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255 lines
18 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VI ZR 217/03
  5. Verkündet am:
  6. 9. März 2004
  7. Böhringer-Mangold,
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. ja
  15. BGHR:
  16. ja
  17. BGB § 823 Ah, § 1004; KUG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2
  18. a) Die Verbreitung des Bildnisses einer Begleitperson zur Illustration eines Artikels,
  19. der keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis darstellt, sondern
  20. nahezu ausschließlich persönliche Belange der Begleitperson zum Inhalt hat, ist
  21. regelmäßig ohne deren Einwilligung unzulässig.
  22. b) Ergibt sich die Unzulässigkeit der Veröffentlichung des Bildnisses einer Begleitperson allein oder im wesentlichen aus dem begleitenden Text, kann der Unterlassungsanspruch auf eine erneute Veröffentlichung im Rahmen einer Berichterstattung beschränkt sein, die keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches
  23. Ereignis darstellt.
  24. -2BGH, Urteil vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - KG Berlin
  25. LG Berlin
  26. -3-
  27. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  28. vom 9. März 2004 durch die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge, Stöhr und Zoll
  29. für Recht erkannt:
  30. Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 13. Mai 2003 teilweise aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. September
  31. 2002 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
  32. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht
  33. für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder
  34. einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen
  35. am Geschäftsführer der Komplementärin, zu unterlassen, das in
  36. ECHO DER FRAU Nr. 7/02 im Rahmen des Artikels "Charlotte
  37. Casiraghi Die ganze Welt feiert ihre Schönheit" abgedruckte Foto
  38. im Rahmen einer Berichterstattung erneut zu veröffentlichen, die
  39. keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis darstellt, sondern nahezu ausschließlich persönliche Belange der
  40. Klägerin zum Inhalt hat, insbesondere wenn dies wörtlich oder
  41. sinngemäß wie im Begleittext zu diesem Foto in ECHO DER
  42. FRAU Nr. 7/02 erfolgt.
  43. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehenden
  44. Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
  45. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
  46. Von Rechts wegen
  47. -4-
  48. Tatbestand:
  49. Die Klägerin, eine Tochter der Prinzessin Caroline von Hannover, nimmt
  50. die Beklagte auf Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos in Anspruch.
  51. Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift "E". In deren Ausgabe Nr. 7/02
  52. erschien unter der Überschrift "Charlotte Casiraghi Die ganze Welt feiert ihre
  53. Schönheit" ein Beitrag, der sich mit dem Aussehen der damals 15-jährigen Klägerin befaßt. Der Bericht ist mit einem Foto illustriert, das die Gesichter der Klägerin und ihrer Mutter - ohne erkennbaren Hintergrund - darstellt. Aus dem Beitrag geht hervor, daß dieses Foto auf dem Gala-Abend nach den Pferderennen
  54. in Vincennes bei Paris entstand.
  55. Die Klägerin, die der Beklagten durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Hamburg die Verbreitung eines Teils des Textbeitrags untersagen ließ,
  56. hält auch die Veröffentlichung des Bildes für unzulässig. Das Landgericht hat
