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312 lines
16 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 266/11
  5. Verkündet am:
  6. 12. April 2013
  7. Langendörfer-Kunz
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja7
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB §§ 434, 444
  19. 1. Eine fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel des
  20. veräußerten Wohnungseigentums dar; die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit haben die Zivilgerichte in eigener Verantwortung - ohne Bindung an einen erst nach Gefahrübergang ergangenen baubehördlichen
  21. Bescheid - zu beantworten.
  22. 2. Arglist setzt zumindest Eventualvorsatz voraus; dem steht es nicht gleich,
  23. wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen von Tatsachen hätte aufdrängen
  24. müssen, die einen Mangel des Kaufobjekts begründen.
  25. BGH, Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 266/11 - OLG Rostock
  26. LG Schwerin
  27. -2-
  28. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  29. vom 12. April 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter
  30. Dr. Lemke, Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin
  31. Dr. Brückner
  32. für Recht erkannt:
  33. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Senats des
  34. Oberlandesgerichts Rostock vom 8. Dezember 2011 aufgehoben.
  35. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  36. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat
  37. des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
  38. Von Rechts wegen
  39. -3-
  40. Tatbestand:
  41. 1
  42. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 9. Dezember 2005 kauften die
  43. Klägerin und ihr damaliger Lebensgefährte von dem Beklagten eine von diesem
  44. sanierte Dachgeschosswohnung zum Preis von 90.000 €. Die Haftung für
  45. Sachmängel war ausgeschlossen. Als die Klägerin die Wohnung im Jahr 2009
  46. verkaufen wollte, stellte sich heraus, dass für die Wohnung und den dazu gehörenden Balkon keine Baugenehmigung vorlag. Ein von der Ehefrau des Beklagten gestellter Bauantrag war bereits im Februar 2000 zurückgewiesen worden,
  47. wovon der Beklagte jedoch keine Kenntnis erlangt haben will. Ob das Dachgeschoss vor der Sanierung als Wohnung genutzt worden war, ist streitig.
  48. 2
  49. Mit Schreiben vom 27. März 2009 forderten die Käufer den Beklagten auf,
  50. bis zum 15. April 2009 Baugenehmigungen beizubringen. Darauf ging der Beklagte nicht ein, sondern verwies mit Schreiben vom 15. April 2009 lediglich
  51. darauf, dass nur Wohnraum saniert und modernisiert, nicht aber in die Statik
  52. eingegriffen worden sei; gleiches gelte für die Balkone. Im Übrigen sei das
  53. Dachgeschoss bereits früher bewohnt gewesen. Mit Schreiben vom 17. April
  54. 2009 erklärten die Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag, forderten den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises bis zum 25. April 2009 auf und boten an,
  55. Erklärungen für die Rückauflassung abzugeben.
  56. 3
  57. Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 22. Juni 2009 untersagte
  58. das Bauamt gänzlich die Nutzung zu Wohnzwecken, hob diese Untersagung
  59. aber später hinsichtlich des Balkons wieder auf und erteilte schließlich am
  60. 23. September 2009 eine Baugenehmigung unter Auflagen. Den der Genehmigung zugrundeliegenden Bauantrag nahm der Beklagte allerdings nach
  61. Widerspruchseinlegung zurück.
  62. -4-
  63. 4
  64. Die Klägerin erstrebt aus eigenem Recht und in Prozessstandschaft für ihren früheren Lebensgefährten die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Hierzu
  65. verlangt sie Zahlung von 102.490,28 € Zug um Zug gegen Rückauflassung der
  66. Eigentumswohnung. Darüber hinaus fordert sie (weiteren) Schadensersatz in
  67. Höhe von 3.547,03 € und beantragt die Feststellung des Annahmeverzuges.
  68. Sie behauptet, der Beklagte habe das Fehlen der Baugenehmigung arglistig
  69. verschwiegen. Von der Richtigkeit dieser Behauptung hat sich das Landgericht
  70. überzeugt und auf dieser Grundlage die Klageanträge dem Grunde nach für
  71. gerechtfertigt erklärt. Dem ist das Oberlandesgericht im Ergebnis gefolgt. Mit
  72. der von dem Senat zugelassenen Revision möchte der Beklagte die Abweisung
  73. der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
  74. Entscheidungsgründe:
  75. I.
  76. 5
  77. Das Berufungsgericht bejaht die Voraussetzungen für den Erlass eines
  78. Grundurteils. Begründet sei die Klage dem Grunde nach, weil das Fehlen einer
  79. notwendigen Baugenehmigung einen Sachmangel darstelle, den der Beklagte
  80. arglistig verschwiegen habe (§ 444 BGB). Ob die bestandskräftige Untersagungsverfügung zu Recht ergangen sei und ob die von dem Beklagten ausgeführten Baumaßnahmen genehmigungsbedürftig gewesen seien, hätten die
  81. Zivilgerichte nicht zu prüfen; im Übrigen zeige die später erteilte Baugenehmigung, dass von einem genehmigungsbedürftigen Tatbestand auszugehen sei.
