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20 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 118/07
  5. Verkündet am:
  6. 25. Januar 2008
  7. Lesniak,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 196
  19. a) § 196 BGB ist auch auf gesetzliche Ansprüche anwendbar. Dazu gehören Ansprüche aus der Rückabwicklung von (nichtigen) Verträgen.
  20. b) Gesetzliche Ansprüche können im Sinne von § 196 BGB in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zueinander stehen. Das gilt insbesondere für die beiderseitigen
  21. Ansprüche aus der Rückabwicklung eines (nichtigen) Vertrags.
  22. c) Ein Anspruch auf die Gegenleistung unterliegt der Verjährungsfrist des § 196
  23. BGB auch dann, wenn die Leistung nicht erbracht wird.
  24. BGH, Urt. v. 25. Januar 2008 - V ZR 118/07 - OLG Rostock
  25. LG Rostock
  26. -2-
  27. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  28. vom 25. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
  29. Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
  30. für Recht erkannt:
  31. Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 5. April 2007 wird auf Kosten der Beklagten
  32. zurückgewiesen.
  33. Von Rechts wegen
  34. Tatbestand:
  35. 1
  36. Die Klägerin und ihr damaliger Lebensgefährte schlossen am 7. Oktober
  37. 1998 eine als "Verbindliche Reservierungsvereinbarung" bezeichnete privatschriftliche Vereinbarung. Darin sagten die Beklagten der Klägerin und ihrem
  38. damaligen Lebensgefährten gegen Zahlung einer Reservierungspauschale von
  39. 30.000 DM eine verbindliche unwiderrufliche Reservierung für die noch zu vermessende Teilfläche eines näher bezeichneten Grundstücks zu einem näher
  40. bestimmten Preis zu. Die Reservierungspauschale sollte mit der Unterzeichnung der Vereinbarung fällig sein, auf den Grundstückskaufpreis verrechnet
  41. werden und "Bestandteil des Grundstückspreises" sein; die "restliche Kaufsumme" sollte spätestens zehn Tage nach Abschluss des notariellen Kaufvertrags fällig werden. Die Reservierung sollte einem Vorkaufsrecht gleichgestellt
  42. -3-
  43. sein. Die Klägerin und ihr Lebensgefährte zahlten sogleich die 30.000 DM. Zu
  44. dem Erwerb des Grundstücks kam es nicht.
  45. 2
  46. Im Sommer 2004 stellte die Klägerin fest, dass die Beklagten das reservierte Grundstück ohne Wissen der Klägerin (oder ihres früheren Lebensgefährten) teilweise anderweitig verkauft hatten. Sie verlangt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Lebensgefährten Rückzahlung der Reservierungspauschale. Die Beklagten berufen sich auf Verjährung.
  47. 3
  48. Das Landgericht hat der am 11. Februar 2005 eingegangenen Klage
  49. stattgegeben. Die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Rückzahlung der Reservierungspauschale hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen (ZGS 2007, 272). Dagegen richtet sich die von dem Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit welcher sie weiterhin eine Abweisung
  50. der Klage erreichen möchten. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des
  51. Rechtsmittels.
  52. Entscheidungsgründe:
  53. I.
  54. 4
  55. Das Berufungsgericht hält die Klage für begründet. Die überwiegenden
  56. Gründe sprächen zwar dafür, dass die Reservierungsvereinbarung unwirksam
  57. sei, weil sie nach § 313 BGB a. F. notariell habe beurkundet werden müssen.
  58. Das könne aber offen bleiben. Sei die Vereinbarung wirksam, folge der Anspruch aus verschuldeter Unmöglichkeit gemäß §§ 325 Abs. 1 Satz 3, 323
  59. Abs. 3 BGB a. F. i. V. m. §§ 812, 818 BGB. Die Beklagten hätten nicht dargelegt, dass sie nach deren Verkauf noch in der Lage seien, der Klägerin und ihrem Lebensgefährten die reservierte Teilfläche zu verschaffen. Dieser Anspruch
  60. -4-
  61. sei erst 2004 entstanden, seine Verjährung durch die Klage rechtzeitig gehemmt worden. Sei der Vertrag aber formnichtig, folge der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Er sei dann zwar mit der Zahlung der Reservierungspauschale entstanden, aber ebenfalls nicht verjährt. Der Anspruch unterliege nämlich nicht der regelmäßigen Verjährung nach §§ 195, 199 BGB, sondern der Sonderverjährung nach § 196 BGB, weil es sich bei diesem um einen
  62. Anspruch auf die Gegenleistung für die Übertragung des Rechts an einem
  63. Grundstück handele.
  64. II.
  65. 5
  66. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung stand. Die Klage ist
  67. begründet.