  57. der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der
  58. vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
  59. Entscheidungsgründe:
  60. I.
  61. Das Berufungsgericht verneint eine Einwilligung der Klägerin im Sinne
  62. von § 22 Abs. 1 Satz 1 KUG und führt aus, von einem stillschweigenden Einverständnis, das Bild der Klägerin in der erfolgten Weise zu veröffentlichen,
  63. -5-
  64. könne nicht ausgegangen werden. Ob die Klägerin während des Gala-Abends
  65. im Pariser Rathaus, bei dem zehn Fotografen offiziell akkreditiert gewesen seien, jederzeit mit der Fertigung von Bildern zu Veröffentlichungszwecken habe
  66. rechnen müssen, könne dahinstehen. Da das Recht am eigenen Bild im Zweifel
  67. nur für einen beschränkten Zweck übertragen werde, erstrecke sich eine etwaige konkludente Einwilligung der Klägerin allenfalls auf eine Bildberichterstattung
  68. über die Veranstaltung. Der Artikel der Beklagten liefere jedoch - abgesehen
  69. von der Erwähnung der Anwesenheit und der Wiedergabe des Erscheinungsbildes der Klägerin und ihrer Mutter - keine näheren Informationen über den
  70. Abend, sondern befasse sich allein mit dem Aussehen der Klägerin. Eine Veröffentlichung ohne deren Einwilligung sei nicht zulässig. Zwar handele es sich bei
  71. dem Foto um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte, weil als zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch die vertraute
  72. Begleitung einer absoluten Person der Zeitgeschichte - wie hier der Mutter der
  73. Klägerin - in der Öffentlichkeit anzusehen sei. Die gebotene Abwägung des
  74. Persönlichkeitsrechts der Klägerin einerseits und des öffentlichen Informationsbedürfnisses andererseits ergebe aber, daß durch die Veröffentlichung ein berechtigtes Interesse der Klägerin im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG verletzt werde.
  75. II.
  76. Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision teilweise nicht
  77. stand.
  78. 1. In rechtlich nicht zu beanstandener Weise hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß die Klägerin - auch unter Berücksichtigung des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit - nicht zu den sogenannten absoluten
  79. Personen der Zeitgeschichte zählt.
  80. -6-
  81. Der Begriff "absolute Person der Zeitgeschichte" wird in der Rechtsprechung und Literatur allgemein als abkürzende Ausdrucksweise für Personen
  82. verstanden, die unabhängig von einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis
  83. auf Grund ihres Status oder ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit finden und deren Bildnis die Öffentlichkeit deshalb um der dargestellten
  84. Person willen der Beachtung wert findet. Eine schematische Einordnung verbietet sich allerdings (Löffler/Steffen, Presserecht, Bd. I, 4. Aufl., Rdn. 130 zu § 6
  85. LPG; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse
  86. und Rundfunk, 2. Aufl., Rdn. 176). Die Beurteilung der Frage, ob ein Bildnis einer Person unabhängig von einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis
  87. einwilligungsfrei veröffentlicht werden darf, erfordert vielmehr stets eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit
  88. und den berechtigten Interessen der abgebildeten Person (BVerfGE 101, 361,
  89. 392 = NJW 2000, 1021, 1025; BVerfG NJW 2001, 1921, 1922). Die Revision
  90. verkennt nicht, daß die Klägerin nicht schon allein aufgrund ihrer Abstammung
  91. zu diesem Personenkreis zählt. Der Umstand, daß ihr Großvater der regierende
  92. Fürst des Fürstentums Monaco ist und ihre Eltern, insbesondere ihre Mutter, im
  93. Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen, rechtfertigt für sich allein kein anerkennenswertes Informationsbedürfnis an der Veröffentlichung von Bildnissen der
  94. Klägerin. Wie der erkennende Senat in einer Entscheidung, die den Bruder der
  95. Klägerin betraf, ausgeführt hat, sind Kinder von Personen der Zeitgeschichte
  96. nur dann in diesen Personenkreis einzubeziehen, wenn sie gleichfalls als Angehörige in der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche
  97. Funktionen
  98. wahrnehmen
  99. (Senatsurteil
  100. vom
  101. 12. Dezember
  102. 1995
  103. - VI ZR 223/94 - NJW 1996, 985, 986). Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht hier rechtsfehlerfrei verneint. Mit Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, daß die Klägerin weder ein Amt bekleidet noch eine sonstige
