 323 f.;
  158. OLG München aaO, S. 231 f.; Hentschel/König/Dauer aaO). Die Auffassung der
  159. Revision, es sei in solchen Situationen ungefährlicher, das Fahrzeug mitten auf
  160. der Überholspur zum Stehen zu bringen, weil nur dann der nachfolgende Verkehr ausreichend gewarnt werde, trifft nicht zu. Denn nur das Räumen der
  161. Fahrbahn ist geeignet, das Hindernis als solches zu beseitigen und Verkehrsteilnehmer zu schützen, die es nicht rechtzeitig wahrnehmen. Dass der
  162. Unfall vermieden worden wäre, wenn sich das Fahrzeug des Beklagten nur etwa 30 bis 40 cm auf dem linken Fahrstreifen befunden hätte, stellt die Revision
  163. - 8 -
  164. selbst nicht in Abrede. Im Übrigen fällt ein liegen gebliebenes Fahrzeug, das auf
  165. dem Grünstreifen an der Mittelleitplanke steht, im Regelfall nachfolgenden Verkehrsteilnehmern als stehendes Hindernis eher auf als ein Fahrzeug, das mitten
  166. auf der Fahrbahn steht.
  167. 15
  168. b) Mit nicht rechtsfehlerfreier Begründung berücksichtigt das Berufungsgericht jedoch zulasten des Beklagten, dieser habe das Warnblinklicht an seinem Fahrzeug nicht eingeschaltet.
  169. 16
  170. aa) Das Berufungsgericht geht aufgrund einer Würdigung der Angaben
  171. der vom Landgericht vernommenen Zeugen davon aus, das Warnblinklicht des
  172. Fahrzeugs des Beklagten habe im Unfallzeitpunkt, also im Moment der Kollision
  173. mit dem Motorrad, nicht geleuchtet. Das Berufungsgericht teilt auch nicht die
  174. Auffassung des Landgerichts, es lasse sich nicht ausschließen, dass es bereits
  175. im Moment des dem Unfallgeschehen vorausgegangenen Defekts des Fahrzeugs zum Ausfall der Warnblinkanlage gekommen sei. Demnach bezieht das
  176. Berufungsgericht in seine Abwägung den Umstand ein, ab dem Eintritt der kritischen Verkehrssituation bis zum Unfallzeitpunkt habe das in diesem Zeitraum
  177. noch funktionsfähige Warnblinklicht des Fahrzeugs des Beklagten deshalb nicht
  178. geleuchtet, weil dieser es nicht eingeschaltet gehabt habe.
  179. 17
  180. bb) Die Revision beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht in
  181. diesem Zusammenhang den von ihm ebenfalls zum Gegenstand seiner Würdigung gemachten Angaben des Sachverständigen Wagner im strafrechtlichen
  182. Ermittlungsverfahren keine hinreichende Bedeutung zumisst. Dieser hatte in
  183. seinem Sachverständigengutachten vom 14. Januar 2003 festgestellt, die
  184. Warnblinkanlage des Fahrzeugs sei zum Besichtigungszeitpunkt nicht mehr
  185. funktionstüchtig gewesen, da die Sicherung infolge eines Kurzschlusses durchgebrannt gewesen sei. Dieser Kurzschluss könne "unmittelbar während des
  186. Unfallgeschehens durch die Beschädigung der hinteren rechten Rückleuchte
  187. - 9 -
  188. sowie der damit verbundenen Zerstörung des hinteren rechten Fahrtrichtungsanzeigers entstanden sein". Der Gutachter gelangt von hier aus zu der Schlussfolgerung, es sei "auch im Ergebnis einer Inaugenscheinnahme der hinteren
  189. Lampen der Fahrtrichtungsanzeiger" zu bestätigen, dass die Warnblinkanlage
  190. zum Unfallzeitpunkt eingeschaltet gewesen sei. Dies ist, wie die Revision im
  191. Ergebnis zu Recht rügt, aber möglicherweise dahin zu verstehen, der Gutachter
  192. habe zumindest für den Fall, dass sich der Kurzschluss erst im Unfallzeitpunkt
  193. ereignet haben sollte, den Rückschluss gezogen, die Warnblinkanlage sei in
  194. diesem Moment in Betrieb gewesen. Auch das Berufungsgericht zieht in Betracht, dass die Warnblinkanlage "spätestens" durch den Unfall zerstört worden
  195. und der Warnblinker im Unfallzeitpunkt eingeschaltet gewesen sein könnte.
