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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZA 16/17
  4. vom
  5. 19. Oktober 2017
  6. in dem Rechtsstreit
  7. ECLI:DE:BGH:2017:191017BIXZA16.17.0
  8. -2-
  9. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  10. Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die
  11. Richterin Möhring und den Richter Meyberg
  12. am 19. Oktober 2017
  13. beschlossen:
  14. Der Antrag der Klägerinnen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den die Berufung zurückweisenden Beschluss des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 7. April 2017 wird abgelehnt.
  15. Gründe:
  16. I.
  17. 1
  18. Die Klägerin zu 1, mehrere Gläubiger der Klägerin zu 2, die sich in einer
  19. BGB-Gesellschaft zusammengeschlossen haben, und die Klägerin zu 2, die
  20. sich nach Einstellung des im Jahr 2002 eröffneten Insolvenzverfahrens über ihr
  21. Vermögen im Jahr 2008 seither in Liquidation befindet, machen Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten persönlich als früheren Insolvenzverwalter
  22. über das Vermögen der Klägerin zu 2 geltend. Das Landgericht hat die Klage
  23. abgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen ist erfolglos geblieben. Die Klägerinnen beantragen, ihnen Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens gegen den die Berufung zurückweisenden Beschluss vom 7. April 2017 zu gewähren, um ihre Schadensersatzansprüche
  24. gegen den Beklagten weiterzuverfolgen.
  25. -3-
  26. II.
  27. 2
  28. Der Antrag hat keinen Erfolg. Prozesskostenhilfe ist den Klägerinnen bereits deshalb zu versagen, weil die Unterlassung der Rechtsverfolgung durch
  29. die Klägerinnen keinen allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (§ 116
  30. Satz 1 Nr. 2 ZPO).
  31. 3
  32. Die Klägerinnen als parteifähige Vereinigungen erhalten Prozesskostenhilfe nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO nur, wenn das Unterbleiben der Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderliefe. Dies setzt voraus, dass durch
  33. die Entscheidung größere Kreise der Bevölkerung oder des Wirtschaftslebens
  34. angesprochen werden und die Entscheidung soziale Wirkungen nach sich ziehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 1985 - X ZR 23/85, NJW
  35. 1986, 2058, 2059; vom 10. Februar 2011 - IX ZB 145/09, ZIP 2011, 540 Rn. 10
  36. mwN). Das ist vorliegend nicht der Fall. Das Verfahren hat keine wirtschaftliche
  37. oder soziale Bedeutung, die ein allgemeines Interesse an der Rechtsverfolgung
  38. der Klägerinnen begründen könnte.
  39. 4
  40. Die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführte Klägerin zu 1 kann
  41. zwar grundsätzlich als parteifähige Vereinigung im Sinne des Prozesskostenhilferechts angesehen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011, aaO
  42. Rn. 6 f). Die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen ihrer Mitglieder berührt aber keine allgemeinen Interessen. Sie dient nur dem individuellen Interesse der in der Gläubigertreuhand zusammengeschlossenen Personen und ist
  43. damit nicht geeignet, die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO zu begründen. Hieran ändern auch die Ausführungen in dem Schriftsatz vom
  44. 9. August 2017 nichts. Die Gesellschaft ist nur zu dem Zweck gegründet worden, Ansprüche ihrer Mitglieder, deren Anzahl sich nach Erlass des klagabwei-
  45. -4-
  46. senden erstinstanzlichen Urteil von ursprünglich 28 auf 6 Personen reduziert
  47. hat, durchzusetzen. Anhaltspunkte, die Unterlassung der Rechtsverfolgung
  48. könnte allgemeinen Interessen zuwiderlaufen, wenn die Vereinigung ohne die
  49. Durchführung des Rechtsstreits gehindert wäre, der Allgemeinheit dienende
  50. Aufgaben zu erfüllen, sind nicht zu erkennen.
  51. 5
  52. Bezüglich der Klägerin zu 2 scheidet die Bewilligung von Prozesskostenhilfe schon deshalb aus, weil die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb eingestellt
  53. hat und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen erfolgt ist
  54. (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011, aaO Rn. 9). Die Klägerin zu 2 ist
  55. seit dem Jahr 2002 nicht mehr werbend tätig und befindet sich derzeit im Stadium der Liquidation. Damit ist ausgeschlossen, dass von der Durchführung des
  56. Prozesses die Existenz eines Unternehmens abhängt, an dessen Erhaltung
  57. wegen der großen Zahl von Arbeitsplätzen ein allgemeines Interesse besteht,
  58. oder eine große Zahl von Kleingläubigern betroffen ist (vgl. BGH, Beschluss
  59. vom 10. Februar 2011, aaO Rn. 10 mwN). Die in dem Schriftsatz vom 9. August
  60. 2017 angedeuteten künftigen Vorhaben der Klägerin zu 2 können die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht rechtfertigen. Durch eine Insolvenzeröffnung
  61. aufgelöste, im Liquidationsstadium befindliche Vereinigungen besitzen keine
  62. von der Rechtsordnung anerkannte Existenzberechtigung mehr. Diese besteht
  63. nur, wenn sie in der Lage sind, ihre Ziele aus eigener Kraft zu verfolgen (BTDrucks. 8/3068 S. 26 unter Hinweis auf BVerfGE 35, 348 ff, 356). Die Regelung
  64. des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO soll Vorsorge dagegen treffen, dass mittellose Vereinigungen wirtschaftliche Interessen auf Kosten der Allgemeinheit verwirklichen (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011, aaO Rn. 9 mwN).
  65. 6
  66. Im Hinblick auf die Versagung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens kann offen bleiben, ob den
  67. -5-
  68. Klägerinnen wegen der Versäumung der Frist zur Einreichung der dem Antrag
  69. vom 12. Mai 2017 beizufügenden Unterlagen Wiedereinsetzung in den vorigen
  70. Stand zu gewähren ist. Ob es den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zumutbar wäre, die Kosten aufzubringen (§ 116 Satz 1 Nr. 2
  71. ZPO), braucht nicht entschieden zu werden.
  72. Kayser
  73. Lohmann
  74. Möhring
  75. Pape
  76. Meyberg
  77. Vorinstanzen:
  78. LG München I, Entscheidung vom 20.05.2016 - 30 O 13615/13 OLG München, Entscheidung vom 07.04.2017 - 5 U 2875/16 -