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8.2 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 161/11
  4. vom
  5. 14. November 2013
  6. in dem vereinfachten Insolvenzverfahren
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. InsVV § 13
  14. Im Verhältnis zur Größe des Verfahrens wenige, einfach zu erstellende Steuererklärungen sind mit der Regelvergütung abgegolten.
  15. BGH, Beschluss vom 14. November 2013 - IX ZB 161/11 - LG Bochum
  16. AG Bochum
  17. - 2 -
  18. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  19. Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape
  20. und die Richterin Möhring
  21. am 14. November 2013
  22. beschlossen:
  23. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer
  24. des Landgerichts Bochum vom 9. Mai 2011 wird auf Kosten des
  25. Treuhänders als unzulässig verworfen.
  26. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
  27. 2.551,29 € festgesetzt.
  28. Gründe:
  29. 1
  30. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 64 Abs. 3, § 7
  31. InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, Art. 103f EGInsO), aber unzulässig, weil
  32. die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung
  33. des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
  34. 2
  35. 1. Die Frage, ob die Abgabe von Einkommenssteuererklärungen des
  36. Schuldners für den Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren zu seinen
  37. Regelaufgaben gehört, oder ob es sich um besondere Aufgaben im Sinne des
  38. § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV handelt und zu Lasten der Masse auf einen Steuerbe-
  39. - 3 -
  40. rater übertragen werden kann, ist nicht klärungsbedürftig. Es gelten dieselben
  41. Abgrenzungskriterien wie für den Insolvenzverwalter. Die von der Rechtsbeschwerde zitierten, vermeintlich abweichenden Stimmen verweisen auf die
  42. Rechtsprechung des Senats oder erörtern die Frage nicht näher.
  43. 3
  44. a) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Insolvenzverwalter im
  45. Rahmen seines Vergütungsfestsetzungsantrags aufzuführen, für welche von
  46. ihm beauftragten Fachleute er das an diese entrichtete Entgelt aus der Masse
  47. entnommen hat. Das Insolvenzgericht ist berechtigt und verpflichtet zu prüfen,
  48. ob die Beauftragung Externer gerechtfertigt war. Kommt es zu dem Ergebnis,
  49. dass die Beauftragung nicht gerechtfertigt war, kann es die festgesetzte Vergütung um den zu Unrecht aus der Masse entnommenen Betrag kürzen (BGH,
  50. Beschluss vom 11. November 2004 - IX ZB 48/08, ZIP 2005, 36 f; vom
  51. 10. Oktober 2013 - IX ZB 38/11, zVb Umdruck S. 11).
  52. 4
  53. b) Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren
  54. beträgt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 InsO 15 v.H. der Insolvenzmasse und damit
  55. weniger als die Regelvergütung des Verwalters nach § 2 Abs. 1 InsVV. Grund
  56. hierfür ist, dass der Aufgabenkreis des anstelle des Insolvenzverwalters im vereinfachten Insolvenzverfahren tätigen Treuhänders erheblich reduziert ist und
  57. deshalb regelmäßig eine auf 15 v.H. des Wertes der Insolvenzmasse geminderte Vergütung gerechtfertigt ist (vgl. Amtliche Begründung zu § 13 InsVV, abgedruckt z.B. bei Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl., S. 42 ff, S. 63; BGH,
  58. Beschluss vom 22. September 2011 - IX ZB 193/10, ZIP 2011, 2158 Rn. 9; vom
  59. 26. April 2012 - IX ZB 176/11, ZInsO 2012, 1138 Rn. 11).
  60. 5
  61. Die Aufgabenreduzierung ergibt sich daraus, dass dem vereinfachten
  62. Insolvenzverfahren der Versuch einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung
  63. - 4 -
  64. und das Verfahren über den Schuldenbereinigungsplan vorausgeht. Dementsprechend ist das Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt der Eröffnung bereits weitgehend aufbereitet. Anstelle eines Berichtstermins wird nur der Prüfungstermin
  65. durchgeführt (vgl. Amtliche Begründung, aaO). Zudem ist der Treuhänder gemäß § 313 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht zur Anfechtung berechtigt, weshalb ihm im
  66. Falle eines entsprechenden Auftrags der Gläubigerversammlung nach § 313
  67. Abs. 2 Satz 3, 4 InsO ein Zuschlag zustehen kann (BGH, Beschluss vom
  68. 26. April 2012, aaO). Zudem ist er gemäß § 313 Abs. 3 InsO nicht zur Verwertung von Gegenständen berechtigt, an denen Absonderungsrechte bestehen.
  69. 6
  70. Hinsichtlich der Abgabe der Steuererklärungen ist ein wesentlicher Unterschied dagegen im Verhältnis zum Insolvenzverwalter nicht gegeben. Zwar
  71. kann bei einem Schuldner, der Arbeitnehmer ist, auf die Abgabe einer Steuererklärung verzichtet werden, wenn hierfür steuerrechtlich keine Verpflichtung
  72. besteht. Bestehen aber Steuererstattungsansprüche, hat diese der Treuhänder
  73. zugunsten der Masse zu realisieren, nicht anders als der Insolvenzverwalter.