  196. Wenn es dennoch davon ausgeht, das liegen gebliebene Fahrzeug sei nicht
  197. durch Warnblinker gesichert gewesen, steht dies im Widerspruch zu der Stellungnahme des Gutachters im dargelegten Sinne. Erst recht ist dies der Fall,
  198. falls der Gutachter mit seiner Schlussfolgerung weitergehend zum Ausdruck
  199. gebracht haben sollte, es stehe aufgrund des Schadensbilds letztlich fest, dass
  200. sich der Kurzschluss erst zum Kollisionszeitpunkt ereignet habe und zu diesem
  201. Zeitpunkt sei die Warnblinkanlage eingeschaltet gewesen. Auch dieses Verständnis, das die Revision für richtig hält, erscheint zumindest möglich.
  202. 18
  203. cc) Bei dieser Sachlage rügt die Revision mit Recht, dass das Berufungsgericht unter Verstoß gegen § 286 ZPO zu der Überzeugung gelangt sei,
  204. der Beklagte habe die noch funktionsfähige Warnblinkanlage seines Fahrzeugs
  205. nicht eingeschaltet, nachdem dieses liegengeblieben war. Revisionsrechtlich ist
  206. insoweit zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den
  207. Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat,
  208. die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1987
  209. - IVb ZR 23/86 - NJW 1987, 1557, 1558; vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 -
  210. - 10 -
  211. NJW 1993, 935, 937). Diesen Anforderungen wird das Berufungsurteil im Hinblick auf die von der Revision beanstandeten Gesichtspunkte nicht gerecht. Es
  212. beschränkt sich auf den Hinweis, die Ausführungen des Sachverständigen trügen lediglich die Aussage, dass infolge der - spätestens - unfallbedingten Zerstörung der Warnblinkanlage die Angaben nicht widerlegt werden könnten, der
  213. Warnblinker sei im Unfallzeitpunkt eingeschaltet gewesen. Dies lässt weder
  214. erkennen, dass sich das Berufungsgericht der verschiedenen Deutungsmöglichkeiten der gutachterlichen Stellungnahme bewusst war, noch hat es damit
  215. die in Widerspruch zu seiner Würdigung stehenden Deutungsmöglichkeiten mit
  216. nachvollziehbarer Begründung ausgeschlossen. Die Urteilsgründe lassen insoweit nicht erkennen, dass eine sachentsprechende Beurteilung überhaupt stattgefunden hat (vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 23/86 - aaO;
  217. vom 13. Februar 1992 - III ZR 28/90 - NJW 1992, 2080, 2082).
  218. 19
  219. 3. Auch die Anschlussrevision der Kläger ist begründet.
  220. 20
  221. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 StVG a.F.
  222. halten auch ihren Angriffen nicht stand.
  223. 21
  224. a) Mit Erfolg rügt die Anschlussrevision, das Berufungsgericht habe unter
  225. entscheidungserheblicher Verletzung von § 531 Abs. 2 BGB den Klägervortrag
  226. in der Berufungsinstanz, die Sicht des Ehemanns der Klägerin auf das stehende Fahrzeug sei durch weiteren Verkehr zum Zeitpunkt der kritischen Verkehrssituation beeinträchtigt gewesen, zurückgewiesen; es sei deshalb verfahrensfehlerhaft zu der Bewertung gelangt, der Ehemann der Klägerin habe gegen
  227. das Sichtfahrgebot des § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO verstoßen. Denn hierbei handelte es sich nicht um neues Vorbringen i.S. von § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
  228. - 11 -
  229. 22
  230. aa) Um neues Vorbringen i.S. von § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO handelt es
  231. sich nur, wenn dieses sehr allgemein gehaltenen Vortrag der ersten Instanz
  232. konkretisiert und erstmals substantiiert, nicht hingegen, wenn ein bereits
  233. schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (vgl. Senatsurteil
  234. vom 16. Oktober 2007 - VI ZR 173/06 - aaO, S. 127 m.w.N.).
