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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 323/02
  5. Verkündet am:
  6. 11. April 2003
  7. Kanik,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB §§ 1004 Abs. 1, 1018; ZPO § 890
  19. a) Eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht) des Inhalts, das dienende Grundstück zu
  20. landwirtschaftlichen Zwecken zu überqueren, berechtigt den jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks nicht zu Fahrten von und zu den Gewächshäusern und einem Wohnhaus, die er später für einen Gartenbaubetrieb errichtet
  21. hat.
  22. b) Die Verpflichtung, bestimmte Fahrten zu unterlassen, beinhaltet auch die Pflicht,
  23. solche Fahrten durch Dritte zu verhindern; bleibt der Eigentümer insoweit untätig,
  24. kann er zu einem Ordnungsgeld oder zu Ordnungshaft verurteilt werden.
  25. BGH, Urt. v. 11. April 2003 - V ZR 323/02 - OLG Bremen
  26. LG Bremen
  27. -2-
  28. -3-
  29. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  30. vom 11. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
  31. Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
  32. für Recht erkannt:
  33. Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 11. September 2002
  34. wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
  35. Die Nr. 2 des Tenors des Berufungsurteils wird gemäß § 319 ZPO
  36. dahin berichtigt, daß die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht
  37.    
  38.     !#"%$&'(
  39. 
  40. in Höhe von 250.000
  41. Von Rechts wegen
  42. Tatbestand:
  43. Der Kläger ist seit 1983 Miteigentümer des in B.
  44. gelegenen Haus-
  45. grundstücks O.
  46. L.
  47. straße 125 B. Das unmittelbar angrenzende
  48. Grundstück O.
  49. L.
  50. straße 135 A, zu dem das 12.335 m² große
  51. Flurstück 92 gehört, steht seit 1985 im Miteigentum der Beklagten. Da dieses
  52. Grundstück über keinen eigenen Zugang zum öffentlichen Straßennetz verfügt,
  53. wurde zu Lasten des Grundstücks des Klägers im Jahr 1931 eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht) eingetragen, die den jeweiligen Eigentümer des Flurstücks
  54. 92 dazu berechtigt, das nunmehr im Miteigentum des Klägers stehende Grund-
  55. -4-
  56. stück "zu landwirtschaftlichen Zwecken zu überwegen und mit Fahrzeugen zu
  57. befahren". Bei Bestellung der Grunddienstbarkeit wurde das Flurstück 92 als
  58. Ackerland genutzt. Der Beklagte zu 1 betreibt jetzt dort eine Gärtnerei, in der
  59. Blumen und Zierpflanzen aufgezogen und an Groß- und Einzelhändler veräußert werden. Zu diesem Zweck pachtete er weitere Grundstücke mit einer Fläche von insgesamt 14.927 m² hinzu.
  60. Die Beklagten errichteten im Jahr 1986 auf dem Flurstück 92 Gewächshäuser mit einer Gesamtfläche von 2.000 m² und in den Jahren 1995/1996 ein
  61. Wohnhaus (Betriebsleiterhaus). Sie selbst bewohnen ein Haus, das sie auf
  62. dem benachbarten Grundstück O.
  63. L.
  64. straße 135 B (Flurstück 78)
  65. errichtet haben. Die Zuwegung zu den Baulichkeiten auf dem Flurstück 92
  66. wurde durch die Eintragung von Grunddienstbarkeiten (Geh- und Fahrrechte
  67. mit Ausnahme der Benutzung zu gewerblichen Zwecken) zu Lasten der im Eigentum Dritter stehenden Flurstücke 60, 62 und 67 gesichert.
  68. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Nutzung des über sein
  69. Grundstück verlaufenden Wegs für Zwecke des Gartenbaubetriebs und des auf
  70. dem Flurstück 92 befindlichen Wohnhauses sowie zugunsten der hinzugepachteten Grundstücke und des Flurstücks 78 sei durch die Grunddienstbarkeit
  71. nicht gedeckt. Insoweit hat er die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das – sachverständig beratene - Landgericht hat den Beklagten untersagt, das Grundstück des Klägers von und zu dem Flurstück 78 einschließlich des darauf befindlichen Wohnhauses sowie mit Lastkraftwagen zu überwegen oder überwegen zu lassen, deren zulässiges Gesamtgewicht 7,5 t überschreitet. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Beklagten verboten, dessen Grundstück für Fahrten zu und von den Gewächs-
  72. -5-
  73. häusern und dem Betriebsleiterhaus auf dem Flurstück 92 zu überwegen; darüber hinaus hat es den Beklagten aufgegeben, derartige Fahrten Dritter zu
  74. verhindern. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Gewichtsbeschränkung für den Lkw-Verkehr zu den Freilandkulturen aufgehoben.
