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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZR 54/05
  4. vom
  5. 30. März 2006
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
  9. Kayser und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Fischer
  10. am 30. März 2006
  11. beschlossen:
  12. Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom
  13. 8. März 2005 gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.
  14. Den Parteien wird Gelegenheit gegeben, bis zum 5. Mai 2006
  15. Stellung zu nehmen.
  16. Gründe:
  17. 1
  18. 1. Gemäß § 552a ZPO weist das Revisionsgericht die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn
  19. es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat.
  20. 2
  21. So verhält es sich hier:
  22. 3
  23. a) Wegfall der Zulassungsvoraussetzungen:
  24. 4
  25. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen wegen der Divergenz
  26. zum Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13. Mai
  27. - 3 -
  28. 2004 (ZIP 2004, 1275). Der hierin liegende Zulassungsgrund ist jedoch seit
  29. dem Urteil des Senats vom 3. März 2005 (IX ZR 441/00, ZIP 2005, 767; zur
  30. Veröffentlichung bestimmt in BGHZ 162, 276), das dem Berufungsgericht noch
  31. nicht bekannt sein konnte, nicht mehr gegeben.
  32. Im Urteil vom 3. März 2005 hat der Senat entschieden, dass das Urteil
  33. 5
  34. des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13. Mai 2004 zu § 134
  35. InsO unzutreffend ist und mit der Rechtsprechung des Senats nicht in Einklang
  36. steht (BGH, aaO S. 768). Der 5. Zivilsenat des OLG Koblenz hatte mit verschiedenen Stimmen in der Literatur die Auffassung vertreten, dass bei einer
  37. Zahlung des Insolvenzschuldners auf eine fremde Schuld die Entgeltlichkeit der
  38. Leistung bereits dann zu bejahen sei, wenn der Empfänger der Leistung seinerseits Leistungen an seinen Schuldner erbracht habe, deren Gegenleistung die
  39. Zuwendung darstelle.
  40. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Leistungsempfänger
  41. 6
  42. eine werthaltige Gegenleistung erbracht hat, ist jedoch der Zeitpunkt der
  43. Vollendung des Rechtserwerbs (BGHZ 41, 17, 19; BGH, Urt. v. 3. März 2005,
  44. aaO S. 768). Hat der Leistungsempfänger bereits vertragliche Leistungen oder
  45. Sozialversicherungsschutz erbracht, kann eine ausgleichende Gegenleistung
  46. nur nach dem Wert seiner Forderung bemessen werden. Ist diese im Zeitpunkt
  47. der Leistung nicht werthaltig, liegt eine unentgeltliche Zuwendung vor. Der Leistungsempfänger, der lediglich eine nicht werthaltige Forderung gegen seinen
  48. Schuldner verliert, ist gegenüber den Gläubigern des Insolvenzschuldners nicht
  49. schutzwürdig, denn er hätte ohne dessen Leistung, auf die er keinen Anspruch
  50. hatte, seine Forderung nicht durchsetzen können (BGH, Urt. v. 3. März 2005
  51. aaO).
  52. - 4 -
  53. 7
  54. Dies hat das Berufungsgericht zutreffend gesehen.
  55. 8
  56. Ob die Beklagte Kenntnis von der Wertlosigkeit ihrer Forderung hatte, ist
  57. dabei unerheblich (BGH, aaO).
  58. 9
  59. b) Keine Erfolgsaussicht:
  60. 10
  61. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Senatsentscheidung bietet die
  62. Revision keine Aussicht auf Erfolg.
  63. 11
  64. aa) Die Beklagte ist als Einzugsstelle (§§ 28h, 28i SGB IV) des Gesamtsozialversicherungsbeitrages passivlegitimiert für eine Anfechtungsklage auf
  65. Rückzahlung der an sie gezahlten Sozialversicherungsbeiträge, auch soweit die
  66. Beiträge im Innenverhältnis anderen Versicherungsträgern zustehen (BGH, Urt.
  67. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 70/03, ZIP 2004, 862, 863; v. 21. Oktober 2004
  68. - IX ZR 71/02, ZIP 2005, 38).
  69. 12
  70. bb) Der Umstand, dass die Beklagte den Beschäftigten der Schwestergesellschaft Sozialversicherungsschutz gewährt hat, lässt die Unentgeltlichkeit
  71. der Leistung der Schuldnerin nicht entfallen.
  72. 13
  73. Wird eine dritte Person in einen Zuwendungsvorgang eingeschaltet,
  74. kommt es für die Frage der Unentgeltlichkeit einer Leistung des Schuldners
  75. nicht darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Es entspricht der Wertung des § 134 InsO, dass der
  76. Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat (BGHZ 41, 298, 302; 141,
  77. - 5 -
  78. 96, 99 f; BGH, Urt. v. 3. März 2005 aaO S. 768). Die Gegenleistung des Empfängers, dessen gegen einen Dritten gerichtete Forderung bezahlt wird, liegt in
  79. der Regel darin, dass er eine werthaltige Forderung gegen den Schuldner verliert. In diesem Fall ist nicht der Leistungsempfänger, sondern dessen Schuldner der richtige Beklagte für eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Zuwendung
  80. (BGHZ 41, 298, 302; BGH, Urt. v. 15. Dezember 1982 - VIII ZR 264/81, ZIP
  81. 1983, 32; v. 5. Februar 2004 - IX ZR 473/00, ZIP 2004, 917, 918; v. 3. März
  82. 2005 aaO) oder für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (BGHZ 70,
  83. 389, 396 f).