  235. 23
  236. bb) Als präkludiert sieht das Berufungsgericht den Vortrag der Kläger an,
  237. der Ehemann der Klägerin habe das Fahrzeug des Beklagten gerade deswegen
  238. nicht schon vom Ausgang der letzten Kurve vor dem Kollisionsort aus, sondern
  239. erst später als stehendes Hindernis wahrnehmen können, weil die Motorradgruppe erst in einer Entfernung zwischen 100 und 300 Metern vor der Unfallstelle auf den linken Fahrstreifen gewechselt sei. Von hier aus gelangt es zu
  240. seiner Bewertung, der Ehemann der Klägerin habe den Transporter des Beklagten selbst dann schon aus einer Entfernung von wenigstens 800 Metern
  241. vom Ausgang der letzten Kurve aus wahrnehmen können und müssen, wenn er
  242. erst zu einem vom Berufungsgericht nicht näher eingegrenzten späteren Zeitpunkt nach dem Durchfahren dieser Kurve auf den linken Fahrstreifen gewechselt sein sollte, da auch dann seine Sicht auf den Transporter nicht verdeckt
  243. gewesen sei.
  244. 24
  245. Der Gesichtspunkt einer dem Unfallgeschehen vorangegangenen Sichtbehinderung des Verstorbenen durch weiteren Verkehr war, wie die Anschlussrevision zutreffend geltend macht, bereits Gegenstand des erstinstanzlichen
  246. Klägervortrags. Diesem ist im Gesamtzusammenhang und bei verständiger
  247. Würdigung die Behauptung zu entnehmen, das Hindernis sei für den Ehemann
  248. der Klägerin erst spät erkennbar gewesen, weil die Sicht durch weiteren Verkehr verdeckt gewesen sei. Dies schließt sowohl die Sichtbehinderung durch
  249. Verkehr auf dem linken als auch durch Verkehr auf einem der anderen Fahrstreifen ein, der für den Ehemann der Klägerin insbesondere dann sichtbehin-
  250. - 12 -
  251. dernd sein konnte, wenn er den mittleren Fahrstreifen erst kurz vor der Kollision
  252. verlassen hätte. Eine weitere Konkretisierung ihres erstinstanzlichen Vorbringens oblag den Klägern insoweit nicht.
  253. 25
  254. cc) Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Berücksichtigung des
  255. übergangenen Vorbringens zur Sichtbeeinträchtigung des Ehemanns der Klägerin durch weiteren Verkehr auf die Beurteilung des Berufungsgerichts ausgewirkt hätte. Dass gerade ein erst kurz vor dem Hindernis erfolgter Wechsel des
  256. Fahrstreifens zu einer Sichtbehinderung des Ehemanns der Klägerin geführt
  257. hat, erscheint zumindest möglich, zumal das Berufungsgericht selbst davon
  258. ausgeht, auf der mittleren und rechten Fahrspur habe dichter Verkehr geherrscht. Eine etwaige Behinderung der Sicht des Ehemanns der Klägerin auf
  259. das auf der linken Fahrspur stehende Fahrzeug des Beklagten im Zusammenhang mit einem erst kurz vor der Kollision erfolgten Wechsel des Fahrstreifens
  260. kann jedenfalls die vom Tatrichter vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge wesentlich beeinflussen.
  261. 26
  262. b) Das Berufungsgericht hat weiter - wie die Anschlussrevision zutreffend
  263. geltend macht - bei seiner Abwägung rechtsfehlerhaft zulasten der Kläger berücksichtigt, dass die Betriebsgefahr des Motorrads wegen seiner besonderen
  264. Gefährlichkeit im Zusammenhang mit Kollisionen höher als die eines Pkw anzusetzen sei.
  265. 27
  266. aa) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1957 - VI ZR 59/56 - VersR 1957, 334, 336; vom 13. Juli 1971
  267. - VI ZR 245/69 - VersR 1971, 1043 f.) kommt bei der Bewertung der von einem
  268. Kraftrad ausgehenden Betriebsgefahr nicht etwa ganz allgemein dem Umstand
  269. wesentliche Bedeutung zu, dass dessen Fahrer selber nicht durch eine Karosserie geschützt ist. Die allgemeine Betriebsgefahr eines Fahrzeugs wird vor
  270. allem durch die Schäden bestimmt, die dadurch Dritten drohen. Dem Fahrer
  271. - 13 -
  272. eines nach seiner Bauart für den Verkehr zugelassenen, in verkehrstüchtigem
  273. Zustand befindlichen Fahrzeugs kann bei der Abwägung nicht zur Last gelegt
  274. werden, dass er schon wegen dieser Bauart und der geringeren Eigensicherung, die ihm das Fahrzeug bietet, bei Zusammenstößen mit anderen Fahrzeugen Verletzungen in höherem Maße ausgesetzt ist als in einem Fahrzeug, das
  275. in dieser Hinsicht größere Sicherheit bietet (vgl. auch Jordan, in: 20. Deutscher
