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31 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. KZR 37/99
  5. Verkündet am:
  6. 6. März 2001
  7. Walz,
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. ja
  15. BGHR:
  16. ja
  17. Kabel-Hausverteilanlagen
  18. GWB § 14
  19. Eine Vereinbarung in einem Rahmenvertrag zwischen einem Wohnungsunternehmen und einem Kabelnetzbetreiber, nach der die Erhöhung oder die Neueinführung
  20. von Entgelten, die von den Wohnungsmietern für den Anschluß an das Kabelnetz
  21. und die Versorgung mit Kabelfernseh- und -hörfunkprogrammen an den Kabelnetzbetreiber zu zahlen sind, von der Zustimmung des Wohnungsunternehmens abhängt, ist wegen Verstoßes gegen das Preisbindungsverbot nichtig.
  22. BGH, Urteil vom 6. März 2001 - KZR 37/99 - OLG Dresden
  23. LG Chemnitz
  24. -2-
  25. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  26. vom 6.
  27. März
  28. 2001
  29. durch
  30. den
  31. Präsidenten
  32. des
  33. Bundesgerichtshofs
  34. Prof. Dr. Hirsch, die Richter Dr. Melullis und Ball, die Richterin Dr. Tepperwien
  35. und den Richter Prof. Dr. Bornkamm
  36. für Recht erkannt:
  37. Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des
  38. 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 29. April
  39. 1999 aufgehoben und das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Chemnitz vom 28. Oktober 1998 geändert.
  40. Die Klage wird abgewiesen.
  41. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Kosten der Nebenintervention tragen die Streithelferinnen der Klägerin jeweils selbst.
  42. Von Rechts wegen
  43. Tatbestand:
  44. Die Klägerin, ein großes kommunales Wohnungsunternehmen mit einem
  45. Bestand von mehr als 50.000 vermieteten Wohneinheiten, schloß im März
  46. 1991 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (fortan nur: Beklagte) einen
  47. Rahmenvertrag über die Versorgung der Mietwohnungen mit Fernseh- und
  48. Hörfunkprogrammen über Kabel-Hausverteilanlagen. Nach diesem Vertrag ist
  49. -3-
  50. es der Beklagten für eine Mindestlaufzeit von 20 Jahren gestattet, auf eigene
  51. Kosten und eigenes Risiko Hausverteilanlagen und Breitbandkabelkommunikationsverteilanlagen auf den Grundstücken der Klägerin zu errichten und zu
  52. betreiben. § 2 Abs. 5 des Vertrages verpflichtet die Klägerin, konkurrierende
  53. Anlagen auf den betreffenden Grundstücken weder selbst zu errichten noch zu
  54. dulden. In § 7 des Vertrages legten die Parteien das von den Mietern zu entrichtende Entgelt für die unterschiedlichen Programmangebote der Beklagten
  55. ("ursprüngliche Programmvielfalt", "erweiterte Grundleistung", "Komplettleistung") fest. Die hierzu getroffenen Vereinbarungen lauten, soweit hier von Interesse, wie folgt:
  56. (3) "Die S. AG (= Rechtsvorgängerin der Beklagten) errechnet
  57. die Höhe des monatlichen Teilnehmerentgeltes pro Anschluß
  58. bzw. die mögliche Erhöhung oder Ermäßigung auf der
  59. Grundlage einer der G. (= Klägerin) zur Bestätigung vorzulegenden Kalkulation. ..."
  60. (4) "In dem Teilnehmerentgelt sind alle Kosten sowie alle im Zusammenhang mit dem Anschluß der Anlage entstehenden
  61. Gebühren enthalten, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes
  62. bestimmt wird. ..."
  63. (6) "Das Teilnehmerentgelt wird erhöht bzw. ermäßigt, soweit sich
  64. eine Veränderung, Neueinführung oder Fortfall von behördlichen Auflagen oder öffentlich-rechtlichen Abgaben, Steuern
  65. oder Gebühren sowie eine wesentliche Veränderung der bei
  66. Abschluß des Vertrages zu Grunde gelegten Verhältnisse
  67. unmittelbar auf die Kosten des Betriebes der Anlage auswirken."
  68. Im Jahre 1995 kündigte die Beklagte eine Anhebung des Entgelts für die
  69. "Komplettleistung" von 13,60 DM auf 25,48 DM monatlich je Wohneinheit an.
  70. Nach Verhandlungen mit der Klägerin ermäßigte sie den geforderten Betrag
  71. -4-
  72. auf 19,80 DM. Dem stimmte die Klägerin - "wenn auch mit erheblichen Bedenken" - zu.
