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858 lines
57 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. KVR 38/17
  4. Verkündet am:
  5. 12. Juni 2018
  6. Bürk
  7. Amtsinspektorin
  8. als Urkundsbeamtin
  9. der Geschäftsstelle
  10. in dem Kartellverwaltungsverfahren
  11. Nachschlagewerk:
  12. ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. Holzvermarktung Baden-Württemberg
  18. GWB § 32b Abs. 2 Nr. 1
  19. a) Eine die Kartellbehörde zur Aufhebung einer Verpflichtungszusagenentscheidung berechtigende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse in einem
  20. für die Verfügung wesentlichen Punkt ist nicht schon dann anzunehmen,
  21. wenn der Kartellbehörde nachträglich wesentliche Tatsachen bekannt werden, die bereits bei Erlass der Verfügung vorgelegen haben.
  22. b) Das nachträgliche Bekanntwerden wesentlicher Umstände genügt vielmehr
  23. nur dann, wenn diese Umstände entweder zuvor allgemein unbekannt waren
  24. oder von der Kartellbehörde deshalb nicht in Erfahrung gebracht werden
  25. konnten, weil sie mit der Aufdeckung solcher Umstände durch weitere Ermittlungen nicht rechnen musste. Entsprechendes gilt für prognostizierte Auswirkungen der Verpflichtungszusagen auf die Marktverhältnisse. Eine ausbleibende positive Entwicklung des Wettbewerbs kann nur dann zur Wiederaufnahme des Verfahrens berechtigen, wenn sie nicht vorhersehbar war.
  26. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2018 - KVR 38/17 - OLG Düsseldorf
  27. ECLI:DE:BGH:2018:120618BKVR38.17.0
  28. -2-
  29. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  30. vom 10. April 2018 durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, die
  31. Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Raum sowie die Richter
  32. Sunder und Dr. Deichfuß
  33. beschlossen:
  34. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss
  35. des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom
  36. 15. März 2017 teilweise aufgehoben.
  37. Auf die Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Bundeskartellamts vom 9. Juli 2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 16. Juli 2015 und des Änderungsbeschlusses vom 1. Oktober 2015 insgesamt aufgehoben.
  38. Das Bundeskartellamt hat die Kosten des Verfahrens und die zur
  39. zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen
  40. Kosten des Betroffenen zu tragen. Sonstige außergerichtliche
  41. Kosten werden nicht erstattet.
  42. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 30 Millionen
  43. Euro festgesetzt.
  44. -3-
  45. Gründe:
  46. 1
  47. I. Der Betroffene, das Land Baden-Württemberg, betreibt neben dem
  48. Verkauf von Holz aus dem landeseigenen Staatswald die Vermarktung von
  49. Holz, insbesondere Nadelstammholz, aus Körperschafts- und Privatwald. Hierbei fasst das betroffene Land die jeweils zum Verkauf stehenden Holzmengen
  50. aus den verschiedenen Waldbesitzarten zu einheitlichen Angeboten zusammen. Die Verträge mit Abnehmern werden entweder zentral über die Landesforstverwaltung (Forst BW) oder über die unteren Forstbehörden geschlossen,
  51. wobei das Land im Hinblick auf das aus Körperschafts- oder Privatwald stammende Holz in rechtsgeschäftlicher Vertretung für die jeweiligen kommunalen
  52. oder privaten Waldeigentümer handelt. Der beschriebenen Angebotsbündelung
  53. liegen Vereinbarungen des Landes mit den anderen beteiligten Waldeigentümern zugrunde, durch die das Land gegen Zahlung von Kostenbeiträgen die
  54. Wirtschaftsverwaltung des betroffenen Waldbesitzes und gegebenenfalls auch
  55. weitere forstwirtschaftliche Dienstleistungen übernimmt.
  56. 2
  57. Von der gesamten Waldfläche in Baden-Württemberg entfallen rund 24%
  58. auf landeseigenen Staatswald, rund 38% auf Körperschaftswald, der nahezu
  59. ausschließlich in kommunalem Eigentum steht, und rund 37% auf Privatwald,
  60. der von ungefähr 260.000 einzelnen Eigentümern gehalten wird. Gut ein Drittel
  61. des Privatwaldes gehört Waldbesitzern, die über eine Waldfläche von mehr als
  62. 100 ha verfügen. Im Jahr 2011 erzielte das Land aus dem gebündelten waldbesitzartübergreifenden Holzverkauf Umsätze in Höhe von insgesamt etwa 400
  63. bis 450 Mio. €, wovon ca. 80% bis 90% auf Stammholz und hiervon wiederum
  64. etwa 90% auf Nadelstammholz entfielen.
  65. 3
  66. -4-
  67. Das Bundeskartellamt war mit der Vermarktungspraxis des betroffenen
  68. Landes bereits in einem früheren Verfahren befasst, nachdem der Verband der
  69. Deutschen Säge- und Holzindustrie e.V. (VDS) mit Schreiben vom 10. Oktober
  70. 2001 Beschwerde geführt und beanstandet hatte, dass in Baden-Württemberg,
  71. wie auch in anderen Bundesländern, eine weitgehende Vereinheitlichung der
  72. Verkaufspreise und -konditionen eingetreten sei, was zu einem nahezu vollständigen Ausschluss des Wettbewerbs zwischen den Holzanbietern geführt
  73. habe. Nach ausgiebigen Verhandlungen gab das Land Baden-Württemberg
  74. Verpflichtungszusagen ab, die das Amt mit Beschluss vom 9. Dezember 2008
  75. gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1, 2 GWB für bindend erklärte. Eine umfassende
  76. Marktbefragung hatte das Amt im Laufe des Verfahrens nicht vorgenommen.
  77. 4
  78. Gemäß seinen Zusagen verpflichtete sich das betroffene Land, sich an
  79. Holzvermarktungskooperationen mit privaten oder kommunalen Forstunternehmen nur dann (weiterhin) zu beteiligen, wenn die Forstbetriebsfläche keines
  80. der beteiligten nichtstaatlichen Unternehmen 3.000 ha übersteigt. Dieser
  81. Schwellenwert galt auch für die einzelnen Mitglieder von nichtstaatlichen Kooperationen, die sich an der gemeinsamen Holzvermarktung beteiligten. Die
  82. Gesamtforstbetriebsfläche einer solchen Kooperation durfte zudem 8.000 ha
  83. nicht übersteigen. Des Weiteren verpflichtete sich das Land sicherzustellen,
  84. dass Kooperationsinitiativen außerhalb des Holzvermarktungssystems der
  85. staatlichen Forstverwaltungen in keiner Weise behindert, sondern stattdessen
  86. im Sinne einer „Hilfe zur Selbsthilfe“ unterstützt werden. Außerdem sagte das
  87. Land zu, die Professionalisierung privater und kommunaler Kooperationen zu
  88. fördern, um sie zum selbständigen Marktauftritt beim Holzverkauf zu befähigen.
  89. Schließlich übernahm das Land – insoweit befristet bis Ende 2013 – die Initiierung und Begleitung von mindestens fünf konkreten Pilotprojekten eigenständiger privater und/oder kommunaler Vermarktungskooperationen sowie – insoweit befristet bis zum 31. Januar 2014 – Mitteilungspflichten im Hinblick auf
  90. -5-
  91. Vermarktungskooperationen im Rahmen der gebündelten Holzvermarktung
  92. (Monitoring).
  93. 5
  94. Nach Abschluss des ersten Verfahrens erreichten das Bundeskartellamt
  95. weitere Beschwerden, insbesondere privater Vermarktungsorganisationen, die
  96. eine mangelnde Förderung und Unterstützung ihrer Arbeit durch die Landesforstverwaltung in Baden-Württemberg beklagten. Im September 2012 kündigte
  97. das Amt dem Land an, Ermittlungen zu den Marktverhältnissen in BadenWürttemberg durchzuführen, um die Wirksamkeit der Verpflichtungszusagen
  98. einschätzen zu können. Im weiteren Verlauf holte das Amt Auskünfte von 306
  99. Sägewerken mit Sitz in Baden-Württemberg ein und befragte zehn forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse, die (mit einer Ausnahme) erst nach dem Beschluss vom 9. Dezember 2008 entstanden sind und ihren Holzverkauf (weitgehend oder teilweise) unabhängig von Forst BW organisieren.