  68. 6
  69. 1. Ein vertraglicher Anspruch auf Ersatz der Reservierungspauschale
  70. stehen der Klägerin und ihrem früheren Lebensgefährten allerdings nicht zu,
  71. weil die Reservierungsvereinbarung nicht, wie geboten, notariell beurkundet
  72. worden und deshalb nach § 125 Satz 1 BGB nichtig ist.
  73. 7
  74. a) Nach dem hier gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB noch anwendbaren
  75. § 313 Satz 1 BGB a. F. (jetzt: § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) bedarf ein Vertrag der
  76. notariellen Beurkundung, wenn er die Verpflichtung einer Vertragspartei enthält,
  77. das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben. Eine solche Verpflichtung muss nicht darauf gerichtet sein, das Grundeigentum sogleich
  78. zu veräußern oder zu erwerben (Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 311b
  79. Rdn. 11). Auch eine bedingte Verpflichtung genügt (Senat, BGHZ 57, 394, 396;
  80. OLG Celle NJW 1977, 52; Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB, 2. Aufl., § 311b
  81. Rdn. 13). Beurkundungspflichtig ist deshalb auch ein Vorvertrag, wenn er eine
  82. Partei bereits verpflichtet (Senat, BGHZ 82, 398, 403; 97, 147, 153 f.;
  83. PWW/Medicus, BGB, 2. Aufl., § 311b Rdn. 4). Das gleiche gilt für einen Vertrag,
  84. -5-
  85. mit dem ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden soll (Senat, Urt. v. 17. Mai 1967,
  86. V ZR 96/64, DNotZ 1968, 93; BGH, Urt. v. 7. November 1990, XII ZR 11/89,
  87. NJW-RR 1991, 205, 206; RGZ 72, 385, 392 f.; 110, 327, 333; 148, 105, 108;
  88. Erman/Grziwotz, BGB, 11. Aufl., § 311b Rdn. 42). Die Verpflichtung muss auch
  89. nicht unmittelbar auf die Veräußerung oder den Erwerb von Grundeigentum
  90. gerichtet sein. Es reicht vielmehr aus, wenn der Vertrag Regelungen enthält,
  91. welche an die Nichtveräußerung oder den Nichterwerb des Grundeigentums
  92. wesentliche wirtschaftliche Nachteile knüpfen, die mittelbar zur Veräußerung
  93. oder zum Erwerb des Grundeigentums zwingen (BGHZ 76, 43, 47; BGH, Urt. v.
  94. 1. Juli 1970, IV ZR 1178/68, NJW 1970, 1915, 1916; Urt. v. 19. September
  95. 1989, XI ZR 10/89, NJW 1990, 390, 391; Palandt/Grüneberg, aaO, § 311b
  96. Rdn.13; PWW/Medicus, aaO, § 311b Rdn. 5).
  97. 8
  98. b) Ob die Reservierungsvereinbarung eine unmittelbare oder mittelbare
  99. Veräußerungs- oder Erwerbsverpflichtung enthält, hat das Berufungsgericht
  100. offen gelassen. Die dazu erforderliche Auslegung der Vereinbarung kann der
  101. Senat nachholen, da das Berufungsgericht die notwendigen Feststellungen getroffen hat und zusätzliche Erkenntnisse nicht zu erwarten sind. Sie ergibt, wozu
  102. auch das Berufungsgericht neigt, dass die Vereinbarung sowohl eine Veräußerungspflicht der Beklagten als auch eine Erwerbspflicht der Erwerber enthält,
  103. die sie nach § 313 BGB a. F. beurkundungspflichtig machen.
