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18 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 215/09
  5. Verkündet am:
  6. 16. Juli 2010
  7. Langendörfer-Kunz,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 1142 Abs. 2
  19. Durch die Aufrechnung mit einer Gegenforderung kann eine Grundschuld nur
  20. abgelöst werden, wenn der Duldungsanspruch durch die Aufrechnung vollständig abgelöst oder der fehlende Betrag zusammen mit der Aufrechnung im Wege
  21. der Zahlung erbracht wird.
  22. BGH, Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 215/09 - OLG Köln
  23. LG Köln
  24. -2-
  25. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  26. vom 16. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
  27. Dr. Klein und Dr. Lemke, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter
  28. Dr. Czub
  29. für Recht erkannt:
  30. Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 4. November 2009 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
  31. Von Rechts wegen
  32. Tatbestand:
  33. 1
  34. Den Eheleuten G.
  35. Grundstück in K.
  36. und D.
  37. P.
  38. gehörte zu gleichen Teilen ein
  39. . Das Grundstück ist mit einem Einfamilienhaus bebaut, in
  40. welchem die Eheleute P.
  41. wohnten. Sie hatten 1976 von der Landes-
  42. bausparkasse D.
  43. (Bausparkasse) ein Darlehen aufgenommen.
  44. Zur Sicherung der Forderung aus dem Darlehensvertrag wurde für die
  45. Bausparkasse eine Briefgrundschuld über 75.000 DM zuzüglich 12 % Zinsen
  46. bestellt. Das Darlehen wurde vollständig zurückgezahlt. 1989 übermittelte die
  47. Bausparkasse den Eheleuten P.
  48. den Grundschuldbrief und die Bewilligung
  49. der Löschung des eingetragenen Rechts. Die Eheleute P.
  50. schung indessen nicht.
  51. betrieben die Lö-
  52. -3-
  53. 2
  54. 1999 wurde die Zwangsversteigerung angeordnet. Das Grundstück wurde am 17. Mai 2000 dem Beklagten zugeschlagen. Nach den Versteigerungsbedingungen war die Grundschuld bestehen geblieben; das von dem Beklagten
  55. entrichtete Bargebot war entsprechend gemindert. Die zwischenzeitlich voneinander geschiedenen Eheleute P.
  56. bewohnten das Gebäude auf dem Grund-
  57. stück zunächst weiter. Der Beklagte erhob deshalb Klage zum Amtsgericht
  58. Bergisch Gladbach mit dem Antrag, G.
  59. und D.
  60. Herausgabe des Grundstücks zu verurteilen. D.
  61. P.
  62. P.
  63. zur Räumung und
  64. machte geltend, im
  65. August 2000 ausgezogen zu sein, und erreichte ein klageabweisendes Urteil.
  66. G.
  67. P.
  68. erkannte die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche an
  69. und wurde gemäß ihrem Anerkenntnis verurteilt. Das Urteil des Amtsgerichts
  70. wurde rechtskräftig.
  71. G.
  72. 3
  73. T.
  74. P.
  75. P.
  76. verstarb im August 2002. Sie wurde von ihrem Sohn
  77. beerbt. Mit Schreiben an D.
  78. und T.
  79. P.
  80. vom
  81. 28. Dezember 2005 erklärte die weiterhin als Gläubigerin eingetragene
  82. Bausparkasse, die Grundschuld und sämtliche Ansprüche aus dieser an D.
  83. und T.
  84. P.
  85. abzutreten.
  86. Mit der am 30. Dezember 2005 eingegangenen Klage hat D.
  87. 4
  88. P.
  89. beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung aus der
  90. Grundschuld wegen der im Zeitraum vom 17. Mai 2000 bis zum 31. Dezember
  91. 2005 fällig gewordenen Zinsen aus der Grundschuld "zum Zwecke der Leistung
  92. ... (an sich) und T.
  93. P.
  94. … gemeinschaftlich in Bruchteilsgemeinschaft"
  95. zu dulden. Während des Rechtsstreits trat T.