  74. 7
  75. Es entspricht sachgerechter Amtsführung, für steuerrechtliche Tätigkeiten, die besondere Kenntnisse erfordern oder über den allgemeinen mit jeder
  76. Steuererklärung verbundenen Arbeitsaufwand hinausgehen, einen Steuerberater einzusetzen. Wie bei der Einschaltung eines Rechtsanwalts ist dafür der
  77. Maßstab, ob ein Verwalter oder Treuhänder, der nicht als Rechtsanwalt oder
  78. Steuerberater zugelassen ist, für diese Tätigkeit angemessener- und vernünftigerweise einen Rechtsanwalt oder Steuerberater eingeschaltet hätte. Es muss
  79. sich um eine besondere Aufgabe, nicht um ein allgemeines Geschäft des Treuhänders oder Verwalters handeln (BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 - IX ZB
  80. 161/03, BGHZ 160, 176, 183; vom 11. November 2004 - IX ZB 48/04, ZIP 2005,
  81. 36, 37; vom 3. März 2005 - IX ZB 261/03, ZVI 2005, 143).
  82. - 5 -
  83. 8
  84. Im Verhältnis zur Größe des Verfahrens wenige, einfach zu erstellende
  85. Steuererklärungen sind, sofern keine Rechtsmittel eingelegt werden müssen,
  86. mit der Regelvergütung abgegolten (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November
  87. 2012 - IX ZB 95/10, ZInsO 2013, 152 Rn. 4, 7 mwN). Nach den Feststellungen
  88. des Beschwerdegerichts waren die Steuererklärungen einfach. Aufwand in gewissem Umfang bereitete lediglich die Ermittlung des Sachverhalts. Es ist aber
  89. nichts dafür ersichtlich, dass dieser von einem Steuerberater einfacher ermittelt
  90. werden konnte. Der Treuhänder hatte ohnehin Kontakt zum Schuldner. Es gehörte zu seinen Aufgaben, die für die Durchsetzung von Ansprüchen der Masse
  91. erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
  92. 9
  93. Dass der Schuldner geheiratet und ein Kind adoptiert hatte, verursacht
  94. für die Steuererklärungen keine wesentlichen Erschwerungen.
  95. 10
  96. 2. Ein Obersatz, dass die Zulässigkeit der Delegation von Aufgaben
  97. strengeren Anforderungen unterliege, wenn der Treuhänder über eigene Fachkenntnisse verfüge, ist der Beschwerdeentscheidung nicht zu entnehmen. Das
  98. Landgericht stellt vielmehr zum Vergleich darauf ab, dass Millionen Arbeitnehmer jährlich selbst zahlreiche solcher einfachen Steuererklärungen selbst abgeben. Lediglich ergänzt wird, dass dies dann für den Treuhänder eine Tätigkeit
  99. einfachster Art sei.
  100. 11
  101. 3. Das Beschwerdegericht hat auch nicht den Obersatz aufgestellt, dass
  102. die Zulässigkeit der Heranziehung eines Steuerberaters auf Kosten der Masse
  103. davon abhänge, dass durch die Aufgabenerfüllung eine relevante vergütungserhöhende Massemehrung eintrete. Es hat lediglich eine ergänzende Kontrollüberlegung zur Angemessenheit der Vergütung des Treuhänders angestellt.
  104. - 6 -
  105. Der Treuhänder hätte die Tätigkeit auch dann nicht delegieren dürfen, wenn
  106. keine Steuererstattung zu erwarten gewesen wäre.
  107. 12
  108. 4. Der Umstand, dass der Treuhänder dem Steuerberater für die Erstellung der drei Einkommenssteuererklärungen 3.120,93 € bezahlt hat, zeigt nicht
  109. auf, dass eine Gesamtvergütung des Treuhänders von ca. 2.500 € einschließlich der Erstellung von Steuererklärungen mit Art. 12 GG unvereinbar wäre. Die
  110. Berechtigung des dem Steuerberater gezahlten Entgelts ist schon nicht dargelegt. Jedenfalls folgt die insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung einem anderen Regelungssystem. Die Vergütung des Treuhänders oder Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren muss nicht mindestens so hoch sein wie die
  111. Summe der Vergütungen, die an Spezialisten zu zahlen wären, wenn die Tätigkeit des Treuhänders oder Verwalters einzeln an diese vergeben würde.
  112. 13
  113. 5. Die Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten hat der Senat
  114. geprüft aber nicht für durchgreifend erachtet.
  115. - 7 -
  116. 14
  117. 6. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO
  118. abgesehen.
  119. Kayser
  120. Vill
  121. Pape
  122. Lohmann
  123. Möhring
  124. Vorinstanzen:
  125. AG Bochum, Entscheidung vom 28.12.2010 - 88 IK 470/08 LG Bochum, Entscheidung vom 09.05.2011 - I-7 T 16/11 -