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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 243/04
  5. Verkündet am:
  6. 27. Januar 2006
  7. K a n i k,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. ZPO § 315 Abs. 1 Satz 1
  19. Die fehlende Unterschrift eines Richters, der bei der Entscheidung mitgewirkt hat,
  20. kann nicht mehr nachgeholt werden, wenn die für die Einlegung eines Rechtsmittels längste Frist von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils abgelaufen
  21. ist.
  22. BGB § 1030 Abs. 2
  23. Die Beschränkung des Nutzungsziehungsrechts des Nießbrauchers auf einzelne
  24. Teile des Gebäudes (z.B. Mietwohnungen) ist bei dem Nießbrauch an einem bebauten Grundstück unzulässig.
  25. BGH, Urt. v. 27. Januar 2006 - V ZR 243/04 - OLG München - Zivilsenate
  26. in Augsburg LG Kempten
  27. -2-
  28. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  29. vom 27. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
  30. Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
  31. für Recht erkannt:
  32. Auf die Revision der Beklagten zu 1 wird das Urteil des
  33. 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München - Zivilsenate in
  34. Augsburg - vom 21. Oktober 2004 aufgehoben.
  35. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  36. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  37. Von Rechts wegen
  38. Tatbestand:
  39. 1
  40. Die Beklagte zu 1 erhielt mit Übergabevertrag vom 13. August 1980 ein
  41. unentgeltliches lebenslängliches Nießbrauchsrecht an einem bebauten Grundstück eingeräumt. Das Recht wurde in das Grundbuch eingetragen. Grundstückseigentümer wurden die aus dem Rechtsstreit ausgeschiedenen Beklagten zu 2 und 3.
  42. 2
  43. Im Jahr 1996 sollte das Gebäude in Wohnungseigentum entsprechend
  44. einem Aufteilungsplan vom 30. Mai 1996 aufgeteilt werden. Die Aufteilung wurde jedoch nicht vollzogen.
  45. -3-
  46. 3
  47. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. November 1997 erwarben
  48. die Kläger von den Beklagten zu 2 und 3 das Grundstück. Hinsichtlich des
  49. Nießbrauchs für die Beklagte zu 1 enthält der Vertrag folgende Regelung:
  50. "Bezüglich des Grundstücks ... besteht ein amtlicher Aufteilungsplan zur Aufteilung dieses Grundstücks in Wohnungseigentum nach dem WEG. Dieser Aufteilungsplan ist den Vertragsparteien bekannt.
  51. Frau C.
  52. M.
  53. stimmt hiermit als Berechtigte aus
  54. dem im Grundbuch von ... eingetragenen bedingten Nießbrauch der Aufteilung des belasteten Grundstücks entsprechend dem vorliegenden Aufteilungsplan zu und bestätigt, dass
  55. sich dieser Nießbrauch künftig ausschließlich auf die im Aufteilungsplan Nr. 1 bezeichnete Wohnung im Erdgeschoß beschränkt. Sie bewilligt schon heute die Löschung des Nießbrauchs an den übrigen Wohnungseigentumsrechten im
  56. Grundbuch."
  57. Weiter heißt es in § 4 Nr. 5:
  58. "Die Besitzübergabe erfolgt sofort. Mit der Übergabe gehen
  59. Nutzungen und Lasten sowie die Gefahrtragung auf den Käufer
  60. über. Dieser trägt vom gleichen Zeitpunkt an die Steuern und
  61. sonstigen öffentlichen Abgaben."
  62. 4
  63. Im Jahr 2002 betrieben die Kläger die Aufteilung in Wohnungseigentum,
  64. allerdings nicht nach dem Aufteilungsplan vom 30. Mai 1996. Das Nießbrauchsrecht für die Beklagte zu 1 wurde im Grundbuch gelöscht, später - auf
  65. ihre Klage hin - jedoch wieder eingetragen.
  66. -4-
  67. Ebenfalls im Jahr 2002 forderte die Beklagte zu 1 die in dem Haus woh-
  68. 5
  69. nenden Mieter auf, die Mieten nicht mehr an die Kläger, sondern an sie zu zahlen.
  70. 6
  71. Die Kläger haben mit ihrer Klage die Feststellung beantragt, dass sich
  72. der Nießbrauch der Beklagten zu 1 auf bestimmte Räume im Erdgeschoß und
  73. im ersten Obergeschoß des Gebäudes bezieht und dass der Beklagten zu 1
  74. kein Recht zusteht, die Mieten zu beanspruchen. Die Beklagte zu 1 hat im Wege der Widerklage u.a. die Verurteilung der Kläger verlangt, die Mieter anzuweisen, die geschuldeten Mieten so lange an die Beklagte zu 1 zu zahlen, bis
  75. die Kläger den Mietern nachgewiesen haben, das Grundstück in Wohnungseigentum gemäß dem Aufteilungsplan vom 30. Mai 1996 aufgeteilt und der Beklagten zu 1 den erstrangigen Nießbrauch an der in dem Plan mit Nr. 1 bezeichneten Wohnung im Erdgeschoß eingeräumt zu haben. Das Landgericht
  76. hat dem zweiten Feststellungsantrag der Kläger stattgegeben und die Klage im
  77. Übrigen sowie die Widerklage abgewiesen. Die Berufungen der Beklagten zu 1
  78. und der Kläger sind erfolglos geblieben.