  73. Im Dezember 1997 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie beabsichtige,
  74. die Teilnehmerentgelte ab 1. März 1998 von 19,80 DM auf 22,80 DM zu erhöhen und bei Abschluß eines Anschließungsvertrages für eine Wohneinheit ein
  75. einmaliges Entgelt in Höhe von 74,75 DM zu erheben. Dem widersprach die
  76. Klägerin. Die Beklagte kündigte gleichwohl gegenüber den Anschlußnehmern
  77. die Einführung entsprechender Entgelte an. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit den Anträgen festzustellen, daß die Erhöhung des Teilnehmerentgelts
  78. von 19,80 DM auf 22,80 DM unwirksam und die Erhebung eines einmaligen
  79. Anschlußentgelts in Höhe von 74,75 DM unzulässig sei.
  80. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (OLG Dresden NJW-E WettbR 1999, 190). Mit der Revision verfolgt sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
  81. Entscheidungsgründe:
  82. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils
  83. und in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Abweisung der Klage.
  84. I. Das Berufungsgericht hat ein Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht und zur Begründetheit der Klage im wesentlichen ausgeführt:
  85. -5-
  86. Die in § 7 Abs. 3 des Rahmenvertrages vorgesehene "Bestätigung" sei
  87. als Zustimmungserfordernis anzusehen, von den Parteien nach dem Ergebnis
  88. der erstinstanzlichen Beweisaufnahme bei Vertragsabschluß auch so verstanden worden. Der Zustimmungsvorbehalt verstoße nicht gegen § 14 GWB (§ 15
  89. GWB a.F.). Zwar gelte das Preisbindungsverbot unabhängig davon, ob in bezug auf die Zweitverträge, deren Inhalt durch den Erstvertrag geregelt werde,
  90. noch Wettbewerb stattfinde. Auch binde der Rahmenvertrag durch die Regelung des § 7 die Beklagte hinsichtlich ihrer Preisgestaltung in Zweitverträgen
  91. mit den einzelnen Anschlußnehmern. § 14 GWB greife jedoch dann nicht ein,
  92. wenn eine Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf den Abschluß von Zweitverträgen
  93. bereits nach den institutionellen Gegebenheiten des Erstvertrages oder nach
  94. den durch den Erstvertrag in zulässiger Weise begründeten Rechtsbeziehungen nicht bestehe. So verhalte es sich im hier gegebenen Fall. Die Mieter seien für den Rundfunk- und Fernsehempfang auf die Kabelanschlüsse der Beklagten angewiesen. Über Zimmerantennen seien private Programme meist
  95. nicht zu empfangen. Die Installation von Parabolantennen zum Satellitenempfang könne als Alternative nicht berücksichtigt werden, weil der Vermieter diese
  96. bei vorhandenem Breitbandkabelanschluß nur aufgrund einer einzelfallbezogenen Abwägung der beiderseitigen Interessen erlauben müsse. Es sei den
  97. Mietern der Klägerin nicht zuzumuten, sich auf einen dahingehenden Streit
  98. einzulassen. Als Wohnraumvermieterin träfen die Klägerin gegenüber ihren
  99. Mietern Fürsorge- und Treuepflichten. Danach dürfe der Vermieter keine Verträge abschließen, die sich auf die Stellung der Mieter nachteilig auswirkten.
  100. Gestatte er es einem Unternehmer, ein Breitbandkabelnetz zu verlegen und zu
  101. betreiben, so seien die Mieter nur einem einzigen Anbieter ausgesetzt. Dann
  102. müsse der Vermieter aber die Möglichkeit haben, dem Kabelbetreiber zum
  103. Schutze der Mieter Pflichten im Hinblick auf die Gestaltung des Anschlußver-
  104. -6-
  105. trages aufzuerlegen. Dazu gehörten auch und gerade preisliche Bindungen.
  106. Wenn, wie im Streitfall, bereits "durch die Natur des Erstvertrages negative
  107. Auswirkungen in Form eines faktischen Abschlußzwanges hinsichtlich des
  108. Zweitvertrages (bestünden), (müsse) es auch gestattet sein, diese negativen
  109. Auswirkungen
  110. durch
  111. Preissper-
  112. ren im Erstvertrag zu kompensieren". Darin liege kein Mißbrauch der Vertragsfreiheit, gegen den § 14 GWB schützen solle.
  113. Der in § 7 des Rahmenvertrages geregelte Zustimmungsvorbehalt stehe
  114. auch nicht in Widerspruch zu den Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes. Dieses finde zwar auf nach dem 1. Januar 1998 vorgenommene Entgelterhöhungen Anwendung, könne aber die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen einer solchen Erhöhung nicht verdrängen.
  115. Die
  116. Berechnung
  117. einer
  118. einmaligen
  119. Anschlußgebühr
  120. widerspreche
  121. gleichfalls der Vereinbarung der Parteien, da nach § 7 Abs. 4 des Rahmenvertrages die Kosten des Anschlusses mit der monatlichen Gebühr abgegolten
  122. seien.
  123. II. Diese Beurteilung hält in einem entscheidenden Punkt den Angriffen
  124. der Revision nicht stand.
