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6.0 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. TEIL-URTEIL
  4. V ZR 12/12
  5. Verkündet am:
  6. 25. Oktober 2013
  7. Weschenfelder
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat - mit Einverständnis der Parteien im schriftlichen Verfahren auf der Grundlage der bis zum 20. September 2013
  14. eingereichten Schriftsätze durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
  15. Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Czub, die Richterin Weinland und
  16. den Richter Dr. Kazele
  17. für Recht erkannt:
  18. Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 14. Zivilsenats des
  19. Oberlandesgerichts Dresden vom 20. Dezember 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagte
  20. zu 1 abgewiesen worden ist.
  21. Im Umfang der Aufhebung werden die Berufungen der Beklagten
  22. zu 1 und ihrer Streithelferin zu 1 gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 19. Juli 2011 zurückgewiesen.
  23. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
  24. Von Rechts wegen
  25. Tatbestand:
  26. 1
  27. Mit notarieller Erklärung vom 21. September 2007 boten die Kläger als
  28. Käufer der Beklagten zu 1 als Verkäuferin, deren persönlich haftende Gesell-
  29. -3-
  30. schafterin die Beklagte zu 2 ist, den Abschluss eines Kaufvertrags über eine
  31. Eigentumswohnung an. In Abschnitt II heißt es:
  32. „An das Angebot hält sich der Käufer bis zum 30.11.2007 unwiderruflich gebunden.
  33. Nach Ablauf der Frist erlischt lediglich die Bindung an das Angebot, nicht jedoch das Angebot, das in stets widerruflicher Weise
  34. fortbesteht.
  35. Der Widerruf ist schriftlich gegenüber dem Verkäufer zu erklären.
  36. Bis zum Zugang der Widerrufserklärung beim Verkäufer kann das
  37. Angebot noch angenommen werden.“
  38. 2
  39. Die Kläger widerriefen das Angebot nicht. Die Beklagte zu 1 nahm es mit
  40. notarieller Erklärung vom 27. Dezember 2007 an. Die Kläger wurden als Eigentümer in das Wohnungsgrundbuch eingetragen.
  41. 3
  42. Sie meinen, der Kaufvertrag sei wegen verspäteter Annahme ihres Angebots nicht zustande gekommen. Ihrer im Wesentlichen auf Rückzahlung des
  43. Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums an der Wohnung gerichteten Klage hat das Landgericht stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufungen der Beklagten und ihrer Streithelferin zu 1 abgewiesen.
  44. -4-
  45. Entscheidungsgründe:
  46. I.
  47. 4
  48. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NotBZ 2012, 105 veröffentlicht ist, stellt fest, dass das Angebot den Klägern von den Beklagten als
  49. Allgemeine Geschäftsbedingung gestellt worden ist. Die Bindungsfrist in Abschnitt II Abs. 1 des Angebots hält das Berufungsgericht für „(wohl)“ unwirksam.
  50. Wirksam sei jedoch die in Abschnitt II Absatz 2 enthaltene Fortgeltungsklausel.
  51. Diese halte einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand. Somit habe die Beklagte zu 1 das Angebot rechtzeitig angenommen.
  52. II.
  53. 5
  54. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  55. 6
  56. 1. Über das Vermögen der Beklagten zu 2 wurde am 6. Januar 2012 das
  57. Insolvenzverfahren eröffnet. Das Verfahren gegen sie ist deshalb unterbrochen
  58. (§ 240 ZPO).
  59. 7
  60. 2. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht einen Anspruch der Kläger
  61. gegen die Beklage zu 1 auf Rückabwicklung des Kaufvertrags aus § 812 Abs. 1
  62. Satz 1 Alt. 1 BGB.
  63. 8
  64. a) Der Kaufvertrag ist mit der Beurkundung der Annahmeerklärung der
  65. Beklagten zu 1 nach § 152 Satz 1 BGB nur dann zustande gekommen, wenn
  66. die Erklärung der Kläger wirksam ist, dass ihr Angebot über die Bindungsfrist
  67. hinaus widerruflich fortbesteht. Anderenfalls wäre das Angebot im Zeitpunkt der
  68. Annahme bereits erloschen gewesen, und zwar unabhängig davon, ob die Bindungsfrist von mehr als zwei Monaten wirksam ist (siehe dazu Senat, Urteil vom
  69. -5-
  70. 27. September 2013 - V ZR 52/12, zur Veröffentlichung bestimmt). Denn soweit
  71. der Antragende nichts anderes äußert, deckt sich eine von ihm erklärte Bindungsfrist mit der dem Empfänger für die Annahme seines Angebots eingeräumten Frist (§ 148 BGB) mit der Folge, dass das Angebot mit dem Ablauf der
  72. Bindungsfrist erlischt (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09,
  73. NJW 2010, 2873, 2874 Rn. 15).
  74. 9
  75. b) Die Erklärung über die Fortgeltung des Angebots über die Bindungsfrist hinaus wurde den Klägern nach der Feststellung des Berufungsgerichts
  76. von den Beklagten als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellt. Damit unterliegt die unbefristete Fortgeltungsklausel als sogenannte Vertragsabschlussklausel der AGB-rechtlichen Wirksamkeitskontrolle. Dieser hält sie nicht stand;
  77. sie verstößt gegen das Verbot, dass sich der Verwender unangemessen lange
  78. oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme eines Angebots vorbehält (§ 308 Nr. 1 Halbsatz 1 BGB). Zur Begründung hierfür verweist der Senat - um bloße Wiederholungen zu vermeiden - auf seine Entscheidung vom
  79. 7. Juni 2013 (V ZR 10/12, MDR 2013, 958 f. Rn. 13-26), die eine inhaltsgleiche
  80. Erklärung betrifft.
  81. 10
  82. c) Der Vertragsschluss ist danach gescheitert, weil die Beklagte zu 1 wegen der Unwirksamkeit der Fortsetzungsklausel das mit dem Ablauf der Bindungsfrist erloschene Angebot der Klägerin nicht mehr annehmen konnte. Anhaltspunkte für eine Annahme der nach § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot
  83. geltenden verspäteten Annahmeerklärung durch die Kläger sind nicht ersichtlich. Eine Annahme durch Schweigen kommt bei beurkundungsbedürftigen
  84. Grundstücksgeschäften nicht in Betracht, die von dem anderen Teil zur Erfüllung vorgenommenen Handlungen - insbesondere die Kaufpreiszahlung - sind
  85. grundsätzlich nicht als schlüssige Annahmeerklärung anzusehen (Senat, Urteil
  86. vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873, 2874 f. Rn. 14-16).
  87. -6-
  88. III.
  89. 11
  90. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben, soweit die Klage gegen die
  91. Beklagte zu 1 abgewiesen worden ist. Da die Sache insoweit zur Entscheidung
  92. reif ist, kann der Senat selbst entscheiden. Das führt zur Zurückweisung der
  93. Berufungen der Beklagten zu 1 und ihrer Streithelferin zu 1 gegen das landgerichtliche Urteil.
  94. Stresemann
  95. Schmidt-Räntsch
  96. Weinland
  97. Czub
  98. Kazele
  99. Vorinstanzen:
  100. LG Leipzig, Entscheidung vom 19.07.2011 - 4 O 3884/10 OLG Dresden, Entscheidung vom 20.12.2011 - 14 U 1259/11 -