  79. 7
  80. Das Berufungsgericht hat sein Urteil am Schluss der Sitzung, in welcher
  81. die mündliche Verhandlung stattfand, verkündet. Die Entscheidungsformel und
  82. die -gründe sind in das von dem Vorsitzenden des Berufungssenats und von
  83. einer Justizangestellten unterschriebene Sitzungsprotokoll aufgenommen worden. Weiter enthält das Protokoll die von den Parteivertretern gestellten Anträge, zum Teil in wörtlicher Wiedergabe und zum Teil durch Bezugnahme auf
  84. frühere Schriftsätze.
  85. -5-
  86. 8
  87. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung
  88. die Kläger beantragen, verfolgt die Beklagte zu 1 ihren Klageabweisungsantrag
  89. und ihren Widerklageantrag weiter.
  90. Entscheidungsgründe:
  91. I.
  92. 9
  93. Das Berufungsgericht hält den zweiten Feststellungsantrag der Kläger
  94. trotz der von der Beklagten zu 1 erhobenen Widerklage für zulässig, weil allein
  95. durch den Klageantrag rechtskräftig entschieden werde, wer Inhaber des Anspruchs auf die Mieten sei. Der Feststellungsantrag sei auch begründet. Die
  96. Beschränkung des Nießbrauchs ergebe sich aus dem Kaufvertrag vom
  97. 13. November 1997. Darin habe die Beklagte zu 1 erklärt, dass sich ihr Recht
  98. künftig auf die in dem Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichnete Wohnung beziehe.
  99. Dem könne nicht entnommen werden, dass diese Beschränkung erst nach der
  100. Aufteilung des Grundstücks eintreten solle. Für diese Auslegung spreche auch
  101. die tatsächliche Handhabung nach Vertragsschluss, weil die Mieten von 1997
  102. bis 2002 einvernehmlich den Klägern zugeflossen seien. Dem Schriftverkehr
  103. der Parteien vor dem Vertragsschluss sei zu entnehmen, dass von der Beklagtenseite die Mieteinnahmen als wesentliches Argument für die Finanzierung
  104. des Kaufpreises durch die Kläger angesehen worden seien. Dies zeige, dass
  105. auch die Beklagte zu 1 davon ausgegangen sei, dass die Mieteinnahmen den
  106. Klägern zustünden. Aus dem Kaufvertrag lasse sich kein Anspruch der Beklagten zu 1 herleiten, die Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum zu
  107. beanspruchen. Somit scheide ein Zurückbehaltungsrecht für die Beklagte zu 1
  108. bezüglich der Mieten aus. Es sei unerheblich, ob die Parteien übereinstimmend
  109. -6-
  110. von einer alsbaldigen Aufteilung in Wohnungseigentum ausgegangen seien
  111. und ob die Beklagte zu 1 danach einen erstrangigen Nießbrauch habe erhalten
  112. sollen, weil solche Verpflichtungen nicht Gegenstand des Kaufvertrags seien.
  113. 10
  114. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  115. II.
  116. 11
  117. 1. Auf die Revisionsrüge der Beklagten zu 1 unterliegt das Urteil des Berufungsgerichts bereits deshalb der Aufhebung, weil es nicht von allen Richtern
  118. unterschrieben ist, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben.
  119. 12
  120. a) Nach § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Urteil von sämtlichen Richtern
  121. zu unterschreiben, die es gefällt haben. Das waren hier nach der Verlautbarung
  122. am Anfang des Protokolls der mündlichen Verhandlung (vgl. § 309 ZPO) die
  123. Mitglieder des 14. Zivilsenats des Berufungsgerichts, also drei Richter. Das
  124. Protokoll, welches auch das Urteil enthält, ist jedoch nur von dem Senatsvorsitzenden und von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschrieben. Das
  125. reicht für das verfahrensrechtlich einwandfreie Zustandekommen des Urteils
  126. nicht aus (Senat, BGHZ 158, 37, 41).
