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372 lines
21 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 19/05
  5. Verkündet am:
  6. 24. März 2006
  7. K a n i k,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. SachenRBerG § 12 Abs. 2
  19. a) Für die Bestimmung der Restnutzungsdauer des Gebäudes bei der Wertermittlung nach §
  20. 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 2 SachenRBerG ist auf den maßgeblichen Wertermittlungsstichtag, nicht auf den Zeitpunkt der Besichtigung des Gebäudes durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen abzustellen.
  21. b) Bei der Ermittlung des Restwerts früherer Investitionen nach § 12 Abs. 2 Satz 3 SachenRBerG ist der Neuherstellungswert, nicht der um die Altersabschreibung geminderte
  22. Sachwert des Gebäudes zugrunde zu legen.
  23. c) Für die Berechnung der sog. Investitionspauschale nach § 12 Abs. 2 Satz 2
  24. SachenRBerG ist für alle anrechenbare Jahre der Sachwert des Gebäudes bei Abschluss
  25. des Überlassungsvertrags zugrunde zu legen.
  26. BGH, Urt. v. 24. März 2006 - V ZR 19/05 - OLG Brandenburg
  27. LG Potsdam
  28. -2-
  29. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  30. vom 24. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
  31. Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
  32. für Recht erkannt:
  33. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats
  34. des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16. Dezember
  35. 2004 aufgehoben.
  36. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  37. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  38. Von Rechts wegen
  39. Tatbestand:
  40. Das im Land Brandenburg gelegene Grundstück der Klägerinnen wurde
  41. 1
  42. 1932 oder 1934 mit einem Wohnhaus bebaut und nach einem Vermerk im
  43. Grundbuch vom 14. September 1962 unter staatliche Verwaltung des VEB
  44. K.
  45. W.
  46. (fortan: KWV) gestellt. Die Beklagten bewohnen
  47. das Haus seit 1958, und zwar zunächst aufgrund eines Mietvertrags mit der
  48. KWV und mit Wirkung vom 1. Juli 1971 an aufgrund eines Überlassungsvertrags. In dem Überlassungsvertrag ist ein Gebäudewert von 10.200 Mark/DDR
  49. angegeben. Die Wertermittlung führt verschiedene Instandsetzungen auf und
  50. beziffert diese mit 3.700 Mark/DDR.
  51. -3-
  52. Ein von den Beklagten beauftragter Sachverständiger ermittelte am
  53. 2
  54. 6. Juli 1995 einen Gebäuderestwert ohne Investitionen der Beklagten zum
  55. Stichtag 2. Dezember 1990 in Höhe von 44.000 DM und einen Gebäuderestwert mit diesen Investitionen von 81.000 DM. Daraufhin verlangten die Beklagten am 7. August 1995 von den Klägerinnen die Bestellung eines Erbbaurechts
  56. nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz für eine Teilfläche von 500 qm.
  57. Das lehnten die Klägerinnen ab, weil die Beklagten keine ausreichenden Investitionen vorgenommen hätten. Sie haben die Feststellung beantragt, dass den
  58. Beklagten Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz nicht zustehen.
  59. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat
  60. 3
  61. die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem
  62. Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit welcher diese die Abweisung
  63. der Klage anstreben. Die Klägerinnen beantragen die Zurückweisung der Revision.
  64. Entscheidungsgründe:
  65. I.
  66. 4
  67. Das Berufungsgericht ist, sachverständig beraten, zu dem Ergebnis gelangt, dass das zur Begründung eines Anspruchs auf Bestellung eines Erbbaurechts an dem Grundstück erforderliche Investitionsvolumen von mehr als der
  68. Hälfte des Gebäudesachwerts zu allen vier hier festgestellten Wertermittlungsstichtagen (31. Dezember 1973, 31. Dezember 1980, 31. Dezember 1986 und
  69. 2. Oktober 1990) knapp verfehlt wurde. Die für die Berechnung der altersbedingten Wertminderung maßgebliche Restnutzungsdauer des Gebäudes
  70. -4-
  71. bestimme sich nicht nach den Verhältnissen an den Wertermittlungsstichtagen,
  72. sondern nach den Verhältnissen bei Besichtigung des Gebäudes durch den
  73. gerichtlich bestellten Sachverständigen (hier 2. März 2004). Der Wert der anzurechnenden früheren Investitionen der Beklagten sei anhand der jeweils maßgeblichen Gebäudesachwerte zu berechnen. Für die Berechnung der Investitionspauschale sei zwar der Gebäudesachwert in jedem Jahr der Nutzung maßgeblich. Dass dieser hier von dem Sachverständigen nicht ermittelt, sondern
  74. der Wert an den Wertermittlungsstichtagen zugrunde gelegt worden sei, sei
  75. aber unschädlich, weil sich das Ergebnis nicht zum Nachteil der Beklagten verändere.
