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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. NotSt (B) 6/01
  4. vom
  5. 18. März 2002
  6. in dem Disziplinarverfahren
  7. gegen
  8. Nachschlagewerk: ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. _____________________
  12. BNotO §§ 54 Abs. 2, 110 Abs. 1
  13. Ist gemäß § 110 BNotO über die Verfehlungen eines Anwaltsnotars im anwaltsgerichtlichen Verfahren zu entscheiden, sind die Voraussetzungen für eine in diesem
  14. Fall nach § 54 Abs. 2 BNotO zulässige vorläufige Amtsenthebung nur gegeben,
  15. wenn im anwaltsgerichtlichen Verfahren die Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO) oder die Verhängung eines Berufs- oder Vertretungsverbots (§ 150 BRAO) oder ein Vertretungsverbot für das Gebiet des Zivilrechts (§ 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO) zu erwarten ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das
  16. Verfahren allein Verfehlungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Rechtsanwalt
  17. zum Gegenstand hat.
  18. BGH, Beschluß vom 18. März 2002 - NotSt (B) 6/01 - OLG Celle
  19. wegen vorläufiger Amtsenthebung nach § 54 Abs. 2 BNotO
  20. - 2 -
  21. - 3 -
  22. Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne, die Richter Streck und Seiffert sowie die
  23. Notare Dr. Bauer und Eule
  24. am 18. März 2002
  25. beschlossen:
  26. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des
  27. Senats für Notarsachen bei dem Oberlandesgericht Celle
  28. vom 19. Oktober 2000 (richtig: 2001) wird zurückgewiesen.
  29. Das Land Niedersachsen hat die dem Notar im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu
  30. erstatten.
  31. Gründe:
  32. I. Gegen den Notar, der seit Oktober 1978 Rechtsanwalt im Landgerichtsbezirk O. und seit Februar 1983 Notar mit dem Amtssitz in V. ist,
  33. läuft ein anwaltsgerichtliches Verfahren.
  34. Bereits früher waren gegen ihn berufsrechtliche Verfahren vor dem
  35. Ehren- bzw. Anwaltsgericht für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer O.
  36. - 4 -
  37. anhängig. Außerdem wurden gegen ihn Disziplinarmaßnahmen wegen
  38. Verletzung seiner Dienstpflichten als Notar ergriffen. Gegenstand der
  39. Verfahren war mehrfach der Vorwurf anwaltlicher Untätigkeit und des
  40. Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten. Als Sanktionen wurden in den
  41. anwaltsgerichtlichen Verfahren und den Disziplinarverfahren gegen den
  42. Notar Geldbußen zwischen 1.000 DM und 20.000 DM verhängt und in
  43. den meisten Fällen daneben Verweise ausgesprochen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung in dem angefochtenen Beschluß des
  44. Oberlandesgerichts verwiesen.
  45. Das derzeit laufende anwaltsgerichtliche Verfahren ist durch die
  46. Anschuldigungsschrift der Generalstaatsanwaltschaft O. vom 3. Juli
  47. 2000 eingeleitet worden. Darin wird dem Notar zur Last gelegt, er habe
  48. seit Februar 1996 seinen Beruf als Rechtsanwalt nicht gewissenhaft
  49. ausgeübt und seine Berufspflichten im Zusammenhang mit der Annahme,
  50. Wahrnehmung und Beendigung eines Zwangsvollstreckungsmandats,
  51. seine Pflicht zur Herausgabe der Handakten, seine Grundpflicht zur
  52. sachlichen Berufsausübung sowie seine Pflicht zur Auskunftserteilung
  53. gegenüber dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer verletzt. Wegen der
  54. Einzelheiten wird auf die Anschuldigungsschrift und deren auszugsweise
  55. Wiedergabe im angefochtenen Beschluß Bezug genommen.
  56. Das Anwaltsgericht für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer O.
  57. hat durch Beschluß vom 14. September 2001 die Anschuldigung zur
  58. Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet.