  104. Position im öffentlichen Leben ausfüllt.
  105. -7-
  106. Eine andere Beurteilung ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht
  107. deshalb geboten, weil die Klägerin im vorliegenden Fall bei einem Gala-Abend
  108. - so wie auch schon früher - bewußt mit ihrer Mutter als deren Tochter in die
  109. Öffentlichkeit getreten ist. Nehmen Ehegatten und Kinder prominenter Personen gemeinsam mit diesen am öffentlichen Leben teil, kann zwar im Einzelfall
  110. die einwilligungsfreie Verbreitung eines Bildnisses zulässig sein, das neben der
  111. absoluten Person der Zeitgeschichte auch deren Begleitperson zeigt. Voraussetzung dafür ist aber, daß im Zusammenhang mit einem konkreten zeitgeschichtlichen Ereignis ein dem Persönlichkeitsrecht der Begleitperson vorgehendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht. Ist das der Fall, kann
  112. die Begleitperson als sogenannte relative Person der Zeitgeschichte anzusehen
  113. sein (vgl. BVerfG NJW 2001, 1921, 1922 f. m.w.N.). Sie wird dadurch aber nicht
  114. selbst zu einer absoluten Person der Zeitgeschichte, sondern muß es gegebenenfalls nur hinnehmen, zusammen mit einer solchen Person abgebildet zu
  115. werden. Der Umstand, daß die Klägerin gelegentlich gemeinsam mit ihrer prominenten Mutter in der Öffentlichkeit auftritt, kann somit nicht generell die einwilligungsfreie Verbreitung ihrer Bildnisse rechtfertigen, zumal die Klägerin als
  116. Minderjährige eines erhöhten Schutzes hinsichtlich der Gefahren bedarf, die
  117. von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern
  118. und Jugendlichen ausgehen (vgl. BVerfGE aaO, S. 385 f. = JW 2000, 1021,
  119. 1023; BVerfG NJW 2000, 2191 und 2191 f.).
  120. 2. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, bei der beanstandeten Abbildung der Klägerin handele es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Das wird von der Revision als
  121. ihr günstig hingenommen und ist - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat
  122. bei seiner Bewertung mit Recht berücksichtigt, daß das Foto die Klägerin und
  123. ihre Mutter bei einem öffentlichen Auftritt zeigt und die Teilnahme an diesem
  124. -8-
  125. Gala-Abend im Pariser Rathaus gerade mit ihrer Prominenz im Zusammenhang
  126. stand. Ein solcher Auftritt ist geeignet, das Interesse der Öffentlichkeit zu wekken. Als zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG wird
  127. in der Rechtsprechung insoweit auch die vertraute Begleitung einer absoluten
  128. Person der Zeitgeschichte angesehen (sog. Begleiterrechtsprechung, vgl. OLG
  129. Hamburg, NJW-RR 1990, 1000; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rdn. 21.7b;
  130. Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rdn. 850 m.w.N.; Damm/Rehbock, aaO,
  131. Rdn. 191). Bildnisse der Begleitperson dürfen danach verbreitet werden, wenn
  132. diese zusammen mit dem betreffenden Partner in der Öffentlichkeit auftritt oder
  133. wenn sie mit ihm zusammen oder an seiner statt öffentlich repräsentiert. Maßgebend wird ein abgeleitetes Interesse der Öffentlichkeit, das nicht um der abgebildeten Person willen, sondern wegen des Interesses an der absoluten Person der Zeitgeschichte besteht, das aber auf die Person ausstrahlt, von der jene in der Öffentlichkeit begleitet wird (BVerfG NJW 2001, 1921, 1923). Ob nach
  134. diesen Grundsätzen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinsichtlich der
  135. Mutter der Klägerin eine mit dem beanstandeten Bildnis illustrierte Berichterstattung über den Gala-Abend und über ihr dortiges Auftreten mit der Klägerin ohne
  136. deren Einwilligung rechtfertigen könnte, ist indessen nicht zu entscheiden.