  125. 1. Nicht zu beanstanden ist das Berufungsurteil allerdings insoweit, als
  126. das Berufungsgericht ein Feststellungsinteresse der Klägerin ungeachtet der
  127. Möglichkeit bejaht hat, gegen die Beklagte statt dessen im Wege der Unterlassungsklage vorzugehen. Zwar fehlt es grundsätzlich am Feststellungsinteresse, wenn der Kläger dasselbe Ziel mit einer Leistungsklage erreichen kann. Es
  128. besteht jedoch keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Mög-
  129. -7-
  130. lichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des
  131. Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit
  132. zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt (BGH, Urt. v. 4.12.1986 - III ZR 205/85, BGHR ZPO § 265 Abs. 1
  133. Feststellungsinteresse 2; Urt. v. 13.5.1987 - I ZR 75/85, GRUR 1987, 938, 939
  134. - Videorechte).
  135. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Der Rechtsstreit dient der Klärung der
  136. zwischen den Parteien umstrittenen Frage, ob die Erhöhung laufender und die
  137. Einführung neuer Entgelte, welche die Beklagte von den Nutzern ihres Kabelnetzes fordert, der Zustimmung der Klägerin bedürfen. Diese Frage könnte,
  138. wenn sie zu bejahen wäre, durch ein Feststellungsurteil ebensogut geklärt
  139. werden wie durch ein auf Unterlassungsklage ergehendes Leistungsurteil. Der
  140. Umstand, daß aus einem Feststellungsurteil, anders als aus einem Unterlassungsurteil, nicht vollstreckt werden kann, fällt hier nicht ins Gewicht. Denn zur
  141. Verhinderung einer Belastung der Mieter mit unzulässigen Entgeltforderungen
  142. der Beklagten bedürfte es keiner Vollstreckungsmaßnahmen der Klägerin,
  143. sondern lediglich der Bekanntmachung des der Klage stattgebenden Feststellungsurteils im Kreise der Mieter, sofern die Beklagte ungeachtet eines solchen
  144. Feststellungsurteils an unzulässigen Entgeltforderungen festhielte.
  145. 2. Dagegen kann dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden, soweit es
  146. den in § 7 des Rahmenvertrages der Parteien geregelten Zustimmungsvorbehalt für wirksam hält. Der vereinbarte Vorbehalt verstößt gegen das Preisbindungsverbot des § 14 GWB und ist infolgedessen nichtig (§ 134 BGB).
  147. a) § 14 GWB verbietet Vereinbarungen, die eines der beteiligten Unternehmen in der Gestaltung von Preisen oder Geschäftsbedingungen bei dessen
  148. Verträgen mit Dritten beschränken. Eine von diesem Verbot erfaßte Beschrän-
  149. -8-
  150. kung hat das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend darin gesehen, daß die
  151. Beklagte nach § 7 des Rahmenvertrages gehindert ist, ohne die Zustimmung
  152. der Klägerin mit deren Mietern höhere oder andere Entgelte für die Einrichtung
  153. und Nutzung von Kabelanschlüssen zu vereinbaren. Daß die Klägerin nach § 7
  154. des Rahmenvertrages zur Zustimmung verpflichtet ist, wenn die dafür vertraglich festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind, schließt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung die Anwendung des § 14 GWB nicht aus. Das
  155. dem Preisbindungsverbot innewohnende Mißbrauchskriterium ist nicht erst
  156. dann erfüllt, wenn der bindende den gebundenen Teil im Widerspruch zu der
  157. getroffenen Preisbindungsabrede - und damit in diesem Sinne mißbräuchlich in der Gestaltung der Zweitverträge behindert. Preisbindungen stellen vielmehr
  158. als solche regelmäßig einen Mißbrauch der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit
  159. bei Abschluß des Erstvertrages dar, weil sie dem bindenden Teil die Möglichkeit eröffnen, in die Selbstbestimmung des Vertragsgegners einzudringen und
  160. damit bei diesem einen Bereich geschäftlicher Entschließung zu beherrschen,
  161. der an sich den Grundsätzen des freien Wettbewerbs überlassen bleiben sollte
  162. (BGHZ 80, 43, 53 - Garant; BGHZ 97, 317, 321 - EH-Partner-Vertrag; BGHZ
  163. 140, 342, 350 - Preisbindung durch Franchisegeber; jew. unter Hinweis auf die
  164. Begründung des Regierungsentwurfs zum GWB, BT-Drucks. II/1158, S. 26;
  165. Wolter in Frankfurter Kommentar zum GWB, 3. Aufl., § 15 Rdnr. 37).
  166. § 14 GWB wäre allerdings dann nicht tangiert, wenn nicht die Beklagte,
  167. sondern die Klägerin selbst gegenüber ihren Mietern als Anbieterin von Kabelfernseh- und -hörfunkprogrammen in Erscheinung träte und sich der Beklagten lediglich zur Bewirkung dieser Leistung bediente. Denn in diesem Falle
  168. wäre die Klägerin selbst Nachfragerin der von der Beklagten zu erbringenden
  169. Leistungen, die sie an ihre Mieter weitergäbe, und damit Schuldnerin der der
  170. Beklagten zustehenden Vergütung. Zweitverträge zwischen der Beklagten und
  171. -9-
  172. den Mietern der Klägerin, auf die sich der Zustimmungsvorbehalt in § 7 des
  173. Rahmenvertrages bezieht, kämen bei einer solchen Ausgestaltung der Leistungsbeziehungen von vornherein nicht in Betracht.
