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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 149/01
  5. in dem Rechtsstreit
  6. Nachschlagewerk:
  7. Verkündet am:
  8. 17. Mai 2002
  9. Kanik,
  10. Justizamtsinspektorin
  11. als Urkundsbeamtin
  12. der Geschäftsstelle
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 164
  19. Die in einem Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung der Notariatsangestellten
  20. erteilte Vollmacht, zur Durchführung und etwaigen Ergänzung des Vertrags erforderlichen Erklärungen für die Vertragsparteien abzugeben, berechtigt nicht dazu, die
  21. vereinbarte Verpflichtung des Verkäufers zur Verschaffung eines dinglich wirkenden
  22. Sondernutzungsrechts durch die Pflicht zur Verschaffung eines obligatarischen
  23. Sondernutzungsrechts zu ersetzen.
  24. BGH, Urt. v. 17. Mai 2002 - V ZR 149/01 - OLG Celle
  25. LG Bückeburg
  26. -2-
  27. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  28. vom 17. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
  29. Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke
  30. für Recht erkannt:
  31. Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 26. Februar 2001 aufgehoben und das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 20. Juli 2000 abgeändert.
  32. Die Klage ist dem Grunde nach berechtigt.
  33. Der Rechtsstreit wird zur Verhandlung und Entscheidung über die
  34. Höhe des Anspruchs und die Kosten des Revisionsverfahrens an
  35. das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Tatbestand:
  38. Der Beklagte war Eigentümer eines Hausgrundstücks in L.
  39. , das
  40. er 1993 in Wohnungseigentum aufteilte. Hierdurch entstand u.a. der im Wohnungseigentumsgrundbuch
  41. Band
  42. Blatt
  43. des
  44. Amtsgerichts
  45. S.
  46. von
  47. L.
  48. eingetragene Miteigentumsanteil von 22/100 an dem
  49. -3-
  50. Grundstück, der mit dem Sondereigentum an der im Teilungsplan als Nr. 1 bezeichneten Wohnung verbunden ist.
  51. Mit Notarvertrag vom 29. März 1994 verkaufte der Beklagte die Wohnung dem Kläger. Nach § 6 des Vertrages waren sich die Vertragsparteien einig, daß dem Kläger "an dem Wohnraum auf halber Höhe über der von ihm
  52. gekauften Wohnung (im folgenden: Wohnraum) ... ein Sondernutzungsrecht"
  53. zustehen solle. In der Vertragsurkunde bevollmächtigten die Parteien die Notariatsangestellte K.
  54. M.
  55. unter Befreiung von den Beschränkungen des
  56. § 181 BGB, "alle zur Durchführung und etwaigen Ergänzung ... (des) Vertrages
  57. noch erforderlichen Erklärungen für sie abzugeben". Die Auflassung erfolgte in
  58. der Notarverhandlung.
  59. In der Folgezeit beanstandete das Grundbuchamt den von dem Urkundsnotar gestellten Antrag auf Eintragung des Klägers in das Grundbuch,
  60. weil der Wohnraum, zu dessen alleiniger Nutzung der Kläger berechtigt sein
  61. sollte, in der Teilungserklärung nicht dargestellt sei. Der Notar veranlaßte daraufhin Frau M.
  62. , als Bevollmächtigte der Vertragsparteien den Kaufvertrag zu
  63. ändern. Nach der von Frau M.