  82. Arglist sei dem Beklagten vorzuwerfen, weil diese in Anlehnung an die zur Bankenhaftung entwickelten Grundsätze schon dann gegeben sei, wenn sich dem
  83. Verkäufer einer Immobilie aufklärungspflichtige Tatsachen nach den Umständen des Einzelfalles zumindest hätten aufdrängen müssen. Weigere sich - wie
  84. -5-
  85. hier - der Verkäufer, von solchen Umständen und der sich ebenfalls aufdrängenden Bedeutung für den Käufer Kenntnis zu nehmen, müsse dies positivem
  86. Wissen gleichstehen.
  87. II.
  88. 6
  89. Die Revision ist begründet.
  90. 7
  91. 1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt die Revision zu Recht, dass bei
  92. einer nicht bezifferten Feststellungsklage der Erlass eines Grundurteils von
  93. vornherein ausscheidet (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR
  94. 109/99, NJW 2001, 155; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 304 Rn. 3; vgl.
  95. auch Senat, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43, 49;
  96. jeweils mwN).
  97. 8
  98. 2. Materiellrechtlich nimmt das Berufungsgericht zu Unrecht an, dem Beklagten sei die Berufung auf den vereinbarten Haftungsausschluss nach § 444
  99. BGB versagt. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen lässt sich weder
  100. das Vorliegen eines (aufklärungspflichtigen) Sachmangels noch ein darauf bezogenes arglistiges Verschweigen bejahen.
  101. 9
  102. a) Eine fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel
  103. des veräußerten Wohnungseigentums dar (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2003
  104. - V ZR 100/02, NJW 2003, 2380, 2381), weil die Baubehörde die Nutzung der
  105. Wohnung jedenfalls bis zur Erteilung der erforderlichen Genehmigung untersagen kann, und zwar unabhängig von der Frage, ob eine Genehmigung unter
  106. Zulassung einer Ausnahme hätte erteilt werden können (vgl. nur Senat, Urteil
  107. vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, BGHZ 114, 260, 262). Dabei besteht der
  108. Sachmangel bereits darin, dass es an der baurechtlich gesicherten Befugnis
  109. -6-
  110. fehlt, das Objekt für den vertraglich vorausgesetzten Zweck zu nutzen. Die Frage, ob bauliche Veränderungen überhaupt genehmigungsbedürftig sind, haben
  111. die Zivilgerichte als Vorfrage der Fehlerhaftigkeit der Kaufsache zu beantworten
  112. (vgl. nur Senat, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, aaO, S. 261).
  113. 10
  114. Allerdings kommt es für die Frage des Sachmangels auf die Genehmigungsbedürftigkeit ausnahmsweise dann nicht an, wenn die Behörde bereits bei
  115. Gefahrübergang als dem auch bei Arglist nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. nur MünchKomm-BGB/Westermann, 6. Aufl., § 434
  116. Rn. 51; Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Auflage, § 434 Rn. 8; ebenso zum früheren Recht Senat, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, aaO, S. 262) eine
  117. rechtsverbindliche Entscheidung dazu getroffen hat, ob der nach dem Kaufvertrag vorausgesetzten Nutzung öffentlich-rechtliche Hindernisse entgegenstehen
  118. (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 1988 - V ZR 125/87, WM 1988, 1449, 1451).
  119. Gewährleistet eine solche Entscheidung dem Käufer Bestandsschutz, scheidet
  120. ein Sachmangel aus (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2003 - V ZR 100/02, NJW
  121. 2003, 2380, 2381). Liegt bei Gefahrübergang eine Nutzungsuntersagung vor,
  122. ist das Kaufobjekt ohne weiteres mit einem Sachmangel behaftet. Solche Ausnahmetatbestände liegen hier indessen nicht vor. Da die Nutzungsuntersagungsverfügung erst nach Gefahrübergang ergangen ist, hängt die Annahme
  123. eines Sachmangels davon ab, ob die von dem Beklagten vorgenommenen baulichen Veränderungen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs genehmigungsbedürftig waren. Diese Frage haben die Zivilgerichte in eigener Verantwortung
  124. - ohne Bindung an einen erst später ergangenen baubehördlichen Bescheid zu beantworten. Ausreichende Feststellungen zur Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt
  125. folgerichtig - jedoch nicht getroffen.