  174. So verhält es sich indessen entgegen der von der Klägerin in der Revisionsverhandlung vertretenen Auffassung nicht. Nach dem Rahmenvertrag der
  175. Parteien beschränkt sich die Klägerin vielmehr darauf, der Beklagten die Benutzung ihrer Grundstücke und Gebäude zur Errichtung und zum Betrieb des
  176. Kabelnetzes zu gestatten und im einzelnen zu regeln, in welcher Weise und zu
  177. welchen Bedingungen die Beklagte den Mietern den Kabelfernseh- und
  178. -hörfunkempfang zu ermöglichen hat. Eine Vergütungspflicht der Klägerin sieht
  179. der Rahmenvertrag nicht vor; er bestimmt vielmehr in § 1 Abs. 4, daß die Klägerin für die Leistungen der Beklagten keinerlei Kosten oder andere Aufwendungen zu tragen hat, und nennt in § 7 als Gegenleistung für die Nutzung der
  180. Kabelanschlüsse allein Teilnehmerentgelte, die von den Mietern an die Beklagte zu zahlen sind. Wäre die Klägerin selbst im Verhältnis zu der Beklagten
  181. Nachfragerin der von dieser angebotenen Leistungen und damit auch Schuldnerin der von der Beklagten zu beanspruchenden Vergütung, bedürfte es zudem keines Zustimmungsvorbehalts für die Erhöhung dieser Vergütung, weil
  182. eine solche dann zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden müßte.
  183. b) Da § 14 GWB die Beschränkung der Freiheit in der Gestaltung von
  184. Preisen und Geschäftsbedingungen durch den Erstvertrag verhindern soll,
  185. greift er seiner Zielsetzung nach nur dann ein, wenn ohne die im Erstvertrag
  186. vereinbarte Bindung eine solche Gestaltungsfreiheit gegeben wäre. Besteht
  187. dagegen wegen von der Rechtsordnung anerkannter institutioneller Gegebenheiten des Erstvertrages oder wegen vorgegebener oder durch den Erstvertrag
  188. in zulässiger Weise begründeter Rechtsbeziehungen von vornherein keine
  189. - 10 -
  190. Gestaltungsfreiheit des gebundenen Vertragspartners in bezug auf die Preisgestaltung für Zweitverträge, so kommt § 14 GWB - in Ermangelung einer vertraglich beschränkbaren Freiheit der Gestaltung von Preisen und Geschäftsbedingungen für Zweitverträge - schon tatbestandlich, jedenfalls aber seiner Zielsetzung nach nicht zur Anwendung (BGHZ 51, 163, 168 - Farbumkehrfilme;
  191. BGHZ 53, 393 = BGHSt 23, 246, 249 - context; BGHZ 80, 43, 53 - Garant;
  192. BGHZ 97, 317, 320, 322 - EH-Partner-Vertrag; BGH, Urt. v. 23.9.1975 - KZR
  193. 14/74, WuW/E 1402 - EDV-Zubehör; Urt. v. 23.10.1979 - KZR 22/78, WuW/E
  194. 1661, 1664 - Berliner Musikschule; Urt. v. 26.5.1981 - KZR 16/80, WuW/E
  195. 1851, 1852 - Bundeswehrheime II; Urt. v. 8.5.1990 - KZR 23/88, WuW/E 2647,
  196. 2649
  197. - Nora-Kunden-Rückvergütung;
  198. vgl.
  199. auch
  200. BGHZ
  201. 140,
  202. 342,
  203. 351
  204. - Preisbindung durch Franchisegeber; Wolter aaO § 15 Rdnr. 36; Emmerich in
  205. Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., § 15 Rdnr. 23; ausführlich Straub in Gemeinschaftskommentar zum GWB, 4. Aufl., § 15 Rdnr. 218 ff.). Ein solcher Fall
  206. ist indessen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hier nicht gegeben.