  64. hierzu am 19. September 1994 in notariell
  65. beurkundeter Form abgegebenen Erklärung soll der Kläger schuldrechtlich zur
  66. alleinigen Nutzung des Wohnraums berechtigt sein. Ein dinglich wirkendes
  67. Sondernutzungsrecht soll erst bei einer späteren Änderung der Teilungserklärung begründet werden.
  68. Bemühungen des Klägers, die Wohnung weiterzuverkaufen, scheiterten
  69. an dem Mangel einer dinglichen Sicherung des Sondernutzungsrechts an dem
  70. Wohnraum. Mit Erklärung vom 24. September 1999 verlangte er von dem Be-
  71. -4-
  72. klagten Verschaffung eines dinglich wirkenden Sondernutzungsrechts, setzte
  73. hierzu eine Frist bis zum 15. Oktober 1999 und erklärte, die Leistung nach
  74. Fristablauf abzulehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags zu verlangen. Die Eintragung des Sondernutzungsrechts in das
  75. Grundbuch unterblieb.
  76. Der Kläger beziffert den ihm durch die Nichterfüllung des Vertrages entstandenen Schaden auf 125.729,54 DM. Mit der Klage verlangt er von dem
  77. Beklagten Erstattung dieses Betrages zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen
  78. Rückauflassung seines Mit- und Sondereigentums. Zur Begründung seines
  79. Antrags auf Abweisung der Klage hat der Beklagte unter anderem die Einrede
  80. der Verjährung erhoben.
  81. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers
  82. ist ohne Erfolg geblieben.
  83. Entscheidungsgründe:
  84. I.
  85. Das Berufungsgericht verneint eine Schadensersatzverpflichtung des
  86. Beklagten. Es meint, nach dem Vertrag vom 29. März 1994 sei der Beklagte
  87. verpflichtet gewesen, dem Kläger ein dinglich wirkendes Sondernutzungsrecht
  88. an dem Wohnraum zu verschaffen. Diese Verpflichtung sei durch die am
  89. 19. September 1994 vereinbarte Änderung des Kaufvertrages aufgehoben
  90. worden. An die Stelle der Verpflichtung des Beklagten zur Verschaffung eines
  91. dinglich wirkenden Rechts sei die Verpflichtung zur Verschaffung einer obliga-
  92. -5-
  93. torisch wirkenden Berechtigung zur alleinigen Nutzung des Wohnraums getreten. Diese Verpflichtung sei erfüllt. Auch wenn zweifelhaft sei, ob die von Frau
  94. M.
  95. erklärte Änderung des Kaufvertrags von der ihr erteilten Vollmacht ge-
  96. deckt gewesen sei, sei die von ihr für die Parteien abgegebene Erklärung wirksam. Eine vollmachtlos für den Kläger abgegebene Erklärung sei von ihm nämlich dadurch genehmigt worden, daß er die Wirksamkeit der Änderung des
  97. Kaufvertrages bis zur Erhebung der Klage nicht bezweifelt habe.
  98. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  99. II.
  100. Nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB findet das Bürgerliche Gesetzbuch in
  101. der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung auf die schuldrechtlichen
  102. Vereinbarungen zwischen den Parteien Anwendung. Gemäß § 326 Abs. 1 BGB
  103. a.F. besteht der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch dem Grunde
  104. nach.
  105. 1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts schuldete der Beklagte dem Kläger die Verschaffung des Rechts zur Nutzung des Wohnraums durch Begründung oder Übertragung eines gegen einen Rechtsnachfolger wirkenden Sondernutzungsrechts. Diese Auslegung von § 6 des Kaufvertrags ist fehlerfrei und
  106. wird von der Revision auch nicht beanstandet. Gemäß § 10 Abs. 2 WEG bedarf
  107. es zum Entstehen eines solchen Rechts der Eintragung in das Grundbuch. Da
  108. diese unterblieb, hat der Beklagte dem Kläger das geschuldete Recht nicht
  109. verschafft.
  110. -6-
  111. a) Der Anspruch des Klägers auf ein dinglich wirkendes Sondernutzungsrecht ist durch die am 19. September 1994 von Frau M.
  112. für die Partei-
  113. en abgegebenen Erklärungen nicht aufgehoben oder abgeändert worden.
  114. Denn die Erklärungen wirken nicht gegen den Kläger (§ 177 Abs. 1 BGB). Die
  115. in der Urkunde vom 29. März 1994 erteilte Vollmacht berechtigte Frau M.