  100. 6
  101. Mit Beschluss vom 9. Juli 2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 16. Juli 2015 und des Änderungsbeschlusses vom 1. Oktober
  102. 2015 hat das Bundeskartellamt seine Entscheidung vom 9. Dezember 2008
  103. aufgehoben und festgestellt, dass die Vereinbarungen zur gemeinsamen Vermarktung von Nadelstammholz zwischen dem betroffenen Land und Privat- sowie Körperschaftswaldbesitzern gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV bzw. § 1 GWB
  104. verstoßen und nicht nach Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 GWB freigestellt sind,
  105. soweit eine Körperschaft, ein Privatwaldbesitzer oder ein forstwirtschaftlicher
  106. Zusammenschluss jeweils über eine Waldfläche von über 100 ha verfügen. Das
  107. Amt hat dem Land insbesondere untersagt, nach dem Ablauf von Übergangsfristen für Privat- und Körperschaftswaldbesitzer Holz zu verkaufen und zu fakturieren, soweit diese jeweils eine Waldfläche von 100 ha oder mehr besitzen.
  108. Unter den gleichen Voraussetzungen hat es dem Land untersagt, für diese
  109. Waldbesitzer Holz auszuzeichnen, Holzerntemaßnahmen zu betreuen, Holz
  110. aufzunehmen und Holzlisten zu drucken oder diese Leistungen durch Personen
  111. -6-
  112. erbringen zu lassen, die in die Forstverwaltung in näher bezeichneter Weise
  113. eingebunden oder als Informationsmittler geeignet sind. Weitere Beschränkungen betreffen die Erbringung forstwirtschaftlicher Dienstleistungen, die in einem
  114. Zusammenhang mit der Holzvermarktung gesehen werden. Hierzu zählen die
  115. jährliche Betriebsplanung, die forsttechnische Betriebsleitung, der forstliche Revierdienst, der periodische Betriebsplan sowie die Betreuung und technische
  116. Hilfe gegenüber Privatwaldbesitzern.
  117. 7
  118. Das Bundeskartellamt hat zur Begründung der Abstellungsverfügung u.a.
  119. ausgeführt, dass die in dem Beschluss vom 9. Dezember 2008 festgelegten
  120. Schwellenwerte von 3.000 bzw. 8.000 ha nach den durchgeführten Ermittlungen nicht annähernd ausreichten, um das Ziel einer wettbewerblichen Angebotsstruktur bei der Vermarktung von Rundholz in Baden-Württemberg zu erreichen. Außerdem sei davon auszugehen, dass sowohl private als auch körperschaftliche Waldbesitzer, die über eine Waldfläche von mehr als 100 ha verfügen, tatsächlich in der Lage seien, ihr Rundholz unabhängig vom Land wirtschaftlich selbständig zu vermarkten. Die Übernahme der näher bezeichneten
  121. forstwirtschaftlichen Dienstleistungen für dritte Waldbesitzer führe zu einer
  122. spürbaren Verstärkung der durch den waldbesitzartübergreifenden gebündelten
  123. Rundholzverkauf bezweckten und bewirkten Wettbewerbsbeschränkung.
  124. 8
  125. Das Oberlandesgericht hat auf die Beschwerde des Landes die angegriffene Abstellungsverfügung nur in geringem Umfang aufgehoben und sie unter
  126. Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insgesamt wie folgt neu gefasst:
  127. I. Die Entscheidung vom 9. Dezember 2008 - B 2-90/01-4 - wird mit Wirkung
  128. für die Zukunft aufgehoben.
  129. II. Die Vereinbarungen zur gemeinsamen Vermarktung von Nadelstammholz
  130. (im Folgenden als Holz bezeichnet) zwischen dem Land Baden-Württemberg
  131. und Privat- und Körperschaftswaldbesitzern verstoßen, soweit sie die in den
  132. -7-
  133. Tenoraussprüchen zu III. a. und b. und zu IV. genannten Dienstleistungen
  134. zum Gegenstand haben, gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und sind nicht nach
  135. Art. 101 Abs. 3 AEUV freigestellt, soweit eine Körperschaft (§ 3 Abs. 2
  136. BWaldG), ein Privatwaldbesitzer (§ 3 Abs. 3 BWaldG) oder ein forstwirtschaftlicher Zusammenschluss (§ 15 BWaldG) jeweils über eine Waldfläche
  137. von über 100 ha verfügen.
  138. III. Dem Land Baden-Württemberg wird untersagt, auf Grundlage bestehender
  139. oder neu abzuschließender Vereinbarungen für die unter Ziff. II. des Tenors
  140. genannten Waldbesitzer
  141. a. Holz zu verkaufen und zu fakturieren,
  142. soweit diese jeweils eine Waldfläche von 1.000 ha oder mehr besitzen: ab
  143. sechs Monaten nach Bestandskraft der Verfügung,
  144. soweit diese jeweils eine Waldfläche von weniger als 1.000 ha und mehr
  145. als 100 ha besitzen: ab einem Jahr nach Bestandskraft der Verfügung,
  146. b. Holz auszuzeichnen, Holzerntemaßnahmen zu betreuen, Holz aufzunehmen und Holzlisten zu drucken,
  147. soweit diese jeweils eine Waldfläche von 1.000 ha oder mehr besitzen: ab
  148. einem Jahr nach Bestandskraft der Verfügung,
  149. soweit diese jeweils eine Waldfläche von weniger als 1.000 ha und mehr
  150. als 100 ha besitzen: ab einem Jahr und sechs Monaten nach Bestandskraft der Verfügung,
  151. oder
  152. c. die vorstehend unter a. und b. genannten Dienstleistungen durch Personen erbringen zu lassen, die eine Forstbehörde leiten und/oder dort beschäftigt sind und/oder unter deren Dienst- und/oder Fachaufsicht stehen
  153. und/oder Zugang zu Informationen über das Marktverhalten des Landes
  154. beim Verkauf von Holz haben und/oder Informationen, die sie im Rahmen
  155. der vorgenannten Tätigkeiten über diese Waldbesitzer erhalten, an das
  156. Land Baden-Württemberg weitergeben müssen oder weitergeben. Dies
  157. gilt auch für die Landräte und damit für Personen in den Landkreisen, gegenüber denen der Landrat weisungsbefugt ist, solange dieser - wie derzeit - in Personalunion auch als Leiter einer unteren Forstbehörde in die
  158. Forstorganisation des Landes integriert und insoweit selbst weisungsgebunden ist.
  159. -8-
  160. IV. Dem Land Baden-Württemberg wird ab zwei Jahren und sechs Monaten
  161. nach Bestandskraft der Verfügung untersagt, für die unter Ziff. II. genannten Waldbesitzer mit einer Waldfläche von mehr als 100 ha die jährliche
  162. Betriebsplanung (§ 51 LWaldG), die forsttechnische Betriebsleitung (§§ 47
  163. Abs. 1 Satz 2, 55 Abs. 2 LWaldG) und den forstlichen Revierdienst (§§ 48
  164. Abs. 1, 55 Abs. 2 LWaldG) durchzuführen, das heißt von Personen gemäß
  165. Ziff. III. erbringen zu lassen, soweit
  166. a. diese Staatswald bewirtschaften und/oder
  167. b. diese Zugang zu Informationen über Kunden, Mengen, Sortimente (Qualitäten) und Preise des Landes beim Verkauf von Holz haben und/oder
  168. derartige Informationen, die sie im Rahmen der vorgenannten Tätigkeiten über andere Waldbesitzer erhalten, an das Land BadenWürttemberg weitergeben müssen oder weitergeben.
  169. V. Dem Land Baden-Württemberg wird untersagt, bei der Vermarktung eigener Dienstleistungen, und zwar der Erstellung des periodischen und des
  170. jährlichen Betriebsplans sowie der Durchführung der forsttechnischen Betriebsleitung gegenüber Körperschaften die Vorstellung zu erwecken oder
  171. die vorgefundene Vorstellung zu bestätigen, wonach die eigene Durchführung der oder die Beauftragung Dritter mit der Durchführung dieser forstwirtschaftlichen Dienstleistungen an die Voraussetzung gebunden sei, ein
  172. körperschaftliches Forstamt zu errichten.
  173. VI. Dem Land Baden-Württemberg wird ab einem Jahr nach Bestandskraft der
  174. Verfügung untersagt, den unter Ziff. II. genannten Waldbesitzern mit Waldflächen von mehr als 100 ha nicht kostendeckende Angebote für forstwirtschaftliche Dienstleistungen der Betreuung und technischen Hilfe (§ 55
  175. Abs. 2 LWaldG) sowie des periodischen Betriebsplans (§ 50 Abs. 1
  176. LWaldG), der jährlichen Betriebsplanung (§ 51 LWaldG), der forsttechnischen Betriebsleitung (§ 47 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 LWaldG), des forstlichen
  177. Revierdienstes (§ 48 LWaldG) sowie der Wirtschaftsverwaltung (§ 47 Abs.
  178. 1 Satz 4 LWaldG) zu machen und diese zu nicht kostendeckenden Entgelten zu erbringen.
  179. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechts9
  180. 10
  181. beschwerde des betroffenen Landes.