  96. Kläger zu 2 bei. D.
  97. P.
  98. P.
  99. dem Verfahren als
  100. verstarb. Über seinen Nachlass wurde ein Insol-
  101. venzverfahren eröffnet, in welchem die Klägerin zu 1 zur Verwalterin ernannt
  102. wurde. Sie setzt in dieser Eigenschaft den Rechtsstreit anstelle von D.
  103. P.
  104. fort.
  105. -4-
  106. 5
  107. Der Beklagte verteidigt sich hilfsweise durch die Aufrechnung mit Zahlungsansprüchen. Er hat Widerklage mit dem Antrag erhoben, festzustellen,
  108. dass er nicht verpflichtet sei, die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld zu
  109. dulden. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
  110. Mit der Berufung hat der Beklagte seine Anträge auf Abweisung der Kla-
  111. 6
  112. ge und Feststellung weiterverfolgt. Die Kläger haben während des Berufungsverfahrens die Grundschuld gekündigt, die Klage erweitert und zuletzt beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld wegen der Hauptforderung und der im Zeitraum vom 17. Mai 2000 bis
  113. zum 31. Dezember 2008 fällig gewordenen Zinsen zu dulden. Das Oberlandesgericht hat die Klage wegen der bis zum 31. Dezember 2001 fällig gewordenen
  114. Zinsen abgewiesen, die weitergehende Berufung zurückgewiesen und den Beklagten entsprechend dem erweiterten Klageantrag verurteilt. Es hat die Wirksamkeit der von dem Beklagten erklärten Aufrechnung verneint und die Revision hierauf beschränkt zugelassen. Mit dieser verfolgt der Beklagte den Antrag
  115. auf vollständige Abweisung der Klage und den zur Widerklage gestellten Antrag
  116. weiter.
  117. Entscheidungsgründe:
  118. I.
  119. 7
  120. Das Berufungsgericht meint, der Beklagte müsse die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld wegen des Nominalbetrags und der im Zeitraum
  121. zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 31. Dezember 2008 fällig gewordenen
  122. Zinsen dulden. D.
  123. P.
  124. habe gemäß §§ 432, 744 Abs. 2 BGB die Klage
  125. ohne Mitwirkung des Klägers zu 2 erheben können. Die Grundschuld sei durch
  126. -5-
  127. die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung nicht abgelöst worden. Weil durch
  128. den Auszug von D.
  129. P.
  130. der Anspruch auf ordnungsgemäße Übergabe
  131. nicht erfüllt worden sei, habe der Beklagte bis zur Herausgabe und Räumung
  132. des Grundstücks durch G.
  133. P.
  134. zwar grundsätzlich auch von D.
  135. P.
  136. Nutzungsentschädigung verlangen können. Den Klägern komme indessen die
  137. Rechtskraft des insoweit unzutreffenden Urteils des Amtsgerichts BergischGladbach zugute, nach dem D.
  138. P.
  139. Räumung und Herausgabe seit dem
  140. 10. August 2000 nicht mehr schulde. Folge hiervon sei, dass D.
  141. P.
  142. dem
  143. Beklagten nur die Vorteile aus der Nutzung des Grundstücks bis zu diesem Tage zu vergüten habe. Damit aber bleibe der Betrag der von dem Beklagten gegen D.
  144. und T.
  145. P.
  146. aufrechenbaren Forderungen auch nach dem
  147. Vortrag des Beklagten hinter dem Nominalbetrag der Grundschuld zurück. Weil
  148. eine Grundschuld nach § 1142 Abs. 2 BGB nur dann durch Aufrechnung mit
  149. einem Zahlungsanspruch abgelöst werden könne, wenn dies zur vollständigen
  150. Befriedigung des Gläubigers führe, habe die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung den von den Klägern geltend gemachten Anspruch nicht berührt.
  151. Der Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen der im Zeit-
  152. 8
  153. raum vom 17. Mai 2000 bis zum 31. Dezember 2001 fällig gewordenen Zinsen
  154. aus der Grundschuld sei verjährt. Die Verhandlungen zwischen dem Beklagten
  155. und D.