  116. nur zur Vertretung des Klägers, soweit Hindernisse formeller Art, die dem Vollzug des Kaufvertrages entgegenstanden, beseitigt werden sollten, nicht aber
  117. zur Änderung einer Hauptleistungspflicht aus dem Kaufvertrag. Um eine solche
  118. handelt es sich aber hier.
  119. Während das dinglich wirkende Sondernutzungsrecht als Inhalt des
  120. Sondereigentums gegenüber jedem Sonderrechtsnachfolger eines von der
  121. Nutzung ausgeschlossenen Erwerbers wirkt, wird ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht mit einem Eigentümerwechsel hinfällig, wenn der neue Eigentümer die Rechte und Pflichten aus der Begründung des Sondernutzungsrechts nicht mit Zustimmung der übrigen Eigentümer übernimmt (OLG Hamburg
  122. ZMR 2002, 216, 217; OLG Köln DNotZ 2002, 223, 227 m. Anm. Häublein;
  123. Müller, ZMR 2000, 473, 474). Es ist diesem gegenüber nicht durchsetzbar und
  124. verliert damit seinen Ausschließlichkeitscharakter (vgl. Müller ZMR 2000, 473,
  125. 474). Zu einer derartigen Inhaltsänderung des Sondereigentums berechtigte
  126. die der Notariatsangestellten erteilte Vollmacht nicht.
  127. b) Die von Frau M.
  128. für den Kläger am 19. September 1994 voll-
  129. machtlos erklärte Änderung des Vertrages vom 29. März 1994 ist auch nicht
  130. durch Genehmigung wirksam geworden. Die Genehmigung einer von einem
  131. Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegebenen beurkundungsbedürftigen Er-
  132. -7-
  133. klärung bedarf zwar ihrerseits keiner Form (§ 182 Abs. 2 BGB) und kann damit
  134. auch durch konkludentes Handeln erfolgen. An einem solchen Handeln des
  135. Beklagten fehlt es jedoch. Eine Genehmigung vollmachtloser Vertretung durch
  136. konkludentes Handeln des Vertretenen setzt grundsätzlich voraus, daß sich
  137. der Vertretene zumindest der Möglichkeit bewußt ist, durch sein Handeln eine
  138. in seinem Namen abgegebene Erklärung zu genehmigen (st. Rspr., vgl. BGHZ
  139. 2, 150, 153; RGZ 118, 335, 336f, BGH, Urt. v. 18. Februar 1960, VII ZR 21/59,
  140. WM 1960, 611, 612 u. v. 5. März 1986, IVa ZR 141/84, NJW 1986, 2107,
  141. 2108). Daß der Kläger die Unwirksamkeit der in seinem Namen von Frau M.
  142. abgegebenen Erklärungen auch nur in Betracht gezogen haben könnte, hat der
  143. Beklagte nicht behauptet. Nach der vorprozessualen Korrespondenz haben
  144. noch nicht einmal die Rechtsanwälte, die der Kläger mit der Wahrnehmung
  145. seiner Interessen beauftragt hatte, den Mangel der Vertretung des Klägers
  146. beim Abschluß des Änderungsvertrages vom 19. September 1994 erkannt.
  147. Auch bei der Vorbereitung der Eigentümerversammlung vom 10. Februar 1999,
  148. mit der der Kläger einen Rechtsanwalt beauftragt hatte, ist die Unwirksamkeit
  149. der für den Kläger von Frau M.
  150. abgegebenen Erklärungen nicht erkannt
  151. worden. Nach dem Protokoll der Versammlung haben weder der Kläger noch
  152. sein Berater auch nur mit der Möglichkeit der Unwirksamkeit der für ihn von
  153. Frau M.
  154. abgegebenen Erklärungen gerechnet.