  207. aa) Institutionelle Gegebenheiten, die wie etwa in Agentur- oder Kommissionsverhältnissen eine Gestaltungsfreiheit des nach dem Erstvertrag weisungsgebundenen Partners für Zweitverträge von vornherein ausschließen
  208. (BGHSt 23, 246, 249 - context; vgl. auch BGHZ 51, 163, 168 - Farbumkehrfilme; BGHZ 97, 317, 320 ff. - EH-Partner-Vertrag; BGH WuW/E 1402
  209. - EDV-Zubehör), bestehen im Streitfall nicht. Ein Vertrag wie der hier in Rede
  210. stehende Rahmenvertrag der Parteien, durch den ein Wohnungsvermieter einem Unternehmen die Errichtung und den Betrieb eines Kabelnetzes zur Versorgung der Mietwohnungen mit Hörfunk- und Fernsehprogrammen gestattet,
  211. beschränkt seinem Wesen nach den Netzbetreiber nicht in der Freiheit der
  212. Preisgestaltung gegenüber den Nutzern der Kabelanschlüsse. Beschränkun-
  213. - 11 -
  214. gen in dieser Hinsicht ergeben sich, wie auch das Berufungsgericht annimmt,
  215. vielmehr allein aus dem in § 7 des Vertrages vereinbarten Zustimmungsvorbehalt.
  216. bb) Die Preisgestaltungsfreiheit der Beklagten beim Abschluß von
  217. Zweitverträgen mit Nutzern der von ihr angebotenen Kabelanschlüsse in Mietwohnungen der Klägerin ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
  218. auch nicht durch die vorgegebenen oder durch den Erstvertrag in zulässiger
  219. Weise begründeten Rechtsbeziehungen der Parteien ausgeschlossen. Das
  220. zeigt sich insbesondere an der Risikoverteilung, der für die Frage einer Reduktion des gesetzlichen Tatbestands des § 14 GWB entscheidende Bedeutung
  221. zukommt (BGH WuW/E 1402, 1403 - EDV-Zubehör; BGHZ 140, 342, 351
  222. - Preisbindung durch Franchisegeber). Die unternehmerische Gestaltungsfreiheit bei Preisen und Geschäftsbedingungen bildet eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme am Wettbewerb. Weil dies voraussetzt,
  223. daß der Träger des geschäftlichen Risikos die Konditionen für die Abgabe von
  224. Waren oder Leistungen eigenverantwortlich und an dem Bedarf des eigenen
  225. Unternehmens orientiert festlegen kann, verbietet die Regelung des § 14 GWB
  226. Absprachen, die auf die Beschränkung dieser Freiheit gerichtet sind. Diese
  227. Funktion des Verbots der Preisbindung schließt eine Reduktion des gesetzlichen Tatbestands grundsätzlich aus, wenn der durch eine solche Bindung in
  228. seiner Gestaltungsfreiheit eingeschränkte Unternehmer das volle wirtschaftliche Risiko seiner geschäftlichen Tätigkeit trägt (BGH aaO). Dies ist hier der
  229. Fall. Errichtung, Instandhaltung, Erweiterung und Betrieb der Hausverteilanlagen und Breitbandkabelkommunikationsverteilanlagen erfolgen nach § 2 Abs. 1
  230. und 2 des Vertrages ausschließlich auf Risiko und Kosten der Beklagten. Die
  231. nach dem Erstvertrag zu erbringende Leistung der Klägerin beschränkt sich im
  232. wesentlichen auf die Gestattung der Benutzung ihrer Grundstücke und Gebäu-
  233. - 12 -
  234. de durch die Beklagte. Eine Beteiligung der Klägerin an Kosten oder anderen
  235. Aufwendungen der Beklagten schließt der Vertrag ausdrücklich aus (§ 1
  236. Abs. 4).
  237. Anders, als das Berufungsgericht meint, sind auch die Erwägungen, mit
  238. denen der Senat in der Entscheidung "Bundeswehrheime II" (WuW/E 1851)
  239. einen Verstoß gegen das Preisbindungsverbot verneint hat, auf den hier gegebenen Fall nicht übertragbar. Der dort zu beurteilende Sachverhalt war im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß die Heimbetriebsleiter (Kantinenwirte)
  240. in ein zentral gesteuertes Kantinenbewirtschaftungssystem eingebunden waren, durch das die Bundeswehr die Führung und Zielsetzung des Kantinenbetriebs weitgehend vorgeformt hatte (BGH WuW/E 1851, 1853). Diese Organisation der Bundeswehrheime schloß von vornherein aus, daß die Heimbetriebsleiter wie unabhängige Unternehmer Angebot und Preise frei kalkulierten.
  241. Diese waren vielmehr in das von der Bundeswehr vorgegebene System und
  242. seine Zielsetzung einbezogen, genossen die damit verbundenen beachtlichen
  243. wirtschaftlichen Vorteile, unterlagen aber andererseits auch den sich daraus
  244. ergebenden Bindungen. Zu den letzteren gehören insbesondere die Verpflichtung zur Inanspruchnahme des zentralen Einkaufssystems und die Verpflichtung zur Einhaltung der von der Bundeswehr festgesetzten Verkaufspreise für
  245. ein begrenztes Warensortiment.
