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114 lines
5.0 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 70/06
  4. vom
  5. 18. Januar 2007
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  9. Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Cierniak
  10. am 18. Januar 2007
  11. beschlossen:
  12. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 23. Zivilkammer
  13. des Landgerichts Bielefeld vom 19. April 2006 wird auf Kosten des
  14. weiteren Beteiligten als unzulässig verworfen.
  15. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
  16. 10.592,00 € festgesetzt.
  17. Gründe:
  18. I.
  19. 1
  20. Der weitere Beteiligte war in der Zeit vom 26. Januar bis 1. März 2005
  21. vorläufiger, mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestatteter Verwalter in dem
  22. Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
  23. Schuldnerin, die an acht verschiedenen Standorten mit Farben, Tapeten, Teppichen, Gardinen und Werkzeugen handelte und Bodenbeläge verlegte. Während des Eröffnungsverfahrens wurde der Betrieb fortgeführt.
  24. 2
  25. Der weitere Beteiligte hat beantragt, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 22.896,68 € zuzüglich Auslagenersatz und Umsatzsteuer
  26. - 3 -
  27. festzusetzen. Als Berechnungsgrundlage hat er einen Wert des verwalteten
  28. Vermögens von 902.167,57 € angegeben. Darin enthalten waren 691.000,00 €
  29. für den Warenbestand. Das Insolvenzgericht hat dem Antrag entsprochen. Auf
  30. die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht mit Beschluss
  31. vom 19. April 2006 die Vergütung auf 13.765,87 € herabgesetzt, weil der Warenbestand nicht zu berücksichtigen sei. Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt
  32. der weitere Beteiligte die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung.
  33. II.
  34. Das Rechtsmittel ist zwar statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574
  35. 3
  36. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), jedoch unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die
  37. Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des
  38. Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
  39. .
  40. 4
  41. 1. Zur Begründung seiner Auffassung, dass der Warenbestand nicht in
  42. die Berechnungsgrundlage einzustellen ist, hat das Beschwerdegericht darauf
  43. hingewiesen, der weitere Beteiligte habe entgegen § 8 Abs. 2 InsVV nicht hinreichend dargelegt, welchen Umfang der Warenbestand am Ende des Eröffnungsverfahrens gehabt habe. Er habe sich lediglich auf die letzte Inventur der
  44. Schuldnerin berufen, die zum 31. Dezember 2004 einen Warenbestand von
  45. ungefähr 691.000,00 € ausgewiesen habe, wovon ein Teil im Wert von ca.
  46. 390.000,00 € am Stammsitz in P.
  47. eingelagert gewesen sei. Weiter
  48. habe er auf Grund einer betriebswirtschaftlichen Auswertung behauptet, der
  49. gesamte Bestand sei auch noch am 1. März 2005 vorhanden gewesen. Tatsächlich seien Anfang April 2005 in P.
  50. nur noch Waren im Wert
  51. - 4 -
  52. von rund 69.000,00 € eingelagert gewesen. Was mit den übrigen geschehen
  53. sei, habe der weitere Beteiligte nicht angeben können. Es komme hinzu, dass
  54. nicht ersichtlich sei, in welchem Umfang am Warenbestand Aus- oder Absonderungsrechte bestünden und welche nennenswerten Tätigkeiten der weitere Beteiligte insoweit entfaltet habe.
  55. 2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde gibt der vorliegende Fall
  56. 5
  57. dem Senat keine Veranlassung, Leitlinien für die Auslegung von § 8 Abs. 2
  58. InsVV aufzustellen. Insbesondere braucht nicht allgemein entschieden zu werden, ob der vorläufige Insolvenzverwalter den in die Berechnungsgrundlage
  59. seiner Vergütung aufzunehmenden Warenbestand in der Weise darlegen kann,
  60. dass er von dem Ergebnis der letzten Inventur ausgeht und aus der fortgeführten Buchhaltung die Warenzugänge und -abgänge rechnerisch ermittelt. Jedenfalls dann, wenn die bekannten Tatsachen sich mit dem rechnerischen Ergebnis
  61. auch nicht annähernd in Einklang bringen lassen, ist dieses Verfahren untauglich. So verhält es sich hier. Eine von dem weiteren Beteiligten selbst in Auftrag
  62. gegebene Untersuchung hat für Anfang April 2005 ergeben, dass in
  63. P.
  64. nur noch Waren im Wert von ca. 69.000,00 € vorhanden waren.
  65. Der weitere Beteiligte führt dies darauf zurück, dass entweder die vorangegangene Inventur nicht das in den Büchern ausgewiesene Ergebnis gehabt haben
  66. könne oder dass die Geschäftsführer der Schuldnerin später Waren heimlich
  67. weggeschafft hätten. Wenn es aber selbst nach Auffassung des weiteren Beteiligten möglich ist, dass der Warenbestand Ende des Jahres 2004 weit unterhalb
  68. des dafür angesetzten Wertes von 691.000,00 € gelegen hat, fehlt es an der
  69. Grundlage für seine darauf aufbauenden Berechnungen.
  70. 6
  71. 3. Da die Nichtberücksichtigung des Warenbestandes durch das Beschwerdegericht somit vom Rechtsbeschwerdegericht nicht zu korrigieren ist,
  72. - 5 -
  73. kommt es auf die Frage, in welchem Umfang hieran Aus- und Absonderungsrechte bestanden haben und ob der weitere Beteiligte sich in erheblichem
  74. Maße damit befasst hat, nicht an.
  75. 7
  76. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO
  77. abgesehen.
  78. Fischer
  79. Ganter
  80. Kayser
  81. Raebel
  82. Cierniak
  83. Vorinstanzen:
  84. AG Bielefeld, Entscheidung vom 28.04.2005 - 43 IN 147/05 LG Bielefeld, Entscheidung vom 19.04.2006 - 23 T 150/06 -