  156. P.
  157. hätten die Verjährung nicht hemmen können, weil D.
  158. P.
  159. bis zu der Abtretung keine Ansprüche aus der Grundschuld zugestanden hätten.
  160. II.
  161. 9
  162. Die Revision hat keinen Erfolg.
  163. 10
  164. 1. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision auf die Rechtsverteidigung des Beklagten durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung beschränkt (vgl. BGHZ 177, 108, 110 m.w.N.). Damit hat der Senat davon auszu-
  165. -6-
  166. gehen, dass die Kläger gemeinschaftlich nach Bruchteilen Berechtigte der ihnen abgetretenen Grundschuld sind und D.
  167. P.
  168. nach §§ 744 Abs. 2, 432
  169. BGB berechtigt war, den Anspruch aus der Grundschuld in der Weise geltend
  170. zu machen, wie dies durch die Klage geschehen ist.
  171. 2. Die Aufrechnungserklärung des Beklagten hat nicht zur Ablösung der
  172. 11
  173. Grundschuld geführt, weil die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen
  174. nach dem Vorbringen des Beklagten den hierzu erforderlichen Betrag nicht erreichen.
  175. a) Die Aufrechnung mit Forderungen, deren Erfüllung allein G.
  176. 12
  177. P.
  178. schuldete, ist ungeeignet, die Ablösung der Grundschuld zu bewirken.
  179. Eine Forderung, die einer Mehrzahl von Gläubigern nach Maßgabe von
  180. 13
  181. § 432 BGB zusteht, kann nur durch die Aufrechnung mit einer Forderung erfüllt
  182. werden, für deren Erfüllung sämtliche Gläubiger dem Schuldner haften, weil die
  183. gemeinschaftliche Forderung nicht durch Leistung an einen Mitgläubiger erfüllt
  184. werden kann (BGH, Urt. v. 29. Januar 1969, VIII ZR 20/67, NJW 1969, 839,
  185. 840;
  186. Staudinger/Gursky,
  187. BGB
  188. [2006],
  189. § 387
  190. Rdn. 25;
  191. MünchKomm-
  192. BGB/Bydlinski, 5. Aufl., § 432 Rdn. 9). Entgegen der Meinung der Revision berührt die Aufrechnung des Schuldners mit einer Gegenforderung gegen einen
  193. der Mitgläubiger das Bestehen der Aktivforderung auch im Verhältnis zwischen
  194. diesem Mitgläubiger und dem Schuldner nicht. Die gemeinschaftliche Berechtigung an der Aktivforderung entzieht diese jeder Erfüllung, die nicht allen Mitgläubigern nach Maßgabe von § 432 BGB zugute kommt.
  195. b) Im Ergebnis zu Recht meint das Berufungsgericht auch, dass D.
  196. 14
  197. P.
  198. nicht gemäß § 987 ff BGB verpflichtet war, dem Beklagten Nutzungen zu
  199. erstatten, die nach seinem Auszug aus dem Haus gezogen worden sind oder
  200. gezogen werden konnten.