  76. II.
  77. 5
  78. Das hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
  79. 6
  80. 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass den
  81. Beklagten der von den Klägerinnen bekämpfte Anspruch auf Bestellung eines
  82. Erbbaurechts an dem Grundstück nach § 32 SachenRBerG nur zusteht, wenn
  83. sie in das auf dem Grundstück stehende Gebäude mehr als die Hälfte des
  84. Sachwerts investiert haben, den dieses bei Vornahme der Investitionen ohne
  85. deren Berücksichtigung jeweils hatte. Die Beklagten nutzen das Grundstück der
  86. Klägerinnen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts aufgrund eines Überlassungsvertrags mit der KWV, der den Anforderungen des Art. 232 § 1a EGBGB genügt, und sind damit nach § 9 Abs. 1 Satz 1
  87. Nr. 4 SachenRBerG anspruchsberechtigte Nutzer. § 32 SachenRBerG ist nur
  88. anwendbar, wenn die Beklagte das Grundstück auch in einer nach §§ 5 bis 7
  89. SachenRBerG bereinigungsfähigen Weise nutzen. Dazu reicht die hier festgestellte Nutzung des Grundstücks als Eigenheim nach § 5 Abs. 1 Abs. 1 Nr. 3
  90. -5-
  91. Satz 2 Buchstabe f SachenRBerG aufgrund eines Überlassungsvertrags nur,
  92. wenn die Beklagten bauliche Maßnahmen in dem Umfang vorgenommen haben, den § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SachenRBerG in der hier maßgeblichen Fassung des Grundstücksrechtsbereinigungsgesetzes vom 26. Oktober 2001
  93. (BGBl. I S. 2716) verlangt.
  94. 7
  95. 2. Die Vornahme von Investitionen in diesem Umfang hat das Berufungsgericht aber zu Unrecht verneint.
  96. 8
  97. a) Diese Feststellung kann der Senat überprüfen. Zwar ist sie als tatrichterliche Wertung im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar. Wie der
  98. Tatrichter den Wert eines Gebäudes einerseits und von Investitionen in das
  99. Gebäude anderseits feststellt, steht grundsätzlich in seinem Ermessen (Senatsurt. v. 2. Juli 2004, V ZR 213/03, NJW 2004, 2671, 2672; v. 12. Januar 2001,
  100. V ZR 420/99, NJW-RR 2001, 732, 733). Etwas anderes gilt aber dann, wenn
  101. der Tatrichter von unzutreffenden Grundlagen ausgeht (Senat, BGHZ 17, 236,
  102. 238) oder wenn er ein nicht geeignetes (Senatsurt. v. 12. Januar 2001, aaO)
  103. oder ein Verfahren gewählt hat, das im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben steht (Senatsurt. v. 25. Oktober 1996, V ZR 212/95, NJW 1997, 129).