  182. -9-
  183. II. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung, soweit für das
  184. Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet:
  185. 11
  186. Das Bundeskartellamt sei durch den Beschluss vom 9. Dezember 2008
  187. nicht gehindert gewesen, das Verfahren gegen das betroffene Land wieder aufzugreifen. Zwar sei die damalige Verfügung entgegen der Auffassung des Amtes nicht „implizit“ befristet gewesen und habe auch nicht unter dem Vorbehalt
  188. einer späteren Prüfung gestanden. Das Amt habe die Verfügung aber gemäß
  189. § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB aufheben und das Verfahren wieder aufnehmen können, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse in einem für die Verfügung wesentlichen Punkt nachträglich geändert hätten.
  190. 12
  191. Die genannte Vorschrift sei in Anlehnung an die Rechtsprechung der
  192. Verwaltungsgerichte zum Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG dahin auszulegen, dass eine
  193. objektive Veränderung der Sachlage nicht erforderlich sei. Vielmehr sei eine
  194. Änderung der Sachlage im Rechtssinne auch dann anzunehmen, wenn die Behörde erst nachträglich von solchen Tatsachen Kenntnis erlange, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts bereits vorgelegen hätten. Ob das
  195. nachträgliche Bekanntwerden von entscheidungsrelevanten Tatsachen auf ein
  196. Versäumnis der Behörde zurückzuführen sei, sei dabei unerheblich. Würden für
  197. den Nachweis eines Kartellrechtsverstoßes taugliche Tatsachen der Kartellbehörde auf Grund einer erst nach Erlass einer Verpflichtungszusagenentscheidung umfassend durchgeführten Sachaufklärung bekannt, müssten diese Tatsachen im Rahmen der Wiederaufnahme gemäß § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB verwertet und einer Abstellungsverfügung zu Grunde gelegt werden können.
  198. 13
  199. Danach seien im Streitfall all diejenigen Fakten nachträglich eingetretene
  200. Tatsachen im Sinne von § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB, die sich aus den vom Bun-
  201. - 10 -
  202. deskartellamt ab Oktober 2012 durchgeführten Befragungen ergeben hätten.
  203. Ob das Amt entsprechende Ermittlungen mit gleichermaßen aussagekräftigen
  204. Ergebnissen bereits vor dem Erlass der Verpflichtungszusagenentscheidung
  205. vom 9. Dezember 2008 hätte vornehmen können oder sogar müssen, sei unerheblich.
  206. 14
  207. Die demnach als Wiederaufnahmegrund zu berücksichtigenden Befragungsergebnisse beträfen schon deshalb einen wesentlichen Punkt der Entscheidung, weil sie eine Korrektur der Schwellenwerte gerechtfertigt hätten, und
  208. diese Korrektur der Entscheidung vom 9. Dezember 2008 die Grundlage entziehe. Bereits die Veränderung der Sachlage in nur einem wesentlichen Punkt
  209. berechtige die Kartellbehörde dazu, die Verpflichtungszusagenentscheidung
  210. aufzuheben und das Kartellverwaltungsverfahren wieder aufzunehmen. Nicht
  211. zu beanstanden sei aber auch die Einschätzung des Bundeskartellamts, gerade
  212. erst durch die infolge der Verpflichtungszusagenentscheidung entwickelten Pilotprojekte und die Befragung der hieraus in Baden-Württemberg neu entstandenen Vermarktungskooperationen entscheidungsrelevante Erkenntnisse erlangt zu haben, und zwar insbesondere zu dem wettbewerbsbeschränkenden
  213. Einfluss, den die vom Land nicht kostendeckend übernommenen (weiteren)
  214. forstwirtschaftlichen Dienstleistungen zu Gunsten dritter Waldbesitzer auf den
  215. Markt für Produktion und Vertrieb von Nadelstammholz in Baden-Württemberg
  216. hätten.
  217. 15
  218. Im Umfang ihrer Untersagung durch das Bundeskartellamt bezweckten
  219. die streitbefangenen Vereinbarungen zur vergemeinschafteten Rundholzvermarktung und den weiteren forstlichen Dienstleistungen eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV. Das Land handele
  220. jeweils als Unternehmen im Sinne des Kartellrechts. Die untersagten Vereinbarungen seien auch geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu
  221. beeinträchtigen. Sie seien auch nicht gemäß Art. 106 Abs. 2 oder Art. 101
  222. - 11 -
  223. Abs. 3 AEUV dem Anwendungsbereich des Kartellrechts entzogen. Schließlich
  224. folge auch aus § 46 BWaldG nF keine wirksame Freistellung der betroffenen
  225. Dienstleistungen vom unionsrechtlichen Kartellverbot.
  226. 16
  227. III. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde des betroffenen Landes hat Erfolg. Das Bundeskartellamt war an dem Erlass der angefochtenen Abstellungsverfügung durch seine Verpflichtungszusagenentscheidung vom 9. Dezember 2008 gehindert. Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens lägen
  228. vor, hält der Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht stand.
  229. 17
  230. 1. Ohne Rechtsfehler ist das Beschwerdegericht allerdings durch Auslegung der Verpflichtungszusagenentscheidung vom 9. Dezember 2008 zu dem
  231. Ergebnis gelangt, dass diese Entscheidung nicht (implizit) befristet ist und auch
  232. keinen Vorbehalt späterer Überprüfung enthält.
  233. 18
  234. Eine Verpflichtungszusagenentscheidung kann gemäß § 32b Abs. 1
  235. Satz 3 GWB befristet werden. Eine solche Befristung, die die nach § 32b Abs. 1
  236. Satz 2 GWB eintretende Selbstbindung der Kartellbehörde zeitlich begrenzt,
  237. muss sich aber aus Gründen der Rechtssicherheit der Verpflichtungszusagenentscheidung eindeutig und unmissverständlich entnehmen lassen. Dies
  238. erfordert grundsätzlich eine ausdrückliche Befristungserklärung (vgl. Bornkamm/Tolkmitt in Langen/Bunte, Deutsches Kartellrecht, 13. Auflage, § 32b
  239. GWB Rn. 17).
  240. 19
  241. Das Bundeskartellamt hat die Verpflichtungszusagenentscheidung vom
  242. 9. Dezember 2008 nicht ausdrücklich befristet. Selbst wenn eine konkludente
  243. Befristung in Erwägung gezogen werden könnte, wäre sie dem Beschluss vom
  244. 9. Dezember 2008 nicht zu entnehmen. Sie ergibt sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat, insbesondere nicht daraus, dass zwei von sechs
  245. Verpflichtungszusagen befristet waren. Die Rechtsbeschwerdeerwiderung er-
  246. - 12 -
  247. hebt gegen diese Einschätzung des Beschwerdegerichts auch keine inhaltlichen Einwendungen.
  248. - 13 -
  249. 20
  250. Ob eine Verpflichtungszusagenentscheidung mit einem Widerrufsvorbehalt versehen werden kann (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 3, § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG),
  251. bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Das Beschwerdegericht hat das
  252. Vorliegen eines Widerrufsvorbehalts rechtsfehlerfrei verneint. Die Rechtsbeschwerdeerwiderung erinnert hiergegen nichts.
  253. 21
  254. 2. Der Ansicht des Beschwerdegerichts, das Bundeskartellamt sei gemäß § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB zur Wiederaufnahme des Verfahrens berechtigt,
  255. sofern ihm nur nachträglich wesentliche Tatsachen bekannt würden, kann hingegen aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden.
  256. 22
  257. a) Eine Verpflichtungszusagenentscheidung hindert die Kartellbehörde
  258. daran, wegen des beanstandeten Verhaltens eine Abstellungsverfügung gemäß
  259. § 32 GWB zu erlassen, sofern nicht die Voraussetzungen des § 32b Abs. 2
  260. GWB erfüllt sind (§ 32b Abs. 1 Satz 2 GWB). Nach § 32b Abs. 2 GWB kann die
  261. Kartellbehörde die Verpflichtungszusagenentscheidung aufheben und das Verfahren wieder aufnehmen, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse in einem für
  262. die Verfügung wesentlichen Punkt nachträglich geändert haben (§ 32b Abs. 2
  263. Nr. 1 GWB), die beteiligten Unternehmen ihre Verpflichtungen nicht einhalten
  264. (§ 32b Abs. 2 Nr. 2 GWB) oder die Verfügung auf unvollständigen, unrichtigen
  265. oder irreführenden Angaben der Parteien beruht (§ 32b Abs. 2 Nr. 3 GWB).