  127. 13
  128. b) Wird - wie hier - das Urteil verkündet (§ 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO), so
  129. genügt allerdings diese förmliche öffentliche Bekanntgabe (vgl. § 160 Abs. 3
  130. Nr. 7 ZPO), um es auch ohne Unterschrift sämtlicher an der Entscheidungsfindung mitwirkender Richter als endgültigen, verbindlichen hoheitlichen Ausspruch erscheinen zu lassen. Demgemäß ist eine verkündete Gerichtsent-
  131. -7-
  132. scheidung kein Entwurf mehr, sondern auch ohne Unterschrift existent geworden (BGHZ 137, 49, 52).
  133. 14
  134. c) Zuzugeben ist den Klägern, dass fehlende richterliche Unterschriften
  135. mit Wirkung für die Zukunft nachgeholt werden können (BGHZ 137, 49, 53),
  136. und zwar auch noch in der Revisionsinstanz (BGH, Beschl. v. 24. Juni 2003,
  137. VI ZR 309/02, NJW 2003, 3057). Dieser Grundsatz kann aber nicht gelten,
  138. wenn die für die Einlegung eines Rechtsmittels längste Frist von fünf Monaten
  139. nach der Verkündung der Entscheidung (§§ 517, 548 ZPO) abgelaufen ist
  140. (OLG Frankfurt am Main OLGR 1996, 34, 35; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 315
  141. Rdn. 11). Denn mit dieser Fristenregelung wird die Zeit für die nachträgliche
  142. Abfassung, Unterzeichnung und Übergabe an die Geschäftsstelle des bei der
  143. Verkündung noch nicht vollständig abgefassten Urteils begrenzt; darin kommt
  144. die gesetzliche Wertung zum Ausdruck, Fehlerinnerungen der an der Entscheidung beteiligten Richter zu vermeiden und damit zur Rechtssicherheit beizutragen (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschl. v.
  145. 27. April 1993, GmS-OGB 1/92, NJW 1993, 2603, 2604). Dieser Zweck würde
  146. verfehlt, wenn man das Nachholen fehlender Richterunterschriften unter einem
  147. Urteil auch noch nach dem Ablauf der 5-Monats-Frist als zulässig ansähe. Die
  148. Gefahr, dass das richterliche Erinnerungsvermögen im Einzelfall nicht mehr
  149. ausreicht, um durch die Unterschriftsleistung mit Sicherheit zu dokumentieren,
  150. dass der darüber stehende Urteilstext dem Ergebnis der Beratung des Spruchkörpers entspricht, der das Urteil gefällt hat, wird in dem Maß größer, in welchem der Zeitabstand zwischen der Urteilsberatung und der Unterschriftsleistung zunimmt. Deshalb ist es geboten, eine klare und für alle Beteiligten ohne
  151. weiteres erkennbare zeitliche Grenze für das Nachholen fehlender Unterschriften unter gerichtlichen Entscheidungen festzulegen. Hierfür bietet sich allein die
  152. Frist der §§ 517, 548 ZPO an.
  153. -8-
  154. 15
  155. d) Hier können die fehlenden Unterschriften nicht mehr nachgeholt werden, weil seit der Verkündung des Berufungsurteils mehr als fünf Monate verstrichen sind. Das Fehlen der Unterschriften stellt einen absoluten Revisionsgrund nach § 547 Nr. 6 ZPO dar (BGH, Urt. v. 27. Januar 1977, IX ZR 147/72,
  156. NJW 1977, 765; vgl. auch BGHZ 137, 49, 52). Es steht nicht fest, dass die in
  157. das Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht aufgenommenen Entscheidungsgründe für die getroffene Entscheidung maßgebend sind. Das ist hier besonders augenfällig, weil die Unterschriften von zwei
  158. Richtern fehlen, also die Mehrheit des Spruchkörpers das Urteil nicht unterschrieben hat.
  159. 16
  160. e) Somit fehlen die für die revisionsrechtliche Nachprüfung notwendigen
  161. Entscheidungsgründe. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur
  162. Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an
  163. das Berufungsgericht (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
  164. 17
  165. 2. Auf die Begründetheit der weiteren von der Revision gegen die Form
  166. des Berufungsurteils erhobenen Rügen kommt es damit nicht mehr an. Für den
  167. Fall, dass das Berufungsgericht seine neue Entscheidung wiederum als Protokollurteil (§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO) erlassen will, weist der Senat hinsichtlich
  168. der inhaltlichen und formellen Anforderungen an ein solches Urteil auf seine in
  169. BGHZ 158, 37 ff. abgedruckte Entscheidung hin.
  170. III.
  171. 18
  172. Bei der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht in der Sache zu
  173. beachten haben:
  174. -9-
  175. 19
  176. 1. Fehlerhaft ist die Annahme, dass der der Beklagten zu 1 zustehende
  177. Nießbrauch auf eine einzige Wohnung beschränkt sei.
  178. 20
  179. Der Nießbrauch gewährt dem Berechtigten das Recht, alle Nutzungen
  180. der gesamten belasteten Sache zu ziehen (§ 1030 Abs. 1 BGB). Nutzungen
  181. sind nach § 100 BGB die Früchte (§ 99 BGB) und die Vorteile, welche der
  182. Gebrauch der Sache gewährt. Dazu gehören bei dem Grundstücksnießbrauch
  183. auch Mieteinnahmen; sie sind mittelbare Sachfrüchte (§ 99 Abs. 3 BGB). Nach
  184. § 1030 Abs. 2 BGB kann der Nießbrauch allerdings durch den Ausschluss einzelner Nutzungen beschränkt werden. Unzulässig ist es jedoch, bei dem Nießbrauch an einem bebauten Grundstück das Nutzungsziehungsrecht des Nießbrauchers auf einzelne Teile des Gebäudes zu beschränken (RGZ 164, 196,
  185. 199 ff.; BayObLGZ 1979, 361). Deshalb kann die in dem Vertrag vom
  186. 13. November 1997 vereinbarte Beschränkung des Nießbrauchs der Beklagten
  187. zu 1 auf die in dem amtlichen Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichnete Wohnung
  188. erst nach dem Entstehen von Wohnungseigentum und dem Nießbrauch daran
  189. wirksam werden.
  190. 21
  191. 2. Für eine schuldrechtliche Verpflichtung der Beklagten zu 1, vor der
  192. Aufteilung des Gebäudes in Wohnungseigentum die Mieten an die Klägerin
  193. auszukehren, gibt es keine Anhaltspunkte. Die Klausel in § 4 Nr. 5 des Vertrags
  194. vom 13. November 1997 zu den mit der Besitzübergabe verbundenen Wirkungen ist nur eine allgemein übliche Formel, die für den vorliegenden Fall nichts
  195. besagt; denn sie berührt nur das Verhältnis zwischen den Klägern und den
  196. Verkäufern des Grundstücks und steht zudem im Hinblick auf die Belange der
  197. Beklagten zu 1 in Widerspruch zu der vorherigen Regelung über die Aufteilung
  198. des Gebäudes in Wohnungseigentum und über die sich daraus für den Nießbrauch der Beklagten zu 1 ergebenden Folgen. Auch dem von dem Berufungs-
  199. - 10 -
  200. gericht hervorgehobenen Umstand, dass die Mieten von 1997 bis 2002 einvernehmlich an die Kläger gezahlt wurden, lässt sich nichts Zwingendes für eine
  201. solche Verpflichtung der Beklagten zu 1 entnehmen. Denn diese Verfahrensweise kann auch damit zu erklären sein, dass zumindest die Beklagte zu 1 damit gerechnet hat, dass die vorgesehene Aufteilung des Gebäudes in Wohnungseigentum zeitnah vollzogen wird. Dafür, dass sie auf die ihr kraft des
  202. Nießbrauchs zustehenden Mieten verzichten wollte, ist nichts ersichtlich.
  203. 22
  204. 3. Die bisherige Auslegung der Vereinbarung in dem Vertrag vom
  205. 13. September 1997 über das Nießbrauchsrecht der Beklagten zu 1 durch das
  206. Berufungsgericht ist nicht überzeugend, denn sie berücksichtigt nicht hinreichend den anerkannten Grundsatz einer beiderseits interessengerechten Auslegung (vgl. nur Senat, Urt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, WM 2002,
  207. 598, 599 m.w.N.). Interessengerecht ist es nämlich vor allem, den mit dem Abschluss der Vereinbarung beabsichtigten Zustand herzustellen, also der Beklagten zu 1 die Rechte aus dem Nießbrauch an dem gesamten Grundstück so
  208. lange zu erhalten, bis die Kläger die Aufteilung des Gebäudes in Wohnungseigentum entsprechend dem Aufteilungsplan vom 30. Mai 1996 vollzogen haben
  209. und mit dem Nießbrauch für die Beklagte zu 1 nur noch die Wohnung Nr. 1 belastet ist. Dem widerspricht die bisherige Auslegung der Vereinbarung durch
  210. - 11 -
  211. das Berufungsgericht. Sie stellt die Beklagte zu 1 als Nießbraucherin auf unabsehbare Zeit weitgehend rechtlos, weil sie zwar Nießbrauchsberechtigte hinsichtlich des gesamten Grundstücks ist, aber daraus keine Rechte gegenüber
  212. den Mietern herleiten kann; sie hat auch keine Möglichkeit, diesen Zustand zu
  213. beenden.
  214. Krüger
  215. Klein
  216. Schmidt-Räntsch
  217. Lemke
  218. Roth
  219. Vorinstanzen:
  220. LG Kempten, Entscheidung vom 12.12.2003 - 2 O 274/03 OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 21.10.2004 - 14 U 50/04 -