  59. - 5 -
  60. Der Beteiligte hat als Aufsichtsbehörde gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1
  61. BNotO beantragt, den Notar vorläufig seines Amtes zu entheben, weil
  62. seine Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft zu erwarten und die
  63. Maßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten sei.
  64. Das Oberlandesgericht hat den Antrag durch Beschluß vom
  65. 19. Oktober 2001 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Beteiligte
  66. mit seiner Beschwerde.
  67. Während des Beschwerdeverfahrens hat das Anwaltsgericht durch
  68. Urteil vom 20. Februar 2002 auf die Maßnahmen eines Verweises und
  69. einer Geldbuße von 6.000
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  71. e-
  72. ralstaatsanwaltschaft O., die die Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft beantragt hatte, vorsorglich Berufung eingelegt.
  73. II. Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 105 BNotO i.V. mit § 79 BDO),
  74. hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf vorläufige Amtsenthebung zu Recht zurückgewiesen.
  75. 1. Die vorläufige Amtsenthebung setzt nach den vom Senat im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwikkelten Grundsätzen voraus, daß die endgültige, wenn auch nur befristete
  76. Amtsenthebung zu erwarten ist, die Maßnahme zur Abwehr konkreter
  77. Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten ist und daß sie dem
  78. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (Senatsbeschluß vom
  79. - 6 -
  80. 26. Oktober 2000 - NotSt (B) 3/00 - DNotZ 2001, 567 ff., st. Rspr.). Ist
  81. gemäß § 110 BNotO über die Verfehlungen eines Anwaltsnotars im anwaltsgerichtlichen Verfahren zu entscheiden, sind die Voraussetzungen
  82. für eine in diesem Fall nach § 54 Abs. 2 BNotO zulässige vorläufige
  83. Amtsenthebung nur gegeben, wenn im anwaltsgerichtlichen Verfahren
  84. die Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 5
  85. BRAO mit der Folge des Erlöschens der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 13 BRAO und des Notaramtes nach § 47 Nr. 3 BNotO)
  86. oder die Verhängung eines Berufs- oder Vertretungsverbots nach § 150
  87. BRAO oder ein Vertretungsverbot für das Gebiet des Zivilrechts nach
  88. § 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO (wodurch die Wirkungen der vorläufigen Amtsenthebung nach § 54 Abs. 4 Nr. 2 BNotO kraft Gesetzes eintreten) zu
  89. erwarten ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Verfahren - wie hier allein Verfehlungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Rechtsanwalt zum Gegenstand hat.
  90. 2. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, wie das Oberlandesgericht ausführlich und zutreffend dargelegt hat. Der Senat nimmt
  91. darauf Bezug. Diese Einschätzung wird durch das Urteil des Anwaltsgerichts bestätigt, durch das lediglich ein Verweis und eine Geldbuße von
  92. 6.000
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  94. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
  95. Der Beteiligte vermag insbesondere nicht aufzuzeigen, daß die vom Anwaltsgericht aufgrund einer Hauptverhandlung vorgenommene Würdigung fehlerhaft oder gar unvertretbar ist. Die Pflichtverletzungen des
  96. Notars im Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag E. im Jahre
  97. - 7 -
  98. 1998 sind schon deshalb nicht geeignet, die vorläufige Amtsenthebung
  99. zu stützen, weil sich der Notar im ganz überwiegenden Zeitraum dieses
  100. Jahres in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung befunden hatte, der sich auf Anraten seines Arztes Anfang 1999 eine fünf Wochen
  101. dauernde stationäre Behandlung anschloß. Daß der bloße Verdacht
  102. weiterer unentdeckter Pflichtverletzungen nicht ausreicht, dürfte auf der
  103. Hand liegen.
  104. Rinne
  105. Streck
  106. Bauer
  107. Seiffert
  108. Eule