  75. Mit der in dem Berufungsurteil zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage, soweit ihr das Oberlandesgericht stattgegeben hat, weiter.
  76. Entscheidungsgründe:
  77. I.
  78. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß sowohl die Hinzupachtung
  79. von Flächen als auch die Errichtung der Gewächshäuser und des Betriebsleiterhauses zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen auf dem über das Grundstück des Klägers verlaufenden Weg geführt hat. Während mit einer räumlichen Ausweitung des Gartenbaubetriebs wegen der veränderten Nutzungsintensität im landwirtschaftlichen Bereich zu rechnen gewesen sei, sei die mit der
  80. Errichtung der Gebäude verbundene Bedarfssteigerung auf eine willkürliche,
  81. nicht voraussehbare Nutzungsänderung des herrschenden Grundstücks zurückzuführen. Das durch die Gewächshäuser und das Betriebsleiterhaus verursachte Verkehrsaufkommen übersteige deshalb das zulässige Maß der Nutzung des bestehenden Wegerechts, so daß der Kläger gemäß § 1004 Abs. 1
  82. BGB Unterlassung sämtlicher Fahrten verlangen könne, die durch die Bebauung des Flurstücks 92 anfielen. Soweit die Beklagten das Grundstück des Klägers für Fahrten von und zu den Freilandflächen des Gartenbaubetriebs nutzen
  83. -6-
  84. dürften, müsse der Kläger grundsätzlich auch das Befahren mit Lkws selbst mit
  85. einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t hinnehmen. Die Beklagten
  86. seien jedoch wegen des Gebots der möglichst schonenden Ausübung des Wegerechts gemäß § 1020 BGB verpflichtet, Materialanlieferungen nach Möglichkeit auf mehrere kleinere Lastkraftwagen zu verteilen.
  87. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
  88. II.
  89. Der Kläger kann von den Beklagten gemäß §§ 1004 Abs. 1, 1011 BGB
  90. verlangen, daß sie die Nutzung des in seinem Miteigentum stehenden Grundstücks für Fahrten von und zu den Gewächshäusern und dem Betriebsleiterhaus auf dem Flurstück 92 unterlassen.
  91. 1. Die mit den Fahrzeugbewegungen verbundene Beeinträchtigung des
  92. Grundeigentums des Klägers ist den Beklagten unabhängig davon zuzurechnen, ob die Fahrten von ihnen selbst oder von Dritten, etwa von Arbeitnehmern
  93. des Gartenbaubetriebs, Besuchern der Gewächshäuser oder Bewohnern des
  94. Betriebsleiterhauses, durchgeführt werden. Auch im letzteren Falle sind die
  95. Beklagten als mittelbare Störer anspruchsverpflichtet, da sie durch die Unterhaltung des Gartenbaubetriebs und die Errichtung der Gebäude auf dem Flurstück 92 den Fahrzeugverkehr in adäquater Weise verursacht haben (vgl. Senat, BGHZ 144, 200, 203). Dies zieht auch die Revision nicht in Zweifel.
  96. -7-
  97. 2. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, daß die auf dem Grundstück des Klägers lastende Dienstbarkeit ihn nicht zur Duldung des durch die
  98. Bebauung des Flurstücks 92 hervorgerufenen gesteigerten Verkehrsaufkommens verpflichtet (§§ 1004 Abs. 2, 1018 BGB). Ihrem Inhalt nach berechtigt die
  99. Grunddienstbarkeit die Beklagten als Miteigentümer des herrschenden Grundstücks nämlich nicht zu einer Nutzung des dienenden Grundstücks für Fahrten
  100. von und zu den Gewächshäusern und dem Betriebsleiterhaus.