  246. Im vorliegenden Fall fehlt es an vergleichbaren Rechtsbeziehungen der
  247. Parteien. Die Beklagte ist nicht in ein von der Klägerin organisiertes und gesteuertes Kabelprogrammversorgungssystem einbezogen. Kabelanschlüsse
  248. zum Hörfunk- und Fernsehempfang werden den Mietern nicht von der Klägerin
  249. zur Verfügung gestellt. Diese beschränkt sich, wie dargelegt, vielmehr darauf,
  250. der Beklagten als selbständigem Netzbetreiber die Errichtung und den Betrieb
  251. - 13 -
  252. eines Kabelnetzes zur Versorgung der Mietwohnungen mit Hörfunk- und Fernsehprogrammen zu gestatten und dadurch zugleich ihren Mietern die Möglichkeit zu eröffnen, sich durch Abschluß eines entsprechenden Vertrages mit der
  253. Beklagten Zugang zu einem Kabelanschluß zu verschaffen. Die unternehmerischen Entscheidungen, die im Fall "Bundeswehrheime II" überwiegend von der
  254. Bundeswehr selbst im Rahmen ihres Soldatenbetreuungssystems getroffen
  255. wurden (BGH WuW/E 1851, 1853), sind im hier gegebenen Fall allein von der
  256. Beklagten zu treffen.
  257. c) Mit diesem für die Frage eines Ausschlusses der Gestaltungsfreiheit
  258. durch vorgegebene oder im Erstvertrag in zulässiger Weise begründete
  259. Rechtsbeziehungen entscheidenden Gesichtspunkt hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt. Es geht ersichtlich auch nicht davon aus, daß
  260. durch den Rahmenvertrag Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien begründet worden sind, durch die die Gestaltungsfreiheit der Beklagten im Hinblick
  261. auf Teilnehmerentgelte der Kabelnutzer von vornherein ausgeschlossen wäre.
  262. Den entscheidenden Gesichtspunkt sieht es vielmehr darin, daß von dem
  263. Erstvertrag negative Auswirkungen für die Mieter insofern ausgehen, daß diese
  264. nur einem einzigen Anbieter ausgesetzt und dadurch faktisch gezwungen seien, Kabelanschlußverträge allein mit der Beklagten abzuschließen. Weil diese
  265. negativen Auswirkungen aus der "Natur des Erstvertrages" folgten, müsse es,
  266. so meint das Berufungsgericht, auch gestattet sein, sie durch "Preissperren" im
  267. Erstvertrag zu kompensieren.
  268. aa) Dieser Ansatz des Berufungsgerichts findet in der Entscheidung
  269. "Bundeswehrheime II" (BGH WuW/E 1851) keine Stütze. Soweit dort auf die
  270. Fürsorgepflicht des Staates gegenüber den Bundeswehrangehörigen verwiesen wird, die auch den Schutz vor einer Ausnutzung der monopolartigen Stel-
  271. - 14 -
  272. lung des Kantinenbetriebs auf dem Kasernengelände zur Erzielung unangemessen hoher Preise einschließt (BGH WuW/E 1851, 1853), geht es nicht um
  273. die Rechtfertigung einer direkten Preisbindung, sondern um die Begründung
  274. dafür, daß das zentral gesteuerte Kantinenbewirtschaftungssystem der Bundeswehr, das eine einheitliche und preisgünstige Versorgung der Bundeswehrangehörigen in den Kasernen sicherstellen soll, von der Rechtsordnung
  275. her zu billigen ist. Diese Frage stellt sich hier schon deswegen nicht, weil die
  276. Klägerin, wie dargelegt, ein diesem Kantinenbewirtschaftungssystem vergleichbares System zur Versorgung ihrer Mieter mit Kabelhörfunk- und Fernsehprogrammen nicht unterhält.
  277. bb) Die Begründung des Berufungsgerichts steht zudem in Widerspruch
  278. zu der Rechtsprechung des Senats, daß eine tatbestandlich von § 14 GWB
  279. erfaßte Beschränkung der Preisgestaltungsfreiheit nicht deswegen zulässig
  280. sein kann, weil mit ihr ein für sich gesehen anerkennenswerter Zweck verfolgt
  281. wird. § 14 GWB ist bewußt weit gefaßt worden. Die Vorschrift soll - ohne Rücksicht auf den mit der Beschränkung verfolgten Zweck - vertragliche Bindungen
  282. verhindern, die über das durch den Zweck des Erstvertrages Gebotene hinausgehend einen Vertragspartner in seiner künftigen Gestaltungsfreiheit in
  283. Verträgen mit anderen Parteien einengen (BGHZ 80, 43, 53 - Garant; BGHZ
  284. 140, 342, 350 - Preisbindung durch Franchisegeber). Mit Rücksicht auf diesen
  285. Schutzzweck steht § 14 GWB daher auch solchen Bindungen entgegen, durch
  286. die für sich gesehen anerkennenswerte Ziele wie etwa die Sicherung des Leistungswettbewerbs (BGHZ 80, 43, 53 - Garant), der Zugang zu öffentlichen
  287. Einrichtungen unter Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der
  288. sozialen Gerechtigkeit (BGH WuW/E 1661, 1665 - Berliner Musikschule) oder
  289. der Verbraucherschutz (BGHZ 140, 342, 354 - Preisbindung durch Franchisegeber) gefördert werden sollen. § 14 GWB verbietet dementsprechend auch
  290. - 15 -
  291. Höchstpreisbindungen
  292. (BGH
  293. WuW/E
  294. 2647,
  295. 2649
  296. - Nora-Kunden-
  297. Rückvergütung). Denn Ziel der Vorschrift ist es nicht, auf ein bestimmtes
  298. - niedriges - Preisniveau hinzuwirken, sondern die Gestaltungsfreiheit der Vertragspartner für Zweitverträge sicherzustellen. Diese Gestaltungsfreiheit ist
  299. aber auch dann beeinträchtigt, wenn durch eine Bindung darauf hingewirkt
  300. wird, im Zweitvertrag bestimmte Preise nicht zu überschreiten, so begrüßenswert ein solcher Druck auf die Preise für die Abnehmer der Waren oder gewerblichen Leistungen im übrigen auch sein mag (BGH WuW/E 2647, 2649
  301. - Nora-Kunden-Rückvergütung).
