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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. KVR 25/08
  4. vom
  5. 7. April 2009
  6. in der Kartellverwaltungssache
  7. -2-
  8. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. April 2009 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, den Vorsitzenden Richter
  9. Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck, Dr. Kirchhoff und
  10. Dr. Grüneberg
  11. beschlossen:
  12. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander
  13. aufgehoben.
  14. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt bis zur übereinstimmenden Erklärung der Erledigung in der Hauptsache 1 Mio. Euro.
  15. Gründe:
  16. 1
  17. I.
  18. Die Betroffene zu 2 (im Folgenden Lotto GmbH), deren Gesellschafter
  19. die Betroffenen zu 3 bis 5 sind, betreibt auf dem Gebiet des Landes RheinlandPfalz (Betroffener zu 1) verschiedene Glücksspiellotterien. Das Land RheinlandPfalz beabsichtigt, insgesamt 51% der Anteile an der Lotto GmbH zu erwerben.
  20. 2
  21. Das Bundeskartellamt hat den Zusammenschluss untersagt. Gegen diesen
  22. Beschluss haben das Land Rheinland-Pfalz und die Lotto GmbH Beschwerde eingelegt. Sie haben beim Beschwerdegericht beantragt, im Wege einer einstweiligen
  23. Anordnung, hilfsweise durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung, ihnen und
  24. den Betroffenen zu 3 bis 5 zu gestatten, den mit dem angefochtenen Beschluss
  25. untersagten Zusammenschluss zu vollziehen.
  26. -3-
  27. 3
  28. Das Beschwerdegericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verworfen (OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 2304). Mit der – vom Beschwerdegericht zugelassenen – Rechtsbeschwerde haben das Land Rheinland-Pfalz
  29. und die Lotto GmbH ihren auf einstweilige Gestattung des Vollzugs des Zusammenschlusses gerichteten Antrag zunächst weiterverfolgt. Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat das Beschwerdegericht die Untersagungsverfügung
  30. des Bundeskartellamts im Hauptsacheverfahren aufgehoben. Nach Eintritt der
  31. Rechtskraft dieser Entscheidung haben Rechtsbeschwerdeführer und Rechtsbeschwerdegegner das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.
  32. 4
  33. II. Nach § 78 GWB i.V. mit § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 91a Abs. 1 Satz 1
  34. ZPO ist über die Kosten des in der Hauptsache für erledigt erklärten gerichtlichen
  35. Kartellverwaltungsverfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des
  36. bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Dabei genügt eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht (BGH,
  37. Beschl. v. 29.10.1985 – KVR 4/83, WuW/E 2207, 2208 – Lufthansa/f.i.r.s.t. Reisebüro; Beschl. v. 31.5.2006 – KVR 1/05, WRP 2006, 1030 Tz. 9 – Call-Option). Ist
  38. der Verfahrensausgang danach offen, sind die Kosten gegeneinander aufzuheben
  39. (BGH, Beschl. v. 16.11.1999 – KVR 10/98, WuW/E DE-R 420 – Erledigte Beschwerde). So liegt der Fall hier.
  40. 5
  41. Auf die Rechtsbeschwerde wäre der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung, auch über
  42. die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen worden. Mit der vom Beschwerdegericht in erster Linie gegebenen Begründung, der Antrag auf vorläufige Gestattung des Vollzugs sei unzulässig, weil
  43. die Befreiung vom gesetzlichen Vollzugsverbot ausschließlich vom Bundeskartellamt im Verfahren nach § 41 Abs. 2 GWB gewährt werden könne, hätte die Ent-
  44. -4-
  45. scheidung keinen Bestand haben können. Wie der Senat inzwischen in anderer
  46. Sache (BGH, Beschl. v. 14.10.2008 – KVR 30/08, WuW/E DE-R 2507 Tz. 20 ff. –
  47. Faber/Basalt, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) entschieden hat, ist das
  48. Beschwerdegericht im Falle der Anfechtung einer nach § 40 Abs. 2 GWB ergangenen Untersagungsverfügung befugt, im Wege der einstweiligen Anordnung
  49. (§ 64 Abs. 3 Satz 1, § 60 Nr. 1 GWB) die Befreiung vom Vollzugsverbot unter den
  50. in § 41 Abs. 2 GWB genannten Voraussetzungen zu erteilen.
  51. 6
  52. Ob die Rechtsbeschwerdeführerin im weiteren Verlauf des Verfahrens ohne
  53. das erledigende Ereignis mit ihrem Antragsziel Erfolg gehabt hätte, bedarf bei der
  54. gebotenen summarischen Prüfung auf der Grundlage des bisher erreichten Sachund Streitstands keiner abschließenden Beurteilung. Der Senat hätte mangels
  55. ausreichender Feststellungen zu den für die Abwägung nach § 41 Abs. 2 Satz 1
  56. GWB relevanten Umständen nicht selbst entscheiden können und die Sache an
  57. das Beschwerdegericht zurückverweisen müssen. Eine hinreichend sichere Prognose über die Erfolgsaussichten der begehrten einstweiligen Anordnung ist nicht
  58. möglich. Etwas anderes gilt auch nicht etwa deshalb, weil die Untersagungsverfügung in der Hauptsache inzwischen rechtskräftig aufgehoben worden ist. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung allein reichen –
  59. anders als bei § 65 Abs. 3 Satz 3 GWB – für eine Befreiung vom Vollzugsverbot
  60. nicht. § 41 Abs. 2 Satz 1 GWB verlangt vielmehr, dass die Zusammenschlussbeteiligten hierfür wichtige Gründe geltend machen und insbesondere dartun, dass
  61. die Befreiung – auch im Hinblick auf die zu erwartende Dauer des Beschwerdesowie eines möglichen Rechtsbeschwerdeverfahrens – geboten ist, um schweren
  62. Schaden von ihnen oder von Dritten abzuwenden. Die Erfolgsaussichten der Beschwerde stellen dabei lediglich einen Faktor der Abwägung dar (BGH, Beschl. v.
  63. 14.10.2008 – KVR 30/08, WuW/E DE-R 2507 Tz. 24 – Faber/Basalt). Diese Ab-
  64. -5-
  65. wägung nachzuholen, ist dem Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht
  66. möglich und im Übrigen bei summarischer Prüfung auch nicht veranlasst.
  67. 7
  68. Unter diesen Umständen entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des
  69. Rechtsbeschwerdeverfahrens gegeneinander aufzuheben.
  70. Tolksdorf
  71. Bornkamm
  72. Kirchhoff
  73. Meier-Beck
  74. Grüneberg
  75. Vorinstanz:
  76. OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 03.03.2008 - VI-Kart 19/07 (V) -