  104. 9
  105. c) In der Reservierungsvereinbarung haben sich die Beklagten zwar nicht
  106. unmittelbar dazu verpflichtet, den Erwerbern das Eigentum an der reservierten
  107. Teilfläche zu übertragen. Der Revisionserwiderung ist auch zuzugeben, dass
  108. die Verpflichtung, ein Grundstück keinem anderen als dem Versprechensempfänger zu veräußern, nicht nach § 313 Satz 1 BGB a. F. (oder § 311b Abs. 1
  109. Satz 1 BGB) beurkundungspflichtig ist (Senat, BGHZ 31, 13, 19; BGHZ 103,
  110. 235, 238; Senat, Urt. v. 20. März 1963, V ZR 89/62, NJW 1963, 1602, 1603;
  111. -6-
  112. Erman/Grziwotz, aaO, § 311b Rdn. 8). Dabei sind die Parteien aber nicht stehen geblieben. Sie haben die Reservierung nicht befristet und die reservierte
  113. Teilfläche sowie Umfang und Fälligkeit des Kaufpreises festgelegt. Die angestrebte "verbindliche Reservierung" ließ sich auch nur erreichen, wenn die Beklagten auf Verlangen der Klägerin zur Veräußerung der Teilfläche verpflichtet
  114. waren. Diesen Gestaltungswillen haben sie sinnfällig damit beschrieben, dass
  115. die Reservierung die "Wirkungen eines Vorkaufsrechts" haben sollte. Auch
  116. wenn sie hiermit nicht die Einräumung eines Vorkaufsrechts im technischen
  117. Sinne angestrebt haben sollten, wie die Revisionserwiderung meint, so haben
  118. sie doch eine, wenn auch durch das Kaufverlangen der Erwerber bedingte,
  119. Verpflichtung der Beklagten zur Veräußerung der reservierten Teilfläche vereinbart.
  120. 10
  121. d) Ob die Vereinbarung auch deshalb der Beurkundung bedurfte, weil sie
  122. die Klägerin wirtschaftlich zum späteren Erwerb zwang und deshalb eine mittelbare Erwerbsverpflichtung enthielt, bedarf keiner Entscheidung.
  123. 11
  124. e) Die Reservierungsvereinbarung verstößt gegen § 313 Satz 1 BGB a.F.
  125. und ist deshalb nach § 125 Satz 1 BGB nichtig. Anhaltspunkte dafür, dass diese
  126. Folge für die Klägerin oder ihren früheren Lebensgefährten schlechthin unerträglich wäre (zu diesem Erfordernis: Senat, Urt. v. 16. Juli 2004, V ZR 222/03,
  127. NJW 2004, 3330, 3331) und den Beklagten deshalb die Berufung auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung versagt sein könnte, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
  128. 12
  129. 2. Die Beklagten sind der Klägerin aber aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 1 und 2 BGB zur Herausgabe der Reservierungspauschale verpflichtet.
  130. -7-
  131. 13
  132. a) Die Klägerin hat die Reservierungspauschale nämlich ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Reservierungsvereinbarung Grundlage der Zahlung war
  133. und die Vereinbarung unwirksam ist. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass
  134. sie dabei gewusst hat, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein, und ihr Anspruch
  135. deshalb an § 814 BGB scheitern könnte, haben die Beklagten nicht vorgetragen. Die Klägerin mag aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit Erfahrung mit Reservierungsvereinbarungen und auch Kenntnis der Umstände gehabt haben, aus
  136. denen sich die Formnichtigkeit der vorliegenden Reservierungsvereinbarung
  137. ergibt. Ein Bereicherungsanspruch ist nach § 814 BGB nur ausgeschlossen,
  138. wenn der Bereicherungsgläubiger positive Kenntnis von der Nichtschuld hat,
  139. aus den ihm möglicherweise bekannten Umstände mithin im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre auch die richtigen Schlüsse gezogen hat
  140. (BGH, Urt. v. 7. Mai 1997, IV ZR 35/96, NJW 1997, 2381, 2382; v. 20. Juli
  141. 2005, VIII ZR 199/04, NJW-RR 2005, 1464, 1466; BAG NZA 2005, 814, 816).
  142. Das hat die Klägerin bestritten. Die Revision verweist nicht auf Vortrag der Beklagten, aus dem sich das Gegenteil ergibt.