  126. -7-
  127. 11
  128. b) Revisionsrechtlich zu beanstanden sind auch die Erwägungen des
  129. Berufungsgerichts zur Arglist.
  130. 12
  131. aa) Diese setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zumindest Eventualvorsatz voraus (so etwa Senat, Urteil vom 15. Juni
  132. 2012 − V ZR 198/11, NJW 2012, 2793; vgl. auch MünchKomm-BGB/Westermann, aaO, § 438 Rn. 26; jeweils mwN); leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt dagegen nicht (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR
  133. 18/11, ZfIR 2012, 463, 465 f. Rn. 24 u. 28). Ein arglistiges Verschweigen ist
  134. danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest
  135. für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf
  136. nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (so etwa
  137. Senat, Urteil vom 10. Juni 1983, V ZR 292/81, WM 1983, 990; Urteil vom
  138. 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990; vgl. auch Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 10. Aufl., Rn. 35 u. 1003 ff.; jeweils mwN).
  139. 13
  140. bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt es dagegen
  141. nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen
  142. hätte aufdrängen müssen, weil dann die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und
  143. der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt
  144. würde.
  145. 14
  146. (1) Der Senat hat bereits entschieden, dass selbst ein bewusstes Sichverschließen nicht den Anforderungen genügt, die an die Arglist zu stellen sind
  147. (Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990). Eine Gleichstellung mit der Kenntnis kommt lediglich in Betracht, soweit es bei bestimmten
  148. Tatbestandsmerkmalen um eine rechtliche (Gesamt-)Bewertung von Tatsachen
  149. geht. So erfordert etwa die Kenntnis davon, nicht zum Besitz berechtigt zu sein
  150. -8-
  151. (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder etwas rechtsgrundlos empfangen zu haben
  152. (§ 819 Abs. 1 BGB), nicht nur das Wissen um die tatsächlichen Umstände, aus
  153. denen auf die Nichtberechtigung zu schließen ist, sondern auch die Kenntnis
  154. dieser Rechtsfolge selbst (zu § 819 Abs. 1 BGB vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni
  155. 1992 - XII ZR 119/91, BGHZ 118, 383, 392 mwN; zu § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB
  156. vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1960 - II ZR 125/58, BGHZ 32, 76, 92). Die
  157. Kenntnis der Tatsachen ist dabei stets nötig. Sie kann keinesfalls durch wertende Überlegungen ersetzt werden. Nur hinsichtlich des Schlusses von der Tatsachenkenntnis auf die Einschätzung der Rechtslage - in den Beispielen der
  158. Mangel des rechtlichen Grundes und die fehlende Besitzberechtigung - kommt
  159. eine Abmilderung des Erkenntnisgrades in Betracht. Um eine solche rechtliche
  160. Gesamtbewertung geht es bei § 444 BGB jedoch nicht. Bei der Frage der Arglist ist allein entscheidend, ob der Verkäufer die den Mangel begründenden
  161. Umstände kennt (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, aaO, mwN),
  162. mögen diese auch im Einzelfall - wie hier die revisionsrechtlich zu unterstellende Genehmigungsbedürftigkeit - einen normativen Gehalt aufweisen. Liegt diese Kenntnis zumindest in der Form des Eventualvorsatzes vor, ist es unerheblich, ob der Verkäufer daraus den Schluss auf einen Sachmangel zieht (Senat,
  163. Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, aaO; Krüger in Krüger/Hertel, aaO,
  164. Rn. 1005).
  165. 15
  166. (2) Nichts anderes lässt sich aus der von dem Berufungsgericht ins Feld
  167. geführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. April 2008
  168. - XI ZR 221/07, WM 2008, 1121, 1122 f. Rn. 16 ff.; Urteil vom 15. Juni 2010 - XI
  169. ZR 318/09, WM 2010, 1448, 1450 Rn. 10) zur Haftung von Banken im Zusammenhang mit der Finanzierung sittenwidrig überteuerter Grundstückskäufe herleiten. Auch diese Haftung setzt nämlich Kenntnis sämtlicher Tatsachen voraus;
  170. nur hinsichtlich der Gesamtbewertung dieser Umstände reicht es aus, dass sich
  171. der Bank die sittenwidrige Übervorteilung aufdrängen musste (vgl. insbesonde-
  172. -9-
  173. re BGH, Urteil vom 29. April 2008 - XI ZR 221/07, aaO, S. 1123 Rn. 22). Das ist
  174. mit der Rechtslage bei § 990 Abs. 1 Satz 2 und § 819 Abs. 1 BGB vergleichbar,
  175. lässt sich nach dem oben Gesagten aber nicht auf die subjektiven Voraussetzungen der Arglist übertragen.
