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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 163/10
  4. vom
  5. 13. Januar 2011
  6. in dem Insolvenzverfahren
  7. -2-
  8. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  9. Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den
  10. Richter Dr. Pape
  11. am 13. Januar 2011
  12. beschlossen:
  13. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer
  14. des Landgerichts Memmingen vom 25. Juni 2010 wird auf Kosten
  15. des Schuldners als unzulässig verworfen.
  16. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird
  17. auf 5.000 € festgesetzt.
  18. Gründe:
  19. 1
  20. Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6,
  21. 7, 289 Abs. 2 Satz 1 InsO) ist unzulässig, weil ein Zulässigkeitsgrund (§ 574
  22. Abs. 2 ZPO) nicht durchgreift.
  23. 2
  24. 1. Soweit das Beschwerdegericht den Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 5
  25. InsO als erfüllt ansieht, greift ein Zulässigkeitsgrund nicht durch.
  26. 3
  27. a) Der Umfang der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten ergibt sich im
  28. Wesentlichen für das Eröffnungsverfahren aus § 20 InsO und für das eröffnete
  29. Verfahren aus § 97 InsO. Auskunft ist danach über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse zu erteilen. Dieser Begriff ist weit auszulegen und umfasst
  30. - 3 -
  31. alle rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die für das Verfahren in irgendeiner Weise von Bedeutung sein können. Die Verpflichtung zur
  32. Auskunft ist nicht davon abhängig, dass an den Schuldner entsprechende Fragen gerichtet werden. Der Schuldner muss vielmehr die betroffenen Umstände
  33. von sich aus, ohne besondere Nachfrage, offen legen, soweit sie offensichtlich
  34. für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können und nicht klar zu Tage
  35. liegen (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2010 - IX ZB 126/08, ZInsO 2010, 477
  36. Rn. 5; vom 15. April 2010 - IX ZB 175/09, ZInsO 2010, 926 Rn. 9).
  37. 4
  38. Danach war der Schuldner von sich zu einer Mitteilung an den Treuhänder bereits in dem Zeitpunkt verpflichtet, als er die Geschäftsanteile übernahm.
  39. Der Informationspflicht hatte der Schuldner unverzüglich nach Verwirklichung
  40. des anzeigepflichtigen Sachverhalts - mithin im unmittelbaren Anschluss an den
  41. Erwerb der Geschäftsanteile - zu genügen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April
  42. 2010, aaO Rn. 10; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 290 Rn. 32; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 290 Rn. 67). Da die Auskunftspflicht umgehend zu erfüllen war, durfte der Schuldner nicht abwarten, wie sich die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft entwickelt. Im Übrigen ist es nicht Sache des
  43. Schuldners, seine Aktiva zu bewerten und von Angaben zu vermeintlich wertlosen Gegenständen abzusehen (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006
  44. - IX ZB 11/06, ZInsO 2007, 96 Rn. 8). Darum ist es ohne Bedeutung, dass der
  45. Schuldner trotz seiner Bemühungen im Ergebnis keine Gewinne erwirtschaftet
  46. hat. Infolge der tatsächlich gegebenen Vermögensmehrung kann sich der
  47. Schuldner nicht darauf berufen, dass sich eine Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger nicht verwirklicht hat (vgl. BGH, Beschluss vom
  48. 8. Januar 2009 - IX ZB 73/08, ZInsO 2009, 395 Rn. 7 ff).
  49. - 4 -
  50. 5
  51. b) Ohne Grundsatzfragen zu berühren, hat das Beschwerdegericht angenommen, dass der Schuldner die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten grob
  52. fahrlässig verletzt hat (§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Das Verschweigen des Erwerbs von Gesellschaftsanteilen stellt eine entsprechende Pflichtverletzung dar
  53. (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2010 - IX ZB 175/09, aaO Rn. 11 ff).
  54. 6
  55. Soweit die Rechtsbeschwerdebegründung meint, die subjektiven Erfordernisse der groben Fahrlässigkeit seien - anders als in dem vom Bundesgerichtshof am 15. April 2010 entschiedenen Fall - hier nicht gegeben, weil die
  56. Aktivitäten des Schuldners vorliegend nicht auf eine Vermögensmehrung gerichtet gewesen seien, geht dies fehl. Mit dem Erwerb der Beteiligung, die einen
  57. Nennwert von 9.875 € hat, ist in jedem Fall die vom Beschwerdegericht festgestellte Vermögensmehrung eingetreten, die der Schuldner von sich aus hätte
  58. angeben müssen. Anhaltspunkte dafür, dass der Schuldner diese Beteiligung,
  59. deren Zweck es typischerweise ist, aufgrund der geschäftlichen Aktivitäten Gewinne zu erzielen, aus anderen Gründen als dieser Absicht erworben hat, bestehen nicht. Einen bloß treuhänderischen Erwerb für einen Dritten macht der
  60. Schuldner nicht geltend. Auf einen Rechtsirrtum (vgl. BGH, Beschluss vom
  61. 2. Juli 2009 - IX ZB 63/08, NZI 2009, 562 Rn. 14), der lediglich zur Annahme
  62. einfacher Fahrlässigkeit führen würde, kann sich der geschäftserfahrene
  63. Schuldner nicht berufen.
  64. 7
  65. 2. Zwar hätte das Beschwerdegericht die Zurückweisung des Rechtsmittels auf die im Schlusstermin nicht geltend gemachte Verheimlichung von Nebeneinkünften in Höhe von 400 € pro Monat von Dezember 2008 bis April 2009
  66. nicht stützen dürfen, weil nach der Rechtsprechung des Senats nur die im
  67. Schlusstermin glaubhaft gemachten Versagungsgründe zu berücksichtigen sind
  68. (BGH, Beschluss vom 12. Februar 2009 - IX ZB 158/08, ZInsO 2009, 684 Rn. 6
  69. - 5 -
  70. m.w.N.). Aufgrund der vom Beschwerdegericht festgestellten Verletzung der
  71. Auskunftspflicht wegen der Nichtangabe des Erwerbs eines Gesellschaftsanteils im Dezember 2008 ist die Rechtsbeschwerde gleichwohl unzulässig. Nach
  72. der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Rechtsbeschwerde nur
  73. Erfolg haben, wenn bei mehreren voneinander unabhängigen Versagungsgründen
  74. sämtliche
  75. mit
  76. Erfolg
  77. angegriffen
  78. werden
  79. (BGH,
  80. Beschluss
  81. vom
  82. 29. September 2005 - IX ZB 430/02, ZInsO 2005, 1162). Dies ist vorliegend
  83. nicht der Fall.
  84. Kayser
  85. Raebel
  86. Lohmann
  87. Vill
  88. Pape
  89. Vorinstanzen:
  90. AG Neu-Ulm, Entscheidung vom 18.02.2010 - IK 271/05 LG Memmingen, Entscheidung vom 25.06.2010 - 42 T 895/10 -