  143. 14
  144. b) Einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten steht auch nicht entgegen,
  145. dass sie diese teilweise für die Renovierung ihres Hauses verbraucht haben.
  146. Sie haben damit nämlich die Aufwendung entsprechender eigener Mittel erspart
  147. und bleiben deshalb bereichert. Sie haben nach § 818 Abs. 2 BGB hierfür in
  148. entsprechendem Umfang Ersatz in Geld zu leisten.
  149. 15
  150. c) Der Anspruch ist auch nicht verjährt.
  151. 16
  152. aa) Seine Verjährung richtet sich gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1
  153. EGBGB nach dem vom 1. Januar 2002 an geltenden Recht, weil er vor diesem
  154. Tag entstanden, aber noch nicht verjährt war. Er unterliegt nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB, sondern, wie das Berufungsgericht im
  155. -8-
  156. Ergebnis zutreffend entschieden hat, der - bei Klageeinreichung noch nicht abgelaufenen - besonderen Verjährungsfrist von zehn Jahren nach § 196 BGB.
  157. 17
  158. bb) Nach § 196 BGB verjähren in zehn Jahren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung
  159. des Inhalts eines solchen Rechts, also nach § 873 BGB zu erfüllende Ansprüche, sowie Ansprüche auf die Gegenleistung. Auf einen Anspruch auf Herausgabe einer ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlung, um den es hier geht, ist diese Regelung deshalb nur anwendbar, wenn die rückabzuwickelnde Zahlung als
  160. Gegenleistung für einen Vertrag über ein Recht an einem Grundstück zu qualifizieren ist.
  161. 18
  162. cc) Eine solche Einordnung des Anspruchs der Klägerin scheitert nicht
  163. daran, dass er der Rückabwicklung einer gescheiterten Vereinbarung dient.
  164. 19
  165. (1) Ob die Vorschrift auch Rückabwicklungsansprüche erfasst, ist allerdings umstritten. Nach herrschender Ansicht erfasst § 196 BGB nicht nur vertragliche Ansprüche, die nach § 873 BGB zu erfüllen sind, sondern auch gesetzliche und diese auch dann, wenn es sich um Sekundäransprüche handelt
  166. (Erman/Schmidt-Räntsch, aaO, § 196 Rdn. 4; Palandt/Heinrichs, aaO, § 196
  167. Rdn. 5; PWW/Kesseler, aaO, § 196 Rdn. 3; MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl.,
  168. § 196 Rdn. 5; Staudinger/Peters, BGB [2003], § 196 Rdn. 9). Teilweise wird
  169. demgegenüber die Ansicht vertreten, Ansprüche auf Rückabwicklung von Verträgen seien hiervon auszunehmen, weil die Schwierigkeiten beim Vollzug solcher Ansprüche, die Anlass für die Regelung gegeben hätten, hier nicht bestünden (LG Rottweil, NJW-RR 2007, 452, 453; AnwK/Mansel/Stürner, aaO,
  170. § 196 Rdn. 29; Bamberger/Roth/Henrich, § 196 Rdn. 3). Träfe das zu, wäre
  171. nicht nur die Rückabwicklung der Verfügung über das Grundstück aus dem
  172. -9-
  173. Anwendungsbereich des § 196 BGB ausgenommen, sondern auch die Rückabwicklung der geleisteten Zahlung. Diese könnte dann nämlich keine Gegenleistung sein.