  266. 23
  267. b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist § 32b Abs. 2
  268. Nr. 1 GWB nicht dahin auszulegen, dass eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse in einem für die Verfügung wesentlichen Punkt schon
  269. dann anzunehmen ist, wenn der Kartellbehörde nachträglich wesentliche Tatsachen bekannt geworden sind, die bereits bei Erlass der Verfügung vorgelegen haben. Die nachträgliche Behebung einer Unkenntnis oder Fehlvorstellung
  270. der Kartellbehörde bewirkt für sich genommen keine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne von § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB. Die Voraussetzungen
  271. - 14 -
  272. dieser Vorschrift sind somit nicht schon dann erfüllt, wenn die Kartellbehörde
  273. durch neue, weitergehende Ermittlungen wesentliche neue Kenntnisse gewinnt.
  274. 24
  275. aa) Mit einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne von
  276. § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB sind grundsätzlich objektive Veränderungen gemeint,
  277. die von (subjektiven) Fehleinschätzungen auf Seiten der Kartellbehörde zu unterscheiden sind (Bornkamm in Langen/Bunte, Deutsches Kartellrecht, 12. Auflage, § 32b GWB Rn. 29; Bach in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht,
  278. 5. Auflage, § 32b GWB Rn. 31; Keßler in MünchKomm.WettbR, 2. Auflage,
  279. § 32b GWB Rn. 38; Jaeger in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, § 32b
  280. GWB, Stand September 2010 Rn. 43; Bechtold/Bosch, GWB, 8. Auflage, § 32b
  281. Rn. 11; der Beschwerdeentscheidung aber zustimmend Bornkamm/Tolkmitt in
  282. Langen/Bunte, Deutsches Kartellrecht, 13. Auflage, § 32b GWB Rn. 32).
  283. 25
  284. Für diese Auslegung spricht zunächst der Wortlaut von § 32b Abs. 2
  285. Nr. 1 GWB. Die Vorschrift erfordert eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse. Die Gewinnung neuer Kenntnisse über objektiv im Wesentlichen unveränderte Verhältnisse wird hiervon bei unbefangenem Sprachverständnis nicht umfasst.
  286. 26
  287. Zu berücksichtigen und zu § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB in Beziehung zu setzen ist ferner der in § 32b Abs. 2 Nr. 3 GWB geregelte Wiederaufnahmegrund.
  288. Nach dieser Bestimmung kann die Kartellbehörde eine Verpflichtungszusagenentscheidung aufheben und das Verfahren wieder aufnehmen, wenn die
  289. Verfügung auf unvollständigen, unrichtigen oder irreführenden Angaben der
  290. Parteien beruht. Da diese Regelung nur zur Anwendung kommen kann, wenn
  291. die Kartellbehörde die Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Angaben erkannt
  292. hat, betrifft § 32b Abs. 2 Nr. 3 GWB ebenfalls die Konstellation einer schon bei
  293. Erlass der Verpflichtungszusagenentscheidung vorliegenden, der Kartellbehörde aber erst nachträglich bekannt gewordenen Sachlage. Die Wiederaufnah-
  294. - 15 -
  295. meberechtigung gemäß § 32b Abs. 2 Nr. 3 GWB ist aber auf den Fall beschränkt, dass die ursprüngliche, der Verfügung zugrunde gelegte Fehlvorstellung der Behörde auf unvollständigen, unrichtigen oder irreführenden Angaben
  296. der Parteien beruhte. Es widerspräche den Grundsätzen einer systematischen
  297. Auslegung, wenn schon die in § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB geregelte nachträgliche
  298. Änderung der tatsächlichen Verhältnisse in dem Sinne verstanden würde, dass
  299. sie ohne weiteres auch das nachträgliche Bekanntwerden unverändert gebliebener Umstände umfasst.
  300. 27
  301. bb) Demgegenüber lässt sich die vom Beschwerdegericht befürwortete
  302. weite Auslegung von § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB nicht mit einem Rückgriff auf die
  303. verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsaktes auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen (§ 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG) rechtfertigen.
  304. 28
  305. (1) Es besteht schon keine gefestigte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, der der Rechtssatz entnommen werden kann, die Widerrufsvoraussetzungen nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG seien stets bereits dann erfüllt,
  306. wenn der Behörde entscheidungsrelevante Tatsachen unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung erst nach dem Erlass des Verwaltungsaktes bekannt
  307. werden.
  308. 29
  309. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Tatsachen dann „nachträglich eingetreten“, wenn sich der Sachverhalt, der dem Verwaltungsakt zugrunde liegt, nachträglich so ändert, dass die Behörde berechtigt
  310. wäre, den ursprünglichen Verwaltungsakt nicht zu erlassen. Die entscheidungserheblichen Elemente des Sachverhalts, deren Änderung zu einem Widerruf berechtigt, können sowohl in einem Verhalten von Beteiligten oder Betroffenen als auch in äußeren Umständen liegen. Notwendig ist stets eine Veränderung der Sachlage; die schlichte andere Beurteilung der gleichgebliebenen
  311. - 16 -
  312. Tatsachen reicht insoweit nicht aus (BVerwG, NVwZ 1991, 577, 578; Beschluss
  313. vom 7. Juli 2009 – 1 WB 51/08, juris Rn. 34). Allerdings kann, worauf das Beschwerdegericht zutreffend hinweist, die geänderte Bewertung von Sachverhalten eine Änderung von Tatsachen im Sinne von § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG
  314. sein, wenn sie auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht (BVerwG,
  315. NVwZ 1984, 102, 103; NVwZ 2016, 323 Rn. 11 f.; BVerwGE 155, 81 Rn. 36).
  316. Dass darüber hinaus das nachträgliche Bekanntwerden unverändert gebliebener Umstände für sich allein zum Widerruf berechtigen könne, ist dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen und wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der verwaltungsrechtlichen Literatur teilweise ausdrücklich verneint
  317. (VGH Mannheim, NVwZ-RR 1992, 602, 604; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs,
  318. VwVfG, 9. Auflage, § 49 Rn. 62 mwN; BeckOK-Abel, VwVfG, Stand 1.4.2018,
  319. § 49 Rn. 50).
  320. 30
  321. Die demgegenüber vom Beschwerdegericht herangezogene, in einem
  322. Prozesskostenhilfeverfahren ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Februar 2006 (BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 2006
  323. – 2 PKH 3/05, juris Rn. 12) führt im Ergebnis nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar legt die Begründung dieser Entscheidung nahe, dass im konkreten
  324. Fall später bekannt gewordene Zeugnisse als „nachträglich eingetretene Tatsache" in Betracht gezogen wurden. Erwogen wurde aber auch, dass das der anfänglichen Unkenntnis zugrunde liegende Ermittlungsversäumnis der Behörde
  325. durch eine unzutreffende Versicherung des Antragstellers beeinflusst worden
  326. sein könnte. Zudem wurde zur Begründung der Entscheidung auf weitere Umstände abgestellt, die den Widerruf rechtfertigten.
  327. 31
  328. Ein allgemein gültiger Rechtssatz des Inhalts, dass schon das nachträgliche Bekanntwerden unverändert gebliebener Umstände zum Widerruf berechtige, lässt sich dieser – auf einen Einzelfall bezogenen und einen weiteren,
  329. selbständig tragenden Grund gestützten – Entscheidung des Bundesverwal-
  330. - 17 -
  331. tungsgerichts nicht entnehmen. Dies gilt im Ergebnis auch für die vom Beschwerdegericht zitierte Entscheidung des OVG Münster (NVwZ-RR 2006, 527,
  332. 528), in der durch eine Begutachtung gewonnene und der Behörde in Form eines Ergänzungsgutachtens mitgeteilte Erkenntnisse ohne nähere Erläuterung
  333. als nachträglich eingetretene Tatsachen gewertet wurden.
  334. 32
  335. (2) Außerdem lässt sich ein in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung entwickeltes Verständnis des Tatbestandsmerkmals „nachträglich eingetretene Tatsachen“ (§ 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG) nicht ohne weiteres auf die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der nachträglichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (§ 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB) übertragen.