  84. 14
  85. Ist die Forderung des Zuwendungsempfängers aber wertlos, ist die Zuwendung unentgeltlich. Dabei ist es unerheblich, ob der Leistungsempfänger
  86. seinem Schuldner zu einem früheren Zeitpunkt eine Leistung erbracht hat.
  87. Maßgeblich für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit ist vielmehr, wie ausgeführt, der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs.
  88. 15
  89. c) Auch die übrigen von der Revision geltend gemachten Rügen sind unbegründet.
  90. 16
  91. (1) Die Revision rügt den Sachvortrag als übergangen, dass die Insolvenzschuldnerin und die KST über eine gemeinsame Holding verbunden gewesen seien, mit der sie Ergebnisabführungsverträge geschlossen gehabt hätten.
  92. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, dass die Insolvenzschuldnerin gegenüber der Holding keine Ausgleichsansprüche habe.
  93. 17
  94. Hierauf kommt es indessen nicht an. Maßgeblich für die Beurteilung der
  95. Unentgeltlichkeit ist allein das Rechtsverhältnis zwischen dem verfügenden Insolvenzschuldner und dem Zuwendungsempfänger (BGHZ 141, 96, 100 f;
  96. - 6 -
  97. BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO S. 768). Nur in diesem Verhältnis kann die Unentgeltlichkeit ausgehend vom Schutzzweck des § 134 InsO beurteilt werden.
  98. Ob daneben eine Verbindlichkeit des Insolvenzschuldners gegen einen Dritten
  99. erfüllt wird oder der Insolvenzschuldner einen Ersatzanspruch gegen einen Dritten hat, ist unerheblich (BGHZ 141, 96, 101; BGH, Urt. v. 3. März 2005 aaO).
  100. 18
  101. Für die Frage der Entgeltlichkeit ist nicht darauf abzustellen, ob der Insolvenzschuldner für seine Leistung eine Gegenleistung oder einen Vorteil erhält, sondern ob der Empfänger der Leistung in dem maßgeblichen Zeitpunkt
  102. (vgl. oben 1 a) für diese ein Vermögensopfer erbringen musste, sei es an den
  103. Insolvenzschuldner, sei es an einen Dritten (BGHZ 141, 96, 99 ff; BGH, Urt. v.
  104. 3. März 2005 aaO). Dies war hier nicht der Fall, weil die Beklagte durch die Erfüllung lediglich eine wertlose Forderung verloren hat; die KST war, wie das Berufungsgericht feststellt und die Revision nicht in Zweifel zieht, seit
  105. 31. Dezember 2002 zahlungsunfähig.
  106. 19
  107. (2) Die Revision meint, das Berufungsgericht habe verkannt, dass die
  108. Insolvenzschuldnerin durch die Zahlung die Forderung der Beklagten gegen die
  109. KST erworben habe; diese Forderung sei für sie nicht wertlos gewesen, weil die
  110. Insolvenzschuldnerin der KST per 28. Februar 2003 ca. 3,4 Mio. € geschuldet
  111. habe und sich mittels Aufrechnung von dieser Forderung in Höhe ihrer Leistung
  112. an die Beklagte habe befreien können.
  113. 20
  114. Dies ist schon deshalb unzutreffend, weil die Forderung der Beklagten
  115. gegen die KST durch die Erfüllung erloschen und nicht auf die Schuldnerin
  116. übergegangen ist. Ein gesetzlicher Forderungsübergang findet in diesem Fall
  117. nicht statt (Palandt/Heinrichs, BGB 65. Aufl. § 267 Rn. 6). Ein möglicher Rückgriff richtet sich nach dem Rechtsverhältnis des Leistenden zum Schuldner der
  118. - 7 -
  119. erfüllten Forderung. Dieses Verhältnis ist aber - wie ausgeführt - für die Frage
  120. der Unentgeltlichkeit der Leistung an die Gläubigerin ohne Bedeutung.
  121. 21
  122. (3) Soweit die Revision schließlich meint, eine entsprechende Leistung
  123. der KST an die Beklagte wäre insolvenzrechtlich nicht anfechtbar gewesen, gehen die Ausführungen hierzu ins Leere. Die Anfechtbarkeit der Leistung der
  124. Schuldnerin an die Beklagte ist aus den angeführten Gründen unabhängig von
  125. einer (fiktiven) Anfechtbarkeit einer (fiktiven) Leistung der KST an die Beklagte
  126. zu beurteilen.
  127. Ganter
  128. Kayser
  129. Lohmann
  130. Vill
  131. Fischer
  132. Vorinstanzen:
  133. LG Koblenz, Entscheidung vom 12.07.2004 - 16 O 574/03 OLG Koblenz, Entscheidung vom 08.03.2005 - 3 U 984/04 -