  201. -7-
  202. 15
  203. Aus dem Zuschlag eines Grundstücks findet nach § 93 Abs. 1 Satz 1
  204. ZVG die Räumungsvollstreckung statt. Aus diesem Grunde war die von dem
  205. Beklagten zum Amtsgericht Bergisch Gladbach erhobene Klage abzuweisen.
  206. Ihr fehlte das zur Zulässigkeit notwendige Rechtsschutzinteresse.
  207. 16
  208. Die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses, von der vorliegend auszugehen ist, steht im Sinne von § 987 BGB dem Eintritt der Rechtshängigkeit des
  209. Herausgabeanspruchs gleich (Senat, Urt. v. 5. März 2010, V ZR 106/09, ZfIR
  210. 2010, 374, 376 m. abl. Anm. Heinemann). Ob, wie das Berufungsgericht meint,
  211. an die Erfüllung des Herausgabeanspruchs des Eigentümers dieselben Anforderungen wie an die Erfüllung des Rückgewähranspruchs des Vermieters zu
  212. stellen sind, begegnet nachhaltigen Zweifeln (verneinend Soergel/Stadler, BGB,
  213. 13. Aufl., § 985 Rdn. 21). Diese können jedoch schon deshalb dahingestellt
  214. bleiben, weil der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB nur gegen den Besitzer
  215. besteht. Der Besitz ist Voraussetzung des Herausgabeanspruchs. Der Besitz
  216. endet nicht erst mit der ordnungsgemäßen Erfüllung des Herausgabeanspruchs, sondern schon dadurch, dass die Einwirkungsmöglichkeit des Besitzers auf die Sache beendet wird. Gibt ein Mitbesitzer seinen Besitz zugunsten
  217. eines anderen Mitbesitzers oder zugunsten eines Dritten auf, wird hierdurch der
  218. Herausgabeanspruch des Eigentümers zwar nicht erfüllt. Gleichwohl fehlt es
  219. fortan an einem Vindikationsverhältnis zwischen dem Eigentümer und demjenigen, der den Besitz aufgegeben hat. So liegt es hier. Dass D.
  220. P.
  221. nach
  222. seinem Auszug aus dem Haus im August 2000 in irgendeiner Weise auf das
  223. Verhalten und das Verbleiben von G.
  224. P.
  225. in dem Haus hätte Einfluss
  226. nehmen können, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
  227. 17
  228. Damit kommt es auf die Frage nicht an, ob die rechtskräftige Verneinung
  229. eines Herausgabeanspruchs aus § 985 BGB die Verneinung von Ansprüchen
  230. nach §§ 987 ff BGB präjudiziert (vgl. zum umgekehrten Fall der Verurteilung zur
  231. -8-
  232. Herausgabe Senat, Urt. v. 20. Februar 1998, V ZR 319/96, NJW 1996, 1709,
  233. 1710, BGH, Urt. v. 3. März 1951, VI ZR 256/52, LM BGB § 987 Nr. 3).
  234. 18
  235. c) Auch soweit der Eigentümer eines Grundstücks von einem Besitzer
  236. nach § 985 BGB Herausgabe verlangen kann, folgt der Anspruch auf Ersatz
  237. von Räumungskosten nicht aus §§ 987 ff BGB. Derartige Kosten können nach
  238. § 812 BGB zu ersetzen sein, soweit die zurückgelassenen Sachen eine Störung
  239. des Eigentums bedeuten, die von dem Besitzer nach § 1004 Abs. 1 BGB zu
  240. beseitigen waren, und der Eigentümer die Störung unter Übernahme der Kosten beseitigt hat. Dass D.
  241. P.
  242. Störer im Sinne dieser Bestimmung war und
  243. irgendwelche Sachen auf dem Grundstück zurückgelassen hätte, wird von dem
  244. Beklagten jedoch nicht behauptet. Dass sich G.
  245. lässt D.
  246. 19
  247. P.
  248. P.
  249. so verhalten hat,
  250. nicht zum Störer werden.
  251. d) Die damit verbleibende Forderung erreicht nach dem Vortrag des Beklagten noch nicht einmal den Nominalbetrag der Grundschuld. Die Aufrechnung mit dieser berührt die Grundschuld nicht.