  276. Verkehrsgerichtstag 1982, S. 189, 209 ff.; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 17 StVG Rn. 7).
  277. 28
  278. bb) Als ein die Betriebsgefahr eines Motorrads erhöhender Umstand
  279. kann zwar grundsätzlich dessen Instabilität und die daraus resultierende Sturzgefahr in Betracht kommen (vgl. OLG Köln, VRS 66 [1984], 255, 258 mit NABeschluss des Senats vom 14. Februar 1984 - VI ZR 94/83; KG, NZV 2002, 34,
  280. 35; OLG Düsseldorf, DAR 2005, 217, 219; Jordan aaO, S. 190, 203 ff.; Hentschel/König/Dauer aaO), sofern und soweit sich diese nachweislich als Unfallursache ausgewirkt hat (vgl. OLG Köln aaO; Jordan aaO, S. 203). Weder die
  281. vom Berufungsgericht gewählte Formulierung noch die von ihm getroffenen
  282. Feststellungen lassen aber erkennen, dass es bei seiner Würdigung hierauf
  283. abgestellt hat.
  284. 29
  285. 4. Über diese Rechtsfehler hinaus, die bereits nach § 563 Abs. 1 Satz 1,
  286. Abs. 3 ZPO zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und zu einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht führen, hat das Berufungsgericht
  287. auch nicht beachtet, dass der Klägerin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Unterhaltsansprüche wegen eines gesetzlichen oder vertraglichen Forderungsübergangs zumindest teilweise die Aktivlegitimation fehlen könnte. Das
  288. Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang nicht hinreichend unterschieden, ob und in welcher Höhe die Klägerin von der Bahnversicherungsanstalt
  289. bzw. der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See eine gesetzliche Witwenrente oder eine betriebliche Zusatzversorgung bezieht.
  290. - 14 -
  291. 30
  292. a) Sollte die Klägerin entsprechend ihrem eigenen Vortrag vor dem Berufungsgericht die große Witwenrente vom Träger der gesetzlichen Rentenversicherung
  293. (Bahnversicherungsanstalt
  294. bzw.
  295. Deutsche
  296. Rentenversicherung
  297. Knappschaft-Bahn-See) nach § 46 SGB VI beziehen, könnten insoweit die Voraussetzungen des Forderungsübergangs nach § 116 SGB X erfüllt sein. Die im
  298. Rahmen einer Witwenrente nach § 46 SGB VI zu erbringenden Leistungen sind
  299. sachlich kongruent zum Barunterhaltsschaden, den die Witwe durch das schädigende Ereignis erleidet (vgl. Senatsurteil BGHZ 136, 78, 85 m.w.N.; Staudinger/Röthel BGB, Bearb. 2007 § 844 Rn. 245; Küppersbusch, Ersatzansprüche
  300. bei Personenschaden, 9. Aufl., Rn. 441; SRH/Plagemann, 4. Aufl., § 9 Rn. 13).
  301. Eine Anrechnung dieser Leistungen im Wege der Vorteilsausgleichung, die das
  302. Berufungsgericht erwogen hat, kommt bereits aus rechtsgrundsätzlichen Erwägungen nicht in Betracht. Denn der Gesetzgeber hat mit der Vorschrift über den
  303. Rechtsübergang auf den leistenden Sozialversicherungsträger (§ 116 SGB X)
  304. indirekt den Vorteilsausgleich versagt, da der Forderungsübergang sonst seinen Sinn verlöre und eine nicht bezweckte Entlastung des Schädigers einträte
  305. (vgl. z.B. BGHZ [GrS] 9, 179, 186 f., 190 f.; Senatsurteil vom 9. März 1971
  306. - VI ZR 173/69 - VersR 1971, 636 f.; OLG Köln, NJW-RR 2001, 1285, 1286;
  307. OLG Hamm, VersR 2004, 1425; Staudinger/Röthel aaO, § 844 Rn. 222, 243
  308. m.w.N.; MK-BGB/Wagner, 5. Aufl., § 844 Rn. 76). Das Berufungsgericht muss
  309. demnach im Rahmen der Prüfung der Aktivlegitimation der Klägerin Feststellungen dazu treffen, ob und in welchem Umfang die Bahnversicherungsanstalt
  310. bzw. die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See der Klägerin zur
  311. Leistung großer Witwenrente nach § 46 SGB VI verpflichtet ist und deshalb Ansprüche auf den leistenden Sozialversicherungsträger übergegangen sind (vgl.