  174. 20
  175. (2) Dem folgt der Senat nicht. Die Vorschrift stellt allein auf den Inhalt,
  176. nicht aber auf den Grund des Anspruchs ab. Sie geht damit auch nicht über das
  177. angestrebte Ziel hinaus. Mit der Sonderverjährung für die beschriebenen Ansprüche hat der Gesetzgeber nach den Materialien den Besonderheiten dieser
  178. Ansprüche Rechnung tragen wollen. Diese Besonderheiten hat der Gesetzgeber nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 14/6040 S. 105) vor
  179. allem darin gesehen, dass die Erfüllung von Ansprüchen über Rechte an
  180. Grundstücken nicht allein von dem Schuldner, sondern von der Mitwirkung
  181. staatlicher Stellen abhängt. Verfügungen über ein Grundstück oder ein Recht
  182. an einem Grundstück setzten deren Eintragung in das Grundbuch voraus. Diese könne sich verzögern, auch wenn der Schuldner alles seinerseits Erforderliche veranlasst habe. Es könne eine Teilungsvermessung erforderlich, aber
  183. nicht schnell zu erreichen sein. Die Erteilung der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung könne sich in die Länge ziehen. Nicht zuletzt brauche das
  184. Grundbuchamt selbst Zeit zur Prüfung. Darin unterscheiden sich Rückabwicklungsansprüche nicht substantiell von Erfüllungsansprüchen. Zwar mag sich
  185. das Verzögerungspotential bei Vermessung und steuerlicher Prüfung verringern, etwa weil das zu teilende Grundstück bereits geteilt und bei der Rückabwicklung eines Vertrags Grunderwerbsteuer nicht zu zahlen ist. Es können sich
  186. aber neue Verzögerungsgefahren etwa daraus ergeben, dass das zurückzuübertragende Grundstück mit anderen Grundstücken verschmolzen worden und
  187. erneut zu teilen oder dass es lastenfrei zu machen ist. Vor allem aber ändert
  188. sich nichts daran, dass auch die Rückabwicklung eines Grundstücksgeschäfts
  189. im Grundbuch zu vollziehen ist und sich der Grundbuchvollzug verzögern kann.
  190. Das entzieht einer teleologischen Reduktion der Vorschrift den Boden.
  191. - 10 -
  192. 21
  193. dd) Die Anwendung des § 196 BGB auf einen Bereichungsanspruch
  194. scheitert auch nicht daran, dass bei einem solchen Anspruch ein Gegenseitigkeitsverhältnis nicht besteht. Zur Beschreibung eines "Anspruchs auf die Gegenleistung" wird zwar teilweise auf den dem Vertragsrecht entlehnten Begriff
  195. des Synallagma Bezug genommen (Bamberger/Roth/Henrich, aaO, § 196
  196. Rdn. 11; Erman/Schmidt-Räntsch, aaO, § 196 Rdn. 5; PWW/Kesseler, aaO,
  197. § 196 Rdn. 6; im Ansatz auch MünchKomm-BGB/Grothe, aaO, § 196 Rdn. 7).
  198. Die Wechselbezüglichkeit der Ansprüche, die damit angesprochen wird, ist
  199. aber nicht auf vertragliche Ansprüche begrenzt. Sie kann auch bei gesetzlichen
  200. Ansprüchen vorliegen. Deshalb ist etwa anerkannt, dass § 196 BGB auch auf
  201. die Rückabwicklungsansprüche aus einem nichtigen Grundstückskaufvertrag
  202. anwendbar ist (Staudinger/Peters, aaO, § 196 Rdn. 11; im Ergebnis auch
  203. MünchKomm-BGB/Grothe aaO).
  204. 22
  205. ee) Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
  206. 23
  207. (1) Die gescheiterte Reservierungsvereinbarung enthielt die Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an der reservierten Teilfläche. Die Beklagten haben sich darin zwar nicht unmittelbar zur Übertragung des Eigentums an
  208. der Teilfläche verpflichtet. Es mag auch zweifelhaft sein, ob sie der Klägerin ein
  209. Vorkaufsrecht eingeräumt haben. Sie haben ihr aber jedenfalls ein Erwerbsrecht eingeräumt. Das wiederum setzt, wie oben dargelegt, eine durch das Ankaufverlangen der Klägerin und den Abschluss des Kaufvertrags bedingte Verpflichtung der Beklagten zur Veräußerung der Teilfläche voraus. Eine solche
  210. bedingte Verpflichtung reicht, wie bei § 313 Satz 1 a. F. BGB (= § 311b Abs. 1