  155. Auch wenn man nur auf die objektive Erklärungsbedeutung des Verhaltens des Klägers abstellen wollte, führte dies nicht dazu, daß die von Frau
  156. M.
  157. für den Kläger vollmachtlos abgegebenen Erklärungen genehmigt wor-
  158. den wären. Entscheidend ist dann, ob das Verhalten des Klägers sich aus der
  159. Sicht des Beklagten als eines vernünftigen Dritten redlicherweise als Genehmigung darstellte. Das würde voraussetzen, daß der Beklagte davon ausging
  160. -8-
  161. oder davon ausgehen konnte, die Änderung des Kaufvertrags sei von der Frau
  162. M.
  163. erteilten Vollmacht nicht gedeckt. Das ist nicht der Fall.
  164. c) Der Anspruch auf Verschaffung eines dinglich wirkenden Sondernut-
  165. zungsrechts war bei Ablauf der von dem Kläger zur Erfüllung gesetzten Nachfrist nicht verjährt. Die in der Instanz erhobene Einrede ist unbegründet. Die
  166. Frist für die Verjährung des Anspruchs des Klägers betrug gemäß § 195 BGB
  167. a.F. 30 Jahre. Sie begann mit Abschluß des Kaufvertrags am 29. März 1994
  168. (§ 198 BGB a.F.). Die Aufforderung des Klägers zur Rechtsverschaffung bedeutet eine Mahnung. Die Mahnung konnte mit der Setzung einer Nachfrist zur
  169. Erfüllung verbunden werden (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 10. Januar 1990,
  170. VIII ZR 337/88, NJW-RR 1990, 442, 444; v. 17. Dezember 1996, X ZR 74/95,
  171. NJW-RR 1997, 622; RGZ 50, 255, 262; 93, 180; 106, 89). Die Erfüllungsablehnung erfaßte den Vertrag insgesamt, weil die Wohnung des Klägers aufgrund
  172. der fehlenden dinglichen Sicherung seines Rechts zur Nutzung des Wohnraums einen erheblichen Minderwert aufweist und das Eigentum an der Wohnung ohne ein dinglich wirkendes Sondernutzungsrecht an dem Wohnraum für
  173. den Kläger ohne Interesse ist.
  174. Mit dem Ablauf der vom Kläger gesetzten Frist erlosch sein Erfüllungsanspruch. Der Beklagte schuldet dem Kläger seither Schadensersatz wegen
  175. Nichterfüllung.
  176. d) Auch der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt. Dieser Anspruch entstand aufgrund des Schadensersatzverlangens des Klägers
  177. im Schreiben vom 24. September 1999 mit dem erfolglosen Ablauf der dem
  178. Beklagten zur Erfüllung gesetzten Nachfrist (§ 198 BGB a.F.). Für ihn galt die
  179. -9-
  180. dreißigjährige Verjährung gemäß § 195 BGB a.F.. Diese Frist wurde durch die
  181. Zustellung der Klage am 7. Dezember 1999 unterbrochen. Aufgrund der Änderung der Verjährungsvorschriften beträgt die Verjährungsfrist seit dem
  182. 1. Januar 2002 nur noch drei Jahre (§ 195 BGB); die Unterbrechung der Verjährung durch die Erhebung der Klage ist seit Beginn des 1. Januar 2002 beendet. Die Anhängigkeit des Rechtsstreits führt jedoch dazu, daß der Beginn
  183. der seither geltenden kürzeren Verjährung gehemmt ist (Art. 229 § 6 Abs. 2
  184. EGBGB).
  185. 2. Der Rechtsstreit ist dem Grunde nach zur Entscheidung reif. Zur Höhe
  186. des dem Kläger entstandenen Schadens fehlt es an Feststellungen. Insoweit
  187. besteht Anlaß zu dem Hinweis, daß es dem Beklagten obliegt, die Vorteile, die
  188. der Kläger aus dem Besitz der Wohnung gezogen hat, darzustellen, soweit
  189. diese unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung als anspruchsmindernd Berücksichtigung finden sollen.
  190. Wenzel
  191. Tropf
  192. Klein
  193. Krüger
  194. Lemke