  101. a) Zur Ermittlung des ursprünglichen Inhalts einer Dienstbarkeit ist vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt;
  102. Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen jedoch insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Senat, BGHZ 92, 351, 355; 145, 16,
  103. 20 f.; Urt. v. 8. Februar 2002, V ZR 252/00, NJW 2002, 1797, 1798). Dabei
  104. kann das Revisionsgericht die Grundbucheintragung selbständig würdigen und
  105. auslegen (Senat, BGHZ 37, 147, 148; 92, 351, 355; 106, 348, 351; 145, 16,
  106. 21).
  107. aa) Nach dem Wortlaut der Grundbucheintragung darf das Wegerecht
  108. "zu landwirtschaftlichen Zwecken" ausgeübt werden. Unter den Begriff der
  109. Landwirtschaft fällt nach dem maßgeblichen Verständnis im Zeitpunkt der
  110. Rechtseinräumung (Staudinger/Mayer, BGB [2002], § 1018 Rdn. 139 m. w.
  111. Nachw.) auch der erwerbsgärtnerische Anbau von Blumen und Zierpflanzen,
  112. jedenfalls dann, wenn er – wie hier – überwiegend in Freilandkulturen und nicht
  113. überwiegend in Gewächshäusern betrieben wird (vgl. Senat, BGHZ 8, 109,
  114. -8-
  115. 112 f. [zu § 1 HöfeO]; MünchKomm-BGB/Voelskow, 3. Aufl., § 585 Rdn. 4;
  116. Soergel/Heintzmann, BGB, 12. Aufl., § 585 Rdn. 6). Da ebenso wie die Gewächshäuser auch das auf dem Flurstück 92 befindliche Wohnhaus, welches
  117. dem Betriebsleiter als Unterkunft dient, Bestandteil des von dem Beklagten
  118. zu 1 unterhaltenen Gartenbaubetriebs ist (vgl. Erman/Jendrek, BGB, 10. Aufl.,
  119. § 585 Rdn. 3), dienen Fahrten von und zu den Gewächshäusern und dem Betriebsleiterhaus landwirtschaftlichen Zwecken.
  120. bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegen jedoch Anhaltspunkte außerhalb der Grundbucheintragung dafür vor, daß das Wegerecht
  121. nicht zu dem Zweck bestellt wurde, den Zugang zu einem landwirtschaftlichen
  122. Betrieb, zu dem neben Freilandflächen auch Gewächshäuser und ein Wohnhaus gehören, zu ermöglichen. Zu den bei der Auslegung einer Grundbucheintragung zu berücksichtigenden ohne weiteres erkennbaren Umständen gehören die tatsächlichen Verhältnisse der beteiligten Grundstücke, insbesondere
  123. die Lage und Verwendungsart des herrschenden Grundstücks (Senat, Urt. v.
  124. 3. Juli 1992, V ZR 218/91, NJW 1992, 2885 f.; Urt. v. 8. Februar 2002, V ZR
  125. 252/00, NJW 2002, 1797, 1798; Staudinger/Mayer, § 1018 Rdn. 138; MünchKomm-BGB/Falckenberg, § 1018 Rdn. 17). Zum Zeitpunkt der Eintragung des
  126. Wegerechts im Jahr 1931 handelte es sich sowohl bei dem dienenden als auch
  127. bei dem herrschenden Grundstück um reine Ackerflächen. Eine Bebauung der
  128. Grundstücke stand seinerzeit nicht in Rede. Nach den örtlichen Verhältnissen
  129. sollte somit die Grunddienstbarkeit dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks lediglich ermöglichen, dort Landwirtschaft zu betreiben.
  130. b) Allerdings liegen Inhalt und Umfang einer zeitlich unbegrenzten
  131. Dienstbarkeit nicht in jeder Beziehung von vornherein für alle Zeiten fest, son-
  132. -9-
  133. dern sind gewissen Veränderungen unterworfen, die sich aus der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung ergeben. Maßgeblich ist nicht die augenblickliche, bei Bestellung der Grunddienstbarkeit gerade bestehende Nutzung;
  134. es kommt vielmehr auf den allgemeinen, der Verkehrsauffassung entsprechenden und äußerlich für jedermann ersichtlichen Charakter des betroffenen
  135. Grundstücks an sowie auf das Bedürfnis, von dem Wegerecht in diesem Rahmen Gebrauch zu machen (Senat, Urt. v. 27. Januar 1960, V ZR 148/58, NJW
  136. 1960, 673; Urt. v. 30. März 1965, V ZR 43/63, NJW 1965, 1229; Urt. v. 21. Mai