  336. 33
  337. Die Regelung der Verpflichtungszusage ist mit der 7. GWB-Novelle eingeführt worden, die insbesondere der Angleichung des nationalen Kartellrechts
  338. an das europäische Recht diente und die Verabschiedung der am 1. Mai 2004
  339. in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember
  340. 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (VO 1/2003) zum Anlass hatte (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur 7. GWB-Novelle, BT-Drucks. 15/3640, S. 21). Durch die Reform wurden Verfahrensregelungen und Ermittlungsbefugnisse im GWB an die
  341. Neuregelungen der VO 1/2003 angepasst (a.a.O. S. 22). In diesem Zusammenhang wurde die Vorschrift zur Verbindlicherklärung von Verpflichtungserklärungen (§ 32b GWB) der Regelung in Art. 9 VO 1/2003 nachgebildet (vgl. nur
  342. Bornkamm in Festschrift für Bechtold, 2006, S. 45).
  343. 34
  344. Ungeachtet dieser Anlehnung an das Unionsrecht trifft es zu, dass § 32b
  345. Abs. 2 Nr. 1 GWB im Ansatz dem gleichen Grundgedanken folgt wie § 49
  346. Abs. 2 Nr. 3 VwVfG. Die Vorschriften entsprechen dem Vorbehalt der clausula
  347. rebus sic stantibus bei angemessener Wahrung des Vertrauensschutzes des
  348. Betroffenen. Dabei stellt sich § 32b Abs. 2 GWB im Verhältnis zu den allgemei-
  349. - 18 -
  350. nen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Aufhebung von
  351. Verwaltungsakten (§§ 48 ff. VwVfG) als eine spezialgesetzliche Regelung dar
  352. und geht als solche den allgemeinen Bestimmungen vor (vgl. Gesetzentwurf
  353. der Bundesregierung zur 7. GWB-Novelle, BT-Drucks. 15/3640, S. 52). Die Regelungsnähe der Bestimmungen spricht zwar dafür, übereinstimmend formulierte Tatbestandsvoraussetzungen zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsordnung auch übereinstimmend auszulegen. Daraus folgt aber nicht, dass die
  354. Auslegung des § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB mit der Auslegung des § 49 Abs. 2
  355. Nr. 3 VwVfG deckungsgleich sein müsste.
  356. 35
  357. Die beiden Vorschriften weichen bereits in der Formulierung und inhaltlich voneinander ab. Während § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG auf „nachträglich eingetretene Tatsachen“ abstellt, verlangt § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB eine „nachträgliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse“. Des Weiteren setzt ein Widerruf
  358. nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG nicht nur eine andernfalls bestehende Gefährdung des öffentlichen Interesses voraus, die das Beschwerdegericht bei vom
  359. Bundeskartellamt aufgegriffenen Kartellverstößen allerdings schon grundsätzlich annehmen möchte, sondern führt auch abweichend von § 32b Abs. 2 GWB
  360. unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Entschädigungsanspruch des
  361. Betroffenen (§ 49 Abs. 6 Satz 1 VwVfG).
  362. 36
  363. Vor allem aber unterscheiden sich die Vorschriften wesentlich in ihrem
  364. Regelungskonzept. Das Verwaltungsverfahrensgesetz differenziert in §§ 48, 49
  365. VwVfG zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Verwaltungsakten. Ein
  366. rechtswidriger (begünstigender) Verwaltungsakt kann grundsätzlich auch aufgrund nachträglicher Erkenntnisse der Behörde zurückgenommen werden, wobei sich die Rechtswidrigkeit gerade aus denjenigen Umständen ergeben kann,
  367. die der Behörde zuvor unbekannt waren (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs,
  368. VwVfG, 9. Auflage, § 49 Rn. 62; Pautsch in Pautsch/Hoffmann, VwVfG, § 49
  369. Rn. 23).
  370. - 19 -
  371. 37
  372. Demgegenüber bezwecken Verpflichtungszusagen und die diesbezügliche Verfügung der Kartellbehörde nach § 32b Abs. 1 Satz 2 GWB eine konsensuale Lösung, mit der ein Konflikt zwischen der Behörde und den betroffenen Unternehmen beendet werden soll (Bornkamm in Langen/Bunte, Deutsches Kartellrecht, 12. Auflage, § 32b GWB Rn. 1, 17, 34). Die Kartellbehörde
  373. muss nicht abschließend prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Abstellungsverfügung vorliegen und kann sich mit einer vorläufigen Einschätzung begnügen. Sie ist für eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung nach § 32b Abs. 1
  374. GWB aber darauf angewiesen, dass die betroffenen Unternehmen die Eingehung von Verpflichtungen anbieten, die geeignet sind, die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Behörde auszuräumen. Der dem gegenüberstehende Vorteil der Unternehmen besteht darin, dass die Kartellbehörde von weitergehenden Befugnissen, insbesondere zum Erlass einer Abstellungsverfügung (§ 32
  375. Abs. 1 GWB) keinen Gebrauch machen kann und insoweit gebunden bleibt,
  376. solange – vorbehaltlich einer Befristung – kein Wiederaufnahmegrund gemäß
  377. § 32b Abs. 2 GWB vorliegt. Dieses Regelungskonzept erübrigt abweichend von
  378. den §§ 48, 49 VwVfG eine im Aufhebungsfall zu treffende Unterscheidung zwischen rechtmäßiger und rechtswidriger Verfügung. Maßgebend ist stattdessen
  379. das erzielte Einvernehmen als Grundlage der Entscheidung. Dementsprechend
  380. werden die beteiligten Unternehmen nicht in ihrem Vertrauen auf die Richtigkeit
  381. einer behördlichen Entscheidung geschützt, sondern in ihrem Vertrauen auf den
  382. Bestand der erzielten Einigung.
  383. 38
  384. cc) Die Vorschrift des Art. 9 VO 1/2003, der § 32b GWB nachgebildet ist,
  385. sowie deren Anwendung auf Unionsebene legen keine andere, dem Bundeskartellamt günstigere Auslegung von § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB nahe. Für den
  386. Streitfall aussagekräftige Rechtsprechung der Unionsgerichte zur Anwendung
  387. von Art. 9 Abs. 2 VO 1/2003 ist nicht ersichtlich. Die von der Rechtsbeschwerdeerwiderung genannte Entscheidung „Langnese-Iglo“ des Unionsgerichtshofs
  388. - 20 -
  389. (EuGH, Urteil vom 1. Oktober 1998 – C-279/95, Slg. 1998, I-5609 Rn. 28 ff.)
  390. betraf schon keine förmliche Entscheidung, sondern ein Verwaltungsschreiben
  391. der Kommission („comfort letter“), in dem diese sich eine Wiederaufnahme des
  392. Verfahrens vorbehalten hatte, falls sich die ihrer Beurteilung zugrunde liegenden rechtlichen oder tatsächlichen Umstände wesentlich ändern sollten.
  393. 39
  394. c) Durch diese Auslegung des § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB wird das Instrument der Verpflichtungszusage nicht entwertet. Sinn und Zweck des § 32b
  395. GWB erfordern es zwar, der Kartellbehörde die Möglichkeit zu eröffnen, sich
  396. von einer Verpflichtungszusagenentscheidung zu lösen, wenn ihr Umstände
  397. bekannt werden, die sie im Vorhinein nicht kennen konnte. Auf später bekannt
  398. gewordene Umstände, die die Behörde bereits vor der Verpflichtungszusagenentscheidung hätte in Betracht ziehen und in Erfahrung bringen können,
  399. kann die Wiederaufnahme des Verfahrens aber nicht gestützt werden. Das
  400. nachträgliche Bekanntwerden zuvor schon existenter wesentlicher Umstände
  401. genügt vielmehr nur dann, wenn diese Umstände zuvor allgemein unbekannt
  402. waren oder von der Kartellbehörde deshalb nicht in Erfahrung gebracht werden
  403. konnten, weil die Behörde mit der Aufdeckung solcher Umstände durch weitere
  404. Ermittlungen nicht rechnete und nicht rechnen musste. Entsprechendes gilt,
  405. soweit es um Erwartungen hinsichtlich der Auswirkungen von Verpflichtungszusagen auf die Marktverhältnisse geht. Unerwartete Entwicklungen können zur
  406. Wiederaufnahme des Verfahrens berechtigen, wenn sie – auch bei besserer
  407. Kenntnis der bestehenden Verhältnisse – nicht vorhersehbar waren. Auf Entwicklungen der Marktverhältnisse, die von vornherein in Betracht zu ziehen waren, kann und muss sich die Kartellbehörde hingegen im Rahmen der Entscheidung nach § 32b Abs. 1 Satz 1 GWB einrichten, etwa durch eine Befristung
  408. dieser Entscheidung.
  409. 40
  410. aa) Die Regelung über Verpflichtungszusagen in § 32b GWB erlaubt zur
  411. Durchsetzung der Wettbewerbsregeln konsensuale Lösungen und dient damit
  412. - 21 -
  413. auch dazu, den Kartellbehörden eine zügige und ressourcenschonende Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen (Bach in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, § 32b GWB Rn. 3). Die Behörde kann ihre Entscheidung aufgrund einer nur vorläufigen Beurteilung treffen (§ 32b Abs. 1 Satz 1
  414. GWB). Der Zielsetzung der Norm entsprechend ist die Kartellbehörde, wie vom
  415. Beschwerdegericht zutreffend dargelegt, auch nicht verpflichtet, den zugrunde
  416. liegenden Sachverhalt im Rahmen ihrer Möglichkeiten vollständig aufzuklären;
  417. sie kann sich mit einem geringeren Ermittlungsaufwand begnügen (Jaeger in
  418. Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, § 32b GWB, Stand September 2010
  419. Rn. 10 f.; a.A. Bach in Immenga/Mestmäcker, GWB, 5. Auflage, § 32b Rn. 11;
  420. Bechtold/Bosch, GWB, 8. Auflage, § 32b Rn. 3).
  421. 41
  422. Die Möglichkeit, den Ermittlungsaufwand zu beschränken, berechtigt die
  423. Kartellbehörde indessen nicht, unterbliebene Ermittlungen nach dem Erlass
  424. einer Verpflichtungszusagenentscheidung nachzuholen und auf dieser Grundlage eine Neubeurteilung vorzunehmen. Eine derart weitgehende Relativierung
  425. der Wiederaufnahmevoraussetzungen ist im Interesse der Funktionsfähigkeit
  426. des Instruments der Verpflichtungszusage nicht geboten.