  176. 16
  177. (3) Gemessen daran ist das Berufungsurteil auch insoweit rechtsfehlerhaft. Dass der Beklagte den Sachmangel gekannt oder ihn wenigstens für möglich gehalten hat, hat das Berufungsgericht - anders als das Landgericht - nicht
  178. festgestellt; es hat dies andererseits aber auch nicht verneint.
  179. 17
  180. 3. Da das Berufungsurteil auch nicht aus anderen Gründen richtig ist, unterliegt es der Aufhebung (§§ 561, 562 ZPO).
  181. 18
  182. 4. Der Rechtsstreit ist nicht im Sinne des Beklagten nach § 563 Abs. 3
  183. ZPO zur Endentscheidung reif. Soweit die Revision rügt, die bis zum 15. April
  184. 2009 eingeräumte Frist zur Beibringung der Baugenehmigungen sei zu knapp
  185. bemessen gewesen, übersieht sie, dass der Käufer dem arglistig handelnden
  186. Verkäufer in aller Regel überhaupt keine Gelegenheit zur Nachbesserung
  187. geben muss (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, WM
  188. 2007, 1076, 1077 f.; Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188,
  189. 43, 50). Gewährt der Käufer gleichwohl eine Frist zur Nachbesserung, führt dies
  190. nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) lediglich dazu, dass
  191. er eine fristgemäß erbrachte Nachbesserung, an der es hier fehlt, gelten lassen
  192. muss (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2010 - V ZR 147/09, WM 2010, 2129,
  193. 2130). Der Käufer darf sich nicht in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten
  194. setzen. Zu einem weiteren Entgegenkommen ist er dem arglistig täuschenden
  195. Verkäufer gegenüber grundsätzlich nicht gehalten.
  196. - 10 -
  197. 19
  198. 5. Nach allem ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen,
  199. damit die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen
  200. getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von
  201. der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
  202. 20
  203. 6. Für die erneute Verhandlung und Entscheidung wird auf Folgendes hingewiesen:
  204. 21
  205. a) Der Käufer trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich sämtlicher
  206. tatsächlicher Umstände, die ein arglistiges Verschweigen begründen (dazu und
  207. zur sekundären Darlegungslast in bestimmten Konstellationen Senat, Urteil vom
  208. 12. November 2010 - V ZR 181/09, aaO, S. 47 ff.).
  209. 22
  210. b) Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, wonach
  211. es in den Jahren 1999/2000 zum Allgemeinwissen der Bürger in den neuen
  212. Bundesländern gehört habe, dass umfangreiche Bauarbeiten und Veränderungen an Gebäuden „genehmigungspflichtig sein können“. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 26. April 1991 (V ZR
  213. 73/90, BGHZ 114, 260, 262 f.) nichts anderes. In dieser Entscheidung ist der
  214. Senat lediglich der zu weit gehenden Annahme entgegen getreten, nach der
  215. Lebenserfahrung „wisse“ auch ein Laie um die Notwendigkeit einer behördlichen Genehmigung für die Umgestaltung eines Trockenspeichers zu Wohnzwecken. Im Rahmen einer erneuten Beweiswürdigung zur Arglist wird das Berufungsgericht jedoch ggf. zu beachten haben, dass der Schluss auf einen
  216. Eventualvorsatz zwar nicht allein aufgrund des festgestellten Allgemeinwissens,
  217. jedoch durchaus bei Hinzutreten weiterer Umstände gerechtfertigt sein kann.
  218. 23
  219. c) Soweit in dem Rechtsstreit mit der Saldotheorie argumentiert worden
  220. ist, erscheint dies schon deshalb nicht tragfähig, weil die aus dieser Theorie
  221. - 11 -
  222. folgenden Beschränkungen nicht zu Lasten des arglistig Getäuschten eingreifen
  223. (vgl. nur BGH, Urteil vom 6. August 2008 - XII ZR 67/06, BGHZ 178, 16, 31;
  224. Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 818 Rn. 49 f.).
  225. Stresemann
  226. Lemke
  227. Roth
  228. Schmidt-Räntsch
  229. Brückner
  230. Vorinstanzen:
  231. LG Schwerin, Entscheidung vom 18.01.2011 - 3 O 175/09 OLG Rostock, Entscheidung vom 08.12.2011 - 3 U 16/11 -