  312. zur Maßgeblichkeit der Leistungsverpflichtung für den Rechtsübergang nach
  313. § 116 SGB X Senatsurteil vom 18. November 2008 - VI ZR 183/07 - VersR
  314. 2009, 368, 369 m.w.N.).
  315. - 15 -
  316. 31
  317. Für den Fall einer quotenmäßigen Haftung der Beklagten bestimmt sich
  318. der Umfang des Rechtsübergangs grundsätzlich nach § 116 Abs. 3 SGB X (vgl.
  319. Senatsurteile BGHZ 106, 381, 385 ff.; 146, 84, 88 f.; OLG Köln aaO, S. 1285 f.;
  320. Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap. 30 Rn. 63). Der Klägerin steht im Außenverhältnis zum Schädiger im Hinblick auf den in Wegfall
  321. gekommenen eigenen Unterhaltsaufwand aus Erwerbseinkommen ein Hinterbliebenenvorrecht zu (vgl. Senatsurteile vom 22. März 1983 - VI ZR 67/81 VersR 1983, 726, 727; vom 16. September 1986 - VI ZR 128/85 - VersR 1987,
  322. 70, 72; OLG Hamm, VersR 2004, 1425, 1426; Pardey, Berechnung von Personenschäden, 3. Aufl., Rn. 1656 ff.; Jahnke, Unfalltod und Schadensersatz 2007,
  323. Kap. 6 Rn. 219; Staudinger/Röthel aaO, § 844 Rn. 230; Geigel/Münkel aaO,
  324. Kap. 8 Rn. 52; Küppersbusch aaO, Rn. 387, 406; Wussow/Dressler, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 47 Rn. 21). Dabei kommt allerdings eine einschränkende Auslegung des § 116 Abs. 3 SGB X in Betracht (vgl. einerseits OLG
  325. Hamm, VersR 2004, 1425, 1426 f. m. Anm. Kerpen, VersR 2004, 1427 f.; Küppersbusch aaO, Rn. 446; Geigel/Plagemann aaO, Kap. 30 Rn. 64; Staudinger/Röthel aaO, § 844 Rn. 251; Jahnke aaO, Kap. 6 Rn. 220; andererseits Pardey aaO, Rn. 1680 ff.; a.A. Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht/Kater, 61. Erg.-Lfg. 2009, § 116 SGB X Rn. 223). Für die Zeit nach fiktiver
  326. Verrentung des Verstorbenen, die das Berufungsgericht für das Jahr 2019 annimmt, ist zudem die Heranziehung von § 116 Abs. 5 SGB X in Erwägung zu
  327. ziehen (vgl. Küppersbusch aaO, Rn. 444 f.; Jahnke aaO, Kap. 2 Rn. 289 f.; Geigel/Plagemann aaO, Kap. 30 Rn. 75; Pardey aaO, Rn. 1671 ff.).
  328. 32
  329. b) Ein Verlust der Aktivlegitimation der Klägerin aufgrund eines gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 116 SGB X kommt nicht in Betracht, soweit
  330. die Bahnversicherungsanstalt bzw. die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See Leistungen nicht als "Versicherungsträger" i.S. dieser Vorschrift, sondern in ihrer Eigenschaft als Träger der Zusatzversorgung erbringt
  331. - 16 -
  332. (vgl. Senatsurteil BGHZ 106, 381, 388; Geigel/Plagemann aaO, Kap. 30 Rn. 7;
  333. Jahnke aaO, Kap. 2 Rn. 323 f. und Kap. 6 Rn. 822; Kerpen aaO, S. 1428). Nur
  334. soweit der Klägerin ungeachtet des gesetzlichen Forderungsübergangs nach
  335. § 116 SGB X überhaupt noch ein Anteil ihrer etwaigen Schadensersatzansprüche wegen entzogenen Unterhalts in eigener Rechtszuständigkeit verbleibt,
  336. kann es auf das weitere Vorbringen der Revision zu den Auswirkungen derartiger Leistungen ankommen, die die Klägerin aus einer etwaigen Zusatzversorgung erhält (vgl. zum "Vorrang" des gesetzlichen Forderungsübergangs Jahnke
  337. aaO, Kap. 2 Rn. 322 ff. und Kap. 6 Rn. 826; Kerpen aaO, S. 1428).