  137. 1971, V ZR 8/69, LM Nr. 20 zu § 1018 BGB, Bl. 1000; Urt. v. 25. April 1975,
  138. V ZR 185/73, DNotZ 1976, 20 f.; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 31, S. 9).
  139. Dementsprechend kann der Umfang einer Dienstbarkeit mit dem Bedürfnis des
  140. herrschenden Grundstücks wachsen, wenn sich die Bedarfssteigerung in den
  141. Grenzen einer der Art nach gleichbleibenden Benutzung dieses Grundstücks
  142. hält und nicht auf eine zur Zeit der Dienstbarkeitsbestellung nicht vorhersehbare oder auf eine willkürliche Benutzungsänderung zurückzuführen ist (Senat,
  143. BGHZ 44, 171, 172 f.; 145, 16, 21; Urt. v. 30. September 1994, V ZR 1/94,
  144. NJW-RR 1995, 15, 16; Urt. v. 2. Oktober 1998, V ZR 301/97, NJW-RR 1999,
  145. 166, 167; Urt. v. 8. Februar 2002, V ZR 252/00, NJW 2002, 1797, 1798; Staudinger/Mayer, § 1018 Rdn. 156, 157; MünchKomm-BGB/Falckenberg, § 1018
  146. Rdn. 52). Auf eine derartige entwicklungsbedingte Änderung des Inhalts der
  147. Grunddienstbarkeit können sich die Beklagten jedoch entgegen der Auffassung
  148. der Revision nicht berufen.
  149. Der ursprüngliche Charakter des Ackergrundstücks änderte sich zwar
  150. nicht schon dadurch, daß die Beklagten, anstatt Feldfrüchte anzubauen, damit
  151. begannen, Blumen und Zierpflanzen auf den Freiflächen heranzuziehen. Dagegen hatte die Errichtung der Gewächshäuser und des Betriebsleiterhauses
  152. - 10 -
  153. eine grundlegende Änderung der landwirtschaftlichen Nutzung zur Folge, da
  154. hierdurch ein Gartenbaubetrieb mit vielfältigen Außenbeziehungen geschaffen
  155. wurde, die eine erhebliche Steigerung des Verkehrsaufkommens mit sich
  156. brachten. Nach dem von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B.
  157. erfordert der Betrieb der Be-
  158. klagten den Antransport sowohl von Verbrauchsmaterialien wie Töpfen, Erden,
  159. Jungpflanzen, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, Heizöl, Folien oder Verpackungsmaterialien, als auch von Investitionsgütern wie Maschinen, Geräten,
  160. Gewächshäusern oder Heizungsanlagen, sowie den Abtransport von Verkaufswaren und Abfallprodukten. Darüber hinaus müssen zahlreiche in dem
  161. Betrieb tätige Personen wie Arbeitnehmer, Handwerker, Betriebsberater und
  162. Kaufinteressenten sowie die Bewohner und Besucher des Betriebsleiterhauses
  163. von dem und zu dem Grundstück der Beklagten gelangen. Hierfür ist der Einsatz verschiedenartiger Kraftfahrzeuge, auch schwerer Lastkraftwagen, erforderlich. Für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 hat der Sachverständige anhand
  164. der Buchhaltungsunterlagen mindestens 868 durch den Produktionsabsatz veranlaßte Fahrten und mindestens 360 Fahrten von Lieferanten und Handwerkern festgestellt. Dies zeigt, daß der Verkehrsbedarf des Gartenbaubetriebs in
  165. seiner jetzigen Form mit demjenigen einer landwirtschaftlichen Freifläche weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht vergleichbar ist. Die Bedarfssteigerung beruht damit nicht allein auf einer naturgemäßen Fortentwicklung
  166. der technischen oder wirtschaftlichen Verhältnisse, sondern wesentlich auch
  167. auf einer von den Beklagten vorgenommenen, im Zeitpunkt der Dienstbarkeitsbestellung nicht vorhersehbaren Intensivierung der Nutzung.
