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5.4 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. V ZB 226/09
  4. vom
  5. 23. April 2010
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
  9. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
  10. beschlossen:
  11. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der
  12. 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 27. Oktober 2009
  13. (4 S 216/09) wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
  14. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
  15. 1.322,85 €.
  16. Gründe:
  17. I.
  18. 1
  19. Das Amtsgericht hat die Beklagte durch ein ihren Prozessbevollmächtigten erster Instanz am 25. Mai 2009 zugestelltes Urteil verurteilt, an die Klägerin
  20. 1.322,85 € rückständiges Hausgeld nebst Zinsen zu zahlen. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte zunächst mit einem am 25. Juni 2009 eingegangenen
  21. Schriftsatz bei dem unzuständigen Landgericht Oldenburg und sodann mit einem am 10. Juli 2009 eingegangenen Schriftsatz bei dem zuständigen Landgericht Aurich Berufung eingelegt. Sie hat die zweite Berufung mit einem Antrag
  22. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist verbunden und dazu vorgetragen, ihre Prozessbevollmächtigten hät-
  23. -3-
  24. ten von der abweichenden Regelung der Berufungszuständigkeit in den Wohnungseigentumssachen für den Oberlandesgerichtsbezirk Oldenburg nichts
  25. gewusst und auch nichts wissen müssen. Das Landgericht hat den Antrag auf
  26. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als
  27. unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.
  28. II.
  29. 2
  30. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
  31. 3
  32. 1. Sie ist zwar nach §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO
  33. von Gesetzes wegen statthaft. Zulässig ist sie aber nach § 574 Abs. 2 ZPO nur,
  34. wenn auch die dort bestimmten weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Das
  35. ist nicht der Fall.
  36. 4
  37. 2. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1
  38. ZPO). Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), und zwar auch nicht deshalb (dazu: Senat,
  39. BGHZ 151, 221, 227; Beschl. v. 23. Oktober 2003, V ZB 28/03, NJW 2004, 367,
  40. 368; Beschl. v. 13. Mai 2004, V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217), weil die Anforderungen, die das Berufungsgericht stellt, überzogen wären und der Beklagten
  41. den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschwerten (vgl.
  42. dazu: BVerfGE 40, 88, 91; 67, 208, 212 f.; BVerfG NJW 1996, 2857; 2000,
  43. 1636; 2001, 1566; FamRZ 2002, 533; Senat, Beschl. v. 23. Oktober 2003, V ZB
  44. 28/03, NJW 2004, 367, 368).
  45. -4-
  46. 5
  47. a) Die Beklagte hat die Berufungsfrist versäumt, weil ihre Prozessbevollmächtigten die Berufungsschrift am Abend des letzten Tags der Frist und
  48. damit zu einem Zeitpunkt bei dem unzuständigen Landgericht Oldenburg eingereicht haben, zu dem mit einer fristgerechten Weiterleitung an das zuständige
  49. Landgericht Aurich im normalen Geschäftsgang (zu diesem Erfordernis: BGH,
  50. Beschl. v. 27. Juli 2000, III ZB 28/00, NJW-RR 2000, 1730, 1731) nicht mehr zu
  51. rechnen war. Die Zulässigkeit der Berufung hing deshalb entscheidend davon
  52. ab, ob die Berufungsfrist durch fristgerechte Einreichung bei dem unzuständigen Landgericht Oldenburg gewahrt werden konnte und verneinendenfalls, ob
  53. der Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung
  54. der Berufungsfrist zu gewähren war. Beides hat das Berufungsgericht verneint.
  55. 6
  56. b) Das entspricht in der Sache der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die weder fortzubilden noch zu ergänzen ist und auch die Anforderungen
  57. an die Einlegung von Rechtsmitteln nicht überspannt.
  58. 7
  59. aa) Die Entscheidung des Berufungsgerichts enthält zwar keine Darstellung des Sachverhalts, die sie allerdings, was der Rechtsbeschwerde zuzugeben ist, enthalten muss. Hier hindert das Fehlen einer Sachdarstellung
  60. aber eine Entscheidung über die Rechtsbeschwerde (nur deshalb) nicht, weil
  61. den Gründen der angefochtenen Entscheidung mit gerade noch ausreichender
  62. Deutlichkeit zu entnehmen ist, dass es sich um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit handelt und die Beklagte die Berufung innerhalb der Frist nicht
  63. bei dem nach § 2a nds. ZustVO-Justiz 1998 (jetzt: § 10 nds. ZustVO-Justiz
  64. 2009) zuständigen Landgericht Aurich eingereicht hat.
  65. 8
  66. bb) In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats nimmt das
  67. Berufungsgericht an, dass die Berufung der Beklagten fristwahrend nur durch
  68. rechtzeitige Einreichung der Berufungsschrift bei dem sachlich zuständigen
  69. Landgericht Aurich eingelegt werden konnte. Rechtsfehlerfrei hat das Beru-
  70. -5-
  71. fungsgericht der Beklagten auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen
  72. die Versäumung der Berufungsfrist versagt. An der Einhaltung dieser Frist war
  73. die Beklagte nämlich nicht, wie es § 233 ZPO verlangt, ohne ihr Verschulden
  74. gehindert. Die Nichteinhaltung der Frist beruht vielmehr auf einem Versäumnis
  75. ihrer Prozessbevollmächtigten, das sich die Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO
  76. zurechnen lassen muss. Beides hat der Senat in dem inhaltsgleichen Parallelverfahren V ZB 224/09 im Einzelnen erläutert; hierauf wird Bezug genommen.
  77. III.
  78. 9
  79. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
  80. Krüger
  81. Schmidt-Räntsch
  82. Klein
  83. Lemke
  84. Roth
  85. Vorinstanzen:
  86. AG Delmenhorst, Entscheidung vom 05.05.2009 - 5a C 6095/08 (VIII) LG Aurich, Entscheidung vom 27.10.2009 - 4 S 216/09 -