  211. Satz 1 BGB) auch bei § 196 BGB aus.
  212. 24
  213. (2) Unerheblich ist auch, dass es nicht zu der beabsichtigten Rechtsänderung an der Teilfläche, sondern lediglich zur Zahlung der Reservierungspau-
  214. - 11 -
  215. schale gekommen ist. Die Vorschrift sieht eine solche Einschränkung nicht vor
  216. und begnügt sich damit, dass der Anspruch in einem Gegenseitigkeitsverhältnis
  217. zu einem Anspruch auf, soweit hier von Bedeutung, Übertragung des Eigentums an einem Grundstück steht. Dem entspricht es, dass die Verjährungsfrist
  218. für den Übertragungsanspruch nicht davon abhängt, dass es eine Gegenleistung gibt (Erman/Schmidt-Räntsch, aaO, § 196 Rdn. 6). Nur dieses Verständnis
  219. entspricht dem Zweck der Einbeziehung von Ansprüchen auf die Gegenleistung
  220. in die Vorschrift. Bei diesem Anspruch ergeben sich zwar die Schwierigkeiten
  221. nicht, die den Gesetzgeber zur Einführung der Sonderverjährung veranlasst
  222. haben. Ohne die Einbeziehung der Ansprüche auf die Gegenleistung in die
  223. Vorschrift hätten sich jedoch unterschiedliche Verjährungsfristen regelmäßig
  224. wechselbezüglicher Ansprüche ergeben, was wiederum das Synallagma gestört
  225. hätte. Das wollte der Gesetzgeber mit der Einbeziehung auch dieser Ansprüche
  226. vermeiden (Beschlussempfehlung der Ausschüsse in BT-Drucks. 14/7052 S.
  227. 179). Dann aber kann es nur darauf ankommen, ob die Ansprüche in einem
  228. Gegenseitigkeitsverhältnis stehen.
  229. 25
  230. (3) Ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis liegt hier vor.
  231. 26
  232. a) Aus dem Inhalt des Anspruchs selbst lässt es sich allerdings nicht ableiten, weil dieser als Bereicherungsanspruch für sich genommen nicht aussagekräftig ist. Ein Gegenseitigkeitsverhältnis kann sich aber auch aus dem Anlass und dem Zusammenhang ergeben, in dem die rechtsgrundlose Leistung
  233. erbracht wurde. Dazu gehört bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung
  234. der (gescheiterte) Vertrag, aufgrund dessen die darin vorgesehenen Leistungen
  235. erbracht wurden, die rückabgewickelt werden sollen. Anders ließe sich, wie von
  236. dem Gesetzgeber angestrebt, nicht erreichen, dass die Ansprüche beider Parteien einer gleich langen Verjährungsfrist unterliegen. Denn der Anspruch auf
  237. Rückabwicklung der Verfügung unterläge einer Verjährungsfrist von zehn Jah-
  238. - 12 -
  239. ren, der Anspruch auf Rückabwicklung der Zahlung dagegen, anders als der
  240. Zahlungsanspruch aus dem vorgesehenen Vertrag bei dessen Wirksamkeit, der
  241. regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Für einen solchen Unterschied
  242. gibt es nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers für eine "verjährungsrechtliche Waffengleichheit" keinen Grund.
  243. 27
  244. b) Nach der Reservierungsvereinbarung sollte die Reservierungspauschale nicht nur für das bloße Stillhalten der Beklagten gezahlt werden. Dagegen spricht schon ihre Höhe; die Pauschale macht etwa ein Drittel des vorgesehenen Kaufpreises aus. Sie war vielmehr für das Erwerbsrecht und damit
  245. gerade auch für die vorgesehene bedingte Verpflichtung der Beklagten gezahlt
  246. worden, der Klägerin auf Verlangen das Eigentum an der reservierten Teilfläche
  247. zu übertragen. Nur so ist es zu erklären, dass die Pauschale auf den nach Vertragsschluss zu zahlenden Kaufpreis angerechnet werden sollte. Sie war damit
  248. als Gegenleistung für die Übertragung des Eigentums gedacht. Daran ändert
  249. das Scheitern der Vereinbarung nichts. Das Gegenseitigkeitsverhältnis setzt
  250. sich vielmehr bei ihrer Rückabwicklung fort.
  251. - 13 -
  252. III.
  253. 28
  254. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
  255. Krüger
  256. Klein
  257. Schmidt-Räntsch
  258. Lemke
  259. Roth
  260. Vorinstanzen:
  261. LG Rostock, Entscheidung vom 11.08.2006 - 10 O 55/05 OLG Rostock, Entscheidung vom 05.04.2007 - 7 U 126/06 -