  168. 3. Nach alledem haben die Beklagten die Benutzung des im Miteigentum
  169. des Klägers stehenden Grundstücks auf ein Maß zu beschränken, das dem
  170. - 11 -
  171. Durchschnittsmaß der Nutzung des dienenden Grundstücks in der Zeit vor der
  172. Errichtung der Gewächshäuser und des Betriebsleiterhauses unter Berücksichtigung des Fortschritts der Technik entspricht (vgl. Senat, BGHZ 44, 171,
  173. 177; Urt. v. 14. Dezember 1973, V ZR 136/71, DNotZ 1974, 290, 291). Hieraus
  174. folgt, daß sie, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, sämtliche
  175. Fahrten über das Grundstück des Klägers zu unterlassen haben, die ausschließlich durch die Bebauung des Flurstücks 92 veranlaßt sind. Die Unterlassungspflicht der Beklagten beinhaltet auch die Verpflichtung, solche Fahrten
  176. durch Dritte zu verhindern (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004
  177. Rdn. 204). Bleiben die Beklagten insoweit untätig, können sie nach § 890 ZPO
  178. zu einem Ordnungsgeld oder zu Ordnungshaft verurteilt werden, weil der negatorische Anspruch auch die titulierbare Verpflichtung zu einem positiven Tun
  179. erfaßt (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 2001, 163, 164; Zöller/Stöber, ZPO,
  180. 23. Aufl., § 890 Rdn. 3a; Stein-Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 890 Rdn. 5).
  181. Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Abgrenzung der Fahrten
  182. nach ihrem jeweiligen Zweck keineswegs praktisch undurchführbar. Insbesondere trifft es nicht zu, daß es keinen Verkehr allein von oder zu den Baulichkeiten gäbe. So stehen etwa die Anlieferung von Heizöl oder der Abtransport
  183. von Hausabfällen ebensowenig in einem Zusammenhang mit der Kultivierung
  184. von Pflanzen auf den Freiflächen wie Fahrten von Besuchern des Betriebsleiterhauses oder von Handwerkern, die mit der Durchführung von Reparaturarbeiten an den Baulichkeiten beauftragt sind. Durchgreifende Zweifel an der
  185. Vollstreckungsfähigkeit des angefochtenen Urteils bestehen daher nicht.
  186. 4. Gegenüber dem Unterlassungsbegehren des Klägers können sich die
  187. Beklagten nicht auf den Einwand des Rechtsmißbrauchs berufen (§§ 226, 242
  188. - 12 -
  189. BGB). Zum einen hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an einer Einschränkung des sein Grundeigentum beeinträchtigenden Fahrzeugverkehrs. Zum anderen ist mit dieser Einschränkung nicht, wie von der Revision geltend gemacht
  190. wird, die Gefahr verbunden, daß den Beklagten und den in ihrem Gartenbaubetrieb beschäftigten Arbeitnehmern die Existenzgrundlage entzogen wird. Das
  191. Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Zuwegung zu den
  192. Gebäuden auf dem Flurstück 92 durch die auf den Flurstücken 60, 62 und 67
  193. lastenden Wegerechte gesichert ist, die nur eine Benutzung zu gewerblichen
  194. Zwecken ausschließen, worunter die hier in Rede stehende Benutzung zu
  195. landwirtschaftlichen Zwecken nicht fällt.
  196. 5. Schließlich ist die von der Revision erhobene Rüge, eine Verpflichtung der Beklagten, Materialanlieferungen nach Möglichkeit auf mehrere kleinere Lastkraftwagen zu verteilen, sei mangels hinreichender Bestimmtheit nicht
  197. vollstreckungsfähig, unbeachtlich. Insoweit enthält das Berufungsurteil lediglich
  198. einen allgemeinen Hinweis auf das Gebot der schonenden Ausübung der
  199. Grunddienstbarkeit (§ 1020 BGB), den das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der den Beklagten günstigen und deshalb mit der Revision nicht angefochtenen Aufhebung der vom Landgericht angeordneten Gewichtsbeschränkung für den Lkw-Verkehr erteilt hat.
  200. III.
  201. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
  202. Wenzel
  203. Tropf
  204. Klein
  205. - 13 -
  206. Lemke
  207. Schmidt-Räntsch