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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. V ZB 33/13
  4. vom
  5. 30. Oktober 2013
  6. in der Abschiebungshaftsache
  7. -2-
  8. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Oktober 2013 durch die
  9. Vorsitzende
  10. Richterin
  11. Dr. Stresemann,
  12. die
  13. Richter
  14. Dr. Lemke,
  15. Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner
  16. beschlossen:
  17. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass
  18. der Beschluss des Amtsgerichts Gotha vom 11. Januar 2013 und
  19. der Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 20. März 2013 ihn in
  20. seinen Rechten verletzt haben.
  21. Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur
  22. zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen
  23. des Betroffenen in allen Instanzen werden dem Landkreis Gotha
  24. auferlegt.
  25. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
  26. 3.000 €.
  27. Gründe:
  28. I.
  29. 1
  30. Der Betroffene, ein armenischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen
  31. Angaben erstmals am 9. Mai 2000 gemeinsam mit seiner Ehefrau in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ein Asylantrag wurde rechtskräftig zurückgewiesen. Eine Abschiebung scheiterte an fehlenden Passersatzpapieren. Seit dem
  32. -3-
  33. 2. September 2006 war der beteiligten Behörde der Aufenthalt des Betroffenen
  34. nicht bekannt.
  35. 2
  36. Auf Antrag der beteiligten Behörde vom 10. Januar 2013 hat das Amtsgericht - nach Anhörung des Betroffenen - an demselben Tag die Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen bis zum 10. April 2013 angeordnet.
  37. Die Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 20. März 2013 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der
  38. er nach dem Ablauf der Haftzeit die Feststellung erreichen will, dass die
  39. Haftanordnung und die Aufrechterhaltung der Haft ihn in seinen Rechten verletzt haben.
  40. II.
  41. 3
  42. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts hat das Amtsgericht zutreffend
  43. die Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungshaft bejaht. Dass der
  44. Betroffene sich der Abschiebung nicht habe entziehen wollen, habe er nicht
  45. glaubhaft gemacht, ebenso nicht, dass er im Jahr 2006 freiwillig nach Armenien
  46. ausgereist sei. Ein geeignetes milderes Mittel als die Haftanordnung habe nicht
  47. zur Verfügung gestanden. Die Stellung des Asylfolgeantrags habe der Haftanordnung nicht entgegengestanden. Die Haftdauer sei auch verhältnismäßig gewesen.
  48. III.
  49. 4
  50. Die nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthafte (siehe nur Senat, Beschluss vom
  51. 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150, 151 Rn. 9) und auch sonst
  52. zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Betroffene ist
  53. -4-
  54. durch die Haftanordnung und ihre Aufrechterhaltung in seinen Rechten verletzt
  55. worden.
  56. 5
  57. 1. Die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung ergibt sich bereits daraus,
  58. dass der Haftantrag dem Betroffenen nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht
  59. worden ist (§ 23 Abs. 2 FamFG). Denn diesem muss vor der Anhörung durch
  60. den Haftrichter eine Ablichtung des Antrags ausgehändigt und erforderlichenfalls (mündlich) übersetzt werden; dies muss in dem Anhörungsprotokoll oder
  61. an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (st. Rspr., siehe
  62. nur Senat, Beschluss vom 14. Juni 2012 - V ZB 284/11, InfAuslR 2012, 369
  63. Rn. 9 mwN). Hieran fehlte es. Nach dem Protokoll über die Anhörung wurde der
  64. Haftantrag dem Betroffenen lediglich bekannt gegeben.
  65. 6
  66. 2. Die Haftanordnung und die Aufrechterhaltung der Haft durch das Beschwerdegericht waren rechtswidrig, weil der Betroffene weder vom Amtsgericht noch von dem Beschwerdegericht über seine Rechte nach Art. 36 Abs. 1
  67. Buchst. b WÜK belehrt worden ist. Dies stellt einen grundlegenden Verfahrensmangel dar (Senat, Beschluss vom 18. November 2010 - V ZB 165/10,
  68. FGPrax 2011, 99 Rn. 4).
  69. 7
  70. 3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
  71. IV.
  72. 8
  73. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83
  74. Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog.
  75. -5-
  76. 9
  77. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO
  78. i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
  79. Stresemann
  80. Lemke
  81. Roth
  82. Schmidt-Räntsch
  83. Brückner
  84. Vorinstanzen:
  85. AG Gotha, Entscheidung vom 11.01.2013 - 15 XIV 2/13 B LG Erfurt, Entscheidung vom 20.03.2013 - 3 T 24/13 -