  427. 42
  428. Die Kartellbehörde hat, wenn auch nicht die Verpflichtung, so doch jedenfalls die Möglichkeit, den Sachverhalt vor einer Verpflichtungszusagenentscheidung weitergehend aufzuklären, insbesondere zur besseren Abschätzung
  429. der bei Einhaltung von Verpflichtungszusagen zu erwartenden wettbewerblichen Wirkungen. Unabhängig davon kann die Behörde auf den Inhalt der Verpflichtungszusagen im Zuge der hierüber im Regelfall zu führenden Verhandlungen Einfluss nehmen, da sie über die Eignung der Zusagen zur Ausräumung
  430. der wettbewerbsrechtlichen Bedenken zu befinden hat und der Erlass der Verpflichtungszusagenentscheidung zudem in ihrem Ermessen steht. Dabei ist der
  431. mögliche Inhalt der Verpflichtungszusagen nicht durch die für den Erlass einer
  432. Abstellungsverfügung (§ 32 GWB) geltenden normativen Vorgaben beschränkt
  433. - 22 -
  434. (vgl. Bornkamm in Festschrift für Bechtold, 2006, S. 45, 50 f.; Keßler in MünchKomm.WettbR, 2. Auflage, § 32b GWB Rn. 15; Rehbinder in Loewenheim/
  435. Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, GWB, 3. Auflage, § 32b
  436. Rn. 7 f.; zur nur eingeschränkten Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
  437. bei Anwendung von Art. 9 VO 1/2003 vgl. EuGH, Urteil vom 29. Juni 2010
  438. – C-441/07, Slg. 2010, I-5949 Rn. 41 ff. – Alrosa).
  439. 43
  440. bb) Gleichwohl verbleibenden Unwägbarkeiten kann die Kartellbehörde
  441. durch eine Befristung der Verpflichtungszusagenentscheidung Rechnung tragen, die ihr die Möglichkeit gibt, nach Ablauf der Frist eine Neubewertung auf
  442. der Grundlage der ihr dann vorliegenden Informationen vorzunehmen. Anstelle
  443. einer Befristung kommt gegebenenfalls auch ein Widerrufsvorbehalt (vgl. § 36
  444. Abs. 2 Nr. 3, § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG) in Betracht, wodurch eine mit Fristablauf
  445. automatisch eintretende Beendigung der Wirkungen der Verpflichtungszusagenentscheidung vermieden werden könnte. Ob eine Verpflichtungszusagenentscheidung mit einem Widerrufsvorbehalt, der im Unterschied zur Befristungsmöglichkeit in § 32b GWB keine Erwähnung findet, versehen werden kann
  446. (vgl. dazu Klose in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 3. Auflage, § 51
  447. Rn. 46; ablehnend Bach in Immenga/Mestmäcker, GWB, 5. Auflage, § 32b
  448. Rn. 30), muss hier nicht entschieden werden. Jedenfalls würde durch die Zulassung eines Widerrufsvorbehalts, in dem die Widerrufsvoraussetzungen ausreichend bestimmt sein müssten, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der
  449. den Unternehmen zuzugestehende Vertrauensschutz weit weniger stark berührt
  450. als durch eine aus § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB abgeleitete Berechtigung der Kartellbehörde, durch eine Wiederaufnahme des Abstellungsverfahrens schon
  451. dann nachfassen zu dürfen, wenn sie die Folgewirkungen einer Verpflichtungszusagenentscheidung später als unzureichend bewertet.
  452. 44
  453. cc) Die damit angesprochenen Möglichkeiten, unerwünschten Bindungsfolgen schon bei der Verpflichtungszusagenentscheidung entgegenzuwirken,
  454. - 23 -
  455. bestehen für die Kartellbehörde nicht in gleicher Weise, wenn es um das spätere Bekanntwerden wesentlicher Umstände geht, die die Kartellbehörde vor ihrer
  456. Entscheidung nicht kennen und nicht in Erfahrung bringen konnte, weil sie mit
  457. dem Vorhandensein solcher Umstände und ihrer Aufdeckbarkeit durch weitere
  458. Ermittlungen nicht rechnen musste. Unter diesen Voraussetzungen ist der Kartellbehörde das Recht zuzugestehen, sich gemäß § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB von
  459. ihrer Bindung durch eine Verpflichtungszusagenentscheidung zu lösen, da andernfalls die Funktionstauglichkeit dieses kartellverwaltungsrechtlichen Instruments gefährdet wäre. Denn auf Kenntnisdefizite, die die Behörde als solche
  460. nicht erkennen konnte, konnte sie sich bei den Ermittlungen, den Verhandlungen und der Ausgestaltung der Verpflichtungszusagenentscheidung nicht einstellen.
  461. 45
  462. Die in § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB genannten tatsächlichen Verhältnisse
  463. werden daher nicht abschließend durch die objektive Sachlage beschrieben,
  464. sondern beinhalten auch das Fehlen solcher Umstände, mit denen die Kartellbehörde nicht rechnen konnte und die deshalb von ihren subjektiven Erkenntnismöglichkeiten nicht umfasst waren. Das spätere Bekanntwerden solcher
  465. Umstände ist dann als eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu werten.
  466. Insoweit verhält es sich ähnlich wie bei einer geänderten Bewertung objektiv
  467. unveränderter Sachverhalte, die auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen
  468. beruht und der Behörde erst durch diesen, von ihr nicht beeinflussbaren Erkenntnisfortschritt zugänglich gemacht wurde (vgl. hierzu BVerwG, NVwZ 1984,
  469. 102, 103; NVwZ 2016, 323 Rn. 11 f.; BVerwGE 155, 81 Rn. 36).
  470. 46
  471. dd) Soweit es um Erwartungen der Kartellbehörde im Hinblick auf die
  472. künftige Entwicklung der Marktverhältnisse geht, ist bei der Beurteilung der
  473. Wiederaufnahmevoraussetzungen nach § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB ebenfalls nach
  474. der Erkennbarkeit zu differenzieren. Im Ausgangspunkt wird grundsätzlich zu
  475. Recht angenommen, dass Fehleinschätzungen der Kartellbehörde hinsichtlich
  476. - 24 -
  477. der Auswirkungen des zugesagten Verhaltens auf die Marktverhältnisse nicht
  478. zur Wiederaufnahme des Verfahrens berechtigen (Bornkamm in Langen/Bunte,
  479. Kartellrecht, 12. Auflage, § 32b GWB Rn. 29, Bach in Immenga/Mestmäcker,
  480. GWB, 5. Auflage, § 32b Rn. 31; Bechtold/Bosch, GWB, 8. Auflage, § 32b
  481. Rn. 11). Anders verhält es sich, den bisherigen Darlegungen entsprechend,
  482. jedoch dann, wenn die Erwartungen zur Marktentwicklung auf einer zutreffenden Erfassung der bestehenden Verhältnisse beruhten, sich aber infolge unvorhersehbarer Entwicklungen nicht erfüllt haben. Gleiches gilt, wenn die ursprünglichen Verhältnisse zwar nicht vollständig erfasst wurden, der Erfassungsmangel aber Umstände betrifft, die die Kartellbehörde nicht kennen und nicht in Erfahrung bringen konnte, weil sie mit dem Vorhandensein solcher Umstände und
  483. ihrer Aufdeckbarkeit durch weitere Ermittlungen nicht rechnen musste.
  484. 47
  485. d) Eine noch weitergehende Ausdehnung der Wiederaufnahmemöglichkeiten nach § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB ist hingegen zur Sicherung der Funktionstauglichkeit des Instruments der Verpflichtungszusage nicht geboten und insgesamt nicht gerechtfertigt.
  486. 48
  487. Dem Interesse daran, als solche erkannte kartellrechtswidrige Verhaltensweisen im Verfahren nach § 32 GWB zu unterbinden, steht das durch § 32b
  488. Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GWB – typisierend – geschützte Vertrauen der beteiligten
  489. Unternehmen auf den Fortbestand der durch eine Verpflichtungszusagenentscheidung bestätigten einvernehmlichen Lösung gegenüber. Dieser Vertrauensschutz betrifft nicht allein die Beurteilung abgeschlossener Sachverhalte,
  490. sondern auch fortgesetzte Verhaltensweisen. In § 32b Abs. 1 Satz 2 GWB wird
  491. auf § 32 GWB insgesamt Bezug genommen, nicht nur auf § 32 Abs. 3 GWB.