  137. Zutreffend stellt das Berufungsgericht bei der gebotenen Abwägung zwischen den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin (Art. 2 Abs. 1
  138. i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und den durch die Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 GG geschützten Interessen der Beklagten darauf ab, daß hier weder
  139. die beanstandete Abbildung selbst noch der begleitende Textbeitrag dazu dienen, das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinsichtlich der Mutter der
  140. Klägerin oder dem gesellschaftlichen Ereignis zu befriedigen, sondern sich nahezu ausschließlich mit dem Aussehen der Klägerin befassen und Vermutungen über deren Einstellung dazu anstellen. In dem für die Abwägung in seiner
  141. Gesamtheit zu beurteilenden Artikel wird über den "Gala-Abend nach den Pfer-
  142. -9-
  143. derennen in Vincennes bei Paris" nämlich nicht näher berichtet. Der Leser erfährt allein, daß die Klägerin dort - wie auf dem Foto zu sehen - zusammen mit
  144. ihrer Mutter erschienen ist und die Gäste bei derartigen gemeinsamen Auftritten
  145. "vor lauter Bewunderung schier den Atem anhalten". Auch die Abbildung liefert
  146. keine weitere Information über das Ereignis, denn sie zeigt lediglich die Gesichter der Klägerin und ihrer Mutter. Andere Personen, die Örtlichkeit oder ein Hintergrund sind auf dem Foto nicht zu erkennen. Statt dessen beschäftigt sich der
  147. Artikel vorwiegend mit persönlichen Belangen der Klägerin, was sich insbesondere aus folgendem Teil des Textbeitrags ergibt, dessen weitere Verbreitung
  148. der Beklagten durch Urteil des Landgerichts Hamburg rechtskräftig untersagt
  149. worden ist: „Nur der Teenager selbst kann den ganzen Wirbel um seine Person
  150. wohl kaum verstehen. Denn Charlotte hat ganz sicher die gleichen kleinen und
  151. großen Sorgen wie jedes Mädchen in diesem Alter. Das, was sie derzeit vermutlich am allermeisten interessiert, sind ihre geliebten Pferde – ihre Schönheit
  152. ist ihr da sicherlich ziemlich egal...“
  153. Der Artikel ist deshalb keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis, sondern nimmt dieses und das dort aufgenommene Foto lediglich zum Anlaß zu Ausführungen über die Person der Klägerin. Die Verwendung
  154. ihres Bildnisses zur Illustration eines solchen Artikels, der keine Berichterstattung über ein Begleitereignis darstellt (vgl. BVerfG NJW 2001, 1921, 1924),
  155. sondern - wie hier - nahezu ausschließlich persönliche Belange zum Inhalt hat
  156. und dadurch in besonderem Maße das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1
  157. GG geschützte Recht der Klägerin auf ungehinderte Entfaltung ihrer Persönlichkeit tangiert, muß diese nicht hinnehmen.
  158. Eine andere Beurteilung ist auch nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil
  159. das Foto in einer Begleitsituation entstanden ist, über die die Medien möglicherweise auch unter Verwendung des Bildnisses der Klägerin als Begleitper-
  160. - 10 -
  161. son berichten dürfen. Auch Bildnisse der Zeitgeschichte dürfen nämlich nicht
  162. uneingeschränkt verbreitet werden. So erstreckt sich die Befugnis zur Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 2 KUG nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung,
  163. durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Im Rahmen
  164. der nach dieser Vorschrift erforderlichen Prüfung ist die Bildberichterstattung
  165. grundsätzlich in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Das bedeutet, daß sich die
  166. Unzulässigkeit der Bildnisveröffentlichung im Einzelfall auch allein oder im wesentlichen aus dem begleitenden Text ergeben kann (vgl. Senatsurteil vom
  167. 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205; Wenzel/von StroblAlbeg, Das Recht der Wort und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 8, Rdn. 102
  168. m.w.N.). So liegt der Fall hier. Die persönlichen Belange der jugendlichen und
  169. deswegen verstärkt schutzbedürftigen Klägerin (vgl. BVerfGE aaO, S. 385 f.)
  170. werden in besonderem Maße dadurch tangiert, daß das Foto einen Begleittext
  171. illustriert, der nahezu ausschließlich ihr Aussehen thematisiert. Mit dieser Art
  172. der Verwendung des Bildnisses werden die berechtigten Interessen der Klägerin verletzt. Deren Schutzbedürfnis gebietet hier den Vorrang ihres Persönlichkeitsrechts gegenüber dem Grundrecht der Beklagten auf Presse- und Informationsfreiheit.