  302. d) Eingriffe in die Gestaltungsfreiheit des Vertragspartners sind hiernach
  303. auch dann unzulässig, wenn dieser durch den Abschluß des Erstvertrages eine
  304. monopolartige Stellung für Zweitverträge erlangt hat und dem anderen Teil gegenüber den Partnern der Zweitverträge Schutz- und Treuepflichten obliegen.
  305. aa) Es versteht sich allerdings nicht von selbst, daß § 14 GWB auch die
  306. Preisgestaltungsfreiheit des Monopolisten schützt (siehe dazu und zu den
  307. nachstehenden Ausführungen Wessely BB 1999, 2569, 2573 ff.). Denn der
  308. Zweck des Verbots besteht neben der Verhinderung von Preisabsprachen vor
  309. allem darin, die unternehmerische Gestaltungsfreiheit und damit die Freiheit
  310. des Wettbewerbs als solchen zu gewährleisten (BGHZ 140, 342, 354
  311. - Preisbindung durch Franchisegeber). Dies könnte dafür sprechen, Unternehmen mit monopolartiger Stellung aus dem Schutzbereich des Preisbindungsverbots auszunehmen, weil sie keinem Wettbewerb ausgesetzt sind. Das
  312. könnte insbesondere dann geboten erscheinen, wenn die monopolartige Stellung - wie hier - durch den Erstvertrag begründet worden ist und die Nichtigkeit
  313. der zugleich vereinbarten Preisbindung die Voraussetzungen dafür schaffen
  314. würde, daß der Monopolist seine beherrschende Stellung zur Durchsetzung
  315. - 16 -
  316. überhöhter Preise bei Zweitverträgen ausnutzen könnte. Treffen den Partner
  317. des Erstvertrages gar noch Schutz- und Treuepflichten in bezug auf den Personenkreis, dem der andere Teil kraft der ihm durch den Erstvertrag verliehenen Stellung als Monopolanbieter für Zweitverträge gegenübertritt, so könnte
  318. sich die Preisbindung nicht mehr als wettbewerbsfeindliche Einschränkung von
  319. Verhaltensspielräumen, sondern als notwendige Nebenabrede zur Begrenzung
  320. des wettbewerblich nicht kontrollierten Verhaltensspielraums des Monopolisten
  321. darstellen.
  322. bb) Bei näherem Hinsehen zeigt sich indessen, daß eine Ausklammerung des Monopolisten aus dem Schutzbereich des § 14 GWB nicht systemgerecht wäre und daß eine private Preiskontrolle des Monopolisten durch den
  323. Partner des Erstvertrages zum Schutz vor mißbräuchlicher Ausnutzung der
  324. Monopolstellung beim Abschluß von Zweitverträgen weder erforderlich noch
  325. ausreichend ist.
  326. (1) Der Normzweck des § 14 GWB besteht, wie bereits mehrfach erwähnt, vor allem darin, die unternehmerische Gestaltungsfreiheit der Vertragspartner für den Abschluß von Zweitverträgen zu gewährleisten. Eine solche
  327. Gestaltungsfreiheit, d.h. ein notwendiger Verhaltensspielraum für eine an den
  328. Belangen des eigenen Unternehmens orientierte Preisgestaltung, muß aber
  329. auch Unternehmen mit monopolartiger Stellung zugebilligt werden. Nur die
  330. mißbräuchliche Ausnutzung dieser Gestaltungsfreiheit ist vom Schutzzweck
  331. des § 14 GWB nicht mehr gedeckt. Im Falle der Zulassung einer privaten
  332. Preiskontrolle durch den Vertragspartner - etwa in Gestalt des hier vereinbarten Zustimmungsvorbehalts zur Erhöhung oder Neueinführung von Entgelten
  333. für Zweitverträge - wäre nicht gewährleistet, daß der kontrollierende Vertragspartner sich auf die Verhinderung einer mißbräuchlichen Ausnutzung der
  334. - 17 -
  335. Preisgestaltungsfreiheit beschränkt und dem kontrollierten Unternehmen der
  336. ihm zuzubilligende Verhaltensspielraum ungeschmälert erhalten bleibt.