  104. Der zuletzt genannte Fall liegt hier vor.
  105. 9
  106. b) Das Berufungsgericht hat bei der Bestimmung des Sachwerts des
  107. Gebäudes die gesetzlichen Vorgaben nicht in allen Punkten beachtet.
  108. 10
  109. aa) Der Sachwert des Gebäudes ist nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1
  110. Nr. 2 SachenRBerG für jeden Zeitpunkt festzustellen, an dem der Nutzer eine
  111. Investitionsmaßnahme im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SachenRBerG beendet. Denn der Nutzer kann die Quote zu jedem Investitionszeitpunkt
  112. -6-
  113. erfüllen (OLG Brandenburg, VIZ 2001, 509, 510), sodass jede dieser Maßnahmen dem Gebäudesachwert ohne Investitionen im Zeitpunkt ihrer Vornahme
  114. gegenüberzustellen ist. Das sind nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der 31. Dezember 1973, der 31. Dezember
  115. 1980, der 31. Dezember 1986 und der 2. Oktober 1990. Die Gebäudesachwerte
  116. an diesen Wertermittlungsstichtagen sind, was § 12 Abs. 2 Satz 7 SachenRBerG jetzt ausdrücklich klarstellt (Begründung des Regierungsentwurfs für ein
  117. Grundstücksrechtsbereinigungsgesetz in BT-Drucks. 14/6402 S. 25 f.), auch
  118. wenn die Stichtage vor dem 3. Oktober 1990 liegen, nicht nach den Wertmaßstäben der DDR, sondern nach dem Sachwertverfahren der §§ 21 bis 25 WertV
  119. festzustellen (Entwurf der Bundesregierung für ein Sachenrechtsbereinigungsgesetz in BT-Drucks. 12/5992 S. 111; Bundesministerium der Justiz in einer
  120. Stellungnahme gegenüber dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, wörtlich wiedergegeben bei Zank/Simon, NJ 1999, 57, 62 f.; MünchKommBGB/Wendtland, 4. Aufl., § 12 SachenRBerG Rdn. 9; Eickmann/Bischoff, Sachenrechtsbereinigung [Stand 11/2001], § 12 SachenRBerG Rdn. 65; Czub in
  121. Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz,
  122. Sachenrechtsbereinigungsgesetz
  123. [Stand
  124. 11/2003], § 12 Rdn. 100; für § 121 Abs. 1 Satz 3 Buchstabe c SachenRBerG
  125. auch LG Frankfurt/Oder VIZ 2000, 682, 683). Maßgeblich ist auf dieser Grundlage aber nicht der, wie gelegentlich formuliert wird (Eickmann/Bischoff und
  126. MünchKomm-BGB/Wendtland, jeweils aaO), heutige Wert, sondern der Wert zu
  127. den maßgeblichen Wertermittlungsstichtagen (Czub, wie vor, Rdn. 82). Bei der
  128. Sachwertermittlung dürfen die Investitionen und Aufwendungen des Nutzers
  129. nicht berücksichtigt werden.
  130. 11
  131. bb) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht jedenfalls bei der Berechnung der altersbedingten Wertminderung nicht eingehalten.
  132. -7-
  133. 12
  134. (1) Es hat sich hierbei zwar, wie geboten (Eickmann/Bischoff, aaO, § 12
  135. SachenRBerG Rdn. 79), an den Maßstäben der Wertermittlungsverordnung
  136. ausgerichtet und auch insoweit nicht die Bewertungsgrundsätze der DDR
  137. zugrunde gelegt. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Annahme einer
  138. Normalnutzungsdauer von 80 Jahren, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist. Sie entspricht bei einem Gebäude der hier zu beurteilenden Art Anlage 4 der Wertermittlungsrichtlinien 2002 (Bundesanzeiger, Beilage Nr. 238a
  139. vom 20. Dezember 2002); diese Annahme wird von der Revision auch nicht
  140. angegriffen.
  141. 13
  142. (2) Die Revision beanstandet aber mit Recht das Vorgehen des Berufungsgerichts bei der Ermittlung der für die Berechnung der Alterswertabschreibung entscheidenden Restnutzungsdauer des Gebäudes.
  143. 14
  144. (a) Nach Auffassung des Berufungsgerichts beurteilt sich die Restnutzungsdauer des Gebäudes nach dem Zeitpunkt der Besichtigung durch den
  145. gerichtlichen Sachverständigen, hier am 2. März 2004. Maßnahmen, die zu einer Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes führen, seien nach
  146. § 23 Abs. 2 WertV zu berücksichtigen, und zwar auch dann, wenn sie auf Investitionen des Nutzers beruhten. Diese Investitionen müssten nicht bei der Alterswertabschreibung berücksichtigt werden. Sie könnten, wie hier auch geschehen, durch Wertabschläge wegen Instandhaltungsrückstaus gemäß § 24 WertV
  147. oder wegen sonstiger Umstände nach § 25 WertV berücksichtigt werden. Dieser Berechnungsweise kann nicht gefolgt werden, weil sie im Widerspruch zu
  148. den Vorgaben des § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SachenRBerG steht.