  338. 33
  339. Ob sich Leistungen aus einer betrieblichen Zusatzversorgung im Wege
  340. der Vorteilsausgleichung mindernd auf Schadensersatzansprüche wegen entzogenen Unterhalts auswirken, entscheidet sich nach dem Zweck der Drittleistung (vgl. Senatsurteil vom 29. November 1977 - VI ZR 177/76 - VersR 1978,
  341. 249 f.; OLG München, NJW 1985, 564; Staudinger/Röthel aaO, § 844 Rn. 223).
  342. Im Allgemeinen wirken sich Leistungen aus einer betrieblichen Hinterbliebenenversorgung nicht im Wege der Vorteilsausgleichung mindernd auf Schadensersatzansprüche wegen entzogenen Unterhalts aus, weil solche Leistungen regelmäßig nicht dem Schädiger zugute kommen sollen, was schon die Begründung von Abtretungsverpflichtungen der Leistungsbezieher zum Ausdruck
  343. bringt (vgl. KG, Urteil vom 13. Oktober 1997 - 12 U 7883/96 - Rn. 74 [juris];
  344. Jahnke aaO, Kap. 6 Rn. 822 ff.; offen Küppersbusch aaO, Rn. 425).
  345. 34
  346. In diesem Zusammenhang könnte das Vorbringen der Revision zu einer
  347. etwaigen Abtretungsverpflichtung der Klägerin nach § 172 der Anlage 7 zu § 95
  348. der Satzung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (vgl.
  349. auch Kerpen aaO, S. 1428 mit Fn. 6) von Bedeutung sein. Soweit und sobald
  350. ein Empfänger von Leistungen der in Rede stehenden Art in Erfüllung einer solchen, regelmäßig mit einem "Quotenvorrecht" des Leistungsbeziehers verknüpften Abtretungsverpflichtung (vgl. Jahnke aaO, Kap. 6 Rn. 824; Kerpen
  351. - 17 -
  352. aaO) ihm nach einem Rechtsübergang nach § 116 SGB X auf den Sozialversicherungsträger noch zustehende Schadensersatzansprüche wegen entzogenen Unterhalts an den Träger der Zusatzversorgung abgetreten hat, verliert er
  353. die Aktivlegitimation für die betroffenen Ansprüche (vgl. - zum Teil unter missverständlicher Bezeichnung dieser Rechtsfolge, etwa als "Anrechnung" der
  354. Leistungen auf den Schadensersatzanspruch - OLG Hamm, r+s 1992, 413,
  355. 414; Jahnke aaO, Kap. 6 Rn. 808, 813 in Fn. 477, 822; Kerpen aaO, S. 1428).
  356. 35
  357. Anders als das Berufungsgericht wohl meint, widerspricht das von ihm
  358. herangezogene Urteil des Oberlandesgerichts München (NJW 1985, 564) den
  359. dargelegten Grundsätzen nicht. Ein Verlust der Aktivlegitimation war in dem
  360. dort entschiedenen Fall nicht eingetreten, weil es an einem gesetzlichen Forderungsübergang fehlte, eine Abtretung der Schadensersatzansprüche an den
  361. - 18 -
  362. Leistungsträger nicht erfolgt war und zudem schon am Bestehen einer entsprechenden Abtretungsverpflichtung des Leistungsbeziehers Zweifel bestanden.
  363. Galke
  364. Wellner
  365. Stöhr
  366. Pauge
  367. von Pentz
  368. Vorinstanzen:
  369. LG Potsdam, Entscheidung vom 26.01.2007 - 4 O 306/04 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 17.07.2008 - 12 U 46/07 -