  337. (2) Eine Preiskontrolle durch den Partner des Erstvertrages ist darüber
  338. hinaus auch nicht erforderlich, weil die Partner der Zweitverträge anderweit vor
  339. mißbräuchlicher Preisgestaltung seitens des Monopolisten hinreichend geschützt sind.
  340. (a) Ein Unternehmen, das ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist und diese Stellung dazu ausnutzt, Entgelte
  341. oder sonstige Geschäftsbedingungen zu fordern, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden, verstößt gegen das Verbot der mißbräuchlichen Ausnutzung einer
  342. marktbeherrschenden Stellung (§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2 GWB).
  343. Ein solches Verhalten kann nach § 32 GWB von der Kartellbehörde untersagt
  344. werden und nach § 33 GWB Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche
  345. nach sich ziehen. Sollte die Beklagte für den Anschluß an ihr Kabelnetz oder
  346. für dessen Nutzung von den Mietern der Klägerin mißbräuchlich überhöhte
  347. Entgelte fordern, so haben die Mieter - unbeschadet der Frage, ob ihnen insoweit Ansprüche gegen den Vermieter zustehen - die Möglichkeit, entweder die
  348. Beklagte unmittelbar auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen (Bornkamm in
  349. Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 33 GWB Rdnr. 23) oder die Kartellbehörde einzuschalten. Damit ist in kartellrechtlicher Hinsicht der Schutz der
  350. Mieter vor einem Ausbeutungsmißbrauch gewährleistet.
  351. (b) Daneben besteht für die Mieter die Möglichkeit, die faktisch von der
  352. Beklagten einseitig bestimmten Entgelte entsprechend §§ 315, 316 BGB gerichtlich darauf überprüfen zu lassen, ob sie der Billigkeit entsprechen, und sie,
  353. sofern dies nicht der Fall ist, durch Urteil festsetzen zu lassen.
  354. - 18 -
  355. (c) Schließlich unterliegt die Preisgestaltung der Beklagten den Beschränkungen des § 24 TKG, nach dessen Absatz 1 die geforderten Entgelte
  356. sich an den Kosten der "effizienten Leistungsbereitstellung" zu orientieren haben und nach dessen Absatz 2 sie keine Aufschläge enthalten dürfen, die nur
  357. aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten durchsetzbar sind.
  358. Die Einhaltung dieser Grundsätze wird von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post überwacht (§ 25 Abs. 2 i.V.m. § 30 TKG).
  359. (3) Für eine ergänzende private Preiskontrolle seitens der Klägerin besteht daneben kein rechtlich anzuerkennendes Bedürfnis. Ein solches läßt sich
  360. entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht mit der Erwägung begründen, die bestehenden Schutzvorschriften seien den Mietern meist
  361. nicht bekannt und die Erhöhungsbeträge im vorliegenden Fall für sich gesehen
  362. so gering, daß die Mieter eher geneigt sein würden, sich zu fügen, als mit erheblichen finanziellen Risiken den Rechtsweg zu beschreiten. Kartell- und Regulierungsbehörde werden von Amts wegen tätig. Anlaß hierzu kann auch eine
  363. Mitteilung oder Anregung der Klägerin sein. Auf diese Weise - und im übrigen
  364. durch entsprechende Aufklärung ihrer Mieter - kann die Klägerin auch der besonderen Verantwortung gerecht werden, die sie nach Auffassung der Revisionserwiderung deswegen trifft, weil sie ihre Mieter durch den langfristig abgeschlossenen Gestattungsvertrag in die Lage gebracht hat, hinsichtlich der Versorgung mit Hörfunk- und Fernsehprogrammen auf die Leistungen der Beklagten angewiesen zu sein. Gegen eine Preiskontrolle seitens der Klägerin spricht
  365. schließlich, daß eine solche Kontrolle mangels Deckungsgleichheit der Interessen einerseits der Klägerin, andererseits ihrer Mieter nicht geeignet wäre, den
  366. Schutz der Mieter in jedem Fall ausreichend zu gewährleisten.
  367. - 19 -
  368. III. Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben (§ 564
  369. Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Da der in § 7 des
  370. Rahmenvertrages der Parteien geregelte Zustimmungsvorbehalt, aus dem die
  371. Klägerin die Unzulässigkeit der Erhöhung oder Neueinführung von Entgelten
  372. seitens der Beklagten herleitet, nichtig ist, ist die Klage unter Abänderung des
  373. erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.
  374. Hirsch
  375. Melullis
  376. Tepperwien
  377. Ball
  378. Bornkamm