  149. -8-
  150. (b) Die von dem Berufungsgericht gewählte Methode zur Berechnung der
  151. 15
  152. Alterswertabschreibung
  153. verfehlt
  154. den
  155. gesetzlich
  156. bestimmten
  157. Wertermittlungsstichtag. Nach § 3 Abs. 1 WertV sind zur Ermittlung des
  158. Verkehrswerts eines Grundstücks nach Maßgabe von §§ 21 bis 25 WertV die
  159. allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt und der Zustand des
  160. Grundstücks in dem Zeitpunkt zugrunde zu legen, auf den sich die Wertermittlung bezieht. Für die Berechnung des Gebäudesachwerts und des Werts der
  161. Investitionen des Nutzers nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 2
  162. SachenRBerG gilt nichts anderes. § 12 Abs. 2 Satz 7 SachenRBerG verweist
  163. zwar nicht ausdrücklich auch auf § 3 Abs.1 WertV. Die Vorschrift nimmt auf die
  164. §§ 21 bis 25 WertV indes für die nach Satz 1 erforderlichen Wertermittlungen
  165. Bezug und gibt damit selbst die Wertermittlungsstichtage vor, deren
  166. Verhältnisse für die Wertermittlung maßgeblich sein sollen. Es ist deshalb unter
  167. Zugrundlegung
  168. der
  169. Maßstäbe
  170. der
  171. §§
  172. 21 bis 25 WertV der fiktive
  173. Neuherstellungswert des Gebäudes im Zeitpunkt seiner Errichtung – hier im
  174. Jahre 1932 oder 1934 – festzustellen (Zank/Simon, NJ 1999, 57, 63). Hiervon
  175. ist neben einer Abschreibung wegen Reparaturrückstands (OLG Brandenburg
  176. VIZ 2001, 509, 511; Zank/Simon, NJ 1999, 57, 63; Vogel, GE 1996, 438, 439)
  177. die altersbedingte Wertminderung abzusetzen, die sich an dem jeweiligen
  178. Wertermittlungsstichtag, also an dem Tag ergeben würde, an dem der Nutzer
  179. die fragliche Investition beendete (Zank/Simon, NJ 1999, 57, 63). Das schließt
  180. es aus, die für die Berechnung des Alterswertminderungssatzes entscheidende
  181. Restnutzungsdauer des Gebäudes nach dem Zeitpunkt der Besichtigung durch
  182. den gerichtlichen Sachverständigen zu beurteilen. Vielmehr ist sie nach dem
  183. jeweiligen Wertermittlungsstichtag zu beurteilen. Dies wird in vielen Fällen dazu
  184. führen, dass die Restnutzungsdauer rechnerisch aus der Differenz der
  185. Normalnutzungsdauer, die das Berufungsgericht hier mit 80 Jahren ansetzt,
  186. und dem im Wertermittlungsstichtag bereits verstrichenen Zeitraum abzuleiten
  187. ist.
  188. Zwingend
  189. ist
  190. das
  191. nicht.
  192. So
  193. dürften
  194. etwa
  195. Renovierungs-
  196. und
  197. -9-
  198. Sanierungsarbeiten des Eigentümers vor der Übernahme des Gebäudes durch
  199. den Nutzer nach § 12 Abs. 2 Satz 7 SachenRBerG i.V.m. § 23 Abs. 2 WertV
  200. berücksichtigt werden, soweit sie sich etwa aus dem bei Abschluss eines Überlassungsvertrags zur Berechnung der Kaution (dazu Schmidt-Räntsch, ZOV
  201. 1992, 2, 4) festgestellten Wert des Gebäudes ergeben. Dass diese von dem
  202. Gesetzgeber vorgegebene Berechnungsweise technisch oder rechtlich nicht
  203. möglich wäre, ist nicht erkennbar. Das Berufungsgericht hat sie selbst bislang
  204. ohne Schwierigkeiten angewendet (VIZ 2001, 506, 509 und VIZ 2001, 509,
  205. 511). Die Änderung der Vorschrift durch das Grundstücksrechtsbereinigungsgesetz vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2716) erfordert keine Änderung dieser
  206. Praxis; sie stellt vielmehr durch den Verweis auf den Sachwert des überlassenen Gebäudes klar, dass der Wert in der geschilderten Weise berechnet werden soll (Begründung des Regierungsentwurfs in BT-Drucks. 14/6402 S. 25 f.).
