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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 164/04
  4. vom
  5. 13. Juli 2006
  6. in dem Gesamtvollstreckungsverfahren
  7. -2-
  8. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  9. Dr. Gero Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Dr. Detlev
  10. Fischer
  11. am 13. Juli 2006
  12. beschlossen:
  13. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer
  14. des Landgerichts Chemnitz vom 28. Juni 2004 wird auf Kosten
  15. des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.
  16. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
  17. 603,08 Euro.
  18. Gründe:
  19. I.
  20. 1
  21. Der weitere Beteiligte war Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der Schuldnerin. Mit Antrag vom 5. April 2004 hat er für seine Tätigkeit
  22. eine Vergütung von 5.602,05 € (5-facher Satz nach § 3 VergVO) zuzüglich Umsatzsteuer sowie pauschalierte Auslagen, insbesondere für Porti, Telefon und
  23. Fahrtkosten in Höhe von 800 €, jeweils zuzüglich 16 v.H. Umsatzsteuer beantragt. Das Insolvenzgericht hat die beantragte Vergütung mit der Maßgabe zugesprochen, dass hinsichtlich der Umsatzsteuer nur der Unterschiedsbetrag
  24. - 3 -
  25. zwischen dem ermäßigten Satz und dem allgemeinen Satz berechtigt sei (vgl.
  26. BGH, Beschl. v. 20. November 2003 - IX ZB 469/02, WM 2004, 199). Bezüglich
  27. der Auslagen hat es einen Betrag von 280,10 € zuzüglich Umsatzsteuer bewilligt. Die gegen die teilweise Absetzung der Auslagen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der weitere Beteiligte mit seiner - zugelassenen - Rechtsbeschwerde.
  28. II.
  29. 2
  30. Die Rechtsbeschwerde ist nach den vom Bundesgerichtshof zum
  31. Rechtsmittelzug im Gesamtvollstreckungsverfahren entwickelten Grundsätzen
  32. (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Januar 2004 - IX ZB 62/03, WM 2004, 490 f) nach
  33. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist
  34. jedoch unbegründet, weil die von dem Landgericht gebilligte Pauschalierung der
  35. Auslagen in Höhe von 5 v.H. der beantragten und zugesprochenen Vergütung
  36. rechtlich nicht zu beanstanden ist.
  37. 3
  38. 1. Soweit die Rechtsbeschwerde die Auffassung vertritt, die in § 8 Abs. 3
  39. InsVV geregelten Vergütungsgrundsätze zur Pauschalierung der Auslagen hätten auch außerhalb des Anwendungsbereichs der InsVV Gültigkeit und müssten für Auslagenansprüche des Gesamtvollstreckungsverwalters entsprechend
  40. herangezogen werden, ist dem nicht zu folgen. Auf eine entsprechende Übergangsregelung kann sich der weitere Beteiligte nicht stützen. Die Rechtsbeschwerde kann auch keine gerichtliche Entscheidung oder Literaturstimme anführen, die diesen Standpunkt einnimmt.
  41. - 4 -
  42. 4
  43. Die Verfassung gebietet eine vorgezogene Anwendung des § 8 Abs. 3
  44. InsVV ebenfalls nicht. Die von § 6 Abs. 4 VergVO postulierte Darlegungs- und
  45. Belegpflicht betrifft nicht den Vergütungsanspruch, sondern den Ersatz von
  46. Auslagen, soweit diese nicht ohnehin schon als allgemeine Geschäftskosten
  47. durch die Vergütung mit abgegolten sind (§ 5 VergVO). Wer auf Kosten eines
  48. anderen - hier der Gläubigergesamtheit - den Ersatz besonderer Kosten für sich
  49. beansprucht, dem ist es mangels einer abweichenden Regelung schon nach
  50. allgemeinen Rechtsgrundsätzen zuzumuten, diese abzurechnen. Dies steht mit
  51. Art. 12 Abs. 1 GG im Einklang.
  52. 5
  53. 2. In der Literatur zu §§ 5, 6 VergVO wird allerdings die Auffassung vertreten, dass im Einzelfall aus Gründen der Vereinfachung eine - begrenzte Pauschalierung der Auslagenansprüche Platz greifen kann (vgl. Eickmann,
  54. VergVO 2. Aufl. § 5 Rn. 5; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung in Insolvenzverfahren 1. Aufl. § 5 Rn. 10; a.A. Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze
  55. 17. Aufl. § 85 KO Anm. 1g; Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 85 Rn. 10). Eine Pauschalierung in diesem Rahmen wird insbesondere befürwortet, wenn Einzelnachweise nur schwer oder besonders aufwendig beschafft werden können und
  56. innerhalb der einzelnen Auslagengruppen (Porti, Telefon) ein pauschaler Erfahrungssatz anzuerkennen ist (ebenso: LG Mönchengladbach ZIP 1986, 1588,
  57. 1590; a.A. LG Nürnberg-Fürth KTS 1985, 491). An diesen Grundsätzen haben
  58. sich die Vorinstanzen ausgerichtet, indem sie dem weiteren Beteiligten einen
  59. pauschalen Auslagensatz in Höhe von 5. v.H. der festgesetzten Vergütung
  60. auch ohne die von § 6 Abs. 4 Satz 1 VergVO geforderte belegte Einzelaufstellung zugebilligt haben. Darin liegt jedenfalls kein Rechtsfehler zum Nachteil des
  61. weiteren Beteiligten.
  62. - 5 -
  63. Der weitergehende Vorschlag, nach der Neuordnung der Auslagenerstat-
  64. 6
  65. tung in § 4 Abs. 2 und § 8 Abs. 3 InsVV seien Pauschalierungen bis zu einem
  66. Vomhundertsatz von 15, jedenfalls aber von 10 der gesetzlichen Vergütung
  67. "unbedenklich" (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung in Insolvenzverfahren 2. Aufl. § 5 VergVO Rn. 9), ist abzulehnen. Der in Anlehnung an die Regelung in § 8 InsVV deutlich angehobene Pauschalbetrag von 10 v.H. geht über
  68. Abwicklungserleichterungen hinaus und eröffnet dem Verwalter faktisch das
  69. Wahlrecht gemäß § 8 Abs. 3 InsVV, welches die Vergütungsverordnung nicht
  70. kennt.
  71. Dr. Gero Fischer
  72. Dr. Ganter
  73. Dr. Kayser
  74. Raebel
  75. Dr. Detlev Fischer
  76. Vorinstanzen:
  77. AG Chemnitz, Entscheidung vom 15.04.2004 - N 1553/98 LG Chemnitz, Entscheidung vom 28.06.2004 - 3 T 1679/04 -