  252. 20
  253. aa) Der Eigentümer eines mit einer Grundschuld belasteten Grundstücks
  254. schuldet den Grundschuldbetrag und die Zinsen aus der Grundschuld nicht,
  255. sondern ist verpflichtet, wegen der Grundschuld die Zwangsvollstreckung in das
  256. belastete Grundstück zu dulden. Die Verwertung des Grundstücks im Zwangsversteigerungsverfahren führt zur Befriedigung des Grundschuldgläubigers und
  257. zum Erlöschen des Rechts, §§ 1192, 1181 Abs. 1 BGB. Soll die Grundschuld
  258. nicht durch die Verwertung des belasteten Grundstücks, sondern aus dem
  259. sonstigen Vermögen des Eigentümers abgelöst werden, bedarf es hierzu einer
  260. besonderen Regelung. Diese findet sich in § 1142 BGB und ist auf die Grundschuld entsprechend anzuwenden (Senat, BGHZ 108, 372, 379). Die Ablösung
  261. kann nach § 1142 Abs. 1 BGB durch Zahlung erfolgen. § 1142 Abs. 2 zweite
  262. Alt. BGB erweitert die Art der Befugnis des Eigentümers zur Ablösung um die
  263. -9-
  264. Gestattung der Aufrechnung, mithin die Verwendung einer Gegenforderung aus
  265. dem sonstigen Vermögen des Eigentümers zur Ablösung des Duldungsanspruchs (vgl. Hk-BGB/Staudinger, 6. Aufl., § 1142 Rdn. 4; NK-BGB/Zimmer,
  266. 2. Aufl., § 1142 Rdn. 12; Planck/Stecker, BGB, 5. Aufl., § 1142 An. 5c; RGRKBGB/Mattern, 12. Aufl., § 1142 Rdn. 12; Soergel/Konzen, BGB, 13. Aufl.,
  267. § 1142 Rdn. 9).
  268. 21
  269. Die Befugnis zur Ablösung ist jedoch insoweit beschränkt, als die Ablösung nur dann durch Aufrechnung erfolgen kann, wenn die Gegenforderung
  270. des Eigentümers so hoch ist, dass die Aufrechnung mit dieser zur Ablösung der
  271. Grundschuld führt (Senat, aaO; BGH, Urt. v. 11. Mai 2005, IV ZR 279/04, NJW
  272. 2005, 2398; Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl., § 1142 Rdn. 3; PWW/
  273. Waldner, BGB, 5. Aufl., § 1142 Rdn. 3). Eine Befugnis zu Teilleistungen eröffnet
  274. § 1142 Abs. 2 zweite Alt. BGB dem Eigentümer nicht (a.M. RGZ 79, 359;
  275. MünchKomm-BGB/Eickmann, 5. Aufl., § 1145 Rdn. 5; Staudinger/Wolfsteiner,
  276. BGB [2009], § 1142 Rdn. 18).
  277. 22
  278. bb) Die Revision gibt zu einer anderen Entscheidung keinen Anlass. Ein
  279. Gläubiger braucht Teilleistungen grundsätzlich nicht entgegen zu nehmen. Unvollständige Leistungen führen zu Belästigung oder Aufwand des Gläubigers,
  280. vor denen ihn § 266 BGB bewahren soll (Staudinger/Bittner, BGB [2009], § 266
  281. Rdn. 1). Dieser Grundsatz gilt zwar nicht ausnahmslos. So bewirkt die Aufrechnung des Schuldners mit einer Gegenforderung, die niedriger ist als die Forderung des Gläubigers, die Erfüllung der Forderung des Gläubigers im Umfang
  282. der Gegenforderung und bedeutet damit eine Teilleistung auf die Forderung des
  283. Gläubigers. Das hat der Gläubiger hinzunehmen, weil die Aufrechnung sonst
  284. weitgehend ihres Sinnes beraubt würde (MünchKomm-BGB/Krüger, aaO, § 266
  285. Rdn. 8; Staudinger/Bittner, BGB [2009], § 266 Rdn. 21).
  286. - 10 -
  287. 23
  288. Die insoweit anzuerkennende Ausnahme von dem Grundsatz des § 266
  289. BGB gilt aber nur für Forderungen, für die der Schuldner mit seinem gesamten
  290. Vermögen haftet. Der Gläubiger erhält in Höhe der von dem Schuldner zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung Befriedigung. Seine Forderung wird teilweise erfüllt. Nachhaltige Belästigungen oder weitere Maßnahmen sind mit der
  291. durch die Aufrechnung bewirkten teilweisen Befriedigung nicht verbunden. So
  292. verhält es sich jedoch nicht, wenn eine Grundschuld von dem Eigentümer teilweise abgelöst wird. Eine Teilzahlung kann der Gläubiger ablehnen, §§ 1142
  293. Abs. 1, 266 BGB. Das ist insbesondere deswegen von Interesse, weil die teilweise Ablösung nach § 1145 BGB zur Verpflichtung des Gläubigers gegenüber
  294. dem Eigentümer führt, die Teilleistung auf dem Brief zu vermerken und den
  295. Grundschuldbrief einem Notar oder dem Grundbuchamt zur teilweisen Löschung oder zur Bildung eines Teilbriefs zu übergeben. Hiermit ist Aufwand für
  296. den Gläubiger verbunden; obendrein führt die Briefübergabe dazu, dass der
  297. Gläubiger zeitweilig nicht im unmittelbaren Besitz des Briefs und damit zeitweilig an der Verfügung über sein Recht gehindert ist.