  207. 16
  208. (c) Die Ermittlung der Restnutzungsdauer des Gebäudes nach dem Zeitpunkt der Besichtigung durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen wird
  209. auch dem Gebot des § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 2 SachenRBerG nicht
  210. gerecht, den Sachwert des Gebäudes ohne Berücksichtigung der baulichen
  211. Investitionen des Nutzers zur berechnen. Das bedeutet zwar entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass bauliche Maßnahmen, welche die bei ordnungsgemäßem Gebrauch übliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verlängert
  212. haben, abweichend von § 23 Abs. 2 WertV bei der Vergleichswertberechnung
  213. nach § 12 Abs. 12 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 2 und Satz 7 SachenRBerG in jedem
  214. Fall unberücksichtigt bleiben müssen. Die Berücksichtigung solcher Maßnahmen kann im Gegenteil, wie ausgeführt, etwa dann geboten sein, wenn sie der
  215. Eigentümer selbst vor der Übernahme des Gebäudes durchgeführt hat. § 12
  216. Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 2 SachenRBerG lässt es aber nicht zu, bei der
  217. Ermittlung des Sachwerts des Gebäudes bauliche Maßnahmen des Nutzers zu
  218. - 10 -
  219. berücksichtigen. Das ist nur zu erreichen, wenn solche baulichen Maßnahmen
  220. nicht nur bei der Feststellung des Sachwerts insgesamt, sondern auch bei der
  221. Ermittlung der Faktoren unberücksichtigt bleiben, anhand derer er zu berechnen ist. Sie dürfen deshalb auch bei der Ermittlung der Restnutzungsdauer des
  222. Gebäudes nicht berücksichtigt werden. Diese Vorgabe lässt die von dem Berufungsgericht vorgenommene Bewertung nach dem Zeitpunkt der Besichtigung
  223. des Gebäudes durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht zu.
  224. Daran ändern die von dem Berufungsgericht vorgenommenen Abzüge wegen
  225. Reparaturrückstands nach § 24 WertV nichts. Sie kommen zum einen nur bei
  226. Maßnahmen in Betracht, die einen vorhandenen Reparaturrückstand ausgleichen, nicht aber bei Maßnahmen, die zu einer Aufwertung des Gebäudes führen sollen. Zum anderen können solche Abzüge die Verzerrungen in der Ermittlung des Sachwerts nicht ausgleichen, zu denen die Berechnungsmethode des
  227. Berufungsgerichts führt. Hier gelangt das Berufungsgericht zu einer Restnutzungsdauer von 61 Jahren, wohingegen sich bei der angebrachten linearen Berechnung eine Restnutzungsdauer von 39 bzw. 41 Jahren für den Bewertungsstichtag 1973, von 32 bzw. 34 Jahren für den Bewertungsstichtag 1980, von 26
  228. bzw. 28 Jahren für den Bewertungsstichtag 1986 und von 22 bzw. 24 Jahren für
  229. den Wertermittlungsstichtag 1990 ergeben.
  230. 17
  231. c) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht auch bei der Berechnung des Restwerts der nach § 12 Abs. 2 Satz 3 SachenRBerG anzurechnenden früheren Investitionen. Das Berufungsgericht möchte diesen Wert anhand von Wägungsanteilen an dem Sachwert des Gebäudes ermitteln. Das
  232. Abstellen auf Wägungsanteile am Gesamtwert des Gebäudes ist zwar als solches nicht zu beanstanden (Eickmann/Bischoff, aaO, § 12 SachenRBerG
  233. Rdn. 85; Zank/Simon, NJ 1999, 57, 64). Zu beanstanden ist aber, dass diese
  234. Wägungsanteile auf der Grundlage des Sachwerts des Gebäudes zu den Wert-
  235. - 11 -
  236. ermittlungsstichtagen berechnet werden sollen. Das führt nämlich (vgl. Vogel
  237. GE 1996, 438, 447) zu einer einseitigen Benachteiligung des Nutzers. Der Nutzer hat seine Investitionen zu Neubaukosten vorgenommen. Wollte man den
  238. zeitbedingten Wertverlust auf der Grundlage des Sachwerts des Gebäudes zu
  239. den Wertermittlungsstichtagen berechnen, würde nicht nur der Wertverlust als
  240. solcher, sondern auch der im Sachwert des Gebäudes bereits enthaltene altersbedingte Wertverlust des Gebäudes in Ansatz gebracht. Dem aber steht
  241. § 12 Abs. 2 Satz 3 SachenRBerG entgegen, wonach dem Nutzer der Restwert
  242. seiner Investition erhalten werden soll. Dieses Ziel lässt sich nur erreichen,
  243. wenn der altersbedingte Wertverlust der Investitionen nach den Neubaukosten
  244. ermittelt wird (Matthiessen, VIZ 2001, 461, 465 f.).