  173. 3. Die Revision hat jedoch insoweit Erfolg, als der Beklagten mit dem angefochtenen Urteil die erneute Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin generell, also auch ohne den hier verwendeten Begleittext, untersagt worden ist.
  174. Für eine erneute Veröffentlichung des Fotos als Illustration einer Berichterstattung über die damalige Begleitsituation dürfte es allerdings schon an
  175. der dafür grundsätzlich erforderlichen Aktualität fehlen (vgl. Wenzel/von StroblAlbeg, aaO, Rdn. 18; Prinz-Peters, aaO, Rdn. 851; Soehring, aaO, Rdn. 21.8).
  176. Daß die Öffentlichkeit heute oder künftig noch ein berechtigtes Interesse an
  177. Informationen über den Gala-Abend im Pariser Rathaus vom 26. Januar 2002
  178. - 11 -
  179. haben könnte, ist nicht erkennbar und wird von der Revision auch nicht aufgezeigt.
  180. Die Revision macht jedoch mit Recht geltend, daß die Veröffentlichung
  181. des Bildes zukünftig, etwa im Rahmen einer Berichterstattung über einen entsprechenden Anlaß, erlaubnisfrei zulässig sein könnte. Sollte die Klägerin nämlich ein andermal in ähnlicher Weise wie hier gemeinsam mit ihrer Mutter in der
  182. Öffentlichkeit auftreten und müßte sie unter den dann gegebenen Umständen
  183. als "relative Person der Zeitgeschichte" die Veröffentlichung eines Bildnisses
  184. von sich dulden, so würde sich die Verbreitungsbefugnis nach § 23 Abs. 1 Nr. 1
  185. KUG weder auf ein Foto beschränken, das von dem entsprechenden Ereignis
  186. stammt, noch auf ein sogenanntes "neutrales Porträt" der Klägerin. Die Beklagte wäre vielmehr grundsätzlich nicht gehindert, zur Illustration dieser neuen Begleitsituation auf das hier beanstandete Foto zurückzugreifen, solange damit
  187. keine zusätzliche Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung verbunden wäre (vgl.
  188. BVerfG NJW 2001, 1921, 1924 f.). Ob berechtigte Interessen der Klägerin einer
  189. künftigen erneuten Veröffentlichung des Bildes entgegenstehen würden, ist eine
  190. Frage des Einzelfalls. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ergibt
  191. sich die Unzulässigkeit einer erneuten Verwendung des Fotos nicht allein daraus, daß die Klägerin als Jugendliche eines verstärkten Schutzes nach Art. 2
  192. Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG bedarf und Abbildungen von Kindern
  193. und Jugendlichen zudem naturgemäß nach kurzer Zeit an Aktualität verlieren.
  194. Eine solche generalisierende Betrachtungsweise verbietet sich, weil die im
  195. Rahmen von § 23 Abs. 2 KUG gebotene Abwägung des Rechts auf ungehinderte Entfaltung der Persönlichkeit einerseits und des Rechts auf Presse- und
  196. Informationsfreiheit andererseits stets eine Prüfung des Einzelfalls verlangen.
  197. Die erneute Verbreitung des Bildnisses der Klägerin kann der Beklagten
  198. daher nicht generell verboten werden. Der Unterlassungsausspruch ist vielmehr
  199. - 12 -
  200. dahin einzuschränken, daß eine Veröffentlichung im Rahmen einer Berichterstattung untersagt wird, die keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches
  201. Ereignis darstellt, sondern nahezu ausschließlich persönliche Belange der Klägerin zum Inhalt hat, insbesondere wenn dies wörtlich oder sinngemäß wie hier
  202. im Begleittext zu dem beanstandeten Foto erfolgt.
  203. III.
  204. Nach alledem ist das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben. Da für
  205. eine abschließende Entscheidung keine weiteren Feststellungen erforderlich
  206. sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und
  207. unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage teilweise abweisen.
  208. IV.
  209. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
  210. Greiner
  211. Wellner
  212. Stöhr
  213. Pauge
  214. Zoll