  298. 24
  299. Dies wäre nicht anders, wenn § 1142 Abs. 2 zweite Alt. BGB dazu führte,
  300. dass der Gläubiger die teilweise Ablösung seines Rechts im Wege der Aufrechnung seitens des Eigentümers mit einer Forderung hinzunehmen hätte. Die gegenteilige Meinung hätte zur Folge, dass der Gläubiger verpflichtet wäre, nach
  301. dem Belieben des Schuldners bis zur vollständigen Ablösung einer als Briefrecht eingetragenen Belastung nach Maßgabe von § 1145 BGB die jeweils teilweise erfolgte Befriedigung auf dem Brief zu vermerken und diesen jeweils einem Notar oder dem Grundbuchamt zur teilweisen Löschung der Grundschuld
  302. oder zur Herstellung eines Teilbriefs vorzulegen. Bei einem Buchrecht verhält
  303. sich das insoweit nicht anders. Der Gläubiger hätte jeweils die teilweise Löschung des Rechts zu bewilligen, auf dieses zu verzichten oder an dem zum
  304. - 11 -
  305. Nachweis des jeweils teilweise erfolgten Übergangs der Grundschuld auf den
  306. Eigentümer mitzuwirken, vgl. § 1144 BGB.
  307. 25
  308. Das braucht der Inhaber des Rechts nicht hinzunehmen (vgl. RGZ 79,
  309. 359, 361; RGRK-BGB/Mattern, aaO, Rdn. 12; Soergel/Konzen, aaO, Rdn. 9 zur
  310. Aufrechnung des Eigentümers mit einem Teilbetrag einer Forderung). Ein anerkennenswerter Grund dafür, dass der Berechtigte aus einer Grundschuld zwar
  311. das Angebot einer Teilzahlung durch den Schuldner zurückweisen darf, die
  312. nicht zur vollständigen Ablösung seines Rechts führt, eine zu derselben Rechtsfolge führende Aufrechnung durch den Eigentümer des Grundstücks jedoch
  313. hinzunehmen hat, besteht nicht, es sei denn, der zur Ablösung im Wege der
  314. Aufrechnung fehlende Betrag wird zusammen mit der Erklärung der Aufrechnung im Wege der Zahlung von dem Eigentümer erbracht.
  315. III.
  316. 26
  317. Die Widerklage ist unzulässig, soweit der Beklagte die Feststellung erstrebt, nicht verpflichtet zu sein, die Vollstreckung aus der Grundschuld wegen
  318. der Hauptforderung und der im Zeitraum vom 17. Mai 2000 bis zum 31. Dezember 2008 fällig gewordenen Zinsen zu dulden. Insoweit fehlt es offensichtlich an
  319. dem zur Zulässigkeit notwendigen Feststellungsinteresse, weil mit der Entscheidung über die Klage über die Duldungspflicht des Beklagten entschieden
  320. wird. Anders verhält es sich nur, soweit die erstrebte Feststellung die seit dem
  321. 1. Januar 2009 fällig gewordenen Zinsen umfasst. Insoweit ist die Widerklage
  322. zwar zulässig, nach dem Vorstehenden jedoch nicht begründet.
  323. - 12 -
  324. IV.
  325. 27
  326. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
  327. Krüger
  328. Klein
  329. Stresemann
  330. Lemke
  331. Czub
  332. Vorinstanzen:
  333. LG Köln, Entscheidung vom 14.08.2008 - 15 O 750/05 OLG Köln, Entscheidung vom 04.11.2009 - 13 U 146/08 -