  492. 49
  493. Das Vertrauen des betroffenen Unternehmens auf den Fortbestand der
  494. Verpflichtungszusagenentscheidung ist typischerweise schutzwürdig, weil das
  495. Unternehmen sich berechtigterweise darauf einrichten darf, dass die erreichte
  496. - 25 -
  497. konsensuale Lösung nach Maßgabe der Verpflichtungszusagenentscheidung
  498. Bestand haben wird. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das betroffene Unternehmen insofern „nachgegeben“ und zur einvernehmlichen Verfahrensbeendigung beigetragen hat, als es Verpflichtungen eingegangen ist, deren
  499. Übernahme kartellrechtlich nicht zwingend geboten sein musste. Denn Verpflichtungszusagen nach § 32b Abs. 1 Satz 1 GWB dienen der Ausräumung
  500. kartellrechtlicher Bedenken, die auf einer nur vorläufigen Beurteilung der Kartellbehörde beruhen, und sie müssen überdies nicht zwingend auf das für ein
  501. kartellrechtskonformes Verhalten (noch) erforderliche Maß beschränkt sein (vgl.
  502. EuGH, Slg. 2010, I-5949 Rn. 41 ff. – Alrosa).
  503. 50
  504. Auf die Umstände des konkreten Einzelfalls kann es für die Auslegung
  505. der in § 32b Abs. 2 GWB genannten Wiederaufnahmevoraussetzungen nicht
  506. ankommen. Die Auslegung hängt nicht – fallabhängig variierend – davon ab, in
  507. welchem Maße die Verfahrensbeendigung Vergleichscharakter hat und in welchem Umfang jeweils Vertrauen begründet wurde. Unbeschadet dessen kann
  508. allerdings nach der Bejahung eines tatbestandsgemäßen Wiederaufnahmegrundes bei der Überprüfung der von der Behörde zu treffenden Ermessensentscheidung zu fragen sein, ob wegen besonderer Umstände ein weitergehender Vertrauensschutz in Betracht zu ziehen ist.
  509. 51
  510. e) Eine Ausweitung der nach § 32b Abs. 2 GWB bestehenden Wiederaufnahmemöglichkeiten lässt sich auch nicht mit einem Rückgriff auf die bei
  511. einer Abstellungsverfügung nach § 32 GWB geltenden Regeln rechtfertigen.
  512. 52
  513. Eine Abstellungsverfügung beinhaltet keine die Befugnisse der Kartellbehörde einschränkende Erklärung, wie sie nach dem Gesetz Inhalt einer Verpflichtungszusagenentscheidung ist (§ 32b Abs. 1 Satz 2 GWB). Des Weiteren
  514. richten sich Rücknahme und Widerruf einer Abstellungsverfügung nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen (vgl. BGH, Beschluss vom
  515. - 26 -
  516. 10. Februar 2009 – KVR 67/07, BGHZ 180, 323 Rn. 50 – Gaslieferverträge),
  517. während die Aufhebung einer Verpflichtungszusagenentscheidung in § 32b
  518. Abs. 2 GWB spezialgesetzlich geregelt ist. Die dort genannten Gründe für eine
  519. Wiederaufnahme des Verfahrens ohne Einverständnis des betroffenen Unternehmens sind abschließend (Bornkamm/Tolkmitt in Langen/Bunte, Deutsches
  520. Kartellrecht, 13. Auflage, § 32b GWB Rn. 30; Keßler in MünchKomm.WettbR,
  521. 2. Auflage, § 32b GWB Rn. 37; Bach in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, § 32b GWB Rn. 26; Bechtold/Bosch, GWB, 8. Auflage, § 32b
  522. Rn. 10). Hierdurch werden die betroffenen Unternehmen, wie ausgeführt, in
  523. ihrem Vertrauen auf den Bestand der erzielten Einigung geschützt.
  524. 53
  525. Während das vorliegende Verfahren einen Verstoß gegen § 1 GWB bzw.
  526. Art. 101 AEUV betrifft, ging es in den Anwendungsfällen von § 32 GWB, auf die
  527. sich das Bundeskartellamt konkret bezogen hat, im Übrigen um die (gegebenenfalls stufenweise) Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden
  528. Stellung nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB durch Verweigerung des Zugangs zu einer Infrastruktureinrichtung (BGH, Beschluss vom 24. September 2002
  529. – KVR 15/01, BGHZ 152, 84 – Fährhafen Puttgarden I; Beschluss vom 11. Dezember 2012 – KVR 7/12, NJW 2013, 1095 – Fährhafen Puttgarden II). In derartigen Fällen stellt die dem Marktbeherrscher etwa auf einer ersten Stufe aufgegebene Aufnahme von Verhandlungen von vornherein keine abschließende
  530. Regelung für den Fall dar, dass die Verhandlungen nicht zu einer Einigung über
  531. nicht diskriminierende und nicht unbillig behindernde Zugangsbedingungen führen. Soweit auch zur Unterbindung wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen nach § 1 GWB, Art. 101 AEUV ein abgestuftes Vorgehen für sachgerecht
  532. gehalten wird (vgl. dazu im Fall von § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB: BGH, Beschluss
  533. vom 11. Dezember 2012 – KVR 7/12, NJW 2013, 1095 Rn. 26 ff. – Fährhafen
  534. Puttgarden II) und nach § 32b GWB verfahren werden soll, bleibt der Weg, die
  535. - 27 -
  536. Verpflichtungszusagenentscheidung zu befristen oder gegebenenfalls mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen.
  537. 54
  538. 3. Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Streitfall nicht erfüllt.
  539. 55
  540. Das Bundeskartellamt hat die angefochtene Verfügung allein darauf gestützt, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse in einem für die Verfügung wesentlichen Punkt nachträglich geändert hätten (§ 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB). Aus
  541. den Feststellungen des Beschwerdegerichts ergeben sich jedoch keine Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse in einem für die Verpflichtungszusagenentscheidung wesentlichen Punkt – sei es durch eine Veränderung objektiver Umstände, durch das Bekanntwerden von Umständen, mit denen das Bundeskartellamt nicht rechnen konnte, oder durch eine unvorhersehbare Entwicklung der Marktverhältnisse.
  542. 56
  543. a) Dies gilt zunächst für die Einschätzung der erforderlichen Schwellenwerte.
  544. 57
  545. aa) Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, dass bereits die auf weiteren
  546. Ermittlungen, insbesondere einer umfassenden Befragung von Sägewerkbetreibern und neu entstandenen kooperativen Rundholzanbietern, beruhende
  547. Korrektur der Schwellenwerte von 3.000 ha Waldfläche (bei einzelnen nichtstaatlichen Waldbesitzern) auf 100 ha einen wesentlichen Punkt der Verpflichtungszusagenentscheidung betreffe und ihr die Grundlage entziehe. Das Bundeskartellamt hat in seinen, vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen
  548. Ausführungen die Korrektur der Schwellenwerte zum einen damit begründet,
  549. dass die ursprünglichen Schwellenwerte nicht ausreichten, um die angestrebte
  550. Öffnung des Wettbewerbs zu bewirken. Zum anderen könnten private und körperschaftliche Waldbesitzer bereits bei einer Waldfläche von über 100 ha den
  551. - 28 -
  552. Nachfragern ein wirtschaftliches Angebot unterbreiten und seien daher zu einer
  553. wirtschaftlich selbständigen Rundholzvermarktung tatsächlich in der Lage.
  554. 58
  555. bb) Ein Grund, der das Bundeskartellamt zur Wiederaufnahme des Verfahrens berechtigt, erschließt sich hieraus nicht. Eine objektive Veränderung
  556. der insoweit zugrunde liegenden Umstände ist damit nicht festgestellt. Ebenso
  557. wenig ergibt sich etwas dafür, dass das Bundeskartellamt die neuen Erkenntnisse
  558. nicht
  559. schon
  560. vor
  561. seiner
  562. Verpflichtungszusagenentscheidung
  563. vom
  564. 9. Dezember 2008 gewinnen konnte.