  245. 18
  246. d) Unzutreffend ist auch die Berechnung der sog. Investitionspauschale
  247. nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG. Danach ist den nachgewiesenen Investitionen des Nutzers für jedes Jahr der Nutzung von dem Abschluss des Überlassungsvertrages an bis zum 2. Oktober 1990 ein nach Jahren gestaffelter
  248. Prozentsatz des jeweiligen Gebäuderestwerts für nicht nachgewiesene Investitionen hinzuzurechnen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist mit jeweiligem Gebäuderestwert der jährlich zu ermittelnde Sachwert des Gebäudes gemeint. Diese Auslegung ist nach dem Wortlaut der Vorschrift möglich, aber, anders als dies teilweise gesehen wird (Czub in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz,
  249. aaO, § 12 Rdn. 92a), nicht zwingend. Der Wortlaut lässt es auch zu, die Verweisung auf den jeweiligen Gebäuderestwert als Verweisung auf den Gebäuderestwert zu den jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten des Abschlusses des Überlassungsvertrags zu verstehen, den die Vorschrift in ihrem Eingangsteil als
  250. Ausgangspunkt nimmt. In diesem Sinne wollte der Gesetzgeber die aufgetretenen Auslegungszweifel (dazu Matthiessen, VIZ 2001, 461, 463; Zank, NJ 2001,
  251. 548) klären (Begründung des Regierungsentwurfs zum Grundstücksbereini-
  252. - 12 -
  253. gungsgesetz in BT-Drucks. 14/6402 S. 25). Nur bei diesem Verständnis kann
  254. die Vorschrift dem ihr zugedachten Zweck gerecht werden. § 12 Abs. 2 Satz 2
  255. SachenRBerG soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der Nutzer seine über
  256. Jahre hinweg vorgenommen laufenden Investitionen oft nicht nachweisen kann
  257. (Begründung der Anrufung des Vermittlungsausschusses zum SachenRBerG
  258. durch den Bundesrat in BT-Drucks. 12/7668 S. 2). Dazu sollten den nachgewiesenen Investitionen eine an der Abschreibung für Abnutzung aus dem Steuerrecht ausgerichtete Investitionspauschale hinzugerechnet werden (Eickmann/Bischoff, aaO, § 12 SachenRBerG Rdn. 47; Czub in Czub/SchmidtRäntsch/Frenz, aaO, § 12 Rdn. 91). Anknüpfungspunkt einer solchen Pauschale ist im Steuerrecht das Jahr der Anschaffung, dem hier der Abschluss des
  259. Überlassungsvertrags funktionell entspricht.
  260. 19
  261. Verstünde man die Vorschrift in dem von dem Berufungsgericht zugrunde gelegten Sinne, würde die Investitionspauschale zudem zweimal um eine
  262. Alterswertabschreibung gekürzt. Eine Alterswertabschreibung liegt bereits in
  263. den nach Nutzungsjahren niedriger werdenden Sätzen der Pauschale. Die Berechnung der Pauschale nach dem Restwert in jedem einzelnen Nutzungsjahr
  264. hätte einen zusätzlichen Wertverlust um den jeweils eingetretenen altersbedingten Wertverlust des Gebäudes zur Folge. Eine solche Kürzung stünde auch im
  265. Widerspruch zum Zweck der Änderung. Dieses Verständnis der Vorschrift verfehlte im Übrigen die angestrebte Erleichterung bei der praktischen Handhabung und erforderte einen beträchtlichen Mehraufwand im gerichtlichen Verfahren, weil der Gebäuderestwert für jedes einzelne der oft vielen Nutzungsjahre
  266. ermittelt werden müsste. Unter dem jeweiligen Gebäuderestwert ist in der Vorschrift deshalb nicht der in jedem einzelnen Jahr der Nutzung gegebenen Gebäuderestwert, sondern der bei dem unterschiedlichen Zeitpunkt des Abschlusses der Überlassungsverträge bestehende Gebäuderestwert zu verstehen, der
  267. - 13 -
  268. dann bei jedem Überlassungsvertrag für die gesamte anrechenbare Nutzungszeit maßgeblich sein soll (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs in BTDrucks. 14/6204 S. 25; Hirschinger, NJ 2001, 570, 571).
  269. 20
  270. 3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die für
  271. eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen fehlen.
  272. Krüger
  273. Klein
  274. Schmidt-Räntsch
  275. Lemke
  276. Roth
  277. Vorinstanzen:
  278. LG Potsdam, Entscheidung vom 08.03.2000 - 8 O 450/96 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 16.12.2004 - 5 U 67/00 -