  565. 59
  566. (1) Die wettbewerbsrechtliche Bedeutung der festzulegenden Schwellenwerte war offensichtlich. Von ihrer Festlegung hing es ab, welcher Anteil der
  567. nichtstaatlichen Waldbesitzer dem Land noch als Partner für die gemeinschaftliche Rundholzvermarktung zur Verfügung stehen würde. Auf dieser Grundlage
  568. ließen sich – vorbehaltlich zusätzlicher Anreize für eine eigenständige, vom
  569. Land unabhängige Vermarktung – die aus der Einführung der Schwellenwerte
  570. unmittelbar folgenden Auswirkungen auf die Wettbewerbsverhältnisse auf der
  571. Grundlage verfügbarer oder jedenfalls feststellbarer Daten abschätzen. Das
  572. Beschwerdegericht hat ausgeführt, dass durch die ursprünglichen Schwellenwerte lediglich sechs Körperschaften und vier Forstbetriebsgemeinschaften von
  573. der gemeinsamen Holzvermarktung mit dem Land ausgeschlossen worden seien; schon angesichts dieser Zahlen und einer Angebotsbündelung von etwa
  574. 60% der in Baden-Württemberg vermarkteten Rohholzmengen sei der Zweck,
  575. einen funktionierenden Anbieterwettbewerb zu gewährleisten, ganz offensichtlich nahezu vollständig verfehlt worden. Damit ist folglich nur der unveränderte
  576. Sachverhalt abweichend bewertet worden.
  577. 60
  578. (2) Wesentlich für die Festlegung der Schwellenwerte war allerdings
  579. auch, ab welcher Waldflächengröße ein körperschaftlicher oder privater Waldbesitzer am Rundholzmarkt selbständig auftreten kann. Das Bundeskartellamt
  580. - 29 -
  581. hat sich mit dieser Frage im Ausgangsverfahren befasst und die damals festgelegten Schwellenwerte, wie es in der angefochtenen Abstellungsverfügung
  582. heißt, auf Grundlage der von den Verfahrensbeteiligten vorgelegten Informationen als sachgerecht und geeignet angesehen. Auch insoweit hat sich die Einschätzung des Amtes nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts als
  583. unzutreffend erwiesen. Das Beschwerdegericht hat in seinen Ausführungen zur
  584. Anwendung des Arbeitsgemeinschaftsgedankens dargelegt, dass nach den
  585. vom Amt ermittelten Tatsachen bei einem Waldbesitz von über 100 ha ein selbständiges Auftreten am Markt – nicht etwa nur als Mitglied einer ohne staatliche
  586. Beteiligung bestehenden Vertriebsgemeinschaft – wirtschaftlich sinnvoll möglich
  587. sei.
  588. 61
  589. Das Bundeskartellamt macht nicht geltend, dass die Beteiligten, insbesondere das betroffene Land, damals unvollständige, unrichtige oder irreführende Angaben gemacht hätten (vgl. § 32b Abs. 2 Nr. 3 GWB). Führten die seinerzeit vorliegenden Informationen gleichwohl zur Ansetzung zu hoher Schwellenwerte, so stellten sie ersichtlich keine hinreichend aussagekräftige Beurteilungsgrundlage dar. Eine zuverlässige Einschätzung hätte daher weitergehende
  590. Ermittlungen erfordert, die aussagekräftige Befragungen der Marktgegenseite
  591. (Sägewerkbetreiber) sowie körperschaftlicher und privater Waldbesitzer umfassen konnten. Es spricht nichts dafür, dass solche Befragungen nicht schon im
  592. Ausgangsverfahren zu den Erkenntnissen geführt hätten, die das Amt hinsichtlich einer eigenständigen, von der Zugehörigkeit in einer Kooperation unabhängigen Vermarktungsfähigkeit erst später ermittelt hat.
  593. 62
  594. b) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist eine nachträgliche
  595. Änderung der tatsächlichen Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt auch
  596. nicht deshalb anzunehmen, weil das Bundeskartellamt entscheidungsrelevante
  597. Erkenntnisse erst durch die Befragung von Vermarktungskooperationen erlangt
  598. - 30 -
  599. habe, die erst aufgrund der Verpflichtungszusagenentscheidung entstanden
  600. sind.
  601. 63
  602. aa) Aus der Beschwerdeentscheidung wird schon nicht deutlich, um welche Erkenntnisse es insoweit gehen soll. Das Beschwerdegericht führt lediglich
  603. aus, dass sich diese Erkenntnisse namentlich auf den vom Amt angenommenen wettbewerbsbeschränkenden Einfluss der vom Land nicht kostendeckend
  604. übernommenen (weiteren) forstwirtschaftlichen Dienstleistungen zugunsten dritter Waldbesitzer bezögen. Bei seiner eigenen Beurteilung eines wettbewerbsbeschränkenden Einflusses dieser Dienstleistungen hat das Beschwerdegericht
  605. indes nicht auf die angesprochenen Ermittlungsergebnisse zurückgegriffen,
  606. sondern im Wesentlichen Überlegungen angestellt, die sich auf der Grundlage
  607. einschlägiger rechtlicher Regelungen, insbesondere des Waldgesetzes für Baden-Württemberg, u.a. auf die allgemeine Lebenserfahrung oder nach Auffassung des Beschwerdegerichts auf der Hand liegende Umstände stützen.
  608. 64
  609. bb) Es kann jedenfalls im Ergebnis nicht angenommen werden, dass die
  610. wettbewerbsbeschränkende Bedeutung forstlicher Dienstleistungen, die das
  611. Bundeskartellamt jetzt geltend macht, nicht schon vor der Verpflichtungszusagenentscheidung erkennbar gewesen wäre. Die wesentlichen Rahmenbedingungen hierfür ergeben sich aus dem Landeswaldgesetz und nachgeordneten Bestimmungen, denen auch entnommen werden kann, dass
  612. Dienstleistungen teilweise nicht kostendeckend oder auch unentgeltlich
  613. erbracht werden. Zudem vermittelt schon eine Überblicksbetrachtung der hier
  614. erst später in den Blick genommenen forstlichen Dienstleistungen einen
  615. zumindest möglichen Zusammenhang mit der Holzvermarktung, dem gerade in
  616. Anbetracht der für sich allein als unzureichend erkennbaren Schwellenwerte
  617. näher hätte nachgegangen werden können. Dass in diesem Fall die für eine
  618. wettbewerbsbezogene
  619. Einschätzung
  620. der
  621. Dienstleistungen
  622. wesentlichen
  623. Erkenntnisse nicht hätten ermittelt werden können, liegt fern, auch wenn die
  624. - 31 -
  625. Erfahrungen der nichtstaatlichen Vermarktungskooperationen in Einzelheiten
  626. ein noch vollständigeres Bild vermittelt haben mögen. Es ist im Übrigen nicht
  627. ersichtlich, warum eine schon vor der Verpflichtungszusagenentscheidung
  628. mögliche Befragung anderer Waldbesitzer zur Bedeutung und näheren
  629. tatsächlichen Ausgestaltung forstlicher Dienstleistungen, beispielsweise auch
  630. zu den Einflussmöglichkeiten eines Revierleiters, nicht zu ausreichenden
  631. Ergebnissen hätte führen sollen.
  632. 65
  633. c) Ohne Erfolg stellt das Bundeskartellamt schließlich darauf ab, dass die
  634. Pilotprojekte gescheitert seien und die angestrebte Marktöffnung insgesamt
  635. verfehlt worden sei.
  636. 66
  637. Umstände, die einen Erfolg der Projekte und die erwünschte Marktöffnung hindern konnten, wie insbesondere ein zwischen der gemeinsamen Holzvermarktung und weiteren Dienstleistungen des Landes bestehender Zusammenhang, hätten – wie bereits dargelegt – in Erwägung gezogen und gegebenenfalls näher aufgeklärt werden können. Ihre spätere Erkenntnis kann daher
  638. nicht als Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne von § 32b Abs. 2
  639. Nr. 1 GWB gewertet werden. Erkennbar war auch, dass die festgelegten
  640. Schwellenwerte für sich genommen kaum geeignet waren, eine maßgebende
  641. Änderung der Marktverhältnisse zu bewirken.
  642. 67
  643. Eine dem Wettbewerb förderliche Entwicklung hing im Wesentlichen davon ab, ob nichtstaatliche Marktteilnehmer mit einem Waldbesitz unterhalb des
  644. Schwellenwertes in ausreichender Zahl bereit sein würden, aus der gemeinschaftlichen Holzvermarktung mit dem Land auszuscheiden und sich einer der
  645. neu entstehenden nichtstaatlichen Kooperationen anzuschließen. Jedenfalls bei
  646. vollständiger Erfassung der erkennbaren Ausgangslage war, auch angesichts
  647. einer naheliegenden Verfestigung der bestehenden Verhältnisse, damit zu
  648. - 32 -
  649. rechnen, dass sich eine entsprechende Erwartung möglicherweise nicht erfüllen
  650. werde.
  651. 68
  652. IV. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da keine weitere
  653. Sachaufklärung geboten ist. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Satz 1
  654. GWB.
  655. Limperg
  656. Meier-Beck
  657. Sunder
  658. Raum
  659. Deichfuß
  660. Vorinstanz:
  661. OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.03.2